Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2789
Meßkirch (Landkreis Sigmaringen)

Das Zimmernschloß in Meßkirch

Das Schloß Meßkirch ist das größte und bedeutendste historische Bauwerk der Stadt. Es ist eine große, fast regelmäßige Viereckanlage mit einem Innenhof. Die drei Flügel im Südwesten, Nordosten (Stadtflügel, Saalflügel) und Südosten (Talflügel) sind zweistöckig bzw. über einem Sockelgeschoß zweistöckig, die quadratischen Ecktürme dreistöckig mit Pyramidendach. Auf der Nordwestseite ist die Regelmäßigkeit unterbrochen, hier fehlt ein den anderen gleicher Flügel, statt dessen durchbricht eine Mischbebauung, teils älter, teils neuer als die dominierenden Flügel, den strengen Rhythmus. Das dreistöckige Alte Schloß oder "Schlößle", nur halb so breit wie der Hof, steht eingerückt an einer Stelle, die nach dem Gesamtkonzept eigentlich Hoffläche sein müßte. Es ist durch einen Verbindungstrakt diagonal mit dem nördlichen Eckpavillon verbunden. Zwischen dem Westpavillon und dem Alten Schloß ragt von Nordwesten kommend eine einstöckige Remise bis auf die Stelle, wo das innere Auge den nicht vorhandenen Nordwestflügel ergänzen möchte. Entlang der Südwestseite besteht noch eine äußere Mauer, die an den beiden Endpunkten mit einem Rundturm mit Kegeldach abgeschlossen wird. Die Viereckanlage hat abgesehen von der an zwei Stellen offenen Nordwestseite je einen Durchgang im Südwestflügel in Richtung Hofgarten und im Nordostflügel in Richtung Hofkirche, heute Pfarrkirche St. Martin. Beide Durchgänge, die nicht mittig in der Fassade liegen, sondern jeweils etwas mehr nach Norden verschoben sind, sind innen und außen mit schönen Renaissance-Portalen geschmückt. Im Südwestflügel liegt eine 3-kuppelige frühere Schloßkapelle mit sehr gut erhaltenen Deckenfresken des Riedlinger Malers Josef Ignaz Wegscheider.

Bis dieses Schloß als Herrschaftszentrum errichtet wurde, war ein weiter Weg, denn anfangs war gar nicht Meßkirch Herrschaftszentrum, sondern das nahe Rohrdorf. Meßkirch war zunächst Besitz der Grafen von Rohrdorf, die 1210 mit Graf Mangold III. von Rohrdorf im Mannesstamm erloschen. Nach dem Erlöschen der Grafenfamilie kam die hohe Gerichtsbarkeit an die Grafen von Hohenzollern-Sigmaringen. Der Allodialbesitz ging an die Herren von Neuffen, und diese verkauften den größten Teil des Besitzes in den zwanziger Jahren des 13. Jh. an die Truchsessen von Waldburg. Beide Familien hatten als Besitzer der Herrschaft Rohrdorf zunächst nur die grundherrlichen Rechte und die damit verbundene niedere Gerichtsbarkeit bekommen. Auch die Herren von Wildenstein und die Herzöge von Teck besaßen Güter im Dorf Rohrdorf. Die sich von den Truchsessen von Waldburg abspaltende Linie nannte sich Truchsessen von Rohrdorf (nicht identisch mit den Grafen von Rohrdorf!), und unter deren Herrschaft wurde Meßkirch zur Stadt erhoben, und sie verlegten den Herrschaftssitz von der Burg in die Stadt. Später wurde das unbedeutend gewordene Rohrdorf der Herrschaft Meßkirch zugeschlagen. Diese vereinigte Herrschaft kam 1351 an die Herren von Zimmern, weil Werner von Zimmern Anna Truchsessin von Rohrdorf geheiratet hatte, die Tochter des Berthold Truchseß von Rohrdorf, der seinem Schwiegersohn die Herrschaft vermachte.

Und mit den Herren von Zimmern beginnt die Geschichte des Meßkircher Schlosses: Die Benzenburg, Stammburg der Grafen von Rohrdorf, wurde zur Gewinnung von Baumaterial für das städtische Schloß abgebrochen. Johann(es) von Zimmern (-1441) ließ aus den Steinen der Benzenburg um 1400 das sogenannte alte Schloß im spätgotischen Stil erbauen. Nach 1520 ließ Gottfried Werner von Zimmern (13.1.1484-2.4.1554) das Alte Schloß umbauen; darüber wird in der Zimmernschen Chronik kritisch berichtet. Ab 1557 ließ Graf Froben Christoph von Zimmern (19.2.1519-27.11.1566) das Neue Schloß im Renaissancestil errichten, die früheste Renaissance-Vierflügelanlage nördlich der Alpen. Vom Bauherrn ist bekannt, daß er zwischen 1534 und 1540 in Frankreich war, und auf dieser Kavalierstour konnte er bei seinen Studien Anregungen bekommen haben. Jedenfalls erklärte er drei Jahre nach seinem Regierungsantritt das alte Schloß wegen Pfusch für baufällig und legte am 9.5.1557 selbst den Grundstein für den Neubau. Im Stadtflügel ist auf einem Schlußstein die Datierung 1557 zu lesen. Als Architekt wirkte Jörg Schwarzenberger.

Doch von dem ehrgeizigen Projekt wurden nur drei Flügel fertig, und im Nordwesten, wo natürlich auch ein entsprechender Flügel geplant war, blieb das Alte Schloß stehen. Die drei anderen Flügel wurden in der damals neuesten Mode ausgeschmückt, der Höhepunkt ist der 30 m × 9,60 m große Renaissance-Festsaal im Nordostflügel mit seiner zu 90% original erhaltenen, freitragenden hölzernen Kassettendecke aus 85 einzelnen Elementen, entstanden im Jahre 1563. Es ist der älteste Renaissance-Festsaal in Deutschland. Weil diese Familie das Schloß im wesentlichen in der gegenwärtigen Form schuf, wird Schloß Meßkirch auch Schloß der Grafen von Zimmern oder Zimmernschloß genannt. Bis 1566, als der Bauherr starb, waren alle vier Eckpavillons und drei Flügel fertig; nach Nordwesten hin blieb es unvollendet. Dieses Schloß war zu seiner Bauzeit etwas bahnbrechend Neues und wurde zum Vorbild für andere Schlösser, z. B. in Schloß Wolfegg und Zeil, wo überall der Baumeister Jörg Schwarzenberger tätig war. Nach Froben Christoph von Zimmern folgte sein einziger Sohn Wilhelm Graf von Zimmern (1549-1594) nach. Dieser kümmerte sich um den Innenausbau des Schlosses. Er vollendete den Nordwestflügel nicht mehr. Auch im Inneren hatte er andere Vorstellungen, so ließ er den zweitgrößten Saal des Schlosses, einen Raum von 20 m × 9,60 m, unterteilen.

Aus der Zeit der Grafen von Zimmern sind zwei Wappen-Medaillons auf der Hofseite des Südostflügels erhalten. Die Fassade wird gegliedert durch einen Schmuckfries zwischen den beiden Hauptgeschossen, bestehend aus zwei parallelen Gesimsen mit in regelmäßigen Abständen gesetzten, kreisrunden Elementen, die mehrfach profiliert der Fassade Tiefe geben. Die beiden Wappenmedaillons sind beiderseits eines Fensters unterhalb dieses Geschoßtrenners angebracht. Die Schildform folgt der Profilrahmung unter Aufgabe der klassischen Schildform mit vielfach eingerolltem Rand.

Abb.: Ecke zwischen Südostflügel (links) und Südwestflügel (rechts), ganz links Medaillon Henneberg.

Das heraldisch rechte Wappen ist gewendet und zeigt das Schildbild der Grafen von Zimmern, in Blau ein goldener, hersehender, rotgezungter Löwe mit einer silbernen, rot gestielten Hellebarde oder Partisane in den Pranken. Es hat noch die einfache, nicht vermehrte Form. Das heraldisch linke Wappen ist das der Grafen von Henneberg-Römhild, geviert, Feld 1 und 4: in Rot eine goldgekrönte silberne Säule (Colonna/Römhild), Feld 2 und 3: in Gold auf grünem Dreiberg eine schwarze Henne mit rotem Kamm und ebensolchem Kehllappen (gefürstete Grafschaft Henneberg). Beide Medaillons wurden im Zuge der Renovierung neu gefertigt.

 

Diese Wappenkombination paßt zu Gottfried Werner Graf von Zimmern (13.1.1484-2.4.1554), der mit Apollonia von Henneberg (1500-21.4.1548) verheiratet war, die einzige Verbindung zwischen den beiden Familien. Apollonia war die Tochter von Hermann VIII. Graf von Henneberg-Römhild (1470-5.4.1535) und Markgräfin Elisabeth von Brandenburg (8.4.1474-25.4.1507). Und weil Gottfried Werner 1511 heiratete, selber aber 1554 starb, ist damit das Zeitfenster für die Gültigkeit dieser Medaillons gegeben - sie müssen also entweder älter sein als der Viereckbau, der ja erst nach 1557 entstanden ist, und nachträglich integriert worden sein, dann vermutlich von einer älteren Struktur übernommen als Erinnerung. Oder es gibt einen anderen Grund für die Anbringung, und der ist plausibler, nämlich die Darstellung der Verbindung mit höherstehenden Familien. Das wird insbesondere deutlich, wenn man das zweite Paar (s. u.) hinzunimmt. Beides sind Ehen mit gesellschaftlich höherstehenden Frauen, die eine aus einer gefürsteten Grafenfamilie, die andere aus einer Grafenfamilie. Wir erinnern uns, daß die Herren von Zimmern selbst erst 1538 in den Grafenstand aufstiegen, nicht zuletzt aufgrund der bestehenden Heiratsverbindungen mit uralten gräflichen Familien. Deswegen war es für die Selbstdarstellung der Familie äußerst wichtig, diese Verbindungen nach außen darzustellen und damit zu protzen, und das war auch noch bei der Neugestaltung des Schlosses wichtig, weil es eine Legitimation für ihren eigenen Stand darstellte. Diese beiden Medaillons jedenfalls erinnern an eine glanzvolle Hochzeit und an eine epische Geschichte von Brautwerben, Brautentführung, Ritterspielen, glanzvoller Hochzeit, Streit mit dem Schwiegervater und Versöhnung. Die Zimmernsche Chronik berichtet ausführlich davon, besser als jeder fiktive Ritterroman. Aus dieser Ehe gab es zwei Töchter, Anna heiratete Jobst Nikolaus von Zollern, Barbara erblindete und endete im Kloster Inzigkofen, wohin sie mit 10 Jahren abgeschoben worden war. Die Familie wurde von Gottfried Werners Neffen fortgesetzt, dem Bauherrn des Neuen Schlosses. Es gibt in der Staatsgalerie Stuttgart ein Kunstwerk, auf dem genau diese beiden Wappen ebenfalls auftauchen, am ca. 1536 entstandenen Wildensteiner Altar. Dort wird das Wappen der Freiherren von Zimmern ohne Oberwappen dargestellt, dasjenige der Ehefrau dagegen mit schwarzem Dreiberg und mit zwei Kleinoden, Helm 1 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Decken eine wachsende, rot gekleidete und golden gekrönte Jungfrau, die in jeder Hand einen gestürzten, mit der Mitte nach außen gebogenen silbernen Fisch hält, Helm 2 (links): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein wachsender, golden gekleideter und golden gekrönter Jungfrauenrumpf mit nach hinten abstehendem Haarzopf, auf dem Kopf ein goldener, oben mit einem grünen Pfauenfederbusch besteckter hoher Spitzhut, auf dem Schaft mit einer schwarzen Henne auf ebensolchem Dreiberg belegt.

 

Ein zweites Wappenpaar mit ganz ähnlich gestalteten Medaillons befindet sich hofseitig am Südwestflügel, beiderseits des ein Portal bekrönenden Dreieckgiebels. Diese beiden Medaillons befinden sich noch im verwitterten Originalzustand. Das optisch linke zeigt das Wappen der Grafen von Zimmern wie beschrieben, das andere dasjenige der Grafen von Erbach, geviert, Feld 1 und 4: rot-silbern geteilt mit drei (2:1) sechsstrahligen Sternen in verwechselten Farben (Grafschaft Erbach), Feld 2 und 3: in Rot zwei aus silbernen Rauten gebildete und aneinanderstoßende Schrägbalken (Herrschaft Bickenbach), hier abweichend von der Standardform schräglinks. Unter Schenk Erasmus von Erbach (1466-1503), der durch Erbschaft und Ankauf große Teile der Herrschaft Bickenbach unter seine Kontrolle brachte, kam die Burg Bickenbach 1484 an Erbach. Burg Bickenbach ("Alsbacher Schloß") ging in der Hessisch-Bayerischen Fehde wieder verloren, und danach wurde das Bickenbacher Wappen nicht mehr geführt. In der Zimmernschen Chronik (Cod. Donaueschingen 580a, 580b) wird ebenfalls diese Variante abgebildet, mit dem Bickenbacher Motiv ebenfalls schräglinks gestellt. Hier steht die Wappenkombination für den Bruder des vorgenannten Gottfried Werner, für Johannes Werner d. J. Graf von Zimmern (24.6.1480-1.1.1548), vermählt mit Katharina von Erbach-Erbach (-13.2.1549), der Tochter von vorerwähntem Erasmus I. von Erbach-Erbach (1466-1503) und Elisabeth von Werdenberg-Sargans (-20.12.1536). Auf einem historischen Wappenblatt aus dem Jahre 1542 im fürstlich fürstenbergischen Archiv Donaueschingen wird dieses Wappen mit seinen beiden Kleinoden abgebildet, Helm 1 (rechts): zu rot-silbernen Decken zwei rot-silbern übereck geteilte Büffelhörner, Helm 2 (links): zu rot-silbernen Decken auf einem niedrigen, roten, silbern gestulpten Hut ein silbernes, rot gezäumtes Pferd zwischen einem roten, beiderseits mit zwei aus silbernen Rauten gebildeten und aneinanderstoßenden Schrägbalken belegten Flug, rechts schrägrechts, links schräglinks.

Abb.: Südwestflügel mit dem Durchgang zum Hofgarten und den Wappenmedaillons Zimmern und Erbach.

Die Herren und seit 1538 Grafen von Zimmern erloschen 1594 mit dem oben genannten Grafen Wilhelm von Zimmern im Mannesstamm. Als nächstes ging die Herrschaft Meßkirch an die Grafen von Helfenstein, weil Georg II. Graf von Helfenstein (7.11.1518-8.11.1573), durch seine erste Ehefrau Freiherr von und zu Gundelfingen, in zweiter Ehe 1569 in Meßkirch Apollonia von Zimmern-Meßkirch (28.2.1547-31.7.1604) geheiratet hatte. Sie war die Tochter von Froben (Frobenius) Christoph von Zimmern (19.2.1519-27.11.1566), Verfasser der Zimmernschen Chronik und Erbauer des Meßkircher Schlosses, und dessen Frau Kunigunde von Eberstein (1528-13.8.1575). 1594 wurde die Herrschaft Meßkirch an die Grafen von Helfenstein-Gundelfingen verkauft. Die beiden Kinder aus dieser Ehe zwischen Georg und Apollonia waren Georg III. Graf von Helfenstein Freiherr zu Gundelfingen (1571-1607) und Frobenius Christoph Graf von Helfenstein Freiherr zu Gundelfingen (1573-4.12.1622).

Abb. Wappenstein von 1611 außen am hofgartenseitigen Südwestflügel

Aus dieser Zeit stammen zwei Wappensteine, die nachträglich am Schloß angebracht wurden, eines über dem stadtseitigen Hauptportal am Nordostflügel und eines am Südwestflügel, letzteres nicht über dem Portal, sondern an der Wand zwischen den Fenstern des Obergeschosses seitlich der Tordurchfahrt. Inhaltlich sind die Wappensteine identisch, und sogar bei jedem der beiden Steine sind die paarweise dargestellten Wappen identisch, weil hier die Ehefrau jeweils das gleiche Wappen wie ihr Ehemann führt. Die Initialen lauten "F G Z H M G Z H" = "Frobenius Graf Zu Helfenstein Maria Gräfin Zu Helfenstein", die Datierung lautet "1 6 11". Die Beiden hatten 1603 geheiratet. Beide Wappensteine haben die Form einer kleinen Aedikula, wobei allerdings die Ausgestaltung unterschiedlich ist: Die Aedikula auf der Nordostseite besitzt Beschlagwerk auf den seitlichen Pilastern und im Dreiecksgiebel mit zentraler Halbkugel. Die andere Aedikula auf der Südwestseite hat kannelierte Pilaster mit Mittelspange; der Giebel ist dem anderen jedoch ähnlich.

Abb. Wappenstein von 1611 außen am hofgartenseitigen Südwestflügel

Frobenius Christoph Graf von Helfenstein Freiherr zu Gundelfingen (1573-4.12.1622), Herr zu Meßkirch, Wildenstein und Falkenstein, war der Sohn von Georg II. Graf von Helfenstein, Freiherr von und zu Gundelfingen (7.11.1518-8.11.1573) und dessen zweiter Ehefrau, Apollonia von Zimmern-Meßkirch (28.2.1547-31.7.1604). Maria Gräfin von Helfenstein (-17.9.1634) entstammte der Wiesensteiger Linie und war die Tochter von Rudolf V. Graf von Helfenstein (24.3.1560-18.2.1601) und dessen erster Frau, Anna Maria Freiin von Staufen (-2.9.1600). Ihr Großvater war Ulrich XVIII. von Helfenstein (8.2.1524-17.1.1570), der Stifter der Wiesensteiger Linie, der 1551 Catharina Gräfin von Montfort heiratete. Dieser Ulrich war der Bruder von Georg, dem Stifter der Gundelfinger Linie. Ehemann und Ehefrau waren also eng miteinander verwandt, die Ehefrau war die Tochter des Cousins des Ehemannes.

Abb. Wappenstein von 1611 außen am stadtseitigen Südostflügel

Alle vier Einzelwappen haben daher die folgende identische Form: Geviert, Feld 1 und 4: in Rot auf einem goldenen Dreiberg einwärts ein schreitender silberner Elephant (Grafen von Helfenstein), Feld 2 und 3: in Gold ein roter, einwärts schräggelegter, durchgehender und beiderseits gedornter Ast (Herrschaft Gundelfingen). Dazu werden zwei Helme geführt, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender silberner Elephantenrumpf (Grafen von Helfenstein), Helm 2 (links): auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Decken ein rot geschnäbelter silberner Schwanenhals, durchsteckt von einem roten Joch, d. h. mit einem Querstab, dessen Enden winkelig aufgebogen und mit goldenen Kronen besteckt sind, aus denen Pfauenfedern hervorkommen (Herrschaft Gundelfingen). Die Vereinigung von Helfenstein mit Gundelfingen wird ausführlich im Kapitel zur Schloßkirche Neufra behandelt.

Abb. Wappenstein von 1611 außen am stadtseitigen Südostflügel

Der kaiserliche Kammergerichtspräsident Froben Christoph starb in Ensisheim. Er hatte zwei Kinder: Der Sohn hieß Georg Wilhelm Graf von Helfenstein (19.1.1605-31.5.1627). Er heiratete am 16.10.1622 anderthalb Monate vor dem Tod des Vaters in Sigmaringen Sibylla Euphrosyna von Hohenzollern. Nach seinem frühen Tod in Venedig 1627 heiratete die Witwe erneut, diesmal Ernst Benno von Wartenberg. Es gab aus der ersten Ehe keine Kinder. Des Grafen Frobenius Christoph Tochter Johanna Eleonora von Helfenstein (18.10.1606-28.7.1629) brachte durch ihre ebenfalls 1622 erfolgte Heirat mit Wratislaus Graf von Fürstenberg (1600-27.5.1642) wiederum 1627 die Herrschaften Meßkirch mit Wildenstein und Falkenstein sowie Gundelfingen mit Neufra und Hayingen an die von Fürstenberg, die in Schloß Meßkirch Residenz nahmen und eine eigene Linie eröffneten. Die dort residierende Linie machte Meßkirch zu ihrem Verwaltungszentrum des Oberamtes. Endgültig erlosch die Gundelfinger Linie der Helfensteiner also 1629.

Als letzter Wappenfund soll noch eine Sonnenuhr am Alten Schloß erwähnt werden: Am Ziffernblatt sind erneut zwei Wappenschilde der Grafen von Helfenstein-Gundelfingen beiderseits der Jahreszahl 1616 zu sehen, darüber in der Mitte das Stammwappen der Herren und Grafen von Zimmern, bis auf leichte Variationen identisch mit dem Kommunalwappen der Stadt Meßkirch (in Blau ein dreischwänziger, rot gezungter goldener Löwe, der in den Pranken einen halbkreisförmig gebogenen roten Schaft hält, an dem zwischen den Pranken das silberne Blatt einer Hellebarde befestigt ist), optisch links oben das nicht ganz korrekte Wappen der Fürsten von Fürstenberg-Heiligenberg, bei dem der Wolkenbord fehlt. Weiterhin sind dort die Daten der Restaurierung vermerkt: 1953 und 1992.

 

Die Wiesensteiger Linie der Grafen von Helfenstein erlosch im Mannesstamm mit dem Bruder der hier verheirateten Maria, mit Rudolf VI. Graf von Helfenstein (7.3.1585-20.9.1627), der am 22.8.1604 Eleonore Gräfin von Fürstenberg (-12.4.1651) geehelicht hatte. Zeitgleich fielen also im selben Jahr die Erbschaften beider Linien an. Die Familie erlosch endgültig und insgesamt mit den Neffen und Nichten der oben erwähnten Maria von den beiden Wappensteinen. Mit der Nichte Isabella Eleonora von Helfenstein (-22.3.1678) erloschen die Helfensteiner insgesamt endgültig. Die Herrschaft Wiesensteig wurde aufgeteilt, jeweils ein Drittel ging über die Töchter an die von Fürstenberg (Marias Nichte Francisca Carolina hatte 1636 Wratislaus Graf von Fürstenberg geheiratet - ja, genau den, der schon weiter oben genannt wurde), die Landgrafen von Leuchtenberg (Marias Nichte Maria Johanna hatte 1627 Maximilian Adam von Leuchtenberg geheiratet) und die Grafen von Oettingen-Baldern (Marias Nichte Isabella Eleonora hatte 1629 Martin Franz von Oettingen-Baldern geheiratet).

Fürstenberg profitierte also zweimal durch lukrative Heirat: Graf Wratislaus von Fürstenberg (1600-27.5.1642) hatte erst 1622 die eine Erbtochter geheiratet und das ganze Meßkircher und Gundelfinger Erbe bekommen, und nach dem schnellen Ableben seiner ersten Frau 1629 hatte er sieben Jahre später eine der drei Erbinnen aus der Wiesensteiger Linie geheiratet und noch einmal kassiert. In der Fürstenberger Zeit kam es zu einigen Umbauten im Schloß, z. B. das barocke Treppenhaus wurde unter Froben Ferdinand von Fürstenberg eingebaut. Der Deutschordensbaumeister Johann Caspar Bagnato fügte 1737 die Remise im Norden hinzu. Die Linie Fürstenberg-Meßkirch erlosch 1744 mit Karl Friedrich. Da die Herrschaft von Donaueschingen aus ausgeübt wurde, nutzte man das Schloß Meßkirch noch bis 1808 als Witwensitz. 1806 kam die Herrschaft Meßkirch mit der Mediatisierung an Baden. Das Schloß verblieb zunächst im Besitz der Familie von Fürstenberg. Während der Napoleonischen Kriege diente es als Militärlazarett und als Futterlager. In Friedenszeiten hatten fürstenbergische und später badische Behörden hier ihren Sitz, außerdem waren hier Wohnungen für Beamte.

Es mangelte an der baulichen Instandhaltung, bis das mittlerweile völlig heruntergekommene Ensemble aus Schloß und Hofgarten 1961 für eine symbolische Mark an die Stadt Meßkirch verkauft wurde, zur 700-Jahr-Feier der Stadt. Aber auch die Stadt hatte kein Geld für die Renovierung, also blieb der schlechte Zustand erst einmal und wurde noch schlechter. Erst 1985 begann man im Rahmen eines denkmalpflegerischen Schwerpunktprogramms der Landesregierung mit der Renovierung, die in mehreren Etappen erfolgte, fast das gesamte Äußere und viele Innenbereiche gerettet hat, aber immer noch nicht abgeschlossen ist und eine noch zu Ende zu stemmende Aufgabe bleibt. Das Schloß wird heute als Kultur- und Museumszentrum genutzt. Im Norden in der nach Nordwesten reichenden Schloßremise befindet sich das 1999 eröffnete Oldtimer-Museum, im dem Automobile von 1899 bis in die 60er Jahre und Motorräder von 1913 bis in die 50er Jahre in wechselnder Zusammenstellung ausgestellt werden. Im Schloß selbst befindet sich seit 2006 im Südflügel auf zwei Etagen die Kreisgalerie mit 450 m2 Ausstellungsfläche. Dort werden permanent Werke vom Spätmittelalter bis in die Gegenwart aus der Kunstsammlung des Landkreises Sigmaringen gezeigt, von gotischer Plastik über barocke Altarbilder bis zu zeitgenössischer Kunst, ergänzt durch Sonderausstellungen. Schwerpunktmäßig vertretene Künstler sind Gottfried Graf (1881-1938, Kubist aus Mengen), Anton Hiller (1893-1985, Bildhauer aus Sigmaringendorf) und Albert Birkle (1900-1986, Maler des expressiven Realismus aus der Gegend von Sigmaringen). Im Ostflügel des Schlosses erinnert eine Ausstellung an Martin Heidegger und informiert über das Leben und das Werk dieses Philosophen.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@47.9930305,9.1099354,18.75z - https://www.google.de/maps/@47.9930264,9.1100179,142m/data=!3m1!1e3
Meßkirch auf Leo-BW:
https://www.leo-bw.de/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/21186/Me%C3%9Fkirch+%5BAltgemeinde-Teilort%5D
Kreisgalerie auf Leo-BW:
https://www.leo-bw.de/web/guest/detail/-/Detail/details/DOKUMENT/lmb_museen/2005/Kreisgalerie+Schloss+Me%C3%9Fkirch
Oberschwabens Sehenswürdigkeiten:
https://www.oberschwaben-tipps.de/schloss-messkirch-und-ortsgeschichte/#
Armin Heim: Schloß Meßkirch, Renaissanceschloß - Fürstenresidenz - Kulturzentrum, Gmeiner Verlag, 2020, 64 S., ISBN 978-3-8392-2891-3
Geschichte von Schloß Meßkirch:
https://www.schloss-messkirch.de/de/Staunen/Geschichte
Kreisgalerie:
https://www.schloss-messkirch.de/kreisgalerie
Schloß Meßkirch auf den Seiten der Stadt:
https://www.messkirch.de/de/Tourismus/Sehen-Staunen/Schloss-Messkirch
Kultur- und Museumszentrum:
https://www.schloss-messkirch.de/willkommen
Schloß Meßkirch auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Meßkirch
Heinrich Friedrich Kerler: Geschichte der Grafen von Helfenstein. Ulm an der Donau 1840, Bd. 1
https://books.google.de/books/?id=l3kAAAAAcAAJ&pg=PA137&hl=de#v=onepage&q&f=true
Casimir Bumiller, Bernhard Rüth: Mäzene, Sammler, Chronisten - die Grafen von Zimmern und die Kultur des schwäbischen Adels, 320 S., Belser Verlag 2012, ISBN-10: 3763026258, ISBN-13: 978-3763026258
Oldtimer-Museum:
http://www.oldtimer-freunde-messkirch.de/museum
Herren und Grafen von Zimmern auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Zimmern_(Adelsgeschlecht)
Froben Christoph von Zimmern auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Froben_Christoph_von_Zimmern
Wilhelm von Zimmern auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_von_Zimmern
Gottfried Werner von Zimmern auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gottfried_Werner_von_Zimmern
Kindler von Knobloch, Julius (Bearb.) / Badische Historische Kommission (Hrsg.), Heidelberg, 1898, Oberbadisches Geschlechterbuch: Band 2
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1898bd2, zur Genealogie der Grafen von Helfenstein insbesondere https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1898bd2/0030 - https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1898bd2/0031

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