Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 623
Flehingen im Kraichgau

Das Schloß in Flehingen

Das Schloß Flehingen und die Herren von Flehingen
Das Schloß ist eine in einer weitläufigen Talaue gelegene Vierflügelanlage, heute in einem großen Park am Rande des kleinen Ortes gelegen. Es ist eine der größten und besterhaltenen Anlagen im Kraichgau. Die früher ringsum vorhandenen Wassergräben sind verfüllt. An seinen vier Ecken wird das Schloß von viereckigen Türmen flankiert. Nach einem Umbau wird der Innenhof heute von einem Glasdach überspannt. Die Anlage geht zurück auf die 1636 ausgestorbenen Herren von Flehingen, die hier ihre Wasserburg errichteten. Seit 1216 beherrschten sie den Ort. Ihr Wappen war in Schwarz 5 (2:1:2) silberne Kugeln, also das gleiche Wappen wie die mit ihnen verwandten Herren von Sickingen hatten, die damals nur einen Ort weiter nach Osten herrschten und ihre Burgen besaßen.

Heute sind beide Orte zu einem verschmolzen. Die Herren von Sickingen aus gleichem Stamm wurden zwar berühmter, insbesondere der Rebell Franz, aber das Schloß von Flehingen können wir heute noch bewundern, während die Sickinger und ihre Burgen verschwunden sind. Nur in der Sickinger Kirche finden wir beachtliche Epitaphien von hoher Qualität. Die Sickinger und die Flehinger hatten zwar einen gleichen Schild, aber unterschiedliche Helmzieren: Die Herren von Sickingen führten einen silbernen Schwanenrumpf, rückwärts mit hahnenfedergezierten roten Kugeln (auch als rote Äpfel mit drei schwarzen Blättern interpretiert) besteckt. Helmdecken rot-silbern (Gruber) bzw. schwarz-golden / schwarz-silbern (Rahrbach). Die Herren von Flehingen führten einen schwarzen Wolf mit silbernem Lamm im Maule. Zurück zur Flehinger Wasserburg: In der letzten Hälfte des 16. Jh. baute Ludwig Wolf von Flehingen (1517-1600) zusammen mit seiner zweiten Gemahlin, Anna geb. Göler von Ravensburg, die alte Burg zum Schloß um, ganz im Stile der Renaissance.

Nordwestansicht

Nach dem Aussterben der Flehingen 1636 ging das Anwesen an die Wolff-Metternich, die es 1722 renovierten. Aus dieser Zeit stammt der Wappenstein über dem rundbogigen Portal am Nordflügel. Seit 1876 gehört das Schloß Baden, heute dem Land Baden-Württemberg. Heute ist im Schloß und in den umliegenden Gebäuden eine Bildungsstätte eingerichtet. Im Keller wird eine Sickingen-Sammlung aufbewahrt, darunter auch Schmucksteine von deren untergegangener Burg.

Südansicht des in einem gepflegten Park liegenden Schlosses

Das Wappen der Wolff-Metternich zur Gracht
Das Wappen ist gespalten: Die rechte Spalthälfte ist das Stammwappen der Familie Wolff-Metternich zur Gracht. Ihr Schild ist geteilt, oben in Blau ein silberner, dreilätziger Turnierkragen, unten in Silber ein schreitender, natürlicher Wolf, hier gewendet. Die Helmzier wäre Kopf und Hals eines natürlichen Wolfes wachsend, die Helmdecken wären blau-silbern.

Eigentlich handelt es sich bei den Wolff um hessischen Uradel, einst Wolff von Gutenberg genannt. Stammburg ist Gudensberg (Gutenberg) bei Fritzlar. Zur Bezeichnung "Wolff-Metternich" kam es 1439, als ein Herr Wolff von Gutenberg die Erbin Sibylla von Metternich aus diesem alten westfälisch-niederrheinischen Geschlecht heiratete und den Kombinationsnamen annahm. Das Schloß Metternich fiel dabei auch an die Wolff. Zur Erweiterung "zur Gracht" kam es unter dessen Enkel Hieronymus Wolff-Metternich, der Katharina von Buschfeld heiratete, die Erbin zur Gracht und Forst. Der Rittersitz Gracht liegt bei Liblar.

1637 wurden die Wolff-Metternich zur Gracht in Gestalt des Johann Adolf Wolff-Metternich zur Gracht, kurkölnischer Geheimrat, Reichshofrat und Landhofmeister von Kaiser Ferdinand II in den Reichsfreiherrenstand erhoben. 1731 wurde der Nachfahr des Genannten, Franz Joseph Wolff-Metternich zur Gracht, kurkölnischer Gesandter und Reichshofrat, in den Reichsgrafenstand erhoben. Bei dieser Erhebung kam es zu einer Vermehrung des Wappens wie folgt:

Das vermehrte Wappen der Grafen Wolff-Metternich zur Gracht ist geviert, Feld 1 und 4: Stammwappen, Feld 2 und 3: In Gold eine rote Lilie, auf jedem ihrer beiden gekrümmten Blätter sitzt rechts gekehrt ein grüner Papagei (oder Sittich) mit goldenem Halsband (von Elmpt-Burgau). Helm 1 ist der Stammhelm, Helm 2: Zwischen zwei goldenen Hörnern die rote Lilie mit den beiden Papageien. Helmdecken rechts blau-silbern, links rot-golden.

Die Aufnahme des Wappens derer von Elmpt begründete sich dadurch, daß die Wolff kurze Zeit Besitzungen derer von Elmpt besessen hatten.

Der Besitz Flehingen wurde den Wolff-Metternich zur Gracht nach dem Aussterben der Herren von Flehingen 1638 von Kurfürst Maximilian von Bayern verliehen. Das Wappen ist auf 1722 datiert, also noch im Zustand des Reichsfreiherrenstandes. Es handelt sich aber schon um den Johann Adolf Wolff-Metternich zur Gracht, kurkölnischer Geheimrat, Reichshofrat und Landhofmeister, der ein wenig später den Grafenstand erlangte.

Optimales Photo-Licht ist am frühen Morgen, denn die Fassade mit dem Wappen ist in Richtung NNO. Gute Ausleuchtung mit Sonnenlicht ist wegen der großen Bäume selten.

Das Wappen der Truchseß von Wetzhausen
Die linke Spalthälfte ist das Wappen der Truchseß von Wetzhausen: In Gold zwei in zwei Reihen silbern-rot geschachte Balken, Helmzier wären zwei wie der Schild bez. Büffelhörner (Balken als Spangen), dazwischen ein Jungfrauenrumpf in roter Gewandung mit goldenem Zopf und ebensolcher Krone. Helmdecken wären rot-golden.

Der Name der Familie ist auch ihre alte Berufsbezeichnung, sie waren Truchsessen der Grafen von Henneberg. Erstmalige Erwähnung findet sich 1217. Die Stammreihe geht lückenlos bis ins 13. Jh. Die wichtigsten Besitzungen sind Wetzhausen, Bettenburg und Bundorf. Die Familie stellte vor der Reformation viele Geistliche, Domkapitulare und Äbte, trat aber später mit allen Zweigen zum Protestantismus über. Bekannte Mitglieder der Familie sind Martin Truchseß von Wetzhausen, Hochmeister des Deutschen Ordens 1477-1489, Veit Ulrich Truchseß von Wetzhausen. Amtmann zu Neustadt an der Saale, Oberhauptmann zu Coburg, sowie Erhard Ferdinand Truchseß von Wetzhausen, k.u.k. Kämmerer, der in den Grafenstand erhoben wurde. Heute spielt die Familie sowohl als Politiker als auch als Grundbesitzer in ihren Stammbesitzungen noch eine wichtige Rolle. Sie haben allerdings ihren Namen auf "von Truchseß" verkürzt.

Später hatte die Familie ein vermehrtes Wappen, als sie in einer Linie in den Grafenstand erhoben wurde. Das Stammwappen wurde als Herzschild verwendet, Feld 1 und 4: In Rot oder Silber ein schwarzer gekrönter Adler, Feld 2: In Blau ein silberner Adler, Feld 3: In Gold ein silberner gekrönter Adler. Helm 1 trägt die Stamm-Helmzier, bereichert um zwei Fähnlein, die hinter dem Jungfrauenrumpf gekreuzt sind, rechts in Silber ein schwarzes Kreuz, links in Rot ein silbernes Kreuz, Helm 2 einen doppelköpfigen Reichsadler, Helm 3 ein gekrönter silberner Adler, alle Helme gekrönt. Helmdecken rechts rot-silbern, links blau-gold.

Die Inschrift unter dem Wappen:
1722 JOANN ADOLPH FREIHER WOLFF METDERNICH ZU GRACHD RATH VOESD STRAUWEILER HERR ZU LIBLAR OTENDHAL FLEHINGEN PISPERODE IHRER ROMISCHE KAISERLIG UND CATHOLISCHE MAIS GEHEIMBER RADH AUCH IHRER CHURFÜRSTLIGE TÜRGL ZU COLLEN GEHEIMBTER RICHD OBRIST CAMMERER UND AMBTMAN ZU LECHENICH MARIA ANNA THERESIA FREIUM VON TRUCHSES ZU WETZHAUSEN: Anm.: Mais = Majestät, Collen = Köln, Voesd ist Voorst, Gracht liegt bei Liblar. Strauweiler ist ein weiterer Besitz. Diese Inschrift nennt also die beiden Ehepartner, deren Individualwappen hier im gespaltenen Schild als Ehewappen vereinigt sind: Johann Adolph Wolff Metternich zur Gracht (1651 - 1722), Sohn von Degenhart Adolf Wolff gen. Metternich Freiherr zur Gracht (14.12.1616 - 22.1.1668) und Philippine Agnes Freiin v. Reuschenberg (-1663), hatte in zweiter Ehe Anna Maria Therese Truchsessin von Wetzhausen geheiratet. Aus dieser Ehe entstammte ein Sohn, Franz Joseph Graf Wolff Metternich zur Gracht gen. Elmpt v. Burgau, der Maria Isabella Theresia von und zu Gymnich heiratete. Johann Adolphs erste Frau war übrigens Anna Maria Magdalena Freiin v. Fürstenberg, sie verstarb 1692.  

Südwestansicht

Ausschnitt aus der Genealogie der Wolff-Metternich zur Gracht:

Literatur und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Hartmut Riehl: Burgen und Schlösser im Kraichgau, Verlag Regionalkultur 1997, ISBN 3-929366-51-7
Zwischen Fürsten und Bauern - Reichsritterschaft im Kraichgau, hrsg. von Clemens Rehm und Konrad Krimm, Heimatverein Kraichgau, Sinsheim 1992, 2. Auflage 1993, ISBN 3-921214-04-1
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag - Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9

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