Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 762
Adelsheim (Neckar-Odenwald-Kreis)

Adelsheim: Oberschloß

Das Obere Schloß (Vorderschloß) von Adelsheim ist ein Herrensitz, mehr einem Gutshaus ähnlich als einem Schloß, 1504 erbaut mit steinernem Unterbau bis zum ersten Stockwerk inclusive und Fachwerkobergeschossen. Das Herrenhaus wurde in der Nähe des heute verschwundenen Oberen Tores erbaut; Tor und Turm fielen 1826 einer Stadterweiterung zum Opfer. Der ehemalige Verlauf mit tiefem Graben, durch den heute noch der Bach fließt, ist noch gut zu erkennen. Erbauer des Oberschlosses von Adelsheim ist Sebastian v. Adelsheim, Amtmann in Krautheim in Kurmainzischen Diensten.

Neben dem Oberschloß gibt es im Ort noch das 1734-1738 erbaute Unterschloß (wie das Oberschloß in Privatbesitz, nicht zu besichtigen, im Gegensatz zu diesem auch nicht von außen). Hier befand sich einst eine Wasserburg, die 1733 durch Brand vernichtet wurde.

Das Oberschloß (im Bild) besitzt an seiner straßenseitigen Schmalseite einen pittoresken Erker, dessen spitz zulaufendes unteres Ende mit dem Wahrzeichen von Adelsheim geschmückt ist, dem niedlichen "Wappenmännle". Breitbeinig hockt es mit angewinkelten Knien und eckig an den Knien aufgerissenen Hosenbeinen unter dem Erkeransatz und hält mit beiden Händen den großen Schild. Dieser Schild ist bei näherem Hinsehen etwas ganz Besonderes: Denn er ist nicht nur einfach ein gevierter Schild, sondern zugleich ein Ehewappen und eine Ahnenprobe beider Eheleute. Denn vier verschiedene Elemente werden hier vereinigt: Die Wappen von Adelsheim, von Rechberg, von Stetten, von Lentersheim.

Ein kurzer Blick auf die Genealogie zeigt die Zusammenhänge: Der Erbauer Sebastian v. Adelsheim (geb. 1470, gest. 1512) war vermählt mit Ursula v. Hohenrechberg (gest. 18.4.1541). Mütterlicherseits ist der Erbauer mit den Rittern von Stetten verwandt. Die Eltern von Ursula von Hohenrechberg sind Heinrich III. v. Hohenrechberg/Rechberg (gest. 22.7.1489) und Agnes v. Lentersheim (gest. nach dem 29.10.1493). Für Ursula von Rechberg war die Ehe mit Sebastian v. Adelsheim die erste Heiratsverbindung. Nach seinem Tod im Jahre 1512 ehelichte sie Wendel v. Adelsheim (gest. 1518).

Im einzelnen stehen die vier Felder für folgende vier Familienwappen:

von Adelsheim: In Silber ein hier schwarzes, in der Lit. als silbern-schwarz geteilt beschriebenes, gewundenes Widderhorn (Steinbockshorn). Helmzier ein schwarz oder silbern-schwarz geteilt gewandeter Frauenrumpf mit goldenem abstehenden Haarzopf und goldener Krone zwischen zwei silbern-schwarz geteilten wie im Schild bez. Hörnern. Früher hatten sie nur die Hörner, 1422 kam der Frauenrumpf hinzu (diese Wappenbesserung wurde am 8.9.1422 dem Herbolt von Adelsheim von Kaiser Sigismund gewährt). Helmdecken schwarz-silbern.

Das Geschlecht derer von Adelsheim ist fränkischer Uradel. Der erste nachgewiesene Namensträger ist Hans von Adelsheim, 1324 erwähnt. Sie führen mit dem Steinbockshorn das gleiche Wappenmotiv wie die von Fechenbach und die Kottwitz von Aulenbach. Die Herren von Adelsheim trugen ihre Eigengüter im Jahre 1347 dem Fürstbischof von Würzburg zu Lehen auf. Die Familie gehörte zur fränkischen Reichsritterschaft, Kanton Odenwald, und im 16. Jh. waren ihre Mitglieder auch im Kanton Rhön-Werra immatrikuliert. Nach 1803 wurden die Herren von Adelsheim Freiherren im Großherzogtum Baden. Die Stammgüter umfaßten Besitzungen in Adelsheim, Hergenstadt, Sennfeld (Kreis Buchen) und Wachbach (Kreis Mergentheim). Die sog. 2. Linie starb am 8.4.1884 mit Adolf Frhr. v. Adelsheim aus und wurde von der sog. 1. Linie beerbt. Die heutige Linie entstand 1951 durch Adoption und nennt sich Freiherren von Adelsheim von Ernest; sie führen ein von den Stammwappen v. Ernest und v. Adelsheim gevierten Schild mit zwei Helmen. Adelsheim befand sich bis 1803 unter der Herrschaft der reichsunmittelbaren Ritterfamilie. Die Verhältnisse wurden erst durch den Reichsdeputationshauptschluß geändert. Danach kam Adelsheim an Baden. Das Stadtwappen von Adelsheim heute zeigt in Erinnerung an diese Familie in Silber das schwarze Steinbockshorn.

von Rechberg: In Gold zwei voneinander abgewendete rote Löwen mit verschlungenen Schwänzen. Die Helmzier ist ein wachsender goldener Hirsch oder Rehbock, ggf. rotgehörnt, die Helmdecken sind rot-golden.

Die uradelige, später hochadelige Familie der Herren von Rechberg stammt aus dem Schwäbischen und ist auf dem Hohenrechberg (Landkreis Schwäbisch Gmünd) und der dortigen Burg seit dem 12. Jh. nachgewiesen, konkret mit Ulricus de Rehperc am 22.1.1179. Sie waren Ministerialen der Stauferkönige. Im 13. Jh. kam es zur Aufspaltung in mehrere Linien. Die Linie "Rechberg unter den Bergen" erlosch schon 1413, und aus der Linie "Rechberg auf den Bergen" entstanden die folgenden Linien. Die erste Linie Rechberg zu Scharfenberg erlosch 1547 mit Georg Rechberg zu Scharfenberg. Die zweite Linie Rechberg zu Scharfenberg wurde 1549 von Hans III. von Rechberg zu Illeraichen begründet und bestand bis 1732. Die Linie Illeraichen erlangte je nach Begünstigtem am 11.3.1601 und am 7.6.1642 den Reichsfreiherrenstand und am 22.7.1626 sowie am 28.1.1699 den Reichsgrafenstand. Die Herrschaft Hohen-Rechberg wurde am 29.10.1638 zur freien Reichsherrschaft erhoben. Die Linie Kronburg erlangte am 18.10.1577, am 20.7.1597 und am 28.2.1598 je nach Begünstigtem den Reichsfreiherrenstand und am 19.9.1607 den Reichsgrafenstand mit Wappenvermehrung. Die Linie Osterberg erlangte am 4.12.1601 den Reichsfreiherrenstand. 1738 wurden die Besitzungen aller Rechberg-Linien wieder unter Johann Bero von Rechberg auf Hohenrechberg, Weißenstein, Donzdorf und Kellmünz (2.12.1697-12.5.1745) vereinigt, der zum letzten Mal eine Linie von Rechberg und Rothenlöwen begründete, nachdem alle anderen erloschen waren. Bayerische resp. württembergische Grafenstandserneuerungen datieren vom 25.10.1810 und vom 6.11.1810. Mit der Mediatisierung fielen ihre einstmals reichsunmittelbaren Territorien 1806 an das Königreich Württemberg und 1810 an das Königreich Bayern. Die Herren von Rechberg waren im Laufe der Geschichte im Dienste der Kirche aktiv, letzteres als Bischöfe von Speyer, Eichstätt und Augsburg. Joseph Bernhard Nikolaus Albert Graf von Rechberg und Rothenlöwen zu Hohenrechberg (22.10.1885-30.5.1967) adoptierte 1950 seinen Neffen Albert Germanus Friedrich Otto Aloysius Johannes Graf von Rechberg und Rothenlöwen zu Hohenrechberg (29.11.1912-21.10.2002), Vater von Bernhard Albert Josef Johannes Erbgraf von Rechberg und Rothenlöwen zu Hohenrechberg (geb. 10.1.1956).

Aufnahme aus dem Jahr 2007

von Stetten: In Silber 3 (2:1) rechtsgewandte, gestielte, rote Beile. Helmzier eine wachsende, rot gewandete Frauengestalt, die in jeder erhobenen Hand ein Beil hält, die Schneiden auswärts gekehrt. Alternativ kann die Gewandung oben silbern, unten rot sein. Eine weitere Alternative ist oben nackt, unten rot. Helmdecken rot-silbern. Eine rote Kopfbinde wird ebenfalls beschrieben. Bei Rahrbach und im Siebmacher Baden S. 24 T. 16 findet sich die Farbangabe Gold statt Silber. In Siebmacher Ergänzungsband S. 40 T. 18 findet sich als Farbangabe ein rotes Feld mit silbernen Beilen mit goldenen Stielen.

Bei den Freiherren von Stetten handelt es sich um fränkischen Uradel. Die Familie erscheint urkundlich 1098 mit Odelricus de Steten; die gesicherte Stammreihe beginnt erst in der Mitte des 13. Jh. Stammsitz ist Schloß Stetten am Kocher. Mehrere Linien blühten bzw. blühen in Baden und in Württemberg (Inneres Haus Stetten (erloschen 1867), Äußeres Haus Stetten, Buchenbacher Haus (Buchenbach ist ein ebensowichtiger Stammsitz an der Jagst)). Alle diese Linien gehen auf Söhne des 1644 verstorbenen Wolfgang Eberhard von Stetten zurück. Mehrere Familienmitglieder erlangten Bedeutung im Deutschen Orden, z. B. Cyriakus von Stetten als Deutschmeister 1297 und Landkomtur der Ballei Österreich, Eberhard von Stetten als Komtur zu Virnsberg und Nürnberg und Deutschmeister (gest. 1447) und nicht zuletzt Maximilian Wilhelm Siegmund von Stetten, Kommandant der Festung Marienburg und von Würzburg (gest. 1794). Im Königreich Württemberg wurde die Familie in der Freiherrenklasse des reichsritterschaftlichen Adels immatrikuliert.

Aufnahme aus dem Jahr 2012

von Lentersheim: Schrägrechtsgeteilt, oben silbern-rot in drei Reihen geschacht, unten schwarz. Helmzier ein flacher Hut, darauf ein wie der Schild tingierter Flug. Helmdecken rot-silbern. Es wird eine alternative Helmzier beschrieben: Helmzier ein flacher Hut, , rot und silbern geschacht, darauf ein offener oder geschlossener schwarzer Flug. Später ab 1518 führten sie ein vermehrtes Wappen: Quadriert aus 1. und 4. Stammwappen, 2. und 3. in Blau zwei aus silbernen Wolken am rechten und linken Rande kommende Hände, die sich in der Mitte erfassen. Zwei Helme, Helm 1: Stammhelm, Helm 2: ein Flug, jeder Flügel wie die Felder 2 und 3 tingiert.

Das Feld war in der alten Farbfassung (Photo von 2005) bereits fehlerhaft tingiert. Die untere Hälfte des Feldes 4 muß schwarz sein, nicht silbern. So hat es der Maler 2011 bei der Renovierung auch zuerst korrekt ausgeführt, wie auf der Webseite des Ausführenden zu sehen ist. Doch 2012 ist es wieder falsch - offensichtlich muß jemand so an dem Fehler gehangen haben, daß es wieder in falsch geändert wurde. Es ist zu hoffen, daß es bald wieder korrigiert wird.

Die von Lentersheim waren eine uradelige Familie. Ihre Stammburg gleichen Namens liegt am Kleinen Hesselberg; die Örtlichkeit ist heute Teil von Ehingen. Der Stammsitz wurde bereits im 13. Jh. von der seit dem 12. Jh. nachweisbaren Familie aufgegeben. Sie wird als Ministerialenfamilie der Grafen von Oettingen genannt. Größere Bedeutung erlangte die Familie in den Diensten der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Die Familie lebte im Ritterkanton Altmühl (Alten- und Neuenmuhr) und besaß Lehen der beiden genannten Territorialherren. Die Herren von Lentersheim wurden Mitglieder des Schwanenordens, sind im Deutschen Orden und in Stiften geistlicher Art zu finden und nahmen hohe Beamtenpositionen ein. Sie starben 1799 im Mannesstamm aus.

Adelsheim: Eingang

Über dem Eingang finden sich rechts und links die Wappenschilde der Freiherren von Adelsheim / von Rechberg (Beschreibungen siehe oben).

Adelsheim: Heimatmuseum

Das heute von der Stadt Adelsheim genutzte Bauländer Heimatmuseum war einst die freiherrliche Zehntscheuer, im barocken Stil erbaut. Der Schlußstein des Bogens trägt das Allianzwappen von Stetten / von Adelsheim (Beschreibungen siehe oben), jeweils in ovaler, schlichter Kartusche. Im Museum wird eine Sammlung aus landwirtschaftlichen Geräten, Werkzeugen, Möbeln, historischem Spielzeug, Bildern und Dokumenten ausgestellt.

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Informationstafel am Gebäude
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag - Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
Schloßmaler:
http://www.schlossmaler.de/sites/schlossmaler/album/c44440a4d2051febf2900e75cf4b8fc5.jpg
Ein herzliches Dankeschön an Frhr. v. Recum für wertvolle Hinweise
Adelsheim: Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band I, Band 53 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag Limburg, 1972.
Adelsheim: Otto Hupp, Münchener Kalender 1922, Verlagsanstalt München/Regensburg
Adelsheim:
http://de.wikipedia.org/wiki/Adelsheim_%28Adelsgeschlecht%29
Stetten: Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band XV, Band 134 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag Limburg, 2004
Stetten: Otto Hupp: Münchener Kalender 1913, Verlagsanstalt München/Regensburg
Stetten:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stetten_%28Adelsgeschlecht%29
Lentersheim: Otto Rohn, Die Herren von Lentersheim im Mittelalter, In: Alt-Gunzenhausen, 37, 1977, S. 31-47.
Lentersheim:
http://de.wikipedia.org/wiki/Lentersheim_%28Adelsgeschlecht%29
Rechberg: Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band XI, Band 122 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag Limburg, 2000
Rechberg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Rechberg_%28Adelsgeschlecht%29
Stammbaum der Rechberger:
http://genealogy.euweb.cz/german/rechberg1.html - http://genealogy.euweb.cz/german/rechberg2.html - http://genealogy.euweb.cz/german/rechberg3.html - http://genealogy.euweb.cz/german/rechberg4.html - http://genealogy.euweb.cz/german/rechberg5.html
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN 978-3-9813887-0-1, S. 19

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