Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2205
Limburg an der Lahn (Landkreis Limburg-Weilburg)

Der Eberbacher Hof (Erbacher Hof)

Wenn man sich der Altstadt Limburgs über die historische Lahnbrücke nähert, fällt linkerhand am Flußufer ein spätbarocker Baukörper mit hohem Dach auf, der wesentlich zur malerischen Staffelung der Bebauung des Domberges beiträgt und hoch von den Türmen des Limburger Domes überragt wird. Dieses das Stadtbild mitprägende Gebäude ist der ehemalige Stadthof des Klosters Eberbach, der zwischen dem Fluß und dem zum Domberg führenden Römer einst ein größeres Areal einnahm (In der Erbach 2). Der Hof wird auch verkürzend "Erbacher Hof" genannt. Es handelt sich um eines der wenigen Barockgebäude der Limburger Altstadt. Das Zisterzienserkloster Eberbach gründete seine erste Niederlassung in der Limburger Gegend in Hadamar, wo ab 1190 auf der Basis mehrerer Stiftungen eine Grangie entstand. Von dort aus wurde auch der seit 1211 bestehende Limburger Besitz verwaltet. Erst später verlagerte das Kloster seinen Verwaltungs- und Handelsmittelpunkt nach Limburg, und 1310 wurde der hiesige Stadthof gegründet. Auch das Kloster Arnstein im Lahntal besaß seit ca. 1370 direkt nebenan einen eigenen Hof. 1320 wurde die Grangie Hadamar an Graf Emicho von Nassau-Hadamar verkauft, und in der Folgezeit entstand dort ein Residenzschloß. Das Kloster hingegen nahm über den direkt an der alten Lahnbrücke gelegenen Verwaltungssitz teil am Wirtschaftsaufschwung des mittelalterlichen Limburg. Es war für das Kloster, dessen Personal nicht mehr zur Eigenbewirtschaftung der immer ausgedehnteren Ländereien ausreichte, obwohl das dem ursprünglichen Ideal des Reformordens entsprach, einfacher, auf Pachtwirtschaft umzusteigen, und entsprechend der Umstellung der Klosterwirtschaft brauchte man zentrale Verwaltungssitze, Stadthöfe.

Früher gehörten noch Scheunen, Stallungen und Wirtschaftsgärten zum Klosterhof, die aber moderner Bebauung und einem Parkplatz gewichen sind. Neben dem Haupthaus ist nur der zisterziensisch schlichte Kapellenbau noch erhalten, die aus unverputztem Bruchsteinmauerwerk errichtete, zweijochige St.-Johannis-Kapelle, die aus der Zeit 1322-24 stammt. Ihr Grundriß ist geländebedingt ein verschobenes Parallelogramm. Das zweistöckige Verwaltungsgebäude, in dem der Keller seinen Dienstsitz und seine Privatwohnung hatte, wurde als Massivbau 1776-78 durch den Erbacher Keller Peter Wilhelm Weilburger errichtet anstelle der mittelalterlichen Vorgängerbauten, von denen nur zwei ältere Kellerräume übernommen wurden. Der Neubau fiel in eine Phase wirtschaftlicher Gesundung. In nachmittelalterlicher Zeit hatten erst die Reformationswirren, dann der Dreißigjährige Krieg und schließlich die Réunionskriege jede nachhaltige wirtschaftliche Konsolidierung verhindert. Erst in der Barockzeit konnten überfällige Investitionen wie der Neubau des Verwaltungsgebäudes getätigt werden. Nach der Säkularisation kam der Klosterhof 1803 an das Haus Nassau-Weilburg-Usingen. Hier bekam ein fürstlicher Rezeptor seinen Sitz, der den säkularisierten, dem Landesherrn zugefallenen Limburger Grundbesitz des ehem. St. Georgenstifts und des ehem. Klosters Eberbach verwaltete. 1816 wurde das Gebäude herzogliches Rentamt, dann 1822 Amtshaus und Lager für Selterswasser, und verschiedene öffentliche Einrichtungen folgten. Die nächste Nutzung ab 1896 war die als Königlich-Preußisches Landratsamt nach der Gründung des Landkreises Limburg. Im 20. Jh. war das Gebäude unter anderem Sitz der Gestapo und nach 1945 Katasteramt. Nach der Veräußerung im Jahre 1999 wurde der Eberbacher Hof zu einem Mietshaus umgebaut.

An der stadtseitigen Fassade des Hauses befindet sich über dem Portal in der dritten Fensterachse von links das Wappen des vorletzten Abtes von Eberbach, Adolph II. Werner aus Salmünster. Als 57. Abt amtierte Adolph II. Werner von 1750 bis zu seinem Tod im Jahr 1795. Das Wappen, dessen gegenwärtige Farbgebung der Phantasie des Malermeisters entspringt und nicht ernst genommen werden darf, folgt dem typischen Aufbau der Äbtewappen und ist durch eine erhöhte, eingebogene Spitze in drei Felder unterteilt, in Feld 1 (oben rechts) ist schräglinks der üblicherweise rot-silbern in zwei Reihen geschachte Zisterzienserbalken zu sehen, der in einer korrekten Farbfassung auf einem schwarzen Feld läge, in Feld 2 (oben links) befindet sich der schräggestellte Eber als redendes Symbol für das Kloster Eberbach, und in der eingebogenen Spitze befindet sich das persönliche Wappenbild von Abt Adolph II. Werner. Dieses zeigt in der Mitte einen gekrönten, mit dem Leib nach oben im Uhrzeigersinn gekrümmten und seinen pfahlweise nach oben gerichteten Schwanz einmal überkreuzenden Fisch bzw. Delphin zwischen zwei einwärts gerichteten, gekrönten Tierköpfen. Es sei angemerkt, daß die Drehrichtung des gekrönten Fisches bzw. Delphins bei allen anderen bekannten Darstellungen am Kloster Eberbach und am Portalbogen zum Steinberg jeweils entgegengesetzt ist, so daß der Kopf heraldisch rechtsgerichtet ist. Nur in der Domäne Neuhaus findet sich noch eine weitere Darstellung mit dem abweichenden Drehsinn.

 

Liste der Äbte von Kloster Eberbach unter Hervorhebung des hier beschriebenen Wappenbesitzers:

Literatur, Quellen und Links:
Äbteliste: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Eberbach/Äbteliste - http://kloster-eberbach.de/kloster/historie/abts-chronologie.html -
Kloster Eberbach:
http://www.kuladig.de/Objektansicht.aspx?extid=P-TB-20100918-0017
Kloster Eberbach:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Eberbach
Wolfgang Einsingbach, Wolfgang Riedel: Kloster Eberbach im Rheingau, Deutscher Kunstverlag Berlin München, 2. Auflage 2009, ISBN 978-3-422-02166-2
Wolfgang Einsingbach, Wolfgang Riedel: Kloster Eberbach, DKV-Kunstführer Nr. 267, Deutscher Kunstverlag Berlin München, 20. Auflage 2014, ISBN 978-3-422-02242-3
Yvonne Monsees, Grabmäler im Kloster Eberbach, ein Rundgang, hrsg. vom Freundeskreis Kloster Eberbach e. V., Eltville 2009, ISBN 978-3-00-027060-4
Dagmar Söder: Klosterlandschaft Eberbach. Das Kloster Eberbach als Wirtschaftsbetrieb und seine Spuren in der Rheingauer Landschaft. In: Meier, Johannes (Hrsg.): Klöster und Landschaft. Das kulturräumliche Erbe der Orden. Schriftenreihe des Westfälischen Heimatbundes, Münster, 2010, S. 39-59. Vgl. auch:
http://p7115.typo3server.info/fileadmin/alumni/CampusLandschaft2006/CL_Klosterlandschaft_Eberbach.pdf
Eberbacher Hof:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=53174&event=Query.Details
Eberbacher Hof:
http://de.wikipedia.org/wiki/Erbacher_Hof_(Limburg_an_der_Lahn)
J. Söhn: Geschichte des wirtschaftlichen Lebens der Abtei Eberbach im Rheingau, J. F. Bergmann, Wiesbaden 1914.
Gabriele Schnorrenberger: Wirtschaftsverwaltung des Klosters Eberbach im Rheingau, Selbstverlag der Historischen Kommission für Nassau, Wiesbaden 1977.

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