Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2921
Marktbreit (Landkreis Kitzingen, Unterfranken)

Epitaphien und Wappen in der Friedhofshalle von Marktbreit

Wenn man die Treppe auf den früher außerhalb der Befestigungsmauern gelegenen Friedhof hinaufgeht, steht linkerhand entlang der östlichen Abschlußmauer eine langgestreckte, halboffene Halle mit vier Arkadenbögen an der Längsseite und einem Bogen an der nördlichen Giebelseite. An der östlichen Rückwand sind insgesamt acht historische Epitaphien bürgerlicher Familien aufgestellt, von denen hier exemplarisch dasjenige für Johann Orth vorgestellt wird, die zweite Platte von links in der Reihe. Die Inschrift im unteren Teil der Platte lautet: "Nach Christi geburth 1590 / am tag urbani den 25 may / zwischen eim und zwey ist in / Gott sehligtlich entschlaffen der / Ehrnhafft Wolachtbar und Wol/gelert Johann Orth Schulthayss al/hier zu Marckt Braydt deme / unnd unß allen Gott gnedig sein / wolle".

 

Johann Orth stammte ursprünglich aus Eibelstadt und folgte als Schultheiß Wolfgang Eckhardt (amtierte bis 1565) und Nikolaus Behringer (amtierte 1566-1569) nach und wurde seinerseits von Niklaus Groe abgelöst, der durch seine Bautätigkeit während seiner 1590-1622 währenden Amtszeit einer der bedeutendsten Schultheißen des Ortes war. Johann Orth war 22 Jahre lang Schultheiß von Marktbreit (amtierte 1569-1590). Er hatte einen gleichnamigen Sohn. Das Wappen auf der Platte zeigt frontal eine Jungfrau mit offenem Haar, die Füße nicht sichtbar unter dem weiten Kleid, in der Rechten ein Schwert und in der Linken eine Kaufmannswaage haltend, auf dem Helm ein hoher, aufgeschlagener Hut, der an der Spitze mit drei Straußenfedern besteckt ist. Das Schildbild ähnelt mit den Attributen einer Justitia und soll vermutlich auch eine darstellen, unterscheidet sich von üblichen und vertrauten Darstellungsweisen aber durch die fehlende Augenbinde, die nach 1500 gebräuchlich wurde, und das wilde, ungezähmte Haar und die kindlichen Proportionen. Vielleicht wurde die Justitia als biographische Referenz gewählt und steht dann für das Schultheißenamt, das Johann Orth innehatte. Die heraldischen Tinkturen sind nicht bekannt.

Die einzigen adeligen Wappen sind am südlich abschließenden, durch eine Mauer dahinter verschlossenen Bogen, dort sind im Dreiecksgiebel die Wappenschilde der von Seinsheim/Sünching (geviert, Feld 1 und 4: fünfmal silbern-blau gespalten, Feld 2 und 3: in Gold ein aufspringender, schwarzer, rot gekrönter und gezungter Eber) und der von Heßberg (gespalten, rechts in Silber drei rote Rosen pfahlweise, links fünfmal silbern-rot geteilt) angebracht.

Dieses Paar paßt zu dem kaiserlichen und fürstbischöflichen Rat Georg Ludwig Freiherr von Seinsheim (1514-1591) zu Erlach, Hohenkottenheim und Wässerndorf und seiner zweiten Frau, Barbara von Heßberg, für die ersterer das Seinsheimsche Schloß in Marktbreit als Witwensitz hat erbauen lassen. Im Gegensatz zu seinem Wappen am Rathaus wird hier das freiherrliche, gevierte Seinsheim-Wappen verwendet; Georg Ludwig hatte 1572 Schloß Sünching bei Regensburg erworben und wurde 1580 in den Freiherrenstand erhoben. Mit Georg Ludwig d. Ä. erlosch die Linie zu Hohenkottenheim mangels Nachkommen. Georg Ludwig von Seinsheim heiratete in erster Ehe am 23.4.1543 Margaretha von Rüdigheim (-1557) und in zweiter Ehe am 27.11.1558 Barbara von Heßberg (-10.9.1661), verwitwete von Hutten.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.6658362,10.1431254,20z - https://www.google.de/maps/@49.6658362,10.1431254,81m/data=!3m1!1e3
Familie von Seinsheim auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Seinsheim_(Adelsgeschlecht)
Familie von Heßberg auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/He%C3%9Fberg_(Adelsgeschlecht)
Justitia in der Heraldik:
https://www.heraldik-wiki.de/wiki/Justitia_(Heraldik)

das Rathaus - St. Nicolai: Epitaph für Wolfgang Eckhardt - der historische Tretradkran - das Haus "Zur Groe"

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