Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3014
Dettelbach (Landkreis Kitzingen)

Das Dettelbacher Rathaus

Das vollständig aus Stein erbaute Dettelbacher Rathaus steht in der historischen Altstadt auf dem Rathausplatz westlich des Kirchhügels. und ist eines der Wahrzeichen der Stadt. Es wurde im 15. Jh. begonnen und um 1512 fertiggestellt und ist in einem Übergangsstil zwischen Spätgotik und Renaissance gestaltet worden. Der dreigeschossige Satteldachbau besitzt auf seiner Südseite einen malerischen Anbau: Eine lange, doppelläufige Freitreppe führt zu einem Podest hoch, das mit einer auf drei Seiten offenen Loggia überbaut ist, auf der sich ein polygonaler Erker mit fünf Maßwerkfenstern und Kegeldach erhebt, ein Erkerchörlein. Die kleine Loggia am oberen Ende der Freitreppe wird als Verkündhalle bezeichnet; sie besitzt an den drei freien Seiten je eine große Spitzbogenöffnung und wird mit einem Kreuzrippengewölbe geschlossen. Am Übergang vom viereckigen zum achteckigen Querschnitt ist eine Sonnenuhr angebracht.

Das Rathaus hat einen sehr speziellen Bauplatz: Es wurde genau über dem Dettelbach errichtet und fungiert als Brücke in West-Ost-Richtung. Der Hintergrund ist, daß der ältere Siedlungskern östlich des Baches lag, und dann erweiterte sich die Siedlung nach Westen jenseits des Baches. Als man das Rathaus neu baute, wählte man genau den Platz des Übergangs. Der Bach fließt in Nord-Süd-Richtung unter dem Rathaus hindurch, früher verlief unter der Freitreppe ein großer Bogen, der den Wasserlauf überspannte, das ist alles später zugebaut und vermauert worden. Zwei große Bögen an den beiden Giebelseiten im Westen und im Osten geben Zugang zur den Wasserlauf überquerenden "Straße", deren leichte Emporwölbung in der Mitte die darunter liegende Konstruktion verrät. Diese beiden einfach profilierten Rundbogentore sind ähnlich, aber nicht gleich gestaltet: Die Westseite in Richtung Würzburg trägt am Bogenscheitel ein die Zunge herausstreckendes Männergesicht und darüber einen völlig verwitterten barocken Wappenstein, der einmal das Wappen der von Seinsheim in einer oben mit einer Krone abgeschlossenen Kartusche trug. Die Ostseite in Richtung Wiesentheid und weiter nach Bamberg trägt am Bogenscheitel einen Fratzenstein mit grotesker Maske und darüber das auf 1722 datierte Wappen der von Schönborn, in Rot auf drei silbernen Spitzen ein schreitender goldener Löwe mit blauer Krone und doppeltem Schwanz, darüber eine in Resten zu erkennende Blattkrone. Der Wappeninhalt ist zwar ein reines Familienwappen, doch in jenem Jahr regierte auch ein Familienmitglied in Würzburg, nämlich Johann Philipp Franz von Schönborn (Amtszeit 1719-1724). Ob früher Amtsinsignien vorhanden waren, was vermutet werden darf, kann heute aufgrund der Verwitterung im oberen Bereich nicht mehr verifiziert werden; der ausgesparte Platz läßt es möglich erscheinen.

Das verwitterte Stadtwappen von Dettelbach seitlich an der Verkündhalle unterhalb der Jahreszahl 1413 zeigt in Silber eine rote Burg mit einem Stufengiebel zwischen den beiden gezinnten Rundtürmen, in deren offenem Tor ein rot gekleideter Bischof mit silbernem Untergewand und mit Mitra auf dem Kopf hervorwächst, in der Linken einen goldenen Krummstab haltend, in der Rechten ein erhobenes Schwert haltend, unten belegt mit einem geteilten Schildchen, oben in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, unten in Rot ein silberner Wellenbalken. Die Symbolik ist offensichtlich: Der Bischof ist durch Schwert und Krummstab als Fürstbischof ausgewiesen, das Rennfähnlein verweist auf Würzburg, der Wellenbalken auf den Bach unter dem Rathaus und im Ortsnamen und die Farben auf Franken. Das Hochstift Würzburg hatte die Orts- und Landesherrschaft bis zum Ende des Alten Reichs inne. Heute wird das Wappen ist abgeänderter Form geführt: Der Bischof hat sein Schwert eingebüßt, wie real mit der Auflösung des Alten Reichs und der geistlichen Fürstentümer, statt dessen hat er im heutigen Stadtwappen die Rechte segnend erhoben, er ist ein moderner Bischof ohne weltliche bzw. landesfürstliche Macht geworden. Und im heutigen Stadtwappen wird das Rennfähnlein nicht rot-silbern geviert, was korrekt wäre, sondern falsch silbern-rot. 1484 wurde Dettelbach auf Anregung des Würzburger Bischofs Rudolf von Scherenberg (reg. 1466-1495) von Kaiser Friedrich III. zur Stadt erhoben und erhielt Marktrecht, und deshalb kam die typische Stadtsymbolik mit Zinnentürmen, Mauergiebel und Tor ins Wappen. Das Wappen ist seit 1498 durch Siegelführung belegt. Zwischenzeitlich wurde zeitweise nur das kleine Schildchen verwendet, seit 1964 kehrte man zur Form des 15. Jh. zurück.

 

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.8023621,10.1603324,21z - https://www.google.de/maps/@49.8023621,10.1603324,42m/data=!3m1!1e3
Dettelbacher Stadtwappen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Dettelbach#Wappen
Dettelbach auf den Seiten des Hauses der Bayerischen Geschichte: 
https://www.hdbg.eu/gemeinden/index.php/detail?rschl=9675117
Rathaus Dettelbach:
https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Rathaus_(Dettelbach)
Familie von Schönborn:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schönborn_(Adelsgeschlecht)
Johann Philipp Franz von Schönborn:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Philipp_Franz_von_Schönborn
Alfred Wendehorst: Johann Philipp Franz Graf von Schönborn, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-00191-5, S. 546 -
https://www.deutsche-biographie.de/gnd118976788.html#ndbcontent - https://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016327/images/index.html?seite=560
Winfried Romberg: Johann Philipp Franz von Schönborn (1719-1724), in: Germania Sacra, dritte Folge, Bd. 8, Bistum Würzburg 8: Die Würzburger Bischöfe von 1684 bis 1746, De Gruyter, Berlin/Boston 2014, ISBN 978-3-11-030537-1, S. 285-360
http://germania-sacra-datenbank.uni-goettingen.de/files/books/3.F._8_Romberg_Bischoefe.pdf

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