Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2372
Geisa (Wartburgkreis, Thüringen)

Schloß Geisa

Schloß Geisa ist ein Ensemble aus drei ganz unterschiedlichen Bauten rings um den Schloßplatz auf der höchsten Stelle (Gangolfiberg) der südlichen Altstadt von Geisa. Der älteste Trakt ist ein isolierter, dreistöckiger Bau der Renaissance mit gekoppelten Zwillingsfenstern und einem der nördlichen Fassadenmitte vorgebauten Treppenturm im Süden des Ensembles (Abb. unten), dieser mit einem barocken Portal. Dieses 1540 entstandene und mehrfach umgebaute Gebäude - nach einer späteren Nutzung Amtsgericht oder Amtsgerichtsgebäude genannt - wurde jedoch ursprünglich als Kellerei und Kornspeicher erbaut und von Melchior von Dernbach genannt Grauel genutzt. Dieser, ein Bruder des Fuldaer Fürstabtes Balthasar von Dernbach und der Vater des späteren Würzburger Fürstbischofs Peter Philipp von Dernbach, war Amtmann in Brückenau, kaiserlicher Rat und Hofmarschall der Fuldaer Fürstäbte. Später ließen die Fürstäbte Placidus von Droste und Konstantin von Buttlar das Lagerhaus zum Amtshaus und Gerichtssitz umbauen, als 1699 der Amtssitz von der Burg Rockenstuhl nach Geisa verlegt wurde, und deswegen wird der Bau auch "fürstliches Schloß" genannt. 1949 wurde das Amtsgericht Geisa aufgelöst, und der alte Speicherbau wurde als Wohn- und Bürohaus sowie als Schulhort genutzt. Das fürstliche Schloß wurde 2008-2011 saniert. In den neu gestalteten Räumen wurden das Heimatmuseum und eine 2011 gegründete Akademie der Point-Alpha-Stiftung mit Möglichkeiten für Seminare, Kolloquien und Jugendbegegnungen untergebracht. Heute ist das Gebäude in den Hotelbetrieb integriert.

Über dem Treppenturmportal des Amtsgerichtsgebäudes im Süden des Ensembles befindet sich ein Wappenstein aus grauem Material, der anläßlich eines Umbaus angebracht wurde, wohingegen das barocke Portal aus rotem Sandstein aus einem zweiten, späteren Umbau stammt, ein zweites Wappen ins Spiel bringt und in seiner Inschrift auf den Erstumbau des Abtes Placidus Bezug nimmt (s. u.). Die Inschrift unter dem älteren Wappenstein lautet: "Placidus D(ei) G(ratia) Abbas Fuld(ensis) S(acri) R(omani) I(mperii) Princ(eps) Divae Aug(ustae) Archicancell(arius) per Ger(maniam) et Gall(iam) primas" - Placidus, von Gottes Gnaden Abt von Fulda und Fürst des Heiligen Römischen Reiches, Erzkanzler der Kaiserin, Primas von Germanien und Gallien. Abt Placidus durfte als Erzkanzler der Kaiserin 1690 Eleonore Magdalene Therese von Pfalz-Neuburg, der dritten Ehefrau Kaiser Leopolds I., die Krone aufsetzen. Hier in Geisa verlegte er den Amtssitz von der Burg Rockenstuhl 1699 in die Stadt.

Der spätere Abt Placidus von Droste (1.2.1641-22.6.1700) wurde als Ernst Arnold Dietrich von Droste zu Erwitte getauft und war der Sohn von Philipp von Droste zu Erwitte und dessen Frau Agnes von Heygen. Das westfälische Geschlecht saß zu Erwitte südlich von Lippstadt. Ernst Arnold Dietrich begann seine Klerikerlaufbahn mit humanistischen Studien am heimatnahen Jesuitengymnasium in Paderborn. 1665 trat er in das Benediktinerstift Fulda ein und legte nach einjährigem Noviziat am 8.9.1666 die Profeß ab. Zu beiden Stiften, Paderborn und Fulda, hatte die Familie engere Beziehungen. Er wählte als Klosternamen Placidus. Bruder Placidus empfing am 25.2.1668 in Würzburg die Priesterweihe. 1669 wurde Pater Placidus Mitglied des Stiftskapitels, 28 Jahre alt. 1671 bekam er die Propstei Zella zugeteilt. Daneben verwaltete er auch seit 1671 die nahe Würzburg gelegene Propstei Holzkirchen für den seinerzeit amtierenden Abt Bernhard Gustav Markgraf von Baden-Durlach (regierte 1671-1677). Als dieser am 26.12.1677 starb, wurde Propst Placidus am 4.1.1678 zum nächsten Fürstabt gewählt (es gab nur sieben Wahlberechtigte), was am 19.4.1678 von Papst Innozenz XI. bestätigt wurde. Es war eine Vernunftswahl, weil er als guter Wirtschafter und Verwalter galt, während sein Amtsvorgänger ein Liebhaber prunkvoller Hofhaltung und ein Verschwender war und Schulden und Mißstände hinterlassen hatte. Die Regalien bekam Abt Placidus am 22.8.1678 von Kaiser Leopold I. verliehen. Seine beiden Propsteien gab er mit seiner Wahl zum Abt ab. Das war so üblich, erstens weil er als Abt andere Sorgen und Pflichten hatte, und zweitens weil die Aussicht auf Übernahme einer lukrativen Propstei ein gutes Mittel war, alternative Kandidaten für ihr Verhalten bei der Wahl zu belohnen. So etwas wurde meist im Vorfeld einer Wahl abgesprochen (Wahlkapitulation), um späteren Streß zu vermeiden. Am 27.6.1678 bekam Placidus die Abtsweihe. Die Erwartungen auf Sanierung der Klosterfinanzen erfüllte der neugewählte, sparsame Abt durch gute betriebswirtschaftliche Leistungen während seiner Amtszeit. Er zahlte alle Schulden seines Amtsvorgängers ab. Vor allem kaufte er von den Ersparnissen konsequent Adelsgüter im Umland auf zwecks Steigerung der laufenden Einnahmen. Seine Amtszeit endete mit einem dicken Plus in der Kasse. Umgekehrt gab er eher wenig Geld für Prunkbauten aus, so daß man seinem Wappen nur selten begegnet. Er hatte übrigens einen Bruder, Caspar Ferdinand Dietrich Droste zu Amecke, als Geheimrat und Jägermeister in seinen Diensten und schenkte diesem den Besitz Füchten, nach dem sich nun diese Nebenlinie benannte.

 

Der Wappenschild des Fuldaer Fürstabtes Placidus von Droste (regierte 1678-1700) ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzes durchgehendes Kreuz, Fürstabtei Fulda, Feld 2 und 3: im doppelten Gegenstufenschnitt von Gold und Rot schrägrechts geteilt, Stammwappen der von Droste. Hier wurde eine Version ohne Helme und Helmkleinode gewählt mit dem gestürzten Schwert schräglinks und dem Abts-Pedum schrägrechts hinter der ovalen Kartusche.

Im Osten befindet sich als zweiter Bau des Schloß-Ensembles ein zweistöckiges Barockschlößchen (Abb. unten). Dieses diente als Jagdschloß und Sommerresidenz der fuldischen Fürstäbte und Fürstbischöfe und wurde während der Regierungszeit des Fürstabtes Adalbert von Schleifras (1700-1714) von Baumeister Johann Dientzenhofer auf alten Grundmauern und auf den heute noch vorhandenen, ca. 5 m tiefen Kellergewölben der ehemaligen Burganlage errichtet. Dientzenhofer war bereits 1700 zum fürstäbtlichen Stiftsbaumeister ernannt worden. Nach der fürstbischöflichen Zeit wurde das Gebäude als Rentamt und Forstamt mit Privatwohnung genutzt. Zeitweilig wurde das Gebäude auch als Schule, Lateinschule, Schulhort und Kindergarten genutzt. Das Barockschloß wurde 2007-2008 für insgesamt zwei Millionen Euro aufwendig saniert. Die Bauleitung oblag dem Architekturbüro Wilhelm Heumüller. Die Fassade, der gesamte Innenbereich des Bauwerks und der Schloßplatz sind saniert worden.

Die Finanzierung der Totalsanierung setzte sich zusammen aus Mitteln des Bund-Länderprogrammes, das wiederum EU-Mittel verwendet, und einem von der Werner-Deschauer-Stiftung privat aufgebrachten, städtischen Anteil. Bei der Sanierung wurden ehemals zugemauerte Fenster wieder geöffnet, alle Fenster erneuert, die Böden teilweise erneuert und das Treppenhaus umgebaut. Die bröckelnden Gewände wurden gereinigt, gefestigt und ergänzt. Das Dach wurde komplett neu mit Ziegeln gedeckt, und der gesamte alte Putz wurde abgeschlagen und neu aufgetragen, ehe das Schloß seinen jetzigen, rot-weißen Anstrich bekommen konnte. Im Innenbereich wurde historisch korrekter Lehmputz verwendet. Das renovierte Schloß, das von Anfang an eine Kultur- und Begegnungsstätte werden sollte, wird heute von einem Hotel mit dem Restaurant im Erdgeschoß genutzt, dessen Betreiber aber schon zweimal wechselte. Hotel und Restaurant Schloß Geisa wurden zuletzt zum 1.5.2016 vom Gastronomieservice Borsch (Thomas und Andreas Borsch) als neuem Betreiber übernommen. Im Obergeschoß ist der Sitz der Point Alpha Stiftung.

Am Barockschloß, das den linken, östlichen Flügel des Ensembles bildet, befindet sich das aus Sandstein gefertigte Vollwappen des Fuldaer Fürstabtes Adalbert I. von Schleifras (regierte 1700-1714). Der Schild ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzes durchgehendes Kreuz, Fürstabtei Fulda, Feld 2 und 3: gespalten, rechts in Gold eine rote, aufrecht gestellte Axt, Schneide nach hinten, links in Rot ein schwarzer, höhenverstellbarer Kesselhaken mit Zahnschiene, Familienwappen der von Schleifras.

Das ca. 0,9 m breite und 1 m hohe Wappen wird mit drei Helmen geführt, Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken auf einem roten Kissen mit Quasten eine goldene Krone, aus der ein schwarzes, lateinisches Kreuz herausragt, Fürstabtei Fulda, Helm 2 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-silbernen Decken eine Bischofsmütze, aus der noch zwei Fähnchen schräg herausragen, hier nicht aufgelöst, eigentlich jedes Fähnchen gespalten, vorne in Rot aus grünem Dreiberg wachsend ein grüner Lilienstock mit drei silbernen Blüten und hinten in Gold ein halber schwarzer Adler am Spalt, Fürstabtei Fulda, Helm 3 (links): auf dem gekröntem Helm mit rot-goldenen Decken ein roter Flug mit goldenen Saxen, Familienkleinod von Schleifras. Neben den äußeren Kleinoden ragen das gestürzte Schwert (heraldisch links) und das Abts-Pedum (heraldisch rechts) heraus. In der Farbgebung ist nicht korrekt, daß die Helmdecken heraldisch links im unteren Bereich schwarz-silbern sind - sie müßten rot-golden sein wie auch völlig angemessen im oberen Bereich gearbeitet wurde.

Der Wappenstein war reichlich beschädigt. Nach Reinigung wurden alle Verkrustungen mechanisch entfernt. Partien mit Konsistenzverlust wurden mit einem Kieselsäureester gefestigt, damit das Absanden gestoppt wird. Risse im Stein wurden mit Epoxidharz verschlossen. Verlorene Partien wurden mit einem acryldispersionsgebundenen Mörtel ergänzt. Dabei bekam auch das Wappen seinen neuen Anstrich (ursprünglich war es vermutlich gar nicht farbig gefaßt, es ließen sich jedenfalls keine Farbreste nachweisen); heute stellt es einen Blickfang auf der ansonsten durch seinen klaren und regelmäßigen Fensterrhythmus auffallenden, neunachsigen Fassade dar.

Die von zwei geflügelten Engelsköpfen flankierte Inschrift ist nur noch an wenigen Stellen lesbar und lautete vermutlich einmal, in Analogie zu ähnlichen Inschriften mit Phantasie ergänzt: "Anno Regiminis decimo (terti)o / Po(nI)atVr hoC ae(DIfICIV)M / Adalbertum D(ei) G(ratia Abbatum Fuldensis Sacri Romani) / I(m)perii (Prin)cip(em Divae Augustae Archicancellarium per Germaniam et Galliam primatem)" - Im dreizehnten Jahr seiner Regierung wurde dieses Gebäude für Adalbert, von Gottes Gnaden Fürstabt von Fulda und des Heiligen Römischen Reiches Fürst, Erzkanzler der Kaiserin und Primas für Germanien und Gallien, hierhingestellt. Die zweite Zeile scheint aufgrund der drei noch erkennbaren Großbuchstaben V, C und M ein Chronogramm zu beinhalten, anhand dessen wir jetzt die Nagelprobe der Ergänzungen vornehmen: I + V + C + D + I + I + C + I + V + M = 1 + 5 + 100 + 500 + 1 + 1 + 100 + 1 + 5 + 1000 = 1714, und das wäre exakt die Jahreszahl, die sich auch auf der Wetterfahne auf dem Dach des Gebäudes wiederfindet (Abb. ganz am Schluß). Die Restaurierung war lobenswerterweise zurückhaltend und hat nur die erhaltenen, gesicherten Buchstaben bewahrt, ohne spekulierend zu ergänzen.

Der spätere Fürstabt Adalbert von Schleifras (18.2.1650-6.10.1714) wurde am 22.2.1650 als Hermann Otto Freiherr von Schleifras getauft und war der älteste Sohn von Georg Lukas von Schleifras und Maria Margareta von Rotzmann, die in Reichlos (am Ostrand des Vogelsbergs, heute Freiensteinau) ansässig waren. Er wuchs in der evangelisch-lutherischen Konfession auf, konvertierte aber ca. 1657, also mit ca. 7 Jahren, zum römischen Katholizismus. Das war gewiß kein Zeichen frühreifer Religionsmündigkeit, sondern die ganze Familie, die in Diensten des Stifts Fulda stand, konvertierte geschlossen aus wirtschaftlichem Opportunismus. Dem Sohn ebnete die Konversion die Wege zur Ausbildung in Fulda: Ca. 1663 begann er seine humanistischen, 1668 seine philosophischen Studien am dortigen Jesuitengymnasium, und 1665-1669 war er Alumnus des Päpstlichen Seminars in Fulda, ebenso wie drei jüngere Brüder von ihm. Mit 17 Jahren wurde er Kleriker, mit 19 Jahren trat er in das Benediktinerstift Fulda ein, wobei er aber sein Novizenjahr 1669-1670 in Kempten verbrachte, wobei er in Ochsenhausen weiterstudierte. Dieser Ortswechsel lag daran, daß man in Fulda einfach nicht alle Novizen unterbringen konnte. 1670 legte er die Profeß ab, räumlich in Kempten, inhaltlich auf Fulda - ein seltenes, aber akzeptiertes Procedere. Er wählte den Klosternamen Adalbertus. Und später, als er selber Abt war, schaffte er diese Praxis ab, Novizen woanders zu parken.

Daraufhin wechselte Frater Adalbertus nach Admont, wobei er in Graz weiterstudierte. 1677 war er wieder in Fulda, schloß seine Studien ab und bekam am 4.4.1677 die Priesterweihe. Im Stift Fulda war Pater Adalbertus 1678-1683 Superior und 1683-1700 Dekan. Er führte 1679-1683 die Propstei St. Michael (Verzicht anläßlich der Wahl zum Dekan), 1682-1683 die Propstei Blankenau (wie zuvor) und 1683-1700 die Propstei Neuenberg, die immer mit dem Amt des Dekans verbunden war. 1678 wurde er Stiftskapitular, und am 1.7.1700 wurde er zum Abt von Fulda gewählt, nachdem sein Vorgänger am 22.6.1700 verstorben war. Diese Wahl wurde am 3.1.1701 von Papst Clemens XI. bestätigt. Die Belehnung mit den Regalien erfolgte am 5.9.1702 durch Kaiser Leopold I. Die Abtsweihe erhielt Abt Adalbert am 2.2.1701 in der Stiftskirche Fulda. Abt Adalbert wurde ein bedeutender Bauabt und steht für die barocke Glanzzeit, in der etliche Schlösser und Kirchen im Auftrag der Fürstabtei entstanden, so daß sein Wappen in der Fuldaer Landschaft omnipräsent ist.

Da wir hier die Wappensteine chronologisch auflisten wollen, müssen wir jetzt zurückgehen zum sog. fürstlichen Schloß, zum alten Amtsgerichtsgebäude, von dem schon eingangs die Rede war, denn dieses wurde 1719 noch einmal umgebaut, wobei es ein neues Portal bekam. Das Portal im vorspringenden Turm des Amtsgerichtsgebäudes bildet eine Einheit mit dem Wappen des Fuldaer Fürstabtes Konstantin von Buttlar (regierte 1714-1726) darüber, welches sich größtenteils auf dem überdimensional gestalteten, trapezförmig zugeschnittenen Schlußstein befindet, aber mit seinem Wappenmantel und den diesen aufspannenden Putten auch auf die Seitenfelder unter dem geschweiften, verkröpften Portalgiebel ausgreift. Die ovale Schildkartusche ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzes, durchgehendes Kreuz, Fürstabtei Fulda, Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Butte mit goldenen Reifen und links zwei goldenen Tragbändern, Stammwappen der von Buttlar.

Die Inschrift unter dem Wappen am unteren Rand des Schlußsteines lautet: "Hanc Machinam a Principe PLACIdO exstructam usui accomodavit CONSTANTINUS S(ACRI) R(OMANI) I(MPERII) PR(INCEPS) Ab(bas) FULd(ensis) D(IVAE) A(UGUSTAE) Archic(ancellarius) per Germ(aniam) et Gal(liam) Pr(imas) ex avite stipe de Buttlar M DCC XIX" - Diesen Mechanismus, der von Fürst Placidus (von Droste) erbaut worden ist, hat zum Gebrauch angepaßt Konstantin, des Heiligen Römischen Reiches Fürst und Abt von Fulda, Erzkanzler der Kaiserin, Primas für Germanien und Gallien, aus dem uralten Geschlecht der von Buttlar, im Jahre 1719. Interessant ist der Gebrauch des Wortes "Machina" anstelle eines Ausdrucks für ein Gebäude. Auf welchen Apparat oder Mechanismus sich das bezieht, ist unklar.

Am Amtsgerichtsgebäude wird das Wappen mit allen drei zugehörigen Helmen abgebildet, Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken auf einem roten Kissen in einer Laubkrone ein stehendes schwarzes Kreuz, Fürstabtei Fulda, Helm 2 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-silbernen Decken eine Bischofsmütze, aus der noch zwei Fähnchen schräg herausragen, hier ohne Feinstruktur, eigentlich jedes Fähnchen gespalten, vorne in Rot ein grüner Lilienstock mit drei silbernen Blüten und hinten in Gold ein halber schwarzer Adler am Spalt, Fürstabtei Fulda, Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein Jagdhorn mit Band, dessen Farben als golden oder rot beschrieben werden und dessen Mundloch mit drei rot-silbern-rot tingierten Straußenfedern besteckt ist, Stammkleinod der von Buttlar. Hinter dem Schild stecken schräglinks das gestürzte Schwert und schrägrechts der Krummstab. Hinter dem Vollwappen ist noch ein Wappenmantel aufgespannt, dessen Saum unten unterhalb der Helmdecken gut erkennbar ist; die beiden seitlichen Putten halten die Raffpunkte oben beiderseits der zuvor genannten Amtsinsignien hoch.

Noch zweimal kann man das Wappen des Fuldaer Fürstabtes Konstantin von Buttlar (regierte 1714-1726) am Schloßensemble entdecken, beides Mal am einstöckigen Nebengebäude zur Rechten des Schloßplatzes, gegenüber dem Barockschloß auf der Westseite. Dieser niedrige Trakt schließt die Lücke zwischen fürstlichem Schloß und evangelischer Kirche. In diesem Gebäude war zeitweise das Gefängnis eingerichtet, wobei der Justizbeamte nördlich (rechts im Bild) der Durchfahrt seine Dienstwohnung hatte. Das Gefängnis war bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Betrieb.

Auf der Innenseite des Gebäudes zum Schloßplatz hin (Abb. oben) ziert das Wappen den trapezförmigen Schlußstein der aus Rotsandstein gefertigten Torumrahmung. Inhaltlich folgt es bezüglich der Schildkartusche dem oben Gesagten, aber es wird ohne Helme dargestellt (Abb. unten). Zwei Putten mit angedeuteten Flügeln umschließen mit ihren Körpern seitlich die Kartusche. Sie haben den inneren Arm nach oben gestützt, um den Fürstenhut zu halten, neben dem schrägrechts der Krummstab und schräglinks das gestürzte Schwert hinter der Komposition herausschauen. Ein von einem Faltentuch bedeckter Kopf ist unter der Kartusche zu sehen, flankiert von den beiden Ziffernpaaren der Jahreszahl 1719 (gleiches Jahr wie am Amtsgerichtsgebäude).

Konstantin von Buttlar (29.9.1679-13.3.1726) hieß eigentlich Johann Friedrich Otto von Buttlar und war der älteste Sohn von Johann Christoph (oder Christian) von Buttlar zu Mariengart, Generalmajor des oberrheinischen Kreises und Dienstmann des Hochstifts Fulda, und dessen Frau Maria Renate von Freiberg. Die beiden Großmütter entstammten den Familien von Boineburg väterlicherseits und von Hornstein mütterlicherseits. Eigentlich ungewöhnlich für den Ältesten, wurde er dennoch für eine geistliche Karriere bestimmt, während sein jüngerer Bruder Johann Anton Franz von Buttlar (1685-1731) das militärische Engagement ihres gemeinsamen Vaters fortsetzte, denn dieser wurde kaiserlicher Generalfeldwachtmeister des oberrheinischen Kreises. Außerdem war es dieser Bruder, der 21.1.1726 in Wien in den Reichsgrafenstand erhoben wurde. Mit ca. 12 Jahren begann Johann Friedrich Otto von Buttlar 1691 seine humanistische Ausbildung am Jesuitengymnasium Fulda, um schon ein Jahr später Alumnus des Päpstlichen Seminars zu werden. Sein erstes Kanonikat bekam er 1694 im mainzischen Stift Fritzlar, bald darauf kam ein weiteres in Hildesheim hinzu. Ab 1695 beschäftigte er sich in Fulda auch mit philosophischen und logischen Studien. 1696 ging er zur Fortsetzung seiner Studien nach Rom ans Collegium Germanicum, studierte danach noch ein bißchen in Siena und kehrte 1702 zurück. Die endgültige Entscheidung für eine Karriere als Geistlicher fiel am 4.11.1703 bzw. am 9.11.1704 mit dem Eintritt als Novize ins Benediktinerstift Fulda bzw. mit der Profeß. Dafür gab er seine Kanonikate in Fritzlar und Hildesheim zurück, und aus Johann Friedrich Otto von Buttlar wurde Bruder Constantinus. Die Priesterweihe empfing er am 11.4.1707 in Erfurt. Und dann führte ihn seine Karriere in den folgenden sieben Jahren an die Spitze des geistlichen Fürstentums.

Auf der Außenseite des einstöckigen Nebengebäudes zur Treppenanlage hin (Abb. oben) ziert das Wappen des Fuldaer Fürstabtes Konstantin von Buttlar (regierte 1714-1726) den trapezförmigen Schlußstein der gleicherweise rotsandsteinernen Torumrahmung. Es ist prinzipiell ähnlich wie das auf der Innenseite gestaltet, aber im Detail unterschiedlich (Abb. unten). Von den beiden Putten wurden hier nur die Köpfe als Gestaltungselement verwendet; diese wurden schräg nach innen geneigt zwischen den oberen Kartuschenrand und den Fürstenhut geschoben. Krummstab und das gestürzte Schwert sind vorhanden, ebenso wie der von einem Faltentuch bedeckte Kopf unter der Kartusche, und die Jahreszahl ist wie bei den beiden anderen Wappensteinen 1719.

Der Aufstieg des Paters Constantinus an die Spitze des geistlichen Fürstentums verlief in nur sieben Jahren: Zunächst hatte er innerhalb des Klosters nur die Aufgabe eines Lektors der Theologie. 1710 wurde er Mitglied des Stiftskapitels des Fuldaer Benediktinerklosters. Das bedeutete nicht nur, daß er selbst einen eventuellen zukünftigen Abt mitwählen durfte, sondern trotz seines jungen Alters von nur 31 Jahren selbst wählbar war. Und der Ernstfall trat mit dem Tod von Adalbert von Schleifras im Jahre 1714 schneller ein als erwartet. Er war nicht erste Wahl, zu jung, zu unerfahren. Doch das Stiftskapitel hatte Schwierigkeiten, sich wegen Blockbildung auf einen Nachfolgeabt zu einigen. Insgesamt waren es 16 wahlberechtigte Kapitulare, aber eine Gruppe von sechs westfälischen Mitgliedern wollte unbedingt Stephan von Clodh als Abt ans Ruder bringen, was der Rest weniger gut fand. Diese Blockbildung war die Folge der Politik des Placidus von Droste, der bevorzugt Kapitulare aus dem familiennahen, westfälischen Umkreis ans Stift band. Und so wurde Kapitular Constantinus am dritten Wahltag als Verlegenheitslösung zum Abt gewählt. Es war bei Kandidaten üblich, Wahlkapitulationen abzugeben, und ein wichtiger Punkt war, Stephan von Clodh entsprechende Zusagen für wichtige Pfründen zu geben, damit er "Ruhe gab". Papst Clemens XI. bestätigte am 1.4.1715 die Wahl; der Erfurter Weihbischof weihte Constantinus am 16.5.1715 in Fulda zum Abt, und Kaiser Karl VI. verlieh ihm am 19.9.1716 die Regalien. In der Familie hatte Abt Constantinus von Buttlar sowohl seinen Onkel väterlicherseits, Friedrich von Buttlar, als auch einen weiteren Verwandten, Placidus von Bastheim, die ebenfalls eine geistliche Karriere in Fulda einschlugen, denn ersterer war ab 1697 Kapitular im Stift Fulda, und letzterer war ab 1714/15 Propst von St. Lioba auf dem Petersberg in Fulda. Letzteres gab mächtig Ärger mit dem Kapitel, weil das eine der wirtschaftlich einträglichsten zu vergebenden Pfründen war und eigentlich gemäß Wahlkapitulation an den unterlegenen Stephan von Clodh kommen sollte, der ein Optionsrecht auf diese Pfründe besaß. Die Nichteinhaltung von diversen Wahlversprechen sorgte wiederholt für Unruhe zwischen Abt und Kapitel. Vielleicht hat der Abt dem Kapitel auch nie verziehen, daß er bei der Wahl nur eine Verlegenheitslösung war.

Abt Constantinus von Buttlar wurde ein großer Bauabt, nicht nur setzte er die von seinem Vorgänger begonnenen Arbeiten am Residenzschloß (Fertigstellung 1719, zusätzlich Errichtung der Orangerie) und an der neuen Stiftskirche (Fertigstellung 1720) in Fulda fort, sondern er ließ fern der Hauptstadt die Gebäude auf dem 1716 vom Mainzer Kurfürsten Lothar Franz von Schönborn für 75392 fl. gekauften Johannisberg abreißen und durch ein dreiflügeliges Schloß ersetzen, das als Sommerresidenz vorgesehen war, und er trat als Bauherr etlicher Pfarrkirchen in Erscheinung. Sein Amtswappen ist in der Fuldaer Gegend omnipräsent. Er starb in Schloß Eichenzell an einem Schlaganfall und wurde in der Stiftskirche Fulda beigesetzt.

Abb.: Die Wetterfahne auf dem Barockschloß trägt die Jahreszahl 1714

Nach Norden ist der Schloßplatz offen. Im Süden des Schlosses erstreckt sich ein weitläufiger Park, und im Osten des Barockschlosses befinden sich terrassenförmig angelegte Schloßgärten (Funkengarten), die bis zur teilerhaltenen Stadtmauer reichen.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Josef Leinweber: Die Fuldaer Äbte und Bischöfe, Knecht Verlag Frankfurt am Main, 1989, ISBN 3-7820-0585-6, S. 138-147
Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Konstantin von Buttlar:
https://de.wikipedia.org/wiki/Konstantin_von_Buttlar
Konstantin von Buttlar: Hessische Biographien
http://www.lagis-hessen.de/pnd/118977717
Adalbert von Schleifras:
https://de.wikipedia.org/wiki/Adalbert_von_Schleifras
Adalbert von Schleifras: Hessische Biographien:
http://www.lagis-hessen.de/pnd/119473909
Placidus von Droste:
https://de.wikipedia.org/wiki/Placidus_von_Droste
Placidus von Droste: Hessische Biographien:
http://www.lagis-hessen.de/pnd/118680838
Geisa:
https://de.wikipedia.org/wiki/Geisa
Schloßensemble Geisa:
http://www.rhoen.de/urlaub-kultur-ferien-wellness/aktiv-freizeit/burgenschloesser/addr_/Schlossensemble_Geisa/30159.Burgen-und-Schloesser.html?detID=30109
Sanierung:
http://osthessen-news.de/n1154986/geisa-b-barockschloss-in-neuem-historischem-glanz-eröffnung-nach-sanierung-b.html
Finanzierung der Sanierung:
http://www.osthessen-news.de/beitrag.php?id=1138829
Point-Alpha-Stiftung
http://www.osthessen-news.de/beitrag.php?id=1140317
Schloß Geisa:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Geisa
Wilhelm Heumüller, Schloßreport Nr. 4:
http://www.stadt-geisa.org/www/images/stories/Aktuelles/Stadtinformationen/GZ11/schloss-reportiv.pdf
Wilhelm Heumüller, Schloßreport Nr. 5:
http://www.stadt-geisa.org/www/images/stories/Aktuelles/Stadtinformationen/GZ12/schloss-teil5.pdf
Wilhelm Heumüller, Schloßreport Nr. 6:
http://www.stadt-geisa.org/www/images/stories/Aktuelles/Stadtinformationen/GZ13/6-schlossreport.pdf
Restaurierendes Architektenbüro:
http://www.plb-heumueller.de/referenzen/kultur-begegnungsstaette-schlosscom.html
Artikel in Osthessen News vom 31.7.2007
http://www.osthessen-news.de/beitrag.php?id=1138819
Schloß:
http://www.thueringen.info/geisa-schloss-geisa.html
Artikel in Osthessen-News vom 29.4.2016:
http://osthessen-news.de/n11529600/nach-zweijähriger-pause-neuer-betreiber-für-hotel-und-restaurant-schloss-geisa.html
Schloß:
https://www.thueringer-wald.com/urlaub-wandern-winter/schloss-geisa-103438.html
Point-Alpha-Akademie:
www.pointalpha.com/akademie
Schloß im Rhönlexikon:
http://www.rhoen.info/lexikon/staetten/Fürstäbtliches_Schloss_Geisa_10984103.html
Hotel Schloß Geisa:
http://www.schlossgeisa.de/index.html
Stadtgeschichte Geisa:
http://www.stadt-geisa.org/www/stadtinformationen/geisa/stadtgeschichte.html
Georg Voss, Paul Lehfeldt: Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens, Heft XXXVII, Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach: Verwaltungsbezirk Dermbach: Amtsgerichtsbezirke Vacha, Geisa, Stadtlengsfeld, Kaltennordheim und Ostheim v. d. Rhön, Verlag von Gustav Fischer, Jena, 1911, S. 88,
http://digitalesammlungen.uni-weimar.de/viewer/image/PPN63256699X/1/ - http://goobipr2.uni-weimar.de/viewer/resolver?urn=urn:nbn:de:gbv:wim2-g-2484283 - http://digitalesammlungen.uni-weimar.de/viewer/content/?action=pdf&metsFile=PPN63256699X.xml&targetFileName=PPN63256699X.pdf

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