Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1783
Zell an der Mosel (Landkreis Cochem-Zell)

Das kurfürstliche Schloß in Zell

Das kurfürstliche Schloß in Zell besteht aus drei ganz verschiedenen Trakten, die zusammen einen L-förmigen Grundriß bilden. Der gemäß Datierung der Stürze 1535-1542 errichtete Hauptbau liegt von der Schloßstraße aus gesehen nach hinten versetzt und grenzt rückwärtig an die Jakobstraße. Der Bau ist ein Beispiel für die Nachgotik des 16. Jh., denn einerseits weist das Konzept mit den beiden runden Ecktürmen schon damals moderne Formen auf, andererseits zeigen das hohe Giebelhaus mit Spitzgiebel im Süden und die Kleeblattbogenfriese, welche die insgesamt drei Geschosse voneinander trennen, noch gotische Formen auf. Diese trennenden Bogenfriese sind ein typisches spätgotisches Motiv, welches sich an Mosel und Mittelrhein noch bis weit ins 16. Jh. hinein gehalten hat.

 

Auf seiner freien linken Seite hat der "kurze Schenkel des L" drei Rundtürme. Von den beiden wuchtigen Türmen der Westfassade ist der südlichere davon ein Treppenturm, während der nördliche der beiden innen Gewölbezimmer mit Sternrippengewölben hat. Auf der rückwärtigen Seite, also an der Nordostecke, befindet sich noch ein wesentlich schlankerer Turm. Anlage und Aufbau des Schlosses sind noch der Gotik verhaftet. Das Material ist verputzter Bruchstein unter Verwendung von rotem Sandstein für die Gliederungselemente. Die beiden dicken Türme sind in Höhe ihres vierten Geschosses durch einen kleinen Laufgang miteinander verbunden.

 

Stilistisch und zeitlich ähnlich ist der Torbau nach Westen zur Schloßstraße hin, ein zweistöckiger, zur Straße hin dreigeschossiger Bau mit Toreinfahrt im Erdgeschoß. Einst stand dieser Bau, der zur Straße und zum Hof hin korbbogenförmige Durchfahrten hat, wohl frei und wurde als Torhaus für das dahinter befindliche Schloß genutzt. Zwei Flankentürme, unten in der Sockelzone rund, oben achteckig und im obersten Geschoß verschiefert, geben dem Torbau trotz seiner großen Glasflächen im Obergeschoß ein wehrhaftes Aussehen. Der Bau besitzt von reich verziertem Blendmaßwerk bekrönte Doppelfenster im ersten Obergeschoß, die zu einer Gruppe zusammengefaßt sind. Die Schmuckformen weisen im Detail bereits in die Frührenaissance, was insbesondere auch an der Innendekoration des Saales mit Masken, Putten, Meerwesen und Reliefs zu sehen ist. Das nächste Geschoß geht wohl auf einen späteren Ausbau im 18. Jh. zurück und besteht aus einem schieferverkleideten Fachwerkgeschoß, das auf einem Schwellengesims mit Schmuckprofilen ruht.

Über dem Mittelfenster befinden sich zwei Wappenschilde. Heraldisch rechts befindet sich das Wappen von Johann von Senheim (gest. 1557), kurtrierischer Amtskellner zu Zell, Miterbauer des Schlosses. Seit 1537 ist er als Kellner nachweisbar. Der letzte davor belegte Kellner war Georg von Senheim, Johanns Vater und Amtsvorgänger. Das Wappen der von Senheim ist hier in schwarzem Schild eine silberne Marke, bestehend aus einem Kreuzkopfschaft vorne und einem Schaft mit hinterer Oberkopfabstrebe hinten, beide unten balkenweise verbunden und weiterhin durch eine gemeinsame erniedrigte Mittelkreuzsprosse verbunden. Dieses Wappen begegnet uns auch am Haus Caspary. Johann von Senheim d. Ä. hatte drei Söhne: Johann d. Jüngere, er war ab dem 12.04.1554 Schultheiß in Zell, Georg, der Johann d. J. im Amt nachfolgte, und Friedrich (1537/38-1611), der in Zell kein Amt ausübte, sondern seit 1562 in Koblenz lebte.

Das Wappen gegenüber auf der heraldisch linken Seite zeigt einen Kranz mit Blüten und Blättern, überdeckt von drei (2:1) dreipaßartig zusammengestellten und mit den Spitzen nach außen weisenden Pfeilen, hier schwarz auf goldenem Grund angestrichen. Dieses Wappen steht für Catharina von Hosingen, die aus Esch an der Sauer (Luxemburg) stammende zweite Ehefrau des Zeller Kellners Johann von Senheim.

Vor dem mittleren Doppelfenster befindet sich ein schmiedeeisernes Gitter von herausragender Qualität, das mehrere Wappenschilde enthält, auf dem neben dem fürstbischöflichen etc. auch wieder die beiden besprochenen Wappen auftauchen. Weiterhin sind die besagten beiden Wappen im Innern des Torbaues an Pfeilerkapitellen im ersten Obergeschoß zu sehen.

Das qualitativ und künstlerisch beste Wappen des ganzen Ensembles ist aber auf einer rechteckigen Steintafel, die im oberen Teil des Nordturmes des Torbaues eingelassen ist. Sie ist auf 1543 datiert, wobei die Ziffer 4 wie eine Schleife gestaltet ist. An zentraler Stelle ist das Wappen des Trierer Fürstbischofs Johann IV. = Johann Ludwig von Hagen zur Motten (lebte 1492-23.3.1547, reg. 1540-1547) zu sehen. Es ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein durchgehendes rotes Kreuz (Fürstbistum Trier, Kurtrier), Feld 2 und 3: in Gold ein roter Balken, begleitet von oben 9 (5:4) und unten 6 (3:2:1) roten Schindeln (Familienwappen Hagen zur Motten).

Johann Ludwig von Hagen zur Motten war der Sohn von Friedrich von Hagen zur Motten (1480-1525), Herr zu Buschfeld, fürstbischöflicher Amtmann in Pfalzel, und dessen Frau Sophia von Greiffenclau zu Vollraths. Seine Großeltern waren Heinrich v. Hagen zur Motten und dessen Frau Johanna du Chatelet sowie Friedrich Greiffenclau v. Vollraths und dessen Frau Catharina v. Elter (d'Autel). Johann Ludwig wurde in Pfalzel geboren, und er verstarb in Ehrenbreitstein. Er wurde 1532 Trierer Dompropst und am 9.8.1540 zum Erzbischof von Trier gewählt, was auch am 20.1.1541 päpstlich bestätigt wurde. Aus dynastischen Gründen ließ er sich jedoch nicht zum Bischof weihen. Seine Regierungszeit wurde durch Krankheit und Religionswirren überschattet, und im Schmalkaldischen Krieg wurde Koblenz durch durchziehende kaiserliche Truppen (eigentlich des schwachen Fürstbischofs Verbündete) verheert.

Das landesherrliche Wappen wird flankiert von zwei nackten und geflügelten Putten, die mit ihrer inneren Hand den bischöflichen Schild, mit ihrer äußeren Hand aber jeweils einen kleineren Wappenschild halten. Auf diesen sind die gleichen Inhalte wie über den Fenstern beschrieben zu sehen, optisch links die Hausmarke der von Senheim, einer kurtrierischen Beamtenfamilie, hier silbern auf schwarz gefaßt, optisch rechts wieder das Wappen mit dem Kranz und den drei dreipaßartig zusammengestellten Pfeilen das Wappen von Hosingen. Bei dem Wappen Senheim fällt auf, daß hier eine andere Darstellung gewählt wurde als über dem Frontfenster, denn dort sind alle Balken der Hausmarke facettiert, hier sind sie ineinander gesteckt. Beide Schilde sind oben in der Mitte der Oberkante spitz eingezogen, haben spitz nach außen gezogene Oberecken und einen schwungvoll nach innen gezogenen spitzen Schildfuß. Die Gestaltung des Reliefs insgesamt zeigt deutlich, daß man hinsichtlich der dekorativen Künste zur Bauzeit bereits in der Frührenaissance angekommen war.

 

Einst lag das Schloß außerhalb der Stadtmauern vor dem Nordtor (Himmeroder Tor). Das Zeller Schloß wurde für den Trierer Kurfürsten vom Zeller Amtmann Konrad von Metzenhausen, der seit 1535 im Amt war, und vom Kellner Johann von Senheim erbaut, wobei nicht zu ermitteln ist, wer jetzt genau Bauherr war; die vielmalige Anbringung der Hausmarke der von Senheim läßt jedoch darauf schließen, daß der Kellner einen wesentlichen Anteil daran hatte, auch wenn es formal ein landesherrliches Schloß war. Die Position von Landesherr und Kellner zueinander wird durch den Bedeutungsmaßstab der Schilde auf dem gemeinsamen Wappenstein zwar deutlich, dennoch sollte man die tatsächliche Rolle des Kellners nicht unterschätzen. Jedenfalls hatten Amtmann und Kellner ihren Dienstsitz im Schloß, und auch der Trierer Landesherr weilte öfters hier (1542, 1551, 1552).

Das Schloß löste mit seiner Errichtung die Burg Arras als Landesburg zur Kontrolle des Hamms ab. Für eine frühere, gar unter Kurfürst Balduin entstandene Burg lassen sich keinerlei Belege finden, diese Annahme beruht auf einer falsch gelesenen Jahreszahl am hinteren Schloßflügel (1342 statt 1542) und ist hinfällig, wird aber leider auch heute noch abgeschrieben und geglaubt. Es gibt vor 1535 keinerlei Erwähnung eines landesherrlichen Schlosses in Zell, und der Baubefund gibt keinerlei Indizien für eine frühere Burg. Sie hätte auch hier keinen Sinn gehabt, weil eben Burg Arras diese Funktion innehatte. Bevor dieses Zeller Schloß errichtet wurde, hatten die Kurfürsten freilich Besitz in der Stadt, aber an anderer Stelle, wo später das Zehnthaus entstand.

Die beiden oben beschriebenen, aus dem 16. Jh. stammenden Bautrakte wurden später in West-Ost-Richtung durch einen Zwischenflügel aus dem 18. Jh. verbunden. In seinem westlichen Teil, der an den Torbau grenzt, liegt der Treppenaufgang zum Saal. Aus der gleichen Zeit stammen alle vier welschen Hauben auf den Türmen des Ensembles.

Als 1803 der Kurstaat zu existieren aufhörte, wurde das Schloß an Privatbesitzer verkauft. Die Namen der durch Verkauf oder Erbschaft nun aufeinander folgenden Eigentümer sind Koenen, Moritz, Konsbruck, Mayer, Gibbert, Schneider. Heute wird der Hauptbau des Schlosses als Hotel geführt, der Nebenbau als Restaurant.

Literatur, Links und Quellen:
Magnus Backes, Spätrenaissance und Barock, Wegweiser Mittelrhein, Heft 7, Görres-Verlag Koblenz, hrsg. durch den Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, 1999, ISBN 3-920388-73-9
Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Bd. 19, Abt. 3, Kreis Zell an der Mosel, 1938, S. 377-381.
Schloßhotel Zell:
http://www.schlosszell.de/ - Geschichte des Schlosses: http://www.schlosszell.de/dateien/chronik.html
Schloß Zell:
http://www.burgen-und-schloesser.net/rheinland-pfalz/schloss-zell/geschichte.html
Karl-Josef Gilles, das Rittergeschlecht und die Familie (von) Senheim (Zell und Briedel):
http://home.vrweb.de/hthur/ahnen/familiengeschichte/senheim-familie.html
Stadtgeschichte Zell:
http://www.zell-mosel.com/html/seiten_unsere_Stadt/stadtgeschichte.html
Schloß Zell:
http://www.moseltouren.de/2-bernkastel-kues-cochem/2-17a-kurfuerstliches-schloss/index.html
Johann Ludwig von Hagen zur Motten:
http://www.saarland-biografien.de/Hagen-Johann-Ludwig-von
Bernhard Endrulat, Johann IV. Ludwig, Erzbischof und Kurfürst von Trier, in: Allgemeine Deutsche Biographie, hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 424, online:
http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Johann_IV._Ludwig_von_Hagen
Josef Heinzelmann, Peter Schößler, Das Hosingen-Epitaph in Kirchberg, historisch-genealogisch-heraldische Anmerkungen zu den Familien Hosingen, Senheim, Wiltz gen. Rottart, Passauer von Ulmen, Eich und anderen, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 32.2006, S. 133-166.
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Peter Schößler für wertvolle Hinweise zu den Familien Senheim und Hosingen.

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