Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2814
Brixen (Bressanone, Südtirol, Italien)

Der Friedhof von St. Michael in Brixen (11): Nikolaus Fueger von Hirschberg

Dieses Epitaph für den Brixener Kanoniker Nikolaus Fueger von Hirschberg (-6.5.1602) trägt in einer rechteckigen Kartusche in der unteren Mitte innerhalb eines Schmuckrahmens folgende Inschrift: "AEDIFICATIONEM EX DEO HABEMVS DOMVM / NON MANV FACTAM SED AETERNAM IN COELIS / ANNO D(OMI)NI M.D.CII. DIE. VI. MENSIS MAII. OBIIT / ADMODVM REVERENDVS ET NOBILIS D(OMI)N(V)S /  NICOLAVS FVEGER AB HIRS(CH)PERG TRIDENT(INAE). ET / BRIXINENSIS CATHEDRALIVM ECCLESIARVM / CANONICVS SENIOR ET PRAEPOSITVS AD BE/ATA(M) VIRG(INEM) IN AMBITV CVIVS CORPVS HOC SVB / MARMORE SEPVLTVM EST ANIMA DEO VIVAT". Im unteren Bereich der Platte wird an die Vergänglichkeit erinnert: Ein Putto lagert halb aufgerichtet am Boden, den rechten Arm auf einen Totenschädel gestützt. Neben sich hat er ein Stundenglas. Im flachen Bogen ist ein zu drei Textabschnitten gefaltetes Inschriftenband über die Szene gespannt: "HORA FLVIT MORS / CERTA SVBIT / VOCAT ACRE TRIBVNAL". Nicolaus Fueger von Hirschberg war Kanoniker in Brixen und in Trient und Propst des Stifts Unserer Lieben Frau (Marienkirche).

 

Den größten Teil der Platte, die gesamte obere Hälfte, wird von einer qualitätvollen Wappendarstellung eingenommen. Das Wappen der Fueger von Hirschberg ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot eine ausgerissene silberne Kleestaude mit ihren Wurzeln und zwei auswärts geneigten Blätterstengeln (Stammwappen Fueger), Feld 2 und 3: in Silber eine schwarze Gemse (Kämmerer von Thaur). Dazu werden zwei gekrönte Helme geführt, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein schwarzer Straußenfederbusch, belegt mit einem silbernen Kleeblatt (Stammkleinod Fueger), Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken eine wachsende schwarze Gemse mit einem silbernen Rückenkamm, dessen fünf Zacken mit Hahnenfedern an schwarzen Knöpfen besteckt sind (Kämmerer von Thaur).

Die in Hall in Tirol angesessene Handels- und Gewerkenfamilie stammt aus Fügen im Zillertal, deshalb nannten sie sich Fueger (Füger, Füeger). So wurde der Name bis ins 17. Jh. geschrieben. Erst danach wechselte man zur Schreibweise "Fieger", vermutlich um sich von zwei anderen Familien ähnlich klingenden Namens anzugrenzen, einerseits von den Fueger von Offringen, andererseits von den auch in Tirol aktiven Fuggern. In Hall in Tirol war Hans Fueger der Alte im 15. Jh. Bürgermeister der Stadt. Sein Sohn Nikolaus Fieger war Vertreter der Stadt Hall auf dem Landtag im Jahr 1490 und begründete den Familienzweig der Fueger von Hirschberg. Ein zweiter Sohn war Benedikt Fueger, er wurde Domdekan von Brixen, Rat von Erzherzog Siegmund von Österreich, Graf von Tirol, sowie Kanzler und Vizekanzler. Ein dritter Sohn war Hans Fueger der Mittlere (-1503), der seinerzeit einer der reichsten Bürger von Hall in Tirol war und die Linie von Friedberg begründete, benannt nach der Burg Friedberg im Tiroler Unterland (Gemeinde Volders). Die Fueger erwarben ihren Reichtum durch spätmittelalterliche Montanindustrie in Schwaz, in Sterzing und in Gossensaß. Sie bildeten zusammen mit den Baumgartner, Dreyling, Fugger, Katzbeck, Manlich, Stöckl und Tänzl die großen Gewerkenfamilien des Schwazer Silber-Bergbaus. Sie mußten dem Tiroler Landesfürsten Darlehen gewähren, so 1487 2300 fl. an Erzherzog Siegmund, 1497 12000 fl. an den späteren Kaiser Maximilian I. und 1504/1505 weitere 27000 fl. an denselben für den Landshuter Erbfolgekrieg. Dieser Einsatz wurde dadurch belohnt, daß Hans Fueger der Mittlere, vermählt mit Christina Tänzl, 1489 von Kaiser Friedrich III. in den Adelsstand erhoben wurde. Sigmund Fueger und seine Brüder wurden 1511 geadelt.

Das Wappen und seine Entwicklung werden beschrieben im Siebmacher Band: OÖ Seite: 45 Tafel: 20-21). Das Stammwappen ist die Kleestaude. Am 5.2.1472 wurde dieses mit dem Wappen der erloschenen Kämmerer zu Thaur (Cammerer von Tawr) vereinigt, die in Silber eine schwarze, golden bewehrte Gemse geführt hatten. Vorerst fand die Vereinigung in schräglinks geteiltem Schild statt, oben das Stammwappen, unten die Gemse, dazu das Stammkleinod (Wappen 2). So wird das Wappen auf einem Weihbrunnkessel dargestellt. Darstellerisch wird aus der Gemse oft ein Steinbock. Ab dem 16. Jh. ist das Wappen geviert mit zwei Helmen und zwei Kleinoden wie eingangs beschrieben, und in dieser Form entspricht das auch dem freiherrlichen Wappen. Freiherren-Diplome gab es mehrere, 1642 und 1734 (Linie Hirschberg), und am 26.3.1680 wurde Georg Karl Fueger zu Hirschberg der Freiherrenstand mit Wappenbesserung verliehen.

Den Zunamen "von Hirschberg" erhielt die entsprechende Linie der Fueger aufgrund eines Besitzes im Tiroler Oberland, der Burg Hirschberg in der Gemeinde Wenns südlich von Innst. Im Ort gab es eigentlich sogar zwei feste Adelssitze, einen in der Nähe der Kirche, mit dem die Familie 1553 belehnt wurde und der 1977 abgerissen wurde, und einen nördlich des Dorfes gelegenen, von einer Ringmauer umgebenen und 25 m hohen Turm, ringsum mit Häusern mit Pultdächern umbaut, der 1493 auf dem Heiratsweg an die Fueger gekommen war, als die Erbin Magdalena Kripp den Sebastian Fueger heiratete. Der Besitz blieb bis zum Aussterben in der Familie Fueger. Von der Burg ist nichts mehr da, weil sie 1921 einstürzte und 1926 abgeräumt wurde. Der Besitz war klein und wenig wohnlich, so daß die Fueger auf den anderen Besitzungen wohnten. Als Adelssitz jedenfalls war die kleine Burg wichtig und namengebend.

Die Burg Friedberg hingegen gehörte zunächst den Herren von Spieß, dann wurde die Herrschaft 1489 an Antony von Ross verkauft. Dieser war oberster Amtmann des Erzherzogs Sigmund und ist bekannt für seine große Münzreform mit der ersten Talerprägung in Hall. Er hatte aber wirtschaftlich Pech, weil er sich am Schwazer Silberbergbau verspekuliert hatte und 1491 bankrott war. Friedberg wurde als Lehen an Hans Fueger von Melans vergeben. Sein Wappen von 1491 ist über dem rundbogigen Burgtor eingelassen. Die Familie baute die bisher nur aus mauerverbundenen Türmen bestehende Burg bis 1509 zu einem adeligen Wohnsitz aus. Friedberg blieb bis 1802 in der Familie. 1845 kam die Burg an die Grafen Trapp und ist bis heute in deren Familienbesitz.

Ferdinand Karl Freiherr Fueger von Hirschberg bekam am 1.6.1694 zu Laxenburg den Grafenstand verliehen. Die oberösterreichische Linie zu Hirschberg wurde 1734 von Kaiser Karl VI. in den Freiherrenstand und am 8.10.1736 in den Grafenstand mit "Hoch-und Wohlgeboren" erhoben; die Begünstigten waren der Oberstwachtmeister Johann Philibert Freiherr Fieger von Hirschberg auf Bergheim und Gneisenau und sein Bruder, Johann Ehrenbert Carl Fieger von Hirschberg auf Bergheim und Gneisenau, Landrat in Österreich ob der Enns.

Das gräfliche Wappen (Wappen 3) von 1694 und 1736 (Linie Hirschberg) setzt dem freiherrlichen Schild noch einen Herzschild auf, in Blau eine silberne Bracke mit goldenem Halsband (für das Erbland-Jägermeister-Amt in Tirol; die Familie ist 1686 damit belehnt worden). Dazu werden drei gekrönte Helme geführt, Helm 1 (Mitte): zu blau-silbernen Decken eine wachsende silberne Bracke mit goldenem Halsband, Helm 2 (rechts): Federbusch mit Kleeblatt, Helm 3 (links): Gemse bzw. Steinbock. Als Schildhalter dienen zwei schwarze Steinböcke. Es wird eine Variante mit einem dreimal silbern-blau geteilten Herzschild überliefert, ebenso die Bracke des Kleinodes, das beruht auf einem Fehler in der ob der Ennsischen Herrenstandsmatrikel und bildet keine entsprechende Verleihung ab.

Sonderform (Wappen 5): Am 14.4.1703 gab es eine Wappenbesserung durch Vereinigung mit dem Wappen des ausgestorbenen Geschlecht "Tschötsch" (in Silber drei schwarze Balken, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein hoher silberner Hut, belegt mit drei schwarzen Balken, oben gekrönt und mit schwarzen Hahnenfedern besteckt); die Begünstigten waren die Brüder Ferdinand Karl Graf Fueger von Hirschberg und Johann Karl Anton Fueger von Hirschberg. Das Wappen sah nun folgendermaßen aus: Geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: Kleestaude, Feld 2 und 3: in Silber über drei schwarzen Balken ein schwarzer Steinbock, Herzschild: Bracke. Dazu vier Helme: Helm 1 (innen rechts): Tschötsch wie oben, Helm 2 (innen links): Bracke, Helm 3 (außen rechts): Federn mit Klee, Helm 4 (außen links): Steinbock.

1746 erhielt Johann Joseph Fieger, Freiherr zu Friedberg, die Landsmannschaft im Erzstift Salzburg. Die beiden 1490 gebildeten großen Linien der Fieger erloschen beide im 19. Jh. Die Linie von Friedberg und Kronburg starb am 2.7.1802 mit Johann Valerian Graf Fieger von Friedberg aus, die in Oberösterreich ansässige Linie zu Hirschberg am 4.1.1849 mit Franz de Paula Anton Graf Fieger von Hirschberg, vermählt mit Maria Gräfin von Salburg.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@46.716143,11.6576034,20z - https://www.google.de/maps/@46.716143,11.6576034,92m/data=!3m1!1e3
Der Alte Friedhof in Brixen:
https://www.hiwio.com/de/Artikel/Der-Alte-Friedhof-in-Brixen-78
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Josef Resch (Josephus Reschius): Monumenta veteris ecclesiae Brixinensis, Brixen 1765, online:
https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10939445?page=,1 - https://books.google.de/books?id=vYxQAAAAcAAJ
Adelsakten des österreichischen Staatsarchivs:
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=4440509 - https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=4440510 - https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=4440507
Hans Fieger der Alte:
https://regiowiki.at/wiki/Hans_Fieger_der_Alte
Hans Fieger der Mittlere:
https://regiowiki.at/wiki/Hans_Fieger_der_Mittlere
Familie Fieger im Salzburg-Wiki:
https://www.sn.at/wiki/Fieger
Familie Fieger bei Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Fieger_(Adelsgeschlecht) - Stammliste: https://de.wikipedia.org/wiki/Fieger_(Adelsgeschlecht)#Stammliste
Burg Hirschberg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Hirschberg_(Wenns)
Burg Friedberg:
http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=147
Burg Friedberg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Friedberg_(Volders)
Wappen Fieger in der Fischnaler-Wappenkartei:
http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=11520&sb=fieger&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=11521&sb=fieger&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=11522&sb=fieger&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=11523&sb=fieger&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=11527&sb=fieger&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=11534&sb=fieger&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=11538&sb=fieger&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=11536&sb=fieger&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=11544&sb=fieger&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=11543&sb=fieger&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=11548&sb=fieger&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=11549&sb=fieger&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=11550&sb=fieger&sw=&st=&so=&str=&tr=99

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