Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1502
Kirchensittenbach (Landkreis Nürnberger Land)

Tetzelschloß Kirchensittenbach

Das Tetzelschloß ist ein bedeutendes Renaissancebauwerk und zugleich ein Ort gewisser familiengeschichtlicher Tragik. Voller Hoffnung wurde es von Jobst Friedrich Tetzel als Sitz seines Geschlechtes erbaut, doch seine Hoffnungen auf Nachwuchs erfüllten sich trotz zweier Ehen nicht, so daß allein ein erbitterter Bruderzwist blieb, in dem der Bauherr zwar zu Lebzeiten alles tat, um seinen verhaßten Bruder und seine Nachkommen von allem auszuschließen, doch die Zeit spielte mangels Nachkommen gegen ihn. Das Schloß ist heute noch weitgehend im Zustand der Erbauungszeit 1590-1595 und kaum verändert. Vermutlich oblagen die Planung und die Bauleitung dem mit dem Bauherrn befreundeten Wolf Jakob Stromer, Nürnberger Ratsbaumeister.

Über dem Portal zum ummauerten kleinen Hof, der die dreigeschossige Renaissance-Zweiflügelanlage mit Satteldächern und Schleppgauben und mit winkelständigem achteckigem Treppenturm mit geschweifter welscher Haube im Grundriß zum Rechteck ergänzt, befindet sich der Wappenstein des Bauherren, mit der Datierung "AN(N)O CHRI(STI) MDXC" - 1590. Mit dem Bauherrn starb seine Linie aus, und das Schloß wurde 1612 mit allen zugehörigen Ländereien in eine Familienstiftung überführt. Ihr gehört es auch heute noch, wobei der jeweilige Administrator (festgelegte Reihenfolge: Tetzel, 1640 Schlüsselfelder, 1709 Volckamer, Groland (entfiel, da erloschen), Rummel (entfiel, da erloschen) und Stockamer (entfiel, da auch zwischenzeitlich erloschen), danach Losentscheid, 1729 Pfinzing (erloschen 1764), Behaim (ab 1780), nach deren Erlöschen stattdessen ab 1942 Stromer, jeweils im Wechsel) Nutzungs- und Wohnrecht besitzt, nicht aber über das Stiftungskapital selbst verfügen kann. Das Schloß wird von den Administratoren genutzt und kann nur anläßlich von Veranstaltungen, Ausstellungen oder vereinbarter Führungen besichtigt werden, ferner kann es für Veranstaltungen oder private Feste gemietet werden. Derzeit ist es die Familie der Stromer v. Reichenbach, die das Anwesen verwaltet. Die jüngste, von den Volckamer begonnene Renovierung wurde 2007 abgeschlossen.

In der Mitte und etwas erhöht sieht man das Tetzel-Vollwappen, in Rot eine aufspringende silberne Katze, auf dem rot-silbern bewulsteten Helm mit rot-silbernen Decken die silberne Katze wachsend. Es steht für Jobst Friedrich Tetzel (1556-1612), Sohn von Jobst VII. Tetzel (1503-1575) und Anna Volckamer. Jobst Friedrich ließ 1588 das alte Herrenhaus einreißen und 1590-1593 das neue Schloß erbauen. Dieses Wappen wird von zwei Beischilden begleitet, der heraldisch rechte zeigt das Wappenbild der Groland, in Schwarz eine fünfblättrige rote Rose, aus der deichselförmig - im Dreipaß - drei silberne Sensenklingen hervorgehen; Jobst Friedrich Tetzel hatte am 2.12.1578 Maria Groland (1555-1583) geheiratet, die Ehe blieb ohne Nachwuchs. Der andere Beischild zeigt das Wappenbild der Schlüsselfelder, in von Silber und Schwarz geteiltem Schild drei deichselförmig im Dreipaß gestellte Schlüssel an einem gemeinsamen Ring in verwechselten Farben; Jobst Friedrich Tetzel hatte am 14.9.1585 in zweiter Ehe Anna Schlüsselfelder (1565-1639) geheiratet.

Nach dem Tod des Bauherrn ließ seine Witwe das Voitenhaus (1620, erneuert 1698) und weitere Nebengebäude auf dem weitläufigen Gelände wie Stallung, Waschhaus und Lagerhaus errichten und den ganzen Komplex mit einer weitläufigen Mauer umgeben. Das Schloß selbst sollte noch mit einer äußeren, rechteckigen Mauereinfassung mit vier schräg gestellten Ecktürmen umgeben werden, was aber nicht mehr ausgeführt wurde, ebensowenig wie ein 1701 geplanter Wassergraben.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere der Band Bayern
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener / Bauer Raspe, Neustadt an der Aisch, 3. Aufl. 1999, Nachdruck 2002, ISBN 3-87947-112-6

Peter Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg. Nürnberger Forschungen, Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, herausgegeben vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg. Bände 31/1, 31/2, 21/3 (Stammbäume) und 31/4. VDS Verlagsdruckerei Schmidt, Neustadt an der Aisch. ISBN 978-3-87191-333-4.
Tetzelschloß:
http://www.herrensitze.com/kirchensittenbach-iii.html
Robert Giersch, Andreas Schlunk, Bertold von Haller, Burgen und Herrensitze in der Nürnberger Landschaft, Verlag Altnürnberger Landschaft, 560 S., über 600 z. T. farb. u. hist. Abb., mit Übersichtskarte u. Orts- u. Personenreg., 2007, ISBN 978-3-00-020677-1
Wilhelm Schwemmer, Altnürnberger Herrensitze, Schloß und Dorf Kirchensittenbach. In: MANL 23 (1974), Heft 3, S. 43, 45-50.
Tetzelschloß:
http://www.tetzelschloss.de/
Geschichte:
http://www.tetzelschloss.de/geschichtliches.html
Freilichtkino im Tetzelschloß:
http://www.tetzelschloss-filmsommer.de/

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