Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2172
Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis)

Die Wolfgangskapelle

Die spätgotische Wolfgangskapelle in Bad Mergentheim steht am Ende der über die Tauber führenden Brücke, die 1340 errichtet wurde. Die Kapelle wurde im Jahr 1510 vom Komtur bzw. Deutschmeister Johann Adelmann von Adelmannsfelden gestiftet und bis 1511 (Datierung ist im Chor auf die Gewölbedecke aufgemalt) anstelle einer älteren Kapelle erbaut. Die Opfergaben und Almosen wurden per Entscheid des Komturs am 15.12.1508 zwischen dieser Kapelle und der Pfarrkirche aufgeteilt, nachdem es deswegen noch in der Planungsphase zu Interessenskonflikten zwischen Wiprecht von Münchingen, Komtur der Johanniterkommende, einerseits und der Stadt Mergentheim andererseits gekommen war. Als Baumeister wird heute an der Kapelle Niklas Roßkopf angegeben, in einer Bürgermeisterrechnung vom Jahr 1510 sind jedoch Jörg Mezler und sein Geselle Hanns Regwer überliefert. Beiderseits des westlichen Eingangsportales sind an den Konsolsteinen für die gekreuzten Stäbe der Umrahmung des Bogens zwei Brustbilder zu sehen, die jeder ein Schriftband mit einem Teil der Datierung halten, links der Tür "Anno d(omi)ni", rechts der Tür "M ccccc x". Vermutlich stellen die Portraits zwei Steinmetze oder Baumeister dar. Zugleich wurde an dieser Stelle der Brücke einst der Zoll für die Überquerung erhoben, deshalb war 1510 an die Kapelle zugleich ein Torhäuslein angebaut worden, von wo aus man die Brücke kontrollierte und das erst Anfang des 18. Jh. abgerissen wurde. 1660 wurde die Kapelle durch Heinrich Loen restauriert, er war Deutschordenspriester und ist in der Kapelle in der Nähe des Hochaltares begraben. An der flußseitigen Außenwand, die sich die ganze Uferböschung bis zur Tauber herunterzieht, befindet sich ein großes Fresko mit einer Christophorus-Darstellung, welches allerdings erst 1936 von K. M. Lechner angefertigt wurde und 2001 durch den Rotary Club Bad Mergentheim restauriert wurde.

 

Das bedeutendste heraldische Zeugnis ist heute in die westliche Rückwand eingemauert. Es handelt sich um einen Wappenstein des Deutschmeisters Johann Adelmann von Adelmannsfelden (1454-17.2.1515), der dieses Amt 1510-1515 innehatte, als Nachfolger von Ulrich von Lentersheim. Er übte sein Amt in einer Zeit aus, als die unter Walther von Cronberg erfolgte Vereinigung des Deutschmeistertums und des Hochmeistertums nicht mehr allzu fern war. Aber als Johann Adelmann von Adelmannsfelden noch auf Burg Horneck Deutschmeister war, saß der Hochmeister noch in Königsberg, und Preußen war noch nicht in ein säkulares Herzogtum umgewandelt. Deshalb führt er in seinem gevierten Wappen auch in den Feldern 1 und 4 in Silber das einfache schwarze Deutschordenskreuz ohne weitere Zutaten für das Deutschmeistertum, während die Felder 2 und 3 in Silber einen blauen, rot bewehrten und ebenso gezungten und gekrönten Löwen zeigen, das Stammwappen der Adelmann von Adelmannsfelden. In dieser Farbfassung ist die rote Bewehrung etwas übertrieben worden, normalerweise versteht man unter einer Bewehrung u. a. die Krallen, nicht die halben Beine und auch nicht den halben Schweif.

 

Ein Vergleichswappen für diesen Deutschmeister befindet sich an der Gipskopie seines heute in der Kapelle der Burg Bouzov in der mährischen Gemeinde Bouzov befindlichen Epitaphs, aufgestellt im Tordurchgang zum Innenhof des Hochschlosses von Burg Horneck, und diese Darstellung ist vollständig mit Kleinoden. Eine weitere Kopie ist in der Kirche von Hohenstadt (Abtsgmünd) zu sehen. Johann Adelmann von Adelmannsfelden war der Sohn von Georg III. Adelmann von Adelmannsfelden und dessen Frau, Brigitte von Leonrod. Seine ersten Komturstellen waren in Virnsberg (1496) und Blumenthal (1486-1504). Danach war er von 1508 bis 1510 Komtur in Heilbronn und Komtur in Mergentheim. Er wurde am 12.5.1510 auf dem Wahlkapitel zu Frankfurt zum Deutschmeister gewählt. Im fraglichen Jahr, in dem die Kapelle gebaut wurde, war er also erst Komtur, dann Deutschmeister. Dieses Wappen paßt zu seiner Funktion als Deutschmeister, weil das Deutschordenskreuz nicht nur unterlegt, sondern in den gevierten Schild aufgenommen wurde. In seiner Amtszeit wurde Albrecht von Brandenburg zum Hochmeister gewählt, der sich später mitsamt Preußen "selbständig machte".

 

Der Hauptaltar entstand im Jahr 1859 und besitzt ein Altarbild des heiligen Wolfgang, gemalt vom Augsburger Maler Liberat Hundertpfund (11.11.1806-28.3.1878), ein schwäbischer Nazarener. Die seitlichen Flügel sind reich mit gotisierendem Schnitzwerk verziert, und auf beiden Seiten ist mit einem Lederriemen mit Schnalle ein Wappenschild in das üppig wuchernde und vergoldete Geäst gehängt worden. Auf der rechten Seite handelt es sich um einen Schild mit dem Hochmeisterkreuz, in Silber ein schwarzes durchgehendes Tatzenkreuz, belegt mit einem goldenen Glevenkreuz (Lilienkreuz), das Ganze in der Mitte belegt mit einem Herzschild, der in Gold einen schwarzen Adler zeigt. Die Predella des Altares zeigt ein Holztafelbild aus dem Jahre 1761 mit einer Darstellung der vierzehn Nothelfer, denen die Kapelle neben dem hl. Wolfgang und Maria auch noch geweiht ist.

 

Auf der linken Seite ist ebenfalls ein Schild aufgehängt, dieser trägt das Wappen der Stadt Mergentheim, in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz, bewinkelt oben von zwei goldenen, sechszackigen Sternen und unten von zwei roten, golden bebutzten Rosen, an der Herzstelle ein goldener Schild mit einem schwarzen Adler. Heute ist das schwarze Kreuz im Stadtwappen noch mit einem goldenen Kreuz belegt, das hier aber nicht farblich abgesetzt ist. Das Stadtwappen greift hier das Deutschordenskreuz, später das Hochmeisterkreuz auf und ergänzt es um die Rosen und Sterne als Mariensymbole, weil Maria die Schutzpatronin des Ordens ist. Bereits die ältesten, seit 1342 belegten Siegel zeigen das Kreuz; die Rosen und Sterne sind seit dem 16. Jh. bekannt. Die exakte Tingierung war Schwankungen unterworfen. Otto Hupp zeichnete das Stadtwappen für das Kaffee-Hag-Album noch mit goldenen Sternen, das Kreuz schwarz mit goldener Bordierung, den Herzschild silbern. Schließlich wurden 1942 die Tinkturen endgültig verbindlich festgelegt, und seitdem sind die Sterne und Rosen zur Gänze rot, der Herzschild wieder golden, auch werden die Sterne ein wenig gedreht dargestellt, so daß nicht eine Spitze, sondern ein Zwickel oben ist.

Dieses Stadtwappen ist noch ein zweites Mal in der Wolfgangskapelle vorhanden, plastisch oben am spitzen Bogenscheitel des Choransatzes, auch hier noch ohne aufgelegtes goldenes Kreuz und mit goldenen statt roten Sternen. Der polygonale Chor weist ein spätgotisches Netzrippengewölbe auf, dessen Schlußsteine und Zwickelfelder insgesamt mit fünf Wappen von Deutschordensrittern belegt sind, wobei jeweils das Familienwappen mit dem Deutschordensschild unterlegt ist. Alle diese Schilde erscheinen farblich nicht korrekt gefaßt, weil das Silber überall zu Schwarz geworden ist.

Im oberen Photo erkennt man rechts das Wappen der von Heusenstamm, in Rot drei silberne Spitzen, wahrscheinlich für den Trappier und Überreiter Georg Philipp von Heusenstamm, in der Mitte das Wappen der Nothaft von Hohenburg, in Rot ein silberner Flug, vermutlich für den vormaligen Komtur auf der Kapfenburg, dann zu Mergentheim und den Ratsgebietiger Johann Nothaft. Im unteren Bild sieht man oben das Wappen der von Rodenstein, silbern-rot gespalten und zweimal geteilt, vermutlich für den Trappier und Überreiter Georg von Rodenstein (später Komtur in Frankfurt). Die beiden anderen Schilde (oberes Photo links bzw. unteres Photo unten), der eine zweimal, der andere dreimal geteilt, sind noch nicht plausibel gelöst.

Literatur, Links und Quellen:
Hinweistafeln am und im Gebäude
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere, Beschreibung des Oberamts Mergentheim,
Kohlhammer, Stuttgart 1880: http://de.wikisource.org/wiki/Beschreibung_des_Oberamts_Mergentheim/Kapitel_B_1
Publikation der Photos aus dem Innenraum nach tel. Rücksprache am 16.12.14 von Herrn Wolfgang Willig mit
Herrn Peter Striffler, Verwaltungsdirektor des Katholischen Verwaltungszentrums Bad Mergentheim.
Wappen Bad Mergentheim:
http://www.ngw.nl/heraldrywiki/index.php?title=Bad_Mergentheim
Beschreibung von H. Beierstettel zu
http://www.panoramio.com/photo/75885808
Urkunden Adelmann von Adelmannsfelden:
https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=19488&sprungId=859827&letztesLimit=suchen - https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/LZM6MXMSJ7AVWNPD23BXCVONUIDY734R - https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/P7I3M5DY7EBIWT55RSYFFXMC2IUEPLKV
Adelmann von Adelmannsfelden:
http://fmg.ac/Projects/German_Landed_Gentry/Adelmannsfelden_files/48%20Hans%20IV.pdf

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