Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1368
Freinsheim (Pfalz, Landkreis Bad Dürkheim)

Freinsheim, Nagelscher Hof

Der sog. Nagelsche Hof in Freinsheim befindet sich in der Hauptstraße 27. Das Anwesen heißt so, weil die Familie der Nagel von Dirmstein hier seit dem 15. Jh. Grundbesitz hatte. Peter Nagel von Dirmstein, gest. 1571, kaufte 1553 zwei Häuser in Freinsheim nebst Land, die sog. Leyfardtschen Güter. Dessen Sohn, ebenfalls Peter mit Namen, bekam zusammen mit seinem Bruder Heinrich beim Tod des Vaters den Freinsheimer Besitz, als das Erbe unter den vier Brüdern 1574 geteilt wurde. Dieser Peter Nagel von Dirmstein ließ an seinem Anwesen 1588 einen hübschen Wappenstein anbringen. An der heutigen Fassade erinnert nichts mehr an das 16. Jh. außer diesem über dem Tor eingelassenen Wappenstein.

Die Inschrift des Steines lautet: "DO MAN ZALT (= als man zählte) M D ACHZIGACHT (= 1588) WARDEN DIESE WAPPEN VFGEMACHT VOM EDLEN VESTEN PETER NAGEL VO(N) DIRMSTEIN SAMPT KATARINA CRATZIN DEM G(E)MAHEL SEIN DENEN BEIDEN GOT(T) DER HERR EIN GLVCKSELIG ENDT BESCHER"

Zusätzlich ist der Stein noch einmal in Zahlzeichen auf 1588 datiert. Zwei Vollwappen bilden das Zentrum, und in den vier Ecken befinden sich vier Wappenschilde mit jeweils darüber gelegtem gebogenen Schriftband. Photohinweis: Der Wappenstein befindet sich übrigens an einer Nordseite, gutes Licht nur ganz früh am Sommermorgen.

Der Bauherr Peter Nagel von Dirmstein, geb. 1545, gest. 1610, war Amtmann im nahen Deidesheim in Diensten des Fürstbischofs von Speyer und später Burgvogt zu Jockgrim, einer von Nikolaus, Bischof von Speyer, 1390 ff. errichteten Burg. Sein Bruder Heinrich, mit dem gemeinsam er die Freinsheimer Güter erbte, war Domherr in Speyer.

Abb. links: Wappen der Nagel von Dirmstein, einem pfälzischen niederadeligen Rittergeschlecht, das in Diensten der Fürstbischöfe von Worms und Speyer stand: In Gold unter drei balkenweise gestellten schwarzen Eisenhüten ein roter Löwe (hier aus Courtoisie gewendet). Alternative Blasonierung: Geteilt, oben eine Reihe golden-schwarzer Eisenhutfeh, unten in Gold ein roter Löwe. Im Rietstap/Rolland wird das Wappen unter "Nagel de Dirnstein" aufgeführt, der Löwe wird dort als schwarz blasoniert, unzutreffend. Im Alten Siebmacher von 1605 ist das Wappen mit dem roten Löwen enthalten, im Neuen Siebmacher wird das Geschlecht hingegen nicht aufgeführt. Bei Zobel finden wir es auf Tafel 79, es ist in der Sammlung Eltester enthalten. Hier steht der Schild lt. Inschrift für Peter Nagel von Dirmstein, was für Vater und Sohn gleichermaßen zutrifft. Es gibt mehrere Familien mit dem Namensbestandteil "Dirmstein", die es auseinanderzuhalten gilt. Die Familie von Dirmstein führt silbern-roten Eisenhutfeh, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken aus einem wie der Schild bez. Köcher schwarze Hahnenfedern hervorkommend (Zobel Tafel 78, Siebmacher Band: Els Seite: 6 Tafel: 8). Die Lerch von Dirmstein führen einen geteilten Schild, oben eine Reihe silbern-schwarzer Eisenhutfeh, unten in Gold drei schwarze aufsteigende Spitzen (oder in Schwarz drei goldene aufsteigende Spitzen, weitere Varianten der Farbverteilung werden beschrieben, im Siebmacher ist es gold silbern geteilt, oben schwarze Eisenhüte, unten drei schwarze aufsteigende Spitzen, im Aschaffenburger Wappenbuch nur golden ohne Silber), auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner oder auch schwarzer Köcher mit einem Federbusch oder ein silberner Topf mit einer Pflanze (Zobel Tafel 79, Siebmacher Band: BayA1 Seite: 159 Tafel: 164, Band: NaA Seite: 29 Tafel: 45, Aschaffenburger Wappenbuch, Sammlung Eltester). Die Schmutzel von Dirmstein führen silbern-roten pfahlförmig angeordneten Eisenhutfeh, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein rechts silbernes, links rotes Paar Bockshörner (Zobel Tafel 79, Sammlung Eltester). Und die Engelmann von Dirmstein führen einen geteilten Schild, oben zwei Reihen silbern-roter Eisenhutfeh, unten in Blau eine silberne, aus dem linken Rand hervorkommende Vogelklaue (Zobel Tafel 79, Sammlung Eltester). Man sieht, daß verschiedene Burgmannengeschlechter das Grundmotiv des Eisenhutfehs gemeinsam haben, aber in ganz individueller Ausführung und Kombination.

Abb. rechts: Wappen der Cratz von Scharf(f)enstein. Die von Scharf(f)enstein waren ein weitverzweigtes Geschlecht, welches von der Burg Scharfenstein bei Kiedrich im Rheingau kommt. Das war eine Mainzer Landesburg, die unter Erzbischof Christian I. von Buch (1160-1183) zur Grenzsicherung erbaut und bemannt wurde. Die Burgmannen nannten sich nun nach der Burg "von Scharfenstein", urkundlich erstmalig mit Waltherus de Scharpinstein, Mainzer Kanoniker, im Jahre 1191. Sie prägen den Ort und sind auch maßgeblich am Kirchenbau in Kiedrich beteiligt. Gegen Ende des 14. Jh. kommt die Burg dann als Lehen an die Burgmannen von Scharfenstein. Die Burg verliert an Bedeutung für den Mainzer Erzbischof, während Eltville an solcher gewinnt. Das Geschlecht teilte sich Anfang des 13. Jh. in 3 Äste: "Die Grünen", erloschen 1517, führten in Silber einen grünen Balken, darüber eine grüne Leiste, Helmzier ein wie der Schild tingierter Flug. Helmdecken grün-silbern. "Die Schwarzen", erloschen 1617, führten in Silber einen schwarzen Balken, begleitet von zwei schwarzen Leisten, Helmzier ein wie der Schild tingierter Flug. Helmdecken schwarz-silbern. Die "mit den Steinen", erloschen 1632, führten in silbernem, mit schwarzen Schindeln bestreuten Feld einen schwarzen Balken, Helmzier ein wie der Schild tingierter Flug. Helmdecken schwarz-silbern. Alternativ: In silbernem, mit schwarzen Schindeln bestreuten Feld ein schwarzer Balken, begleitet von zwei schwarzen Leisten, Helmzier ein wie der Schild tingierter Flug. Helmdecken schwarz-silbern. Diese Variante "mit den Steinen" spaltete sich wiederum auf in die Cratz von Scharf(f)enstein, ab 1390, erloschen 1721, im Rheingau und im Trierischen begütert, führten in Silber einen roten Balken, begleitet von schwarzen Schindeln, Helmzier ein wie der Schild tingierter Flug, Helmdecken rot-silbern, seit 1589 auch zwei Helme, Helm 1 wie oben, Helm 2 ein goldener geharnischter Arm, ein Schwert führend. Der letzte Zweig sind die Genne von Scharf(f)enstein, gestiftet von Emmerich, dem Onkel des ersten Cratz von Scharfenstein. Mit dessen Sohn Johann wurde die Linie 1357 wieder beschlossen. Sie führten in silbernem, mit roten Schindeln bestreutem Feld ein schwarzes Schragenkreuz. Die Wappen werden beschrieben bei Gruber S. 118-119, Zobel Tafel 293-294, Siebmacher Band: NaA Seite: 36 Tafel: 59. Mit Catharina haben wir eine Vertreterin der Cratz von Scharf(f)enstein, daher ist die korrekte Tingierung, die hier leider nicht vorliegt, in Silber ein roter Balken, begleitet von schwarzen Schindeln. Helmzier ein wie der Schild tingierter Flug. Helmdecken rot-silbern.

Abb. links: Wappen der von Heppenheim genannt vom Sale (von Saal). Die korrekte Tingierung, die hier leider nicht vorliegt, ist in Blau ein silberner Balken, begleitet von 3 (2:1) silbernen Rauten. Die zugehörige Helmzier wäre ein Paar blauer, mit einem silbernen, oben und unten von einer silbernen Raute begleiteten Balken belegter Büffelhörner. Helmdecken blau-silbern (Zobel Tafel 139). Die Familie stammt aus dem Raum Alzey, hatte in Gau-Heppenheim eine Burg als Allodialgut und stellte Burgmannen auf der bischöflichen Burg in Alzey. Ein weiterer Besitz der Familie war der Saalhof in Alzey, ein Lehen von den Pfalzgrafen bei Rhein. So kam es zu diesem doppelten Namen. Dieses Wappen fand übrigens Eingang in das vermehrte Wappen der Grafen von Schönborn, als diese 1684 die von Heppenheim beerbten, und in deren Wappen fand der Wappenbestandteil der von Heppenheim weite Verbreitung im Rheinland und in Franken, insbesondere im Bereich der geistlichen Fürstentümer Süddeutschlands.

Abb. rechts: Wappen der von Schönburg, von Schönenburg vor dem Saane (Soonwald): Die korrekte Tingierung, die hier leider nicht vorliegt, ist in Schwarz drei (2:1) silberne Tatzenkreuze. Die zugehörige Helmzier wäre ein schwarzer Turnierhut mit schwarzem Stulp, darauf ein silbernes Tatzenkreuz oder drei silberne Tatzenkreuze, auf dem Hut eine silberne hahnenfederbesteckte Kugel. Helmdecken schwarz-silbern (Zobel Tafel 302, Gruber S. 122-123, Siebmacher Band: NaA Seite: 37 Tafel: 60).

In der Mitte des Feldes befinden sich die beiden Vollwappen des Bauherren-Ehepaares. Die Schildbilder sind wie oben beschrieben. Die Helmzier der Nagel von Dirmstein ist ein Mann mit aufgeschlagenem Hut, in der Linken einen Pilgerstab und einen Rosenkranz haltend. Im Rietstap wird die Helmzier etwas abweichend beschrieben: Cimier un homme issant, habillé au naturel, coiffé d'un bonnet, le rebord chargé d'une croisette, tenant de sa main dextre un bourdon de pélerin et un rosaire. Die Helmzier der Cratz von Scharf(f)enstein ist ein wie der Schild tingierter Flug, also korrekterweise silbern mit einem roten Balken, begleitet von schwarzen Schindeln. Helmdecken rot-silbern. Die goldene Fassung sieht zwar schön aus, entspricht aber leider nicht den Quellen.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Herrn Hans-Helmut Görtz ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise und den Hinweis auf diesen Wappenstein
Herrn Rolf-Konrad Becker ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise zu den von Heppenheim gen. Saal
Aschaffenburger Wappenbuch
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen Vierteljahresblätter".
Rolf Zobel: Wappen an Mittelrhein und Mosel, Books on Demands GmbH, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.
Rietstap/Rolland
Hans-Helmut Görtz, Die Nagel’sche Erbteilung vom 27. Mai 1574 als Quelle für Freinsheimer Namen, Pfälzisch-Rheinische Familienkunde 15 (2004), 418-420.
Hans-Helmut Görtz, Das Rittergeschlecht Nagel von Dirmstein, in: Michael Martin (Hg.), Dirmstein - Adel, Bauern, Bürger. Stiftung zur Förderung der Pfälzischen Geschichtsforschung, Reihe B, Band 6. Neustadt an der Weinstraße 2005, S. 83-118.

Eisentor - Rathaus

Ortsregister - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright / Urheberrecht Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2010
Impressum