Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 124
Würzburg - ein heraldischer Leckerbissen

Dom zu Würzburg, Epitaph für Johann Philipp Echter von Mespelbrunn

Im nördlichen Seitenschiff des Kiliansdomes befindet sich ziemlich nah am westlichen Ende an der Rückseite eines Mittelschiffpfeilers eine heraldische Rarität, nämlich ein gestürztes Wappen für den Letzten seines Geschlechts. Hier ist das Grabdenkmal für Johann Philipp Freiherr Echter von Mespelbrunn (1646-16.3.1665), der im Alter von nur 18 Jahren den Mannesstamm der Familie, die eine Generation vorher noch einen bedeutenden Würzburger Fürstbischof gestellt hatte, beschloß. Die Familie ist mit mehreren Epitaphien im Kiliansdom vertreten, allen voran mit Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn, und hier begegnen wir dem letzten männlichen Sproß der Familie, dem erstgeborenen Sohn von Franz Freiherr Echter von Mespelbrunn (1621-1653) Herr zu Gaibach, Ettershausen und Schwarzenau, und dessen Frau Maria Elisabeth von Kerpen, die er 1644 geheiratet hatte. Zwei Geschwister, Sebastian Werner und Anna Magdalena, waren als Kinder verstorben; sie lebten nur wenige Wochen.

 

Die Inschrift lautet: "AVDI VIATOR! HIC CVM IOANNE PHILIPPO ECHTER DE ET IN MESPELBRVN ETC. FRANCIAE ORIENTALIS MARESCHALLO HAEREDITARIO QVI XVIII ANNORVM EODEM QVO NATVS EST DIE XVI MAR OBIIT A MDCLXV TOTA FAMILIA IACET DISCE NIL SVB SOLE PERMANERE ET EI BENE PRECARE", sie ist zugleich Mahnung an den Reisenden, daß nichts unter der Sonne auf ewig Bestand hat.

Johann Philipp Freiherr Echter von Mespelbrunn, Erbmarschall des Herzogtums Ostfranken, vereinigte nach dem Tod seines Vaters alle Besitzungen dieser Linie in seiner Hand, Gaibach, Ettershausen, Schwarzenau, Zellingen, Veitshöchheim und Breitensee. Die familieneigenen Allodialgüter dieser Familienlinie gingen über die vier Schwestern seines Vaters 1665 an andere Familien:

Die Lehensgüter dieser Linie hingegen fielen an die jeweiligen Lehnsherren zurück, das waren u. a. die Grafen von Erbach und das Hochstift Würzburg. Die letzte Familienangehörige überhaupt in weiblicher Linie war Maria-Ottilia Echter von Mespelbrunn (1629-1701), eine Enkelin Peters III. aus der Valentinschen Linie. Über sie kamen das Stammgut und das Stammschloß, das Wappen und der Name durch Vereinigung 1698 an die von Ingelheim, die sich fortan von Ingelheim gen. Echter von Mespelbrunn nannten. Maria-Ottilias Ehemann war Philipp Ludwig von Ingelheim (1627-1662), kurmainzischer Rittmeister, Rat und Oberamtmann zu Miltenberg, und die daraus entstandene Linie erlangte 1680 den Reichsfreiherrenstand und 1737 den Reichsgrafenstand.

Das zentrale, gestürzte Echter-Wappen zeigt in Blau einen silbernen, mit drei blauen Ringen belegten Schrägbalken, auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein Paar silberner Büffelhörner, jeweils mit einem silbernen, mit drei blauen Ringen belegten Schrägbalken belegt, hier rechts schrägrechts und links schräglinks (meist andersherum). In den vier Ecken der Platte befinden sich vier ovale Schildkartuschen der Ahnenprobe, jedes mit einem kleinen Schriftband namentlich zugeordnet. Alle Wappenschilde sind aufrecht, aber geneigt, die ersten drei nach innen, der letzte (optisch unten rechts) nach außen. Heraldisch oben rechts ist der Schild für Philipp Christoph Freiherr Echter von Mespelbrunn (1583-1647), den Großvater väterlicherseits. Er war würzburgischer Amtmann zu Rothenfels. Seine Eltern waren Dietrich Echter von Mespelbrunn (23.1.1554-1608) und Susanna Marschall von Pappenheim; diese beiden hatten 1577 den Bund der Ehe geschlossen. Der genannte Dietrich war der jüngste Bruder des Fürstbischofs Julius, hatte Besitzungen in Zellingen, Veitshöchheim, Breitensee, Büchold bei Arnstein und Kirchschönbach. Er war ebenfalls würzburgischer Rat und Amtmann zu Rothenfels. Der Schild zeigt das Echter-Wappen wie beschrieben. Heraldisch rechts unten ist das Wappen für Philipp Christophs Frau, die Großmutter väterlicherseits, das war Anna Margaretha von Bicken; sie hatten am 9.6.1608 geheiratet. Das Bicken-Wappen hat in Schwarz zwei silberne Balken. Die hier nicht dargestellte Helmzier wären zwei wie der Schild bez. Büffelhörner zu schwarz-silbernen Helmdecken. Anna Margaretha war die Tochter von Jobst Philipp von Bicken, kurmainzischer Rat und Amtmann zu Steinheim, und dessen Ehefrau Anna Kämmerer von Worms gen. von Dalberg. Der Schild heraldisch links oben steht für den Großvater mütterlicherseits, Johann Ludwig von Kerpen, kurmainzischer Jägermeister. Sein Wappen ist silbern mit einem roten Zickzackbalken. Der Schild heraldisch links unten steht schließlich für die Großmutter mütterlicherseits, Anna Catharina von Cronberg. Ihr Wappen ist geviert, Feld 1: in Rot eine goldene Krone, Feld 2 und 3: in Silber 4 (2:2) blaue Eisenhütlein (silbern-blauer pfahlförmig angeordneter Eisenhutfeh), Feld 4: ledig und rot.

Literatur, Links und Quellen:
Bistum Würzburg: http://www.bistum-wuerzburg.de/
Bistum Würzburg bei Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bistum_W%C3%BCrzburg
St. Kilians-Dom:
http://www.dom-wuerzburg.de/index.php?r=t/
Der Dom zu Würzburg, Schnell Kunstführer Nr. 232, 11. Auflage 1997, Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, ISBN 3-7954-4194-3.
Echter von Mespelbrunn: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45294
Genealogie der Echter von Mespelbrunn: Biedermann, Geschlechts-Register der Reichs-Frey unmittelbaren Ritterschafft Landes zu Francken, löblichen Orts Steigerwald
http://books.google.de/books?id=5tJDAAAAcAAJ
Genealogie der Echter von Mespelbrunn: Johann Samuel Ersch, Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, erste Sektion A-G, 30. Teil, Leipzig 1838, online:
http://books.google.de/books?id=KYVQqjFzCbkC S. 399-402
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag - Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4

Dom, Sebastian Echter von Mespelbrunn - Dom, Bernhard von Solms - Dom, Schlußsteine der Seitenschiffe - Dom, Dechantaltar und Propstaltar - Eingänge zur Schönbornkapelle im Dom

Wappen der Herren von Cronberg - Kronenstamm - Flügelstamm - Ohrenstamm
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