Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1349
St. Goar (Mittelrheintal, Rhein-Hunsrück-Kreis)

Evangelische Stiftskirche St. Goar:
Dieter von Katzenelnbogen

Neben der Waldeck-Platte (vorheriges Kapitel) gibt es noch eine zweite spätmittelalterliche Grabplatte in der Stiftskirche, die für Annas Sohn Dieter von Katzenelnbogen. Die rötliche Sandsteinplatte ist an der Südwand des südlichen Seitenschiffes angebracht. Wilhelm, Sohn von Dietrich Graf v. Katzenelnbogen (-13.1.1276) hatte mit seiner zweiten Frau Adelheid von Waldeck insgesamt neun Kinder, den kinderlosen Wilhelm II. Graf v. Katzenelnbogen, den Sohn Eberhard Graf v. Katzenelnbogen (1322 - 9.12.1402), dessen Tochter mit Agnes v. Diez (-18.11.1399), Anna v. Katzenelnbogen (-1439), den letzten katzenelnbogener Grafen Philipp I. (1402-1479) heiratete, und schließlich den hier wichtigen Dieter v. Katzenelnbogen (-3.10.1350), daneben noch Johann, Jutta, Anna, Elisabeth, Agnes und Bertold. Dieter v. Katzenelnbogen schlug eine geistliche Laufbahn ein, seit 1319 bzw. 1329 wird er als Domherr in den benachbarten Hochstiften Trier und Mainz erwähnt, und er wurde nach der Besetzung verschiedener Pfarrstellen 1342 Abt von Prüm. Das war insofern eine ideale Konstellation, als die Abtei Prüm der eigentliche Herr des Stiftes war, und die Grafen eigentlich die Rolle eines Prümer Vogtes innehatten. Das Stift St. Goar, einst wichtiger Besitz der Abtei, ging ihr in nicht allzu weiter Zukunft verloren und kam ganz an die Grafen, die es 1449 von Prüm kauften.

Dieter wird in Halbrelief unter einer außen mit Krabben besetzten gotischen Kielbogenarkade dargestellt, ganz ähnlich dem Denkmal für seine Mutter. Zwei Fialen flankieren die Darstellung. Der Abt trägt die Kutte eines dem geistlichen Stand Angehörigen, dazu Skapulier und eine interessante Almutie (Almucia, Schultermäntelchen, eine bis auf die Schultern hängende wärmende Kopfbedeckung und auch Teil der Chorkleidung des Abtes), die oben zu zwei Hörnchen unklarer Bedeutung ausgebeult ist. Die umlaufende lateinische Inschrift in gotischen Minuskeln lautet: "ter c millenis an(n)is simul x quater v bis octobris trina da(m)pnabilis ip(s)a ruina abbas dytherus pulcher no(n) t(em)p(or)e serus mortuus e(st) chr(ist)e veni peto cernat ut iste amen" - dreimal hundert und tausend Jahre sowie viermal zehn und zweimal fünf (1350) am 3. Oktober ereignete sich der schreckliche (wörtl.: verdammenswerte) Todesfall. Der stattliche/vortreffliche Abt Dieter starb nicht spät in der Zeit. Ich bitte dich, Christus, komm, damit er dich sehe, Amen. Er starb jung, es war offensichtlich ein nicht näher bezeichnetes Unglück, und mit ihm verlor die Familie nicht nur einen Sohn, sondern auch auch den Einfluß auf die Abtei. Bemerkenswert ist die Darstellung der Jahreszahl als Mischung aus Text und Zahlzeichen. Auffalend ist ferner der Hohlraum auf der Brust mit Falz und Scharnierspuren, vielleicht als Reliquiendepositorium gedacht. Das Behältnis nimmt hier die Position eines Buches ein (Regelbuch), das ein Abt in dieser Stellung mit dieser Handhaltung so tragen würde.

Das stark verwitterte Wappen heraldisch rechts oben ist das der Abtei Prüm, in Rot (oft, vor allem später auf grünem Boden dargestellt) ein silbernes, zurückschauendes, wahlweise golden nimbiertes Lamm, das ein silbernes Fähnchen trägt, dieses mit rotem Kreuz belegt (sog. Prümer Lamm). Es handelt sich hierbei um eine der ältesten Darstellungen des Prümer Lamms, denn es ist erstmals auf einem 1342 verwendeten Siegel genau dieses hier zur Diskussion stehenden Abtes Dieter nachzuweisen. Gegenüber ist der Wappenschild besser erhalten, er zeigt in Gold einen roten, hersehenden Löwen, typischerweise blau bewehrt und blau gezungt, in anderen Darstellungen auch blau gekrönt, hier ohne Krone, das Wappen der Grafen von Katzenelnbogen. Der Sandstein ist freilich ohne Farbfassung.

Literatur, Links und Quellen:
Evangelische Kirchengemeinde St. Goar: http://www.ev-kgm-stgoar.de/
Herbert Gräff, Bernhard Jakobs und Wolfgang Krammes (Hg), Die Kirchen im Mittelrheintal - Führer zu den Bauten des UNESCO-Welterbes Mittelrhein - Michael Imhoff-Verlag, 2008 - S. 53-55 - online:
http://www.ev-kgm-stgoar.de/Kirchen/St_Goar/2008-UNESCO/UNESCO-Fuehrer-StG.html
Pfr. Wolfgang Krammes, Hansen-Blatt, Schriftenreihe des "Internationalen Hansenordens e.V. zu St. Goar am Rhein", S. 103 - 109, 63. Jahrgang, Heft Nr. 51 - Juli 1998 - online:
http://www.ev-kgm-stgoar.de/Kirchen/St_Goar/Kra-1998-Hansenblt.html
Veröffentlichung der Innenaufnahmen mit freundlicher Genehmigung von Herrn Pfarrer Wolfgang Krammes vom 5.5.2010, wofür ihm an dieser Stelle ganz herzlich gedankt sei.
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Michael Imhof, Stiftskirche St. Goar in St. Goar am Rhein, Michael Imhof Verlag, 2003, ISBN 3-935590-92-X
Platte:
http://www.inschriften-online.de/zeige/suchergebnis/treffer/nr/st-goar-evang-stiftskirche-2.html
Susanne Kern, Die Inschriften der Evangelischen Stiftskirche St. Goar, Inschriften Mittelrhein-Hunsrück, Heft 6, hrsg. v. d. Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V., Mainz 2008
Auf
http://www.inschriften-online.de/nc/broschueren.html das Heft http://www.inschriften-online.de/nc/broschueren.html?download=IMH6-StGoar-EvStiftskirche.pdf&did=6

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