Bernhard Peter
Leicht und schnell wie der Wind-
Windpocken / Varizellen

(Bitte besprechen Sie im Zweifelsfall alle Beschwerden und Maßnahmen mit einem Arzt Ihres Vertrauens!)

Wer ist der Erreger von Windpocken?
Windpocken werden durch Herpesviren verursacht. Es gibt eine ganze Reihe von Herpesviren, die dem Menschen gefährlich werden können. Sie sind sehr ähnlich hinsichtlich Aufbau, Vermehrung und Verhalten im menschlichen Organismus. Wir haben deshalb eine grundlegende Beschreibung von Herpesviren hier für Sie zusammengestellt. Ein Typ dieser Herpesviren ist der Erreger von Windpocken, nämlich der Varizella-Zoster-Virus.

Wie steckt man sich an Windpocken an?
Wie der Name schon andeutet, sind Windpocken äußerst ansteckend. Windpocken-Viren werden aerogen und durch Tröpfcheninfektion übertragen, also auf dem Luftweg von Mensch zu Mensch, im Bus, auf der Straße, im Kindergarten, beim gemeinsamen Fußballspielen. Die Viren werden so leicht durch engen Kontakt (Speichel, Flüssigkeitsinhalt der Bläschen, Niesen, Husten) mit Infizierten übertragen, daß im Nachhinein selten eine Quelle auszumachen ist. Und eine Übertragung durch direkten Kontakt geht selbstverständlich auch.

Eine Übertragung über Dritte ist nach heutigem Wissensstand nicht möglich.

Weil die Viren eine intakte Hülle brauchen, werden sie durch zu langes Verweilen außerhalb des Körpers durch Austrocknen inaktiviert. In der Luft sind die Windpocken-Viren schon nach ca. 10 Minuten nicht mehr infektiös. Deshalb ist eine Infektion über Kleidungsstücke, Spielsachen oder Bettwäsche nicht zu befürchten.

Wie lange sind Windpocken ansteckend?
Vorsicht: Auch eine gewisse Zeit vor dem sichtbaren Ausschlag kann die Person ansteckend sein – entgegen früherer Meinung! Bereits etwa 1-2 Tage vor Ausbruch des Ausschlags kann der/die Betroffene andere Personen infizieren.

Die Ansteckungsfähigkeit bleibt bestehen bis 7-10 Tage nach Bildung der ersten Bläschen, bzw. bis das letzte Bläschen verkrustet ist (früher glaubte man: Bis die letzte Kruste abgefallen ist). Solange sollte die erkrankte Person nicht in Kontakt mit anderen Personen kommen.

Gibt es eine Altersbegrenzung für Windpocken?
Windpocken werden häufig als „Kinderkrankheit“ abgetan, wohl deshalb, weil sie so ansteckend sind, daß es jeden irgendwann mal schon im Kindesalter „erwischt“. 90% der Siebenjährigen in Deutschland hatten schon Kontakt mit dem Virus, sind also seropositiv, 95% der Fünfzehnjährigen haben Antikörper gegen das Virus im Blut. Die meisten Erkrankungen treten bei Kindern zwischen 2 und 10 Jahren auf. Es gibt jedoch keine Obergrenze für die Erkrankung, Erwachsene, die nicht geimpft sind und noch nie zuvor mit diesem Virus in Kontakt kamen, können genau so erkranken wie Kinder. In der Regel sind die Verläufe dann sogar schwerer und die statistische Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Komplikationen nimmt zu.

Wie verläuft eine Erkrankung an Windpocken?
Die Erstinfektion (Primärinfekt) verläuft fast immer apparent, d. h. mit deutlich wahrnehmbaren Krankheitszeichen. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 11-15 Tage, in Ausnahmefällen bis zu 28 Tagen. Folgende Beschwerden treten auf:

Die Symptome dauern für ca. 10 Tage an. Nach Abklingen der Beschwerden sind die Viren aber nicht einfach „weg“, sondern sie ziehen sich in ein Versteck zurück: In Spinalganglien, das sind große Nervenknoten rechts und links der Wirbelsäule, verbleiben die Viren in einem „latenten“ Zustand bis zu einer Reaktivierung.

Wie ist die Prognose bei Windpocken?
Bei normaler Immunlage ist der Verlauf fast immer harmlos. Die häufigste Komplikation ist eine bakterielle Infektion der aufgeplatzten bzw. aufgekratzten Bläschen. Gefährliche Komplikationen wie Meningitiden oder Encephalitiden (Entzündungen von Hirnhäuten und Hirn) gibt es, sie sind aber selten. Wenn der/die Patient/in jedoch an einer Störung des Immunsystems leidet (Immunsuppression, HIV etc.), dann können innere Organe wie die Lunge, Niere, Ohren, Herzmuskel oder das Gehirn von der Infektion betroffen werden, was äußerst schwere Verläufe verursacht, die u. U. sogar tödlich verlaufen können.

Windpocken und Gürtelrose – wie hängen die zusammen?
Beide werden vom selben Virus verursacht. Windpocken ist die Erstinfektion, Gürtelrose ist die reaktivierte Form desselben Problems. Das heißt: Wer einmal Windpocken durchgemacht hat, ist in der Regel lebenslang immun gegen eine Zweiterkrankung an Windpocken und auch gegen eine Neuinfektion mit dem Virus, was besonders bei Schwangerschaften wichtig ist. Aber es ist gleichzeitig die Basis gelegt für eine Erkrankung an Gürtelrose.

Die Ausnahme bestätigt die Regel: Auch wenn es selten vorkommt, sei hier aber dennoch darauf hingewiesen, daß auch Zweitinfektionen bei Menschen beobachtet worden sind, bei denen die Erkrankung in sehr frühem Kindesalter oder nur ganz schwach aufgetreten war.

Wie kann der Arzt Windpocken behandeln?
Ob der Arzt Windpocken mit Mitteln gegen die Virenvermehrung behandelt, hängt von vielen Faktoren ab. Einem kerngesunden Kind wird vielleicht gar kein Mittel gegen Viren verschrieben, einem Erwachsenen oder Risikopatienten dagegen mit Sicherheit.
Das wichtigste Standbein der Behandlung sind Medikamente, die die Vermehrung der Viren verhindern, wie z. B. solche mit dem Wirkstoff Aciclovir oder Verwandten davon. Man gibt den Viren Bausteine, die zwar eingebaut werden, aber nicht funktionieren. So kann man deren Vermehrung verhindern.
Wenn eine Behandlung mit Anti-Virus-Medikamenten durchgeführt wird, ist ein früher Behandlungsbeginn wichtig. Innerhalb der ersten 72 Stunden nach Erscheinen der ersten Bläschen sollte mit der Arzneimitteleinnahme begonnen werden! Denn nur so kann man die Virenvermehrung wirksam unterdrücken. Die Viren selbst kann man in ihrem Versteck jedoch nicht gänzlich vernichten.

Ziel der begleitenden Behandlung ist es aber in jedem Fall, den Juckreiz zu mildern und damit die bakteriellen Infektionen zu verhindern.

Was kann man noch an unterstützenden Maßnahmen machen?

Was sollten Sie bei einer Windpockenerkrankung besser unterlassen?

Gibt es eine Impfung gegen Windpocken?
Ja, es stehen Impfstoffe zur Verfügung, sowohl ein Impfstoff mit abgeschwächten Lebendviren als auch ein Passiv-Impfstoff mit Immunoglobulinen. Dabei hat sich die Einstellung der STIKO (Ständige Impfkommission) zu dieser Impfung in den letzten Jahren gewandelt. Hatte man früher noch lange überlegt, ob das Vorhandensein der Impfung einen flächendeckenden Einsatz rechtfertige, so war man in den letzten Jahren zunehmend vom Sinn eines Schutzes vor einer Erkrankung im Erwachsenenalter überzeugt. Die Empfehlung war bis vor kurzem, nicht alle Kinder zu immunisieren, aber Jugendliche, die bis zum 12.-15. Lebensjahr noch nicht an Windpocken erkrankt sind. Seit August 2004 gilt eine neue Empfehlung: Danach wird die Windpocken-Impfung zur Standardimpfung, die in der Regel im 11.-14. Monat erfolgt. Die Impfung im Alter von 9-17 Jahren wird zur Indikationsimpfung für Risikogruppen.

Wer sollte gegen Windpocken geimpft werden?

Wie oft muß bei der Aktivimpfung geimpft werden?