Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 984
Bamberg (Oberfranken)

Vorderer Bach 6 (Guttenberg-Freihof)

Der ehemalige Guttenbergische Freihof im Vorderen Bach 6 ist ein stattliches Adelspalais, das aus zwei Flügeln besteht. Der Hauptflügel ist dreigeschossig und besitzt ein Mansarddach. Die zum kleinen Vorplatz hin gerichtete Schmalseite mit dem Haupteingang besitzt fünf Fensterachsen. Die Ecken werden mit einer kräftigen Reihe genuteter Quader betont, ansonsten ist die Wandfläche bis zum Hauptgesims ungegliedert. Einziger Bauschmuck sind die sandsteinernen Fenstergewände und das prächtige Allianzwappen des Bauherrn über der Tür, zu der eine ausladende Freitreppe hinaufführt. Der Seitenflügel ist nur zweigeschossig. Die Anlage entstand um 1740, vielleicht mit Johann Jakob Michael Küchel oder Justus Heinrich Dientzenhofer als Baumeister. Das Innere ist durch Umbauten 1892, 1920 und 1928-1930 stark verändert worden.

Dieser städtische Adelshof wurde nach Auszug der Familie von etlichen schulischen Einrichtungen genutzt. Der damalige Töchterschulverein erwarb das Haus Ende des 19. Jh. für seine Mädchenschule bzw. seit 1911 Höhere Mädchenschule, die den Namen unter städtischer Trägerschaft 1924 in "Städtisches Mädchenlyzeum" änderte. Eine Unterbrechung der Schulnutzung gab es am Ende des Zweiten Weltkrieges, als hier ein amerikanisches Lazarett eingerichtet wurde. Aus dieser Schule entwickelte sich das neusprachlich und sozialwissenschaftlich ausgerichtete Eichendorff-Gymnasium, das 1965 in ein neues Schulgebäude in der Kloster-Langheim-Str. 10 umzog. Der Guttenberg-Hof wurde nun als Volksschule Bamberg-Kaulberg und als Staatliche Fachoberschule genutzt. Die 1922 gegründete Städtische Höhere Handelsschule bzw. die Wirtschaftsaufbauschule, die heutige Graf-Stauffenberg-Wirtschaftsschule, zog auch wieder aus und ist nach einem Zwischenaufenthalt in der Kaulbergschule nun in der Kloster-Langheim-Straße 11 zu finden. Aktuell ist hier die Montessori-Schule Bamberg mit der Sekundarstufe untergebracht, weiterhin die Akademie für interkulturelle Bildungsarbeit der AWO.

Zwei einander zugeneigte Schilde werden als Allianzwappen unter einer gemeinsamen Krone zusammengestellt; rechts ist das Wappenbild der von Guttenberg zu sehen, in Blau eine goldene Rose. Auf der anderen Seite befindet sich das Wappen der von Horneck von Weinheim, in Silber eine schwarze, hier schräglinks gestellte Faßleiter mit zwei Sprossen. Das Wappen dieser schwäbischen und rheinländischen Familie wird im Siebmacher Band: Bay Seite: 40 Tafel: 39 beschrieben, weiterhin bei Schöler Tafel 145. Das hier nicht dargestellte Kleinod wäre das Schildbild zu schwarz-silbernen Decken.

Die Familie stammt aus der Stadt Weinheim an der Bergstraße und kommt auch in Ingelheim vor, wo 1505 Bernhart Horneck von Weinheim zum Schöffen gewählt wurde. Das Motiv der Faßleiter teilen sich die Horneck von Weinheim mit anderen Familien der Stadt Weinheim, den ausgestorbenen von Weinheim und den 1447 erloschenen Swende von Weinheim. Unterschieden wurden die Wappen durch die Tinkturen und ggf. Variationen wie Schindeln.

Die Faßleiter, auch Weinleiter oder Schrotleiter genannt, ist ein technisches Hilfsmittel, das typischerweise in Weinbauregionen vorkommt. Es handelt sich um eine Schiene, die zum Herablassen von Weinfässern z. B. in Keller dient und dafür über die Kellertreppe gelegt wird. Die Personen, die auf diesen Transport von Fässern spezialisiert waren, hießen Schröter und bildeten einen eigenen historischen Berufstand. Das Faß selbst wird mit Hilfe von eingehängten Seilen und einem Schrotbaum als Gegenlager kontrolliert herabgelassen oder heraufgezogen, wobei die Holme zum besseren Gleiten mit Fett eingerieben wurden. Genauso dient eine Weinleiter als Rampe zum Be- und Entladen von Transportwagen, Schiffen etc. Zwei dicke Holme dienen als Führungsschiene für die Fässer, die mit ihrem Bauch zwischen den Holmen rutschen und so gut in der Führung bleiben und nicht seitlich herunterkippen konnten, wie das bei einer glatten Rampe der Fall wäre. Das Faß liegt dabei längs auf, nicht quer. Diese beiden Holme, die in der Heraldik meist nach außen gebogen dargestellt werden, sind mit meist zwei Querhölzern verbunden, die in der Regel schwächer sind und dünner dargestellt werden als die tragenden Holme. Typisch und signifikant ist in der deutschen Heraldik die Anzahl von genau zwei Querstreben

Das Wappen gehört zu Lothar Franz von und zu Guttenberg-Kirchlauter (2.3.1705-3.1.1774), Sohn von Carl Christoph von und zu Guttenberg-Kirchlauter (18.3.1659-9.5.1719) und Anna Maria Antonetta Waldbott von Bassenheim (2.3.1669-5.12.1742). Lothar Franz hatte am 28.1.1728 Maria Sophia Juliana Horneck von Weinheim (21.3.1706-9.2.1761) geheiratet, die Tochter von Freiherr Johann Philipp Horneck von Weinheim und Freiin Maria Margarethe von Eyb. Ihrer beider Sohn war Lothar Franz Gottlieb Freiherr von und zu Guttenberg-Kirchlauter (1729-1806), der am 20.1.1791 in Aschbach Christina Franziska Freiin von Pölnitz (1741-1820) zur Frau nahm.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.889968,10.8839927,19.5z - https://www.google.de/maps/@49.8900983,10.8837978,59m/data=!3m1!1e3
Liste der Baudenkmäler:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkm%C3%A4ler_in_Bamberg/B%C3%BCrgerliche_Bergstadt
Eichendorff-Gymnasium, Schulgeschichte: http://www.eg-bamberg.de/schulgeschichte.html
Akademie für interkulturelle Bildungsarbeit: https://awo-bamberg.de/migration/akademie-fuer-interkulturelle-bildungsarbeit/
Montessori-Schule: https://www.montessori-bamberg.de/start/aktuelles/
Genealogie:
https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=maria+sophia+juliana&n=horneck+von+weinheim - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=lothar+franz&n=von+und+zu+guttenberg
Weinleiter: http://de.wikipedia.org/wiki/Weinleiter
Wappen Weinheim:
http://www.weinheim.de/servlet/PB/menu/1090309_l1/index.html
Geschichte Weinheims:
http://www.weinheim.de/servlet/PB/menu/1025417_l1/index.html
Horneck von Weinheim: http://www.ingelheimer-geschichte.de/index.php?id=412
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Genealogie Horneck von Weinheim:
https://www.von-wuertzburg.de/p39.htm#i5272, Hinweis "Korrekturfahne Würtzburg"

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