Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2227
Bad Camberg (Landkreis Limburg-Weilburg)

Die Hohenfeld-Kapelle in Bad Camberg

Am östlichen Rand der Altstadt duckt sich die Hohenfeldkapelle neben das mittelalterliche Stadttor (Obertor), dessen Turm 32 m hoch aufragt. Der viergeschossige Obertorturm wurde ca. 1380-1385 erbaut. Die spitzbogige Durchfahrt besaß außen ein Fallgatter und innen Drehflügeltore, die man mit Sperrbalken sichern konnte. Die Stadtbefestigung von Camberg besaß einst 13 Türme, aber nur dieser Torturm, der der Hauptverteidigungsturm des mittelalterlichen Mauergürtels im Osten war, ist einzig noch vollständig erhalten. Das steile Walmdach stammt freilich von ca. 1628, und das aufgesetzte Glockentürmchen von 1661. Der ca. 1365-1380 errichtete Untertorturm ist der zweite noch stehende Turm der historischen Stadtbefestigung.

Ein Teil der alten Stadtmauer ist in der von außen wohnhausähnlichen Hohenfeldkapelle auf der Ostseite verbaut. Der einst nach Süden weiterführende Teil der Stadtmauer ist nicht mehr vorhanden; auch die einst im Zwischenraum zwischen Stadtmauer und Amthof stehende stattliche Zehntscheuer aus dem 17. Jh. wurde um 1970 abgerissen, um ohne jede Rücksicht auf die geschichtlich gewachsene Struktur des ältesten Bad Camberger Stadtviertels das moderne Kur- und Bürgerhaus hinzuklotzen. Dieses Ensemble aus Kapelle und Torturm ist über einen die bogenförmig nach Süden führende Straße überspannenden Brückenbau aus Fachwerk mit dem in unmittelbarer Nähe westlich gelegenen Amthof verbunden. Dieser Straßenüberbau führt vom Amthof auf die Empore der Kapelle, die als Herrschaftsloge fungierte.

 

Die Hohenfeldkapelle wurde im Jahr 1672 durch Achatz von Hohenfeld (1610-3.12.1672) eingerichtet. Er entstammte dem protestantischen, rheinländischen Zweig der Familie, und noch sein Vater war protestantisch. Achatz selbst trat zum römischen Katholizismus über, was für seine berufliche Laufbahn im Dienst von Kaiser und geistlichen Landesherren gut war, schließlich stand er in Diensten des Trierer Fürstbischofs und Kurfürsten. Außerdem war seine Frau katholisch. Sichtbares Zeichen dieser Konversion war der Bau der den 1669 vollendeten Amthof ergänzenden Hauskapelle. Das Erdgeschoß besteht aus Bruchstein, das Obergeschoß aus größtenteils verputztem und verschiefertem Fachwerk, das nur am südlichen Giebel über dem kleinen 5/8-Chor Chor im Bereich des ersten Obergeschosses freiliegt, abgesehen vom Unterbau der Verbindungsbrücke.

Die Kapelle erfuhr jeweils 1771 und 1865 kleinere bauliche Veränderungen. Unter anderem wurde 1865 der Chor historisierend gotisiert, was unpassend ist, weil die Kapelle erst in der Barockzeit erbaut wurde und vorher hier keinerlei Andachtsraum war; vielmehr war der Bereich in der Zeit der Gotik einfach Stadtmauer, und später stand hier ein zum Amthof gehörendes Wirtschaftsgebäude (Scheune). Im Innern wurden weiterhin eine Westempore und eine Holzdecke mit reichen Schnitzwerken im Stil der Neugotik eingebaut. Die Chorfenster mit Glasmalereien und Stifterwappen entstanden um 1870. Die drei Altäre im Innern stammen aus der Stadtkirche und sind auf 1780 zu datieren. Der Durchgang zum Amthof wurde 1920 verschlossen, als wieder einmal renoviert und umgebaut wurde. Bis 1938 war die Kapelle noch in Betrieb; danach wurde sie nicht mehr liturgisch genutzt. Eine Sanierung des Ensembles erfolgte 1979-80.

Zwei Eingänge führen in die Kapelle, ein rundbogiger im Norden direkt neben dem Torturm, ein spitzbogiger im Westen, wo sich der Straßendurchlaß unter dem Verbindungsbau befindet. An beiden Eingängen befindet sich auf dem Bogenscheitel ein aus grauem Marmor gehauener Wappenstein, wobei der Stein im Norden ein Allianzwappen des Bauherrn Achatz Freiherr von Hohenfeld (1610-1672) und seiner Frau Anna Ursula von Metternich im gespaltenen Schild abbildet (Abb. unten, Detail noch weiter unten). Die Hohenfeld-Hälfte ist geviert, Feld 1 und 4: in Schwarz zwei mit dem Rücken zueinander und mit den Mundstücken nach oben gekehrte silberne, golden beschlagene Jagdhörner (Hifthörner, Trinkhörner) mit roten Bändern (Wappen der abgestorbenen von Symanning), Feld 2 und 3: in Blau ein silberner Balken, belegt mit einer roten Rose (Stammwappen von Hohenfeld). Die Metternich-Hälfte ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Rot ein schrägrechter, staffelförmiger, silberner Balken, oben und unten begleitet von goldenen Kreuzchen (Winneberg), Feld 2 und 3: in Rot drei (2:1) silberne Hifthörner mit goldenen Spangen (Braunshorn-Beilstein), Herzschild: in Silber 3 (2:1) schwarze Jakobsmuscheln (Stammwappen Metternich). Der andere Stein an der Westwand (Abb. oben) zeigt ein alleiniges Familienwappen des Bauherrn ohne die Komponenten seiner Frau.

Achatz Freiherr von Hohenfeld (1610-3.12.1672) war der Sohn von Ludwig von Hohenfeld (1576-1644). Die Familie stammt eigentlich aus Österreich. Ein Zweig wurde protestantisch; deswegen emigrierte Ludwig von Hohenfeld erst nach Nürnberg und dann nach Heidelberg und wurde so zum Begründer der rheinischen Linie. Ludwig von Hohenfeld hatte Clara von Neydegg geheiratet, die Tochter von Ehrenreich von Neydegg und Margaretha von Sinzendorf. Ludwigs Sohn Achatz, der noch in Oberösterreich auf Schloß Aistersheim geboren wurde, kam in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges als Angehöriger des Militärs und der Diezer Beamtenschaft weit herum: Er wurde erst Stallmeister in Friesland, dann 1633 Hofmeister in Diez. Von 1636 bis 1642 war er Rittmeister, dann Oberstleutnant in einem bayerischen Dragonerregiment. 1643 wurde er für den Grafen bzw. Fürsten Friedrich Wilhelm von Nassau-Diez Statthalter der Grafschaft Diez, weil jener als Statthalter von Friesland in den Niederlanden lebte. Er heiratete Anna Ursula von Metternich am 16.1.1646 in Niederlahnstein, und über deren Mutter kam er an den Camberger Besitz, den er umbaute und 1670 bezog. Nach dem Westfälischen Frieden trat Achatz in die Dienste von Kaiser und Kurfürst. Im Jahre 1652 wurde er Kammerpräsident des Fürstbischofs von Trier. Achatz von Hohenfeld wurde 1655 Freiherr. 1658 wurde er kaiserlicher Reichspfennigmeister.

In diesem Amt als Reichspfennigmeister sollten ihm später sein Sohn Wilhelm Lothar Freiherr von Hohenfeld (1651-1710), und dann sein Enkel Wilhelm Ludwig Freiherr von Hohenfeld (23.5.1703-1763) nachfolgen. Eben der vorerwähnte Wilhelm Lothar Freiherr von Hohenfeld (1651-1710) wurde 1676-1710 kurtrierischer Oberamtmann von Camberg und Limburg, als erster der Familie von Hohenfeld. Ihm folgten im Limburg nacheinander seine Söhne, 1710 Johannes Hugo Freiherr von Hohenfeld und 1716 Johann Philipp Wilhelm Freiherr von Hohenfeld, dann 1754 Benedikt Maria Freiherr Schütz von Holzhausen.

Genealogie zu den Wappensteinen mit Hinweisen zu weiteren Fundstellen:

Obertor und Hohenfeldkapelle, die seit 1980 das jeweils im Sommer sonntags geöffnete Stadtmuseum beherbergen, erfuhren 2003-2005 eine weitere umfassende Sanierung. Im Innern der Kapelle sind Grabdenkmäler der Familien von Metternich, von Hohenfeld, Schütz von Holzhausen, von Bechtolsheim und Spies von Büllesheim zu sehen. Die Schütz von Holzhausen lösten die von Hohenfeld als Camberger Oberamtmänner ab. Im Turm sind eine Küferwerkstatt, eine Ausstellung zur Bad Camberger Wasserversorgung, eine ebensolche zur Geschichte der örtlichen Feuerwehr und eine zur Geschichte der Kneipp-Anwendungen sowie eine weitere über das Zimmermannshandwerk; und ganz oben im verschieferten Fachwerkgeschoß befindet sich die ehemalige Türmerwohnung.

Literatur, Quellen und Links:
Historische Bauten in Bad Camberg: http://www.goldenergrund.org/portal/pgg_sehenswert.htm
Amthof, Obertorturm und Hohenfeldkapelle
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=50323&session=1601220&event=Query.Details
Gesamtanlage Altstadt Bad Camberg:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=50319&session=1601220&event=Query.Details
Bad Camberg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bad_Camberg
Geschichte von Bad Camberg:
http://www.deutsche-staedte.de/bad-camberg/geschichte.html
Genealogie:
http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr=185&klassId=4&tektId=0&id=0817&bestexpandId=2&expandId=1
Genealogie: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Hohenfeldkapelle:
http://www.verein-historisches-camberg.de/arbeitsgruppen/arbeitsgruppe-museum/stadt-und-turmmuseum/hohenfeldkapelle.html
Obertorturm:
http://www.verein-historisches-camberg.de/arbeitsgruppen/arbeitsgruppe-museum/stadt-und-turmmuseum/obertorturm.html
Hohenfeldkapelle:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=50453&event=Query.Details
Anna Ursula von Hohenfeld:
http://www.bad-camberg.info/cms/index.php/veranstaltungen/1465-anna-ursula-von-hohenfeld -
Hohenfeldkapelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hohenfeld-Kapelle
Hohenfeldkapelle:
http://www.camberg-online.de/bad_camberg/hohenfeldkapelle
Bauwerke in Bad Camberg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bad_Camberg#Bauwerke
Torturm:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=50461&session=1601220&event=Query.Details
Achatz von Hohenfeld:
http://de.wikipedia.org/wiki/Achatius_von_Hohenfeld
Franz Karl Wissgrill: Schauplatz des landsässigen niederösterreichischen Adels vom Herren- und Ritterstande, 1800, Band 4, S. 411 ff.
https://books.google.de/books?id=XSgTAAAAYAAJ
Hinweistafel am Gebäude
Ludwig Corden: Limburger Geschichte, Band III (1406-1806), aus dem Lateinischen übersetzt von Joseph Wingenbach und bearbeitet von Franz-Karl Nieder, 2007, S. 217

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