Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2977
Würzburg (Unterfranken)

Marienkapelle am Markt: Johann Friedrich Eckenbert von Dalberg

Dieses Grabdenkmal auf der Südseite des Kirchenschiffs ist für Johann Friedrich Eckenbert von Dalberg (4.8.1668-11.2.1719). In der Mitte befindet sich ein großes Hauptwappen, das einem Wappenzelt aufgelegt ist, dessen gefranstes Tuch beiderseits hochgebunden ist und in wellenartigen Falten herabhängt. Zahlreiche Vergänglichkeitssymbole sind auf der Platte zu sehen, ganz oben eine Sanduhr (Stundenglas) auf einem Totenschädel en face mit Fledermausflügeln, beiderseits des Wappenzeltes zwei Totenschädel im Profil, auf deren Schädeldach kurzgestielte flache Feuerschalen gestellt sind, und ganz unten die stark beschädigten Reste zweier weiterer Totenschädel. Das zentrale Wappen wird unten von zwei schräg gestürzten und sich in der Mitte überkreuzenden Fackeln begleitet. Und in die beiden Seitenzonen sind 2 x 4 Wappen einer 8er-Ahnenprobe eingegliedert, sämtlich auf kleinen Schriftbändern mit Namen beschriftet. Die Erhaltung ist hervorragend bis auf das unterste Sechstel, wo die Motive völlig zerstört sind.

Die aufgrund des Wechsels zwischen Klein- und Großbuchstaben schwer lesbare Inschrift im Zentralfeld verrät: "Anno SaLuTiS / 1719 11imo februAry / inTrA QuartA(m) et Quintam / matutinAm omnibus SACrA/mentis rite Praemunitus Obyt / PERILL(us)tris AC GeNeROSuS DO/Minus D(omin)us IOH(ann)es FRIDERICuS Ca/MerariuS De WORMatia L(iber) B(aro) De / DALLBERG S(acri) R(omani) I(mperii) EQUES S C M Co(n)sil)iarius IMper(ialis) Aul(ieus) / ELect(oris) MOG(untinae) CoNs(iliarius) INtim(us) et ARchiSAttrapa In LOHR / CuIuS ANIMAE Qui Hac LeGiS / BENE PRECARE" - im Jahre des Heils 1719 starb am 11. Februar zwischen 4 und 5 Uhr morgens ausreichend mit allen Sakramenten versehen der hochachtbare und großzügige Herr, Herr Johann Friedrich Kämmerer von Worms Freiherr von Dalberg Ritter des Heiligen Römischen Reichs (Reichsritter), seiner kaiserlichen Majestät Hofrat (Reichshofrat), des Mainzer Kurfürsten Geheimrat und Oberamtmann zu Lohr, auf daß es dessen hier liegenden Seele gut gehen möge.

 

In der Mitte sehen wir als Hauptwappen dasjenige der Kämmerer von Worms gen. Dalberg, der Schild ist geviert, Feld 1 und 4: unter einem mit drei Spitzen abgeteilten goldenen Schildhaupt in Blau 6 (3:2:1) silberne Lilien (Kämmerer von Worms), Feld 2 und 3: in Gold ein schwarzes Ankerkreuz (Dalberg). Dazu werden zwei Helme geführt,  Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein Flug, beiderseits unter einem mit drei Spitzen abgeteilten goldenen Schildhaupt in Blau 6 (3:2:1) silberne Lilien (Kämmerer von Worms), Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein goldener Flug, beiderseits belegt mit einem schwarzen Ankerkreuz (Dalberg).

Peter Johann Friedrich Eckenbert Kämmerer von Worms Freiherr von Dalberg machte erst eine kurze Karriere als Kleriker: Am 11.7.1680 bekam er in Würzburg die Dompräbende, von der sein Onkel Johann Philipp Eckenbert von Dalberg, für den es hier ebenfalls ein Grabdenkmal gibt, gerade resigniert hatte. Auch in Mainz hatte er eine Stelle als Domherr. Beide resignierte er 1699 wieder, ohne in höhere Positionen aufzusteigen. Er heiratete zunächst in erster Ehe am 14.6.1700 die Verwandte Maria Katharina Ernestina von Dalberg (-1703), die Tochter von Philipp Franz Eberhard von Dalberg, danach in zweiter Ehe Susanna Lukretia Kottwitz von Aulenbach, die Tochter von Johann Philipp Kottwitz von Aulenbach und Anna Maria Gräfin von Dernbach. Mit der zweiten Ehefrau hatte er drei Kinder, von denen zwei früh verstarben, die Tochter Eva Josepha Sophia Maria Augustina Franziska von Dalberg dann Johann Philipp Freiherr von Ingelheim genannt Echter von Mespelbrunn heiratete.

 

Nun zur Ahnenprobe: An erster Stelle steht heraldisch rechts oben der Schild der Kämmerer von Worms gen. Dalberg ("V. DAHLBERG", Abb. oben links) wie oben beschrieben. Der Schild steht für den Vater, Friedrich Dietrich Kämmerer von Worms gen. von Dalberg (-7.7.1712), kurmainzer Geheimer Rat, Vicedom zu Mainz, sowie für den Großvater väterlicherseits, Wolfgang Hartmann Kämmerer von Worms gen. von Dalberg, kurmainzer Rat und Oberamtmann zu Höchst, und für dessen Vater, Wolf Dietrich Freiherr Kämmerer von Worms gen. von Dalberg (-1.7.1618).

An zweiter Stelle steht auf der Schwertseite der Schild der Echter von Mespelbrunn ("V. ECTHER", Abb. oben rechts), in Blau ein silberner, mit drei blauen Ringen belegter Schrägbalken. Der Schild steht für die Großmutter väterlicherseits, Maria Echter von Mespelbrunn (1621-1663), Tochter von Johann Dietrich Freiherr Echter von und zu Mespelbrunn (1580-1629).

 

Heraldisch links oben beginnt die Reihe mit dem Schild der von Schönborn ("V. SCHONBORN", Abb. oben links), in Rot auf drei silbernen Spitzen ein schreitender goldener Löwe mit blauer Krone. Der Schild steht für die Mutter des Probanden, Maria Klara von Schönborn (26.9.1647-1716), deren Vater, Philipp Erwein Freiherr von Schönborn (1607-4.11.1668), kurmainzer Geheimer Rat und Oberamtmann zu Steinheim, Freiherr zu Reichelsberg, 1670 Erbschenk des Erzbistums Mainz, Erbtruchseß im Hochstift Würzburg, und für dessen Vater, Georg von Schönborn (-16.4.1613) zu Eschbach, 1605 Amtmann der Grafschaft Runkel (in Amöneburg und Neustadt).

Darunter folgt auf der Spindelseite das Wappen der von Greiffenclau-Vollraths ("V. GREIFeNCLAU", Abb. oben rechts), geviert, Feld 1 und 4: von Silber und Blau geteilt (Greiffenclau), belegt mit einem goldenen Glevenrad, Feld 2 und 3: in Schwarz ein silberner Schräglinksbalken (Ippelbrunn, Eppelborn). Dieser Schild steht für die Großmutter mütterlicherseits, Maria Ursula von Greiffenclau-Vollraths (15.7.1612-28.8.1682), Tochter von Heinrich Freiherr von Greiffenclau-Vollraths (30.10.1577-29.5.1638), kurmainzer Geheimrat, 1605 Oberamtmann zu Tauberbischofsheim, Orb, Hausen und Alzenau, später zu Steinheim, 1630 Vicedom im Rheingau.

 

An dritter Stelle steht auf der Schwertseite der Schild der von Sickingen ("V. SICKINGEN", Abb. oben links), in Schwarz fünf (2:1:2) silberne Kugeln. Der vierte Schild auf der Schwertseite ist vollständig zerstört. Das dritte Wappen auf der Spindelseite ist vom Steinmetzen gründlich mißverstanden worden. Die von Metternich ("V. METERNICH", Abb. oben rechts) führen in Silber drei (2:1) schwarze Pilgermuscheln (Jakobsmuscheln). Tatsächlich wurden hier statt dessen oben zugeschnürte Beutelchen gemeißelt in Verkennung des Motivs. Der vierte Schild auf der Spindelseite ist vollständig zerstört bis auf die Buchstaben "V. DE...").

Jetzt stehen wir vor dem Problem, daß die letzten beiden erhaltenen Wappen nicht zur Genealogie passen. Nach der Genealogie, die auch genau wie angegeben bei Salver zu finden ist, sollten die Wappen der dritten Reihe die der Familien von Cronberg und von der Leyen sein, die der vierten Reihe diejenigen der Kämmerer von Worms gen. Dalberg und der von Eltz. Die entsprechenden Urgroßmütter väterlicherseits waren Magdalena von Cronberg (-29.8.1616) und Anna Katharina Kämmerer von Worms gen. von Dalberg; und mütterlicherseits sind als Urgroßmütter Maria Barbara von der Leyen (-1631) und Anna Maria Gräfin zu Eltz (1575-27.1.1640) zu finden. Diese Vorfahren- und Wappenkombination ist in Übereinstimmung mit der für den Probanden auf Pergament ausgefertigten Ahnenprobe im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt (A 12, 79), so daß der untere Teil der auf der Epitaphienplatte befindlichen Ahnenprobe Fragen nach seiner Plausibilität aufwirft: Diese beiden Wappen passen nicht, und vermutlich hätten auch die beiden unteren, zerstörten Wappen Fragen aufgeworfen, jedenfalls deckt sich das erhaltene Schriftfragment nicht mit einem möglichen Namen. Auch im Vergleich mit der Epitaphienplatte seines Onkels wird klar, daß Sickingen an dieser Stelle unzutreffend ist, denn bei seinem Onkel ist, wenn auch beschädigt, deutlich Cronberg zu erkennen. Und es ist auch nicht eine Generation weiter zurück etwas Passendes zu finden, sondern erst zwei Ebenen "weiter oben". Hier liegt also eindeutig eine konzeptionelle Unstimmigkeit vor.

Die Genealogie zu diesem Epitaph noch einmal übersichtlich zusammengestellt:
Eltern:

Großeltern:

Urgroßeltern:

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.7947946,9.9295677,20z - https://www.google.de/maps/@49.7948267,9.9295932,81m/data=!3m1!1e3
Homepage der Dompfarrei:
https://www.dom-wuerzburg.de/seelsorge/dompfarrei/
Marienkapelle in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Marienkapelle_(Würzburg)
Marienkapelle im Würzburg-Wiki:
https://wuerzburgwiki.de/wiki/Marienkapelle
Marienkapelle im Historischen Lexikon Bayerns:
https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Marienkapelle,_Würzburg
Marienkapelle auf der Webseite des Bistums Würzburg:
https://www.bistum-wuerzburg.de/bildung-kunst/sehenswuerdigkeiten/marienkapelle-wuerzburg/
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Theodor Stolzenberg: Die Echter, eine weit verzweigte Familie in oft dramatischen Zeiten, Verlag Plexus, Amorbach 2021, 352 S., ISBN-10: 3937996745, ISBN-13: 978-3937996745, S. 299 und genealogische Tafelbeilagen
Verwendung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von Frau Alexandra Eck, Referentin für die Dombesucherpastoral, vom 27.6.2022, wofür ihr an dieser Stelle herzlich gedankt sei.
Johann Friedrich Eckenbert von Dalberg auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Friedrich_Eckenbert_von_Dalberg
Ahnenprobe des Kämmerers von Worms Johann Friedrich v. Dalberg, ausgefertigt am 3.6.1706, Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, A 12, 79
https://www.archivportal-d.de/item/GKUHBDUTHF2KCWLVW7HI56GGVJIPT2PO
Personalie in: Joh. Octavian Salver, Proben des hohen deutschen Reichs Adels oder Sammlungen alter Denkmäler
http://books.google.de/books?id=ZONWAAAAcAAJ oder auch https://books.google.de/books?id=oPlPAAAAcAAJ S. 644
Genealogische Tafeln von Humbracht
Peter Kolb: Wappen in Würzburg, Mainfränkische Studien 90, hrsg. vom Verein der Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e. V. Würzburg, 169 S., Spurbuch-Verlag, Würzburg 2019, ISBN: 978-3-88778-572-7

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