Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1788
Koblenz

Westportal der Liebfrauenkirche in Koblenz

Die katholische Liebfrauenkirche befindet sich an der höchsten Stelle der Altstadt von Koblenz und stellt als Hauptpfarrkirche die wichtigste Innenstadtkirche dar. Der Kern ist eine romanische Pfeilerbasilika, die mehrfach erweitert und modernisiert wurde. Insbesondere setzt sich von ihr der spätgotische Chor von 1403-1430 ab (rechte Abb.). Die Doppelturmfassade, welche im ersten Viertel des 13. Jh. entstand, wurde 1688 im pfälzischen Erbfolgekrieg ein Opfer der französischen Truppen, die hier einen Brand stifteten. 1693 entstand die Doppelturmfassade in zeitgenössischer Interpretation neu unter dem Hofbaumeister Johann Christoph Sebastiani (linke Abb.).

 

1702 wird die große Nische für die Marienstatue eingebaut. Eine letzte Änderung erfuhr die Westfassade im Jahr 1765, als unter Fürstbischof Johann Philipp von Walderdorff (1701-1768) das heutige Spitzbogenportal eingesetzt wurde, und anläßlich dieses Umbaues wurde auch eine spätbarocke Holztür geschaffen, die uns hier wegen des auf dem Horizontalbalken eingeschnitzten Wappens interessiert.

 

Diese spätbarocke Holzschnitzerei zeigt das Wappen des Landesherrn, des Trierer Fürstbischofs Johann Philipp von Walderdorff. Er war nicht nur 1756-1768 Fürstbischof von Trier, sondern 1763 wird er auch noch Bischof von Worms. Seitdem wird Worms zusätzlich im Wappen geführt, bisher vorhandene überflüssige Vierungen wurden entfernt, und der Herzschild enthält nur mehr das Stammwappen. Dieses ist also die späte Entwicklungsstufe des fürstbischöflichen Wappens.

Johann Philipp von Walderdorff wurde am 24.5.1701 auf Schloß Molsberg als Sohn des kaiserlichen Obristen Carl Lothar von Walderdorff zu Molsberg und Isenberg und dessen Frau Anna Katharina Elisabeth von Kesselstatt geboren. Die Familie hatte Molsberg als kurtrierisches Lehen. Er begann seine geistliche Laufbahn nach seinem Studium in Mainz 1718 als Domicellar, dann 1724 als kurfürstlicher Kammerherr bei Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg, seinem Vorvorgänger auf dem Bischofsstuhl. 1736 wurde er Domherr in Trier und Propst am Simeonsstift, 1739 wurde er Generalvikar, 1742 Dekan und 1754 Koadjutor seines Amtsvorgängers Franz Georg von Schönborn, und im selben Jahr übernahm er bereits stellvertretend die Amtsgeschäfte als Administrator der Abtei Prüm. Mit dem Tode seines Amtsvorgängers stieg er 1754 zum Fürstbischof von Trier auf, um ein zweites Bistum ergänzt von der Wahl 1763 in Worms. Er begegnet uns als wichtiger Bauherr, auf den die 1756 durchgeführte Erweiterung der kurfürstlichen Residenz in Trier zurückgeht, ebenso das Jagdschloß Engers bei Neuwied, das Palais Walderdorff in Trier, das zerstörte Schloß Philippsfreude in Wittlich und der Neubau des Familiensitzes in Molsberg. Für seine Amtsgeschäfte oder die wichtigen Fragen seiner Zeit hatte er hingegen viel weniger übrig als für das Bauen, die Jagd und das gute Leben. Johann Philipp von Walderdorff verstarb am 12.1.1768 in Koblenz-Ehrenbreitstein, ist aber im Trierer Dom bestattet.

Im Innern der Liebfrauenkirche sind übrigens weitere sehenswerte Wappendarstellungen, unter denen insbesondere die Wappenschlußsteine des Gewölbes von Haupt- und Seitenschiffen und Chor hervorstechen:

Unter den Epitaphien sei das in der Vorhalle befindliche des Reinhard vom Burgtor mit einer 4er Ahnenprobe erwähnt; weitere wappengeschmückte Epitaphien befinden sich im Halbdunkel der Seitenschiffe. Hervorhebenswert ist ein prachtvolles Epitaph für die 1716 verstorbene Anna Antonetta von Kesselstatt mit einem Vollwappen Kesselstatt und vier Ahnenwappen (Kesselstatt, Orsbeck, Metternich, von der Leyen). Ihr Ehemann war Johann Eberhard von Kesselstatt (25.4.1621-25.4.1673), der Sohn von Johann Ruprecht von Kesselstatt (1563-1632) und Anna Katharina von Metternich (-1632). Sie selbst war die Tochter von Wilhelm von Orsbeck (-13.6.1648) und Maria Katharina von der Leyen und die Schwester des Trierer Kurfürsten Johann Hugo von Orsbeck, außerdem war sie die Nichte der beiden Trierer Kurfürsten Karl Kaspar von der Leyen und Damian Hartard von der Leyen.

In der Nähe: Michaelskapelle

Die Michaelskapelle ist die ehemalige Friedhofskapelle. Der frühere Friedhof lag zwischen dem Chor der Liebfrauenkirche und dieser zweistöckigen Kapelle. Sie wurde 1343 erstmals urkundlich erwähnt. Sie steht am Rand über der römischen Kastellmauer. Um 1500 entstand die gotische Apsis des Chores mit Kreuzrippengewölbe. Im 17. und 18. Jh. erhielt die Kapelle ein neues Schiff und ihre barocke Ausstattung. Der Zugang ist auf dem Türsturz auf das Jahr 1660 datiert.

Das Wappen unter der Figur des hl. Michael trägt die Jahreszahl 1752. Zu sehen ist das Wappen des Pfarrers Dr. Matthias Dormann (4.9.1700-4.9.1763). Dieser stammte aus Koblenz, war der Sohn des Kaufmanns Johann Friedrich Dormann und dessen Frau Maria Klockner, studierte in Trier (Baccalaureat 1712, Magister artium 1713) und ab 1716 in Rom am Collegium Germanicum und wurde Doktor der Theologie. Er war Apostolischer Protonotar, Kanoniker an den Stiften zu Karden, und Münstermaifeld (ab 1738), weiterhin Assessor und Siegler am Offiziliat in Koblenz, ältester Konsistorialassessor, 1739-1756 Pfarrer in Koblenz-Liebfrauen sowie Geistlicher Rat unter den drei Trierer Kurfürsten Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1716-1729), Franz Georg von Schönborn (1729-1756) und Johann Philipp von Walderdorff (1756-1768). Der Pfarrer wurde in der Kardener Stiftskirche beigesetzt, wo sich eine Grabplatte aus Basaltlava für ihn befindet, weiterhin ein Epitaph aus schwarzem belgischen Marmor an der Wand des nördlichen Seitenschiffs, beide mit dem besagten Wappen. Das Wappen zeigt unter einem hier schwarzen Galero mit 2x 6 Fiocchi in der gegenwärtigen Farbfassung in Silber eine rote, grün gestielte und mit zwei Blättern beblätterte achtblättrige Blume. Die Kirchenämter erklären die für einen Pfarrer ungewöhnliche Anzahl der Fiocchi, denn das entspricht dem Rang eines Protonotars. Nach heutigen Regeln müßte der Galero violett sein, die Fiocchi aber scharlachrot. Auch seine Brüder Wilhelm Heinrich Dormann (1726-1767) und Peter Dormann (1747-1773) waren Kanoniker im Stift Karden.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Band 3.2, hrsg. im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur vom Landesamt für Denkmalpflege, Stadt Koblenz, Innenstadt, bearbeitet von Herbert Dellwing und Reinhard Kallenbach, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 2004, ISBN 3-88462-198-X, S. 84, S. 88
Wolfgang Seibrich, "Walderdorff, Johann Philipp, Reichsfreiherr von", in: Erwin Gatz (Hrsg.), die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1648-1803, ein biographisches Lexikon, Berlin 1990, S. 547-590
Johann Philipp von Walderdorff: http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_IX._Philipp_von_Walderdorff
Johann Philipp von Walderdorff: http://www.saarland-biografien.de/Walderdorff-Johann-Philipp-von
Wolfgang Schmid,
Johann Philipp von Walderdorff: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkeiten/W/Seiten/JohannPhilippvonWalderdorff.aspx
Johann Philipp von Walderdorff: http://www.deutsche-biographie.de/xsfz37633.html
Matthias Dormann:
https://www.foerderverein-herschwiesen.de/?page_id=28
Ferdinand Pauly, Die Bistümer der Kirchenprovinz Trier, das Erzbistum Trier 3, das Stift St. Kastor in Karden an der Mosel, Germania sacra NF19:
http://personendatenbank.germania-sacra.de/files/books/NF%2019%20Pauly%20St.%20Kastor.pdf S. 231, 376, 447-449

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