Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 352
Meersburg - Kleinod am Bodensee und Residenz der Fürstbischöfe von Konstanz

Das ehem. Hofkanzlerhaus in Meersburg

Gegenüber dem Meersburger Neuen Schloß steht das ehemalige Hofkanzlerhaus (sog. Rotes Haus, Schloßplatz 13). Das Haus ist dreistöckig; der hohe Sockel wird durch eine doppelläufige Freitreppe überwunden. Das Mansarddach ist malerisch geschwungen und wird zum Platz hin durch vier Dachgauben aufgelockert. Das Haus wurde um 1625 von Bürgermeister Matthias Rassler (1589-1646) erbaut. Im 18. Jh. kam das Haus in den Besitz des Fürstbischofs und wurde Sitz der fürstbischöflichen Hofkanzlei. Zu Zeiten der geistlichen Fürstentümer hatten hier hohe fürstbischöfliche Beamte ihre Dienstwohnung, später nach der politischen Neuordnung badische Beamte.

Ein weiterer Bürgermeister ist neben dem Erbauer eng mit diesem Haus verbunden: Hier wurde der spätere Bürgermeister Dr. Karl Moll (13.10.1884-2.12.1936) geboren, welcher sich in seiner Amtszeit (1919-1936) besonders für die Entwicklung des Meersburger Tourismus einsetzte. Heute ist das Gebäude Sitz der Galerie des Bodenseekreises mit wechselnden Ausstellungen zur modernen Kunst und Kultur Süddeutschlands bzw. mit Präsentationen einer Auswahl der eigenen Bestände.

 

Über der Tür ist in Höhe des ersten Obergeschosses das reichverzierte und in einen prächtigen Rahmen gesetzte Allianzwappen von Matthias Rassler (1589-1646) und seiner Ehefrau, Maria (Magdalena) Rassler geb. Held, Tochter des fürstbischöflich Konstanzschen Sekretärs Lukas Held, in die Wand eingelassen; der Wappenstein ist unter den unteren Schildrändern, die zu einer Spitze ausgezogen, nach oben eingerollt und asymmetrisch zur Mitte hin gezogen sind, auf 1625 datiert. Oben ist zwischen zwei angedeuteten Obelisken auf Voluten innerhalb eines Kreises das Monogramm IHS mit Kreuz und Herz zu sehen; alles wird von einer stilisierten Lilie bekrönt.

Die Familie Rassler stammt eigentlich aus Mimmenhausen bei Meersburg. Matthias Rassler war der Sohn von Georg Rassler, Stadtammann zu Meersburg, welcher in erster Ehe Anna Wagner heiratete, die Tochter des fürstbischöflichen Vogtes Jodocus Wagner, und in zweiter Ehe Anna Klenner, die schon nach nur elfwöchiger Ehe an der Pest starb, und in dritter Ehe am 18.10.1567 Salome Ursula Müller, Tochter des Mathias Müller zu Meersburg. Der Erbauer dieses Hauses stammt aus der dritten Ehe.

Matthias Rassler studierte in Siena und wurde nicht nur Bürgermeister, sondern auch fürstbischöflich Konstanzscher Rat zu Meersburg. Ihm gehörte auch das Schloß Girsberg. Das Paar hatte einen Sohn Franziskus, juris utriusque licentiatus, Landweibel in Altdorf, der Johanna Koeberlin heiratete und die Familie fortführte. Ein zweiter Sohn, Johann Georg, trat unter dem Namen Pater Anselmus in das Kloster Kreuzlingen ein, und ein dritter Sohn, Jakob Christoph, wurde ebenfalls geistlich und wurde unter dem Namen Pater Fulgentius Kapuzinermönch zu Überlingen. Neben diesen drei Söhnen hatte das Paar noch zwei Töchter, Ursula und Maria Salome.

Das Wappen Rassler ist von Rot und Gold dreimal sparrenförmig geteilt (gesparrt), im goldenen Sparrengiebel eine rote und im roten eine goldene Lilie, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein beiderseits von Rot und Gold dreimal sparrenförmig geteilter (gesparrter) Flug, im goldenen Sparrengiebel eine rote und im roten eine goldene Lilie. Hier wird in der Helmzier die unterste Teilung ausgelassen. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bad Seite: 67-68 Tafel: 40-41. Der Enkel des Bürgermeisters, Johann Franz Anton Karl, wurde zugleich mit seinem Bruder Christoph Karl am 7.4.1690 in den rittermäßigen Adelsstand für Reich und Erblande erhoben.

Eine andere, bereits am 1654/5.2.1655 mit Wappenbesserung (geviert, in jedem Feld ein Sparren mit einer Lilie, Feld 1 und 4: in Rot ein goldener Sparren mit einer roten Lilie, Feld 2 und 3: in Blau ein silberner Sparren mit einer blauen Lilie) und mit dem Prädikat "von Kreenriedt" (= Krähenried) geadelte Linie der Rassler erhielt am 2.4.1681/1682 zu Linz den Freiherrenstand mit Wappenverbesserung; deren Mitglieder nannten sich fortan "Freiherren Rassler von Gammerschwang", nach einem am 10.12.1660 erworbenen Gut, nach dem sie sich seit dem 7.4.1670/27.4.1672 bereits "Rassler von Gammerschwang" nennen durften. Bei der 1670 vorgenommenen Wappenvermehrung wurde das Wappen der von Arzt (mütterlicherseits) aufgenommen, in Rot über blauem Wellenschildfuß zwei wachsende, gegeneinandergerichtete, silberne, golden gekrönte Löwen. Vom Stammwappen blieb bei dieser Variante nur eine einzige rot-goldene Sparrenteilung übrig in den Feldern 1 und 4, natürlich mit den beiden Lilien. Bei der am 2.4.1681/82 vorgenommenen Wappenvermehrung wurde das redende Wappen der von Dornsperg aufgenommen (in Gold auf grünem Dreiberg ein grüner Hagebuttenstrauch mit roten Früchten), weil der Begünstigte, Jakob Christoph Rassler, Maria Barbara von Dornsperg geheiratet hatte. Das Stammwappen wurde bei dieser Verbesserung vereinfacht und auf zwei Sparrenteilungen reduziert, also auf einen einfachen goldenen Sparren in rotem Feld; die beiden Lilien blieben - in dieser vereinfachten Form bildet es das Feld 1 und 4 des vermehrten Wappens. Bei beiden Wappenvermehrungen (1670/72 und 1681/82) kamen ferner ein Herzschild und ein zweiter Helm hinzu. Die von dem Bürgermeister Matthias Rassler abstammende, mit seinen Enkeln geadelte Linie profitierte davon nicht, auch führte sie ein einfaches "von" als Adelsprädikat ohne Zusätze.

Das redende Wappen Held ist geteilt, oben blau, unten golden-rot gerautet, über allem ein silberner Geharnischter, die Rechte eingestemmt, in der Linken ein goldenes Fähnchen haltend, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken der Geharnischte zwischen einem rechts roten, links goldenen Flug (Literaturhinweise willkommen).

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbes. Band Baden
Informationsbroschüre Meersburg:
http://www.total-lokal.de/pdf/88701_50_12_10_01.pdf
Karl Moll:
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Moll_(Bürgermeister)
Karl Moll:
https://www.meersburg.de/359
Galerie Bodenseekreis:
https://www.meersburg.de/170
Hofkanzlerhaus:
https://mobil.meersburg.de/3000801?view=publish&item=tripDestination&id=39
Matthias Rassler: Kindler von Knobloch, Julius; Badische Historische Kommission (Hrsg.): Oberbadisches Geschlechterbuch (Band 3): M - R, Heidelberg, 1919 S. 334-345, online
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1919bd3/0349 und Seiten davor

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