Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 303
Mainz - Erzbischöfe, Kurfürsten, Adelspaläste

Der Bassenheimer Hof in Mainz

Der Bassenheimer Hof, ein dreiseitig freistehendes Gebäude von drei Stockwerken Höhe, steht in unmittelbarer Nachbarschaft zum Osteiner Hof und bildet mit diesem einen rechten Winkel am Schillerplatz (Schillerplatz 3). Wie jener bildet dieses Bauwerk einen monumentalen Blickfang des Platzes und ist zugleich Blickpunkt der im 19. Jh. angelegten Ludwigstraße. Der weiße Putzbau wird mit roten Sandsteinelementen gegliedert. An den Gebäudeecken sind rustizierte Hausteinkanten zu sehen, ebenso als Einfassung des dreiachsigen Mittelrisalites, welcher kaum in der Fassade hervortritt und nur durch Farbe, Balkon und einen flachen Dreiecksgiebel betont wird. Die beiden Seitenteile sind jeweils vierachsig. Das Gebäude trägt ein hohes, geschiefertes Mansarddach.

Bauherr war wie bei dem Osteiner Hof der Mainzer Kurfürst und Erzbischof Johann Friedrich Karl von Ostein (6.7.1689-4.6.1763), der das Palais für seine Schwester erbauen ließ. Er hatte zwei Schwestern, die beide mit einem Waldbott von Bassenheim verheiratet waren. Die eine Schwester war Christina Luisa Charlotte Philippine Freiin von Ostein (-16.12.1757), deren Ehemann war Franz Ignaz Carl Graf Waldbott von Bassenheim (-1766), der erst Domherr zu Trier und Mainz war, dann resignierte, 1716 herzoglich-lothringischer Kammerherr wurde und heiratete. Das Paar war ohne Kinder.

Die andere Schwester war Maria Antonia Franziska von Ostein (8.6.1710-8.10.1788), die seit 1726 mit Rudolph Johann Graf Waldbott von Bassenheim (-29.1.1731) verheiratet war. Ihr Mann war kaiserlicher Reichshofrat, 1717 kaiserlicher Gesandter zu Regensburg, 1719 kurtrierischer wirklicher Geheimrat, 9.4.1722 Erbschenk des Erzstiftes Mainz, 1725 kaiserlicher Kammerherr sowie Oberstkämmerer. Diese Schwester Maria Antonia verwitwete jung und stand mit fünf Kindern da, Franz Ludwig Casimir Graf Waldbott von Bassenheim (8.8.1727-29.6.1769), Friedrich Carl Anton Graf Waldbott von Bassenheim (29.6.1728-1734), Franz Georg Graf Waldbott von Bassenheim (8.6.1729-1737), Maria Regina Waldbott von Bassenheim und Johann Maria Rudolph Graf Waldbott von Bassenheim (29.6.1731-15.2.1805). Diese zweite, "alleinerziehende" Schwester hatte eindeutig Unterstützung ihres Bruders nötig.

Am Balkongeländer befindet sich ein schmiedeeisernes Monogramm, in dem man die Initialen "W" und "B" für Waldbott von Bassenheim sowie "O" für Ostein gut erkennen kann. Das gespiegelte "R" könnte möglicherweise für Reichsgräfin oder für den Ehemann Rudolph stehen. Das Monogramm ist von außen, von der Straße aus lesbar angebracht.

Der Kurfürst versorgte also nicht nur seinen Bruder (Osteiner Hof), sondern auch seine Schwester mit einem der stattlichsten Anwesen in ganz Mainz. Der Bau wurde in den Jahren 1750-1756 errichtet. Zuvor bestand an dieser Stelle eine stattliche Herberge "zum Kranich". Der Architekt war Anselm Franz Freiherr von Ritter zu Grünstein, wie der Kollege von Erthal ein "Kavaliersarchitekt". Anselm Franz Freiherr von Ritter zu Grünstein war kurfürstlicher Hofbaudirektor. Genauso wie sein Kollege Erthal hat er seinen Stil in Frankreich gebildet und steht für den Einfluß erster eleganterer, klassischerer, zurückhaltenderer Formen, wie sie im französischen Barock schon üblich waren, in das vom überschwenglichen deutschen Barock geprägte Mainz. Seine typisch formal strenge Gestaltung ist in Mainz ebenso am Deutschhaus und am Stadioner Hof zu sehen, alle diese Gebäude sind stilistisch eng verwandt und tragen des Architekten Handschrift.

Das Wappen im Giebel ist das Allianzwappen Bassenheim-Ostein. Die Grafen von Bassenheim führten den Schild zwölffach rot-silbern geständert. Die zugehörige, hier aber nicht dargestellte Helmzier des Stammwappens (Waldbott von Bassenheim) wäre ein silberner Schwan, dessen erhobene Flügel mit je einem 12fach rot-silbern geständerten Schildchen belegt sind. Die Helmdecken wären rot-silbern. Die Reichsfreiherren von Ostein führten in Blau einen goldenen Hund mit rotem Halsband und ebensolcher Zunge. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre der Hund wachsend zu blau-goldenen Decken.

Das Wappen am schmiedeeisernen Balkongeländer ist ebenfalls das Allianzwappen Bassenheim-Ostein. Zwei kleine, einander zugeneigte kartuschenförmige Wappenschilde werden von zwei goldenen Windhunden gehalten, dem Wappensymbol der von Ostein.

Bei näherem Hinsehen erkennt man an der Fassade aber noch ein weiteres heraldisches Detail, denn die Fensterrahmung der mittleren Achse besitzt im ersten Obergeschoß anstelle eines Schlußsteines ein reich verziertes Rokoko-Ornament, auf dem der Schwan als Wappentier der Waldbott von Bassenheim erneut auftaucht, aber ohne wappentypischen Kontext.

Von der Ausstattung hat sich nichts mehr erhalten. Mit der französischen Besatzung ab 1792 durch General Adam-Philippe de Custine erlitten Palais und Bewohner das gleiche Schicksal wie bei den anderen Adelssitzen in der Stadt: Die Bewohner flohen, das Eigentum an den Liegenschaften ging an die öffentliche Hand über. Im 19. Jh. wurde das ehemalige Adelspalais innen und am Erdgeschoß verändert. Die Seitenbalkone des zweiten Obergeschosses stammen ebenfalls aus dem 19. Jh. 1814-1830 diente der Hof als Gerichtsgebäude. 1835 wurde der Hof an die Militärbehörden der Bundesfestung verkauft, welche den einstigen Adelssitz als Kaserne mißbrauchten. Nach 1889 sind die Nutzungen sehr unterschiedlicher Art, im Zweiten Weltkrieg brannte der Hof 1942 vollständig aus. Schon 1947/1948 wurde er wiederhergestellt, aber nur äußerlich, mit der Bestimmung, zum Dienstsitz des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten zu werden. Das Erdgeschoß wurde gestalterisch wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzt. Seit 1960 ist hier das Innenministerium von Rheinland-Pfalz untergebracht - Kontinuität der Macht. Einst besaß das Anwesen rückwärtig Hofgebäude und Wirtschaftsbauten, davon hat sich nichts erhalten. Mit dem nördlichen Nachbargebäude (Schillerplatz 5) ist der Bassenheimer Hof heute baulich verbunden.

Literatur:
Baedeker: Mainz, Karl Baedeker-Verlag, 2004. ISBN 3-87954-074-8
Werner Schäfke: Der Rhein von Mainz bis Köln, eine Reise durch das romantische Rheintal, DuMont Kunstreiseführer, DuMont Verlag, Köln 2006, ISBN 978-3-7701-4799-1
Siebmachers Wappenbuch.
Bassenheimer Hof:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bassenheimer_Hof
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen Vierteljahresblätter".
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Stadt Mainz, Band 2.2: Altstadt, bearb. von Ewald Wegner, hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz 1988, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 3. Auflage 1997, ISBN 3-88462-139-4, S. 302-303
Bassenheimer Hof:
http://www.regionalgeschichte.net/rheinhessen/mainz/kulturdenkmaeler/bassenheimer-hof.html
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9

Die Walpoden und die Waldbott von Bassenheim

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