Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1521
Niederstetten (Hohenlohe, Main-Tauber-Kreis)

Schloß Haltenbergstetten

Schloß Haltenbergstetten liegt hoch über dem Ort Niederstetten und dem Tal der Vorbach auf einer Bergzunge. Durch seine Lage ist die heutige, dreigeschossige Vierflügelanlage auf schiefrechteckigem Grundriß schon von weitem sichtbar und dominiert das Ortsbild. Was wir heute sehen, entstammt stilistisch weitgehend der Spätgotik und der Frührenaissance, denn die mittelalterliche Burg wurde 1550–1572 zum Schloß ausgebaut mit weiteren Umbauten 1641. Nur ein einziger Baukörper ist jünger, fügt sich aber unauffällig in das unregelmäßige Viereck ein, das ist die 1749-1750 im südlichen Teil des Ostflügels eingebaute barocke Schloßkirche mit Rokoko-Ausstattung und Fürstenloge. Etwas abgesetzt am Hang jenseits der Straße befindet sich mit dem Prinzessinnenhaus ein anmutiger Winkelbau mit Mansarddach aus der Zeit um 1800.

Nord-, West- und Südseite haben je einen erkerartigen Vorsprung, an der Nordwestecke ist ein Rundturm. Am Nordflügel ist hofseitig ein polygonaler Treppenturm vorgebaut. Der Ostflügel ist im nördlichen Teil relativ schmal und innen als Fachwerkbau ausgeführt. Hier liegt der Hauptzugang zum Schloßhof. Links neben der Tordurchfahrt ist außen über dem Stufenzugang der Eingang in die 1750 fertiggestellte Schloßkirche zu sehen. Nach Einführung der Reformation im Jahre 1551 entstand unter Fürst Philipp v. Hatzfeld wieder eine katholische Gemeinde. Das Tor besitzt noch alte Torflügel, die sich in steinernen Widerlagern drehen, die Flügel gefertigt aus auf Abstand gesetzten Eichenbohlen mit kleinem, fast quadratischem Personendurchschlupf, den man nur in gebückter Haltung durchklettern konnte.

Schloß Haltenbergstetten hat eine abwechslungsreiche Besitzgeschichte, die sich in der Heraldik des Gebäudes widerspiegelt. Eine erste urkundliche Erwähnung erfährt die Befestigungsanlage im Jahr 1219. Erste Besitzer waren die Herren von Haldenberg, die hier eine mittelalterliche Burg errichteten, dann die Herren von Hohenlohe-Brauneck, aus dieser Zeit befindet sich ein einzelner Schild an einer Wand zum Innenhof. Es folgten die Grafen von Castell und die Schenken von Limpurg, ohne heraldische Hinterlassenschaften, dann 1415 die Herren von Rosenberg, denen wir am Schloßportal begegnen und die die Burg aus dem 12./13. Jh. zum Schloß ausbauten, schließlich nach deren Aussterben 1632 die Grafen von Hatzfeld (1641-1794), die ihre heraldischen Spuren am hofseitigen Treppenturm hinterließen, und dann wieder ab 1803 die Herren von Hohenlohe-Jagstberg, als der Besitz des Fürstbistums Würzburg, dem es mittlerweile wieder gehörte, in der Säkularisierung verteilt wurde, als Ersatz für verlorene Besitzungen im Elsaß. Mit der Mediatisierung kam die Stadt Niederstetten an das Königreich Württemberg, das Schloß ist auch heute noch Privateigentum des Hauses Hohenlohe und wird bewohnt. Heute ist im Erdgeschoß des Schlosses ein 1976 von Fürst Albrecht zu Hohenlohe-Jagstberg angelegtes Jagdmuseum eingerichtet.

Über dem Haupteingang befindet sich das heraldische Prunkstück des Schlosses, ein über die ganze Breite gehender Wappenstein, auf 1572 datiert, das ist die Phase des Umbaus der Burg in ein Wohnschloß der frühen Renaissance. Heraldisch rechts ist das Wappen der von Rosenberg, von Rot und Silber geteilt und 5x gespalten, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein roter und ein silberner Schwanenhals, voneinander abgewendet, dazwischen eine rote Rose mit goldenem Butzen, bisweilen mit grünen Kelchblättern dargestellt. Stammburg ist die Burg Rosenberg zwischen Osterburken und Boxberg. Im Odenwald spielten die Rosenberger eine wichtige Rolle in der Reichsritterschaft und stellten drei Ritterhauptleute. Man findet sie in den Domkapiteln von Würzburg und Speyer. Sie sind stammesverwandt mit den v. Uissigheim und starben 1632 aus.

Gegenüber ist das Wappen der de Kere / von der Kere / von Kehr, von Silber und Schwarz geteilt, belegt mit einem Vogelbein in verwechselten Farben, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein wachsender Rumpf eines schwarzgekleideten Mannes, statt der Arme zwei Flügel, wie der Schild geteilt und belegt, statt des Mundes ein roter spitzer Schnabel (Variationen möglich). Die Familie ist hinsichtlich der eindeutigen Identifizierung schwierig, weil sie ein identisches Wappen mit den stammesverwandten Truchseß von Henneberg führt. Die von der Kere waren Lehnsleute der Grafen von Henneberg und des Hochstiftes Würzburg. Dort waren sie herausgehobene Vasallen, denn sie hatten traditionell das vererbbare Amt der Untermarschälle des Hochstifts Würzburg inne. 1583 starb die Familie aus, der Letzte seines Geschlechtes war Dompropst Richard von der Kere, im Würzburger Dom begraben. Er war der Bruder der Anna von der Kere, von der im nächsten Abschnitt die Rede ist.

Jedes Wappen wird seitlich von einer 4er-Ahnenprobe begleitet, und diese Ahnenprobe erlaubt auch die sichere Zuordnung der beiden Ehepartner, die Bauherren des neuen Schlosses waren: Es handelt sich um Friedrich Zeisolf von Rosenberg (gest. 1576), zu Haltenbergstetten und Gnötzheim, und um seine Frau Anna von der Kere. Friedrichs Eltern waren Zeisolf v. Rosenberg, Ritter (gest. 23.6.1538) und Ursula v. Hutten (gest. 19.12.1529), und seine vier Großeltern, auf die kommt es bei dieser Ahnenprobe an, waren Friedrich v. Rosenberg, Ritter (von Rot und Silber geteilt und 5x gespalten), Elisabeth v. Volmarshausen (zwei Balken, = v. Wollmershausen, Rietstap: in Rot zwei silberne Balken, ebenso Siebmacher Si1 103 und Band: WüA Seite: 16 Tafel: 8, dito Scheiblersches Wappenbuch Folio 364), Ludwig v. Hutten (in Rot zwei goldene Schrägbalken) und Margarete Speth von Zwiefalten (in Rot schräg übereinandergelegt drei silberne Schlüssel mit gezähntem Bart).

Auf der optisch rechten Seite sind die vier Großeltern seiner Frau heraldisch repräsentiert. Die Eltern von Anna v. d. Kere waren Jacob v. d. Kere (von Silber und Schwarz geteilt, belegt mit einem Vogelbein in verwechselten Farben) und Anna von Bemelburg = von Boyneburg (schwarz-silbern geviert, je nach Linie auch umgekehrt). Der Großvater väterlicherseits war Reichard von der Kere, der Großvater mütterlicherseits war Reichard von Bemelberg. Durch den dritten Schild wird die Großmutter väterlicherseits repräsentiert, Margarethe von Heßberg (gespalten, rechts in Silber drei rote Rosen pfahlweise, links fünfmal rot-silbern geteilt), und der letzte Schild, der ganz unten, steht für die Großmutter mütterlicherseits, Magdalena von Brandenstein, er zeigt in Gold einen aufspringenden, natürlichen Wolf (oder Fuchs), welcher eine silberne Gans im Rachen hat. In den oberen und unteren Winkeln der Tafel sieht man jeweils einen geflügelten Engelskopf, der nach außen gerichtet ist, dadurch stehen die oberen schräg auf dem Kopf.

Die Söhne des Bauherren-Paares waren Conrad XIII. v. Rosenberg (18.2.1551 - 20.3.1596), Albrecht Christoph v. Rosenberg (15.2.1561 - 11.1.1632) und Georg Sigmund v. Rosenberg (17.6.1563 - 2.1.1630), die Töchter Catharina v. Rosenberg (-1619), Brigitta v. Rosenberg (-14.10.1619), Sopia v. Rosenberg und Margarete v. Rosenberg (-1616).

Hier gibt es ein paar interessante Querverbindungen zu anderen Wappenfundstellen: Die zuletzt genannte Margaretha von Rosenberg, Tochter von Friedrich Zeisolf von Rosenberg zu Haltenbergstetten und Gnötzheim und Anna von der Kere, hatte Albrecht von Liebenstein (1555-25.7.1608) geheiratet. Ihre Allianzwappen sind zweimal an Schloß Liebenstein bei Neckarwestheim zu sehen. Die ersten vier Wappen der Ahnenprobe kann man ebenfalls in der ev. Stadtkirche St. Cyriakus in Bönnigheim an einem Epitaph für Margarethas Tochter Maria von Liebenstein sehen, die am 10.4.1595 als Kind verstarb. Für Friedrich Zeisolf von Rosenberg und um seine Frau Anna von der Kere gibt es ein Grabdenkmal in Niederstetten mit Ahnenwappen wie oben genannt. Die oben genannte Tochter Sophia v. Rosenberg (- 10.7.1589) hat Christoph Sigmund v. Wirsberg geheiratet, dieses Paar ist Teil einer Ahnenprobe im Eichstätter Mortuarium.

Im Hof befinden sich drei Wappensteine. Abb. links: An einer Mauer ist der gewendete Stammschild Hohenlohe-Brauneck angebracht, in Silber zwei rotgezungte, schwarze Leoparden (schreitende, hersehende Löwen) mit untergeschlagenen Schwänzen übereinander. Abb. rechts: Vermehrtes Wappen Hohenlohe, Hauptschild geviert, Felder 1 und 4: Stammwappen Hohenlohe, in Silber einwärts zwei rotgezungte, schwarze Leoparden (schreitende, hersehende Löwen), Felder 2 und 3: Langenburg, geteilt, oben in Schwarz ein einwärts schreitender, goldener, hier hersehender Löwe, rot gezungt, golden gekrönt, unten gold-schwarz gerautet, Herzschild: Grafschaft Gleichen, in Blau ein silberner, Löwe, golden gekrönt.

Unter dem dritten Wappenstein am hofseitigen Treppenturm befindet sich die Inschrift: 1550 ERBAUET = ERNEUERT 1824. Dieses stark verwitterte Wappen stammt aber aus der Hatzfeld-Zeit, das Wappen hat einen gevierten Hauptschild, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer Adler, eigentlich belegt mit einer liegenden silbernen Mondsichel, in der Höhlung mit einem silbernen Kreuzchen besteckt (Schlesien für die Herrschaft Trachenberg in Schlesien), Feld 2 und 3: in Blau ein silberner, goldengekrönter Löwe, aus der Krone drei Straußenfedern hervorkommend (Gleichen), und einen gevierten Herzschild, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer Maueranker (Doppelhafte, Stammwappen Hatzfeld), Feld 2 und 3: in Silber drei (2:1) rote Rosen (Mispelblüten, Wildenberg). In dieser Form ist das das Wappen der Hatzfeld-Gleichen-Trachenberg.

Es existiert eine große Vielfalt von möglichen und auch benutzten Kombinationen der verschiedenen Elemente. Es gibt auch eine weit komplexere Variante für die Linie Hatzfeld-Gleichen-Trachenberg nach dem preußischen Diplom vom 10.7.1803:

Dazu werden sieben gekrönte Helme geführt:

Schildhalter zwei doppelschwänzige, auswärtsblickende silberne Löwen, aus dessen goldenen Kronen je drei Straußenfedern wachsen, eine silberne zwischen zwei blauen, für die Grafschaft Gleichen. Um alles ein aus einem Fürstenhut herabfallender Wappenmantel.

Im wesentlichen sind einige Komponenten dem Melchior Graf v. Hatzfeld und Gleichen (10.10.1593 - 9.1.1658) zu verdanken, kaiserlicher Geheim- und Kriegsrat, Generalfeldmarschall-Lieutenant im 30jährigen Krieg und später Generalfeldmarschall, der 1639 mit der Grafschaft Gleichen und den Herrschaften Blanckenheim und Niederkranichfeld belehnt wurde und am 27.5.1635 Graf v. Hatzfeld wurde, der 1641 mit Trachenberg beschenkt wurde, und dieser wurde auch mit der Stadt Niederstetten und Schloß Haltenbergstetten belehnt, mit der Herrschaft Rosenberg und Waldmannshofen, ja, er bekam sogar 1654 das Recht, Gold- und Silbermünzen schlagen zu lassen. Melchior Graf v. Hatzfeld hatte keine Nachkommen, nach seinem Tod ging alles an seinen Bruder Hermann v. Hatzfeld Graf zu Gleichen (12.7.1603 - 23.10.1673), kaiserlicher Reichshofrat und Oberst. Nach ihm kam sein Sohn Heinrich Graf v. Gleichen und Hatzfeld (gest. 1683) ans Ruder. Dessen Sohn wiederum, Franz Graf v. Gleichen u. Hatzfeld (16.4.1676 - 27.2.1738), erbte 1722 die ehemals Rosenbergischen Güter, und dessen Sohn Franz Philipp Adrian Fürst v. Hatzfeld u. Gleichen, Herr zu Trachenberg (2.3.1717 - 5.11.1779) wurde nicht nur der nächste Herr auf Haltenbergstetten, sondern auch am 21.10.1741 preußischer Graf v. Trachenberg und am 31.10.1741 preußischer Fürst, schließlich in Wien am 25.5.1748 Reichsfürst. Dessen Sohn war der letzte Hatzfelder auf Haltenbergstetten, denn Friedrich Karl Franz Cajetan Fürst v. Hatzfeld-Trachenberg (gest. 23.5.1794) hinterließ keine Nachkommen, und damit starb der fränkische Familienzweig aus. Haltenbergstetten und Niederstetten fielen danach an das Hochstift Würzburg heim, deren Lehen es ursprünglich war.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Genealogien und Lebensläufe: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Carlheinz Gräter, Jörg Lusin, Schlösser in Hohenlohe, Geschichte und Geschichten, Silberburg Verlag Tübingen, 1. Auflage 2005, ISBN 978-3-87407-685-2

http://www.denkmalschutz.de/schloss_haltenbergstetten.html
http://www.burgeninventar.de/html/bw/MAT_big.html#1472
Geschichte von Niederstetten:
http://www.niederstetten.de/index.php?option=com_content&view=article&id=50&Itemid=56
Jens Friedhoff: Die Familie von Hatzfeld
http://www.grupello.de/dateien/C025.pdf
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag - Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN 978-3-9813887-0-1, S. 366
von Brandenstein:
http://www.vonbrandenstein.com/
von Brandenstein:
http://de.wikipedia.org/wiki/Brandenstein_%28Adelsgeschlecht%29
von Boyneburg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Boyneburg_%28Adelsgeschlecht%29
von Heßberg:
http://de.wikipedia.org/wiki/He%C3%9Fberg_%28Adelsgeschlecht%29
von der Kere:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kere_%28Adelsgeschlecht%29
Genealogie der von der Kere: Biedermann, Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Baunach
http://books.google.de/books?id=ayZRAAAAcAAJ
Deutsche Inschriften 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 464 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in:
www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0046409 - http://www.inschriften.net/landkreis-ludwigsburg/inschrift/nr/di025-0464.html#content
Deutsche Inschriften 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 453 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in:
www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0045304 - http://www.inschriften.net/landkreis-ludwigsburg/inschrift/nr/di025-0453.html#content

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