Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2247
Stadt Wels (Oberösterreich)

Das Welser Rathaus

Das historische Rathaus von Wels steht auf der südlichen Seite des oberen Stadtplatzes, an den Minoritenplatz angrenzend. Die prachtvoll im Stil des späten Barocks geschmückte Fassade kann so breit sein inmitten der von mittelalterlichen Häuserbreiten bestimmten Altstadt, weil es aus dem Zusammenbau zweier gotischer Häuser entstand. Hinter der kleinen Attika verbergen sich insgesamt drei Dachfirste, ein schmales Dach über der Mittelachse wird von zwei breiten Dächern flankiert. Das vierstöckige Gebäude besitzt sechs Fensterachsen, die aber ungleich breit sind. Die Fensterachsen links sind sehr viel schmäler als die rechts, so daß das Schmuckportal zwar in der dritten Achse von rechts und in der vierten von links liegt, aber dennoch mittig positioniert wahrgenommen wird, und bei genauem Hinsehen liegt es sogar ein wenig links der Mitte. Das Erdgeschoß ist über einem niedrigen Sockel genutet, gegenüber den Obergeschossen wird es von einem schmalen Gesims abgegrenzt. Die drei Obergeschosse werden durch Kolossalpilaster miteinander verbunden. In der Höhe erfolgt eine Staffelung durch die Gestaltung der Fenster, deren Höhe und deren Schmuckaufwand bezüglich der Verdachungen nach oben abnehmen.

Das erste gotische Bürgerhaus wurde am 29.5.1447 von der Stadt Wels aufgekauft. Bereits in diesem Haus wurde das Rathaus eingerichtet, dann wurde 1491/92 auf dem Bauplatz neugebaut. Das zweite Haus, im Osten des ersten gelegen, konnte die Stadt Wels im Jahre 1587 dazu erwerben und als Erweiterung nutzen. Ein Umbau erfolgte 1738-1739, weil die bestehende spätgotische Bausubstanz marode geworden war. Die Umgestaltung stand unter der Bauleitung des Linzer Barockbaumeisters Johann Michael Prunner und nach diesem unter der des Welser Maurermeisters Wolfgang Grinzenberger. Bei der barocken Gestaltung bemühte man sich um eine einheitliche Fassadengestaltung, mußte aber, wie man an den ungleich breiten Fensterachsen sieht, auf die baulichen Gegebenheiten der Vorgängerbauten Rücksicht nehmen.

Das wichtigste Wappen befindet sich über dem Schmuckportal, welches vom Linzer Steinmetz Johann Michael Herstorfer gehauen wurde, von jenem durch das dem flachen Giebel direkt aufsitzenden Fenster des ersten Obergeschosses getrennt. Die vasenartigen Aufsätze der seitlich das Portal begrenzenden Wandvorlagen reichen bis ins erste Obergeschoß hinein. Besagtes Fenster besitzt einen getreppten, mittig nach oben ausgebogenen Giebel, der ein von zwei geflügelten Putten flankiertes Wappen der Stadt Wels einrahmt. Die Architektur verbindet so Portal, Fenster und heraldische Inhalte zur einem harmonischen Gesamtwerk. Der reiche Stuck der Fassade wurde vom Welser Stukkateur Michael Scherrhauf angefertigt. Er hatte auch die Innenräume stuckiert, die Decken wurden aber 1894 bei einer notwendig gewordenen Generalsanierung des Baus bis auf eine einzige im ersten Obergeschoß zerstört, ebenso die einst dort vorhandenen Fresken des oberösterreichischen Barockmalers Wolfgang Andreas Heindl. Die hölzerne Eingangstür selbst ist neobarock und stammt vom Ende des 19. Jh.

Das Wappen der Stadt Wels zeigt nach dem Statut aus dem Jahr 1992, § 3, in Blau auf grünem, gewelltem Schildfuß einen silbernen, zweitürmigen, gezinnten Torbau mit einem hochgezogenen, goldenen Fallgatter im Rundbogentor, die Türme mit hier je fünf (2:1:2) (heute als drei (1:2) festgelegt) schwarzen Fenstern, über dem Gebäude auf der Ehrenstelle schwebend ein rotes Schildchen mit silbernem Balken. Die Stadtfarben sind grün-rot.

Die Schaufassade wird nach oben durch eine Attika abgeschlossen, die die wahre Dachstruktur dahinter kaschiert. Die Attika wird von vier aufgesetzten Steinvasen bekrönt (zwei weitere um die Ecke), unter denen jeweils ein Wappen eines österreichischen Bundeslandes inmitten einer üppigen Ornamentik dargestellt wird. Die beiden äußeren Wappen (Niederösterreich und Steiermark) bilden den Abschluß der Dekoration; die beiden inneren (Oberösterreich und Salzburg) werden von je zwei Adlerdarstellungen flankiert. Um die Ecke sind an der Seite noch Kärnten, Tirol und Vorarlberg abgebildet; das Burgenland (seit 1921) und Wien (seit 1920 eigenständiges Bundesland) fehlen. Deshalb entstand die Bemalung in dieser Form vermutlich ca. 1918/19.

Das Wappen des Bundeslandes Oberösterreich (weiter oben) ist gespalten, rechts in Schwarz ein rotgezungter, goldener Adler, links dreimal gespalten von Silber und Rot. Das Wappen des Bundeslandes Salzburg (Abb. oben) ist gespalten, rechts in Gold ein rotgezungter und ebenso bewehrter schwarzer Löwe, links in Rot ein silberner Balken. Das Wappen des Bundeslandes Niederösterreich (unten links) zeigt in Blau fünf (2:2:1) goldene Adler. Das Wappen des Bundeslandes Steiermark (Abb. unten rechts) zeigt in Grün ein silbernes Pantier, aus dessen Körperöffnungen rote Flammen hervorkommen.

 

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Sehenswürdigkeiten in Wels:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wels_(Stadt)#Schlösser_und_Häuser
Digitaler Architekturführer Wels:
http://www.wels.at/multimedia/wels/html/architekturfuehrer/stadtrundgang/archindex_rundg.htm
Rathaus:
http://www.wels.at/multimedia/wels/html/architekturfuehrer/entstehungsjahr/barock/rathaus/rathaus.htm
Friederike Grill-Hillbrand, Beiträge zur Baugeschichte des Welser Rathauses, in: 8. Jahrbuch des Musealvereines Wels, 1961/62, S. 177-212
Aspernig, Kalliauer: Der Welser Stadtplatz und seine Häuser, in: Sonderreihe zum Jahrbuch des Musealvereines Wels, Band 8, Wels 2002, S. 22-25
Herrn Andreas Praefcke ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise zur Datierung der Malereien.

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