Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3070
Zeil (zu Leutkirch im Allgäu, Landkreis Ravensburg)

Schloß Zeil

Schloß Zeil liegt 4,8 km nordwestnördlich von Leutkirch auf einer nach Süden ausgerichteten und nur von Norden her eben zugänglichen Hangterrasse, einer eiszeitlichen Endmoräne, auf 752 m Höhe. Der Schloßkomplex ist riesig und mißt ohne landwirtschaftliche Gebäude ca. 380 m in der Länge und 140 m in der Breite. Den Kern bildet die rechteckige, dreistöckige Vierflügelanlage von ca. 67 x 70 m mit einem Innenhof von ca. 38 x 42 m, in dessen Zentrum sich der Marienbrunnen befindet mit mehreren Figuren aus der Geschichte der Truchsesse von Waldburg-Zeil. Dieses Schloß ist mit den vier quadratischen, die restlichen Flügel um ein Stockwerk überragenden Ecktürmen nach den vier Himmelsrichtungen orientiert und besitzt Durchgänge zum Innenhof jeweils in der Mitte der Nordost- und der Südwestseite. Im Südwesten schließt sich etwas tiefer am Hang eine weitläufige, nach Südwesten weit ausgezogene Vorburg an mit einem reich bemalten Torturm an der Nordwestseite und einem runden Wehrturm am Nordwesteck. Außen ist rechts des Torturmes ein Schilderhäuschen mit Gardesoldat in illusionistischer Manier aufgemalt. In der als Wirtschaftshof dienenden Vorburg befanden sich einst Ställe, Wagenremisen, Kornspeicher, Brauerei und Werkstätten. Der zur Vorburg orientierte Südwestflügel des Schlosses ist rings um die Fenster illusionistisch bemalt. Entlang des Nordwestflügels des Schlosses zieht sich ein weiterer niedriger Gebäuderiegel entlang mit einem zweiten Rundturm an der Knickstelle.

Im Nordosten des Schlosses liegt der regelmäßige, von kreuzförmigen Wegen durchzogene Schloßpark mit einem Fischbrunnen an der Kreuzungsstelle der Achsen. Während sich nach Süden eine grandiose Aussicht über das südliche Allgäu bietet, die bei schönem Wetter das Alpenpanorama vom Säntis (2502 m) rechts bis zur Zugspitze (2962 m) links einschließt, insbesondere von der Aussichtsterrasse aus, sind die Nordwest- und die Nordostseite des Parks von schmalen Gebäudetrakten umgeben, deren Obergeschoß in einfachem Fachwerk ausgeführt ist. In der Mitte der Nordwestseite endet eine entsprechende Wegeachse an einem Mittelpavillon, der ehemaligen Orangerie, die heute als Wohngebäude genutzt wird. An der Nordostseite grenzt die Schloßkirche St. Maria an; daneben befindet sich ein zweiter Torturm. An die Kirche angebaut sind auf der Nordwestseite der Turm und auf der Südostseite die Sakristei mit Bibliothek im Obergeschoß. Etwa parallel zur Kirche steht südöstlich von ihr ein weiteres Gebäude mit einem eckständigen Rundturm, das ist das ehemalige Stiftsgebäude. Eine Mauer schließt die Lücke zwischen Sakristei und Stiftsgebäude und schließt den Stiftshof nach außen ab.

Außerhalb dieses zusammenhängenden Komplexes befinden sich in Parkplatznähe der zweistöckige, seit 1611 bestehende Gasthof "Grüner Baum" nördlich und die alte fürstliche Hofapotheke, die 1804 zur Versorgung der Anwohner eingerichtet wurde, südlich der Zufahrtstraße. Weiter außerhalb liegen jenseits der L309 die alte Schule, heute Wohn- und Arbeitsplatz eines Künstlers, und der sogenannte Marienhof, eine dreiflügelige landwirtschaftliche Anlage mit einer Mariensäule im Zentrum. Tagsüber ist das gesamte Schloßgelände bis auf den privaten Gartenbereich außen frei zugänglich; die Innenräume sind teils privat bewohnt, teils werden sie von der fürstlichen Liegenschaftsverwaltung genutzt und als einzelne Wohneinheiten vermietet und sind deshalb nicht zu besichtigen. Aber auch die Außenbesichtigung offenbart ein einzigartig komplett und geschlossen erhaltenes und mustergültig gepflegtes Ensemble, denn Schloß Zeil wurde im Laufe seiner Geschichte nie durch Kriegseinwirkungen oder Belagerungen in Mitleidenschaft gezogen.

Im Mittelalter gab es rund 350 m nördlich des heutigen Schlosses auf dem Zeiler Berg eine Burg, von der das Aussehen nicht bekannt ist und von der sich so gut wie nichts erhalten hat. Zeil, damals eine Grafschaft, war im 11. und 12. Jh. im Besitz der Grafen von Bregenz und kam im Rahmen deren Erbes an die Grafen von Montfort. Um 1290 verkaufte Rudolf Graf von Montfort aufgrund eines Liquiditätsmangels die Grafschaft Zeil zusammen mit Leutkirch und Burg Zeil an König Rudolf von Habsburg. Auf der Burg lebte eine Ministerialenfamilie, die Herren von Zeil, im Dienste der Grafen von Montfort und anschließend des Reichs. Johann Truchseß von Waldburg bekam die Herrschaft Zeil mit der Burg im Jahre 1337 als Reichspfandschaft gegen einen Preis von 2000 Mark Silber. Diese Herrschaft bestand damals aus Diepoldshofen, Gospoldshofen, Hauerz, Reichenhofen und Seibranz; in den folgenden Jahrhunderten kam es aber zu etlichen Zuerwerbungen. Als sich das Haus Waldburg unter drei Brüdern 1429 in drei Linien teilte, fiel die Herrschaft Zeil an die Georgische Linie. 1526 wurde die Pfandschaft in ein dauerhaftes Reichslehen umgewandelt, das war der Lohn für das Engagement Georgs III. Truchseß von Waldburg im Bauernkrieg. Noch wohnte die Familie nicht auf der Burg, sondern in Wolfegg. Doch wurde die Witwe Georgs III. hier drei Jahre lang de facto eingesperrt; nach ihrer Flucht wurde sie verbannt. Um die Mitte des 16. Jh. wurden an der Burg noch Arbeiten ausgeführt. Als sich die Georgische Linie 1595 noch einmal teilte, kam Zeil an Froben Reichserbtruchseß Freiherr zu Waldburg Herr zu Zeil, Wurzach (19.8.1569-4.5.1614), den Begründer der Linie Waldburg-Zeil. Dieser Froben erhielt bei der Teilung auch die erst 1566 hinzuerworbene Herrschaft Marstetten und das Gut Treherz. Die Burg Zeil muß bei der Übernahme des Erbteils in unwohnlichem Zustand gewesen sein, ein Neubau mußte dringend her.

Froben begann 1599 mit dem Bau eines Renaissance-Schlosses, für das die bisherige Burg größtenteils 1598 abgebrochen wurde. Bis 1614 wurde am Schloß gebaut. Innen haben sich mächtige Holzkassettendecken aus dem frühen 17. Jh. erhalten. Im Anschluß an das Schloß wurde 1608 ein Kollegiatstift als Hauskloster gegründet, und die Pfarrei wurde von Unterzeil hochverlegt und dem Stift inkorporiert. Die Stiftskirche wurde bis 1612 nach Vorgaben des Bauherrn erbaut und Sitz der Pfarrei St. Maria. Die Familie besaß das Kirchenpatronat. Diese Kirche sollte gleichzeitig als Grablege dienen und bekam eine entsprechende Unterkirche. Aus der Renaissancezeit ist im Inneren der Kirche noch das Chorgestühl für die damaligen Stiftsherren, eine Arbeit von Jakob Bendel aus Bad Waldsee. Zur ursprünglichen Ausstattung gehören weiterhin eine Trinitätsdarstellung, ein auferstandener Christus und die Ampel für das ewige Licht. Alles andere ist später entstanden: 1784 baute Meister Hegenauer die Kanzel, und 1786 baute man hier die barocke Orgel aus der Kreuzherrenkirche in Memmingen ein. Eine verborgene Kostbarkeit in der Stiftskirche ist der Passions-Gobelin der Weberin Sr. Deocara Maria Diepold OSB (1892-1962) aus der Abtei St. Walburg Eichstätt. Die Fresken an der Decke entstanden noch später.

1628 wurde Zeil eine Reichsgrafschaft. 1662 wurde die Herrschaft Altmannshofen hinzuerworben. Als sich die Linie Waldburg-Zeil 1675 in Waldburg-Zeil-Zeil und Waldburg-Zeil-Wurzach spaltete, verblieb Zeil bei der erstgenannten Linie, während die Wurzacher Linie Gospoldshofen, Hauerz und die Herrschaft Marstetten bekam. In der zweiten Hälfte des 18. Jh. kam es zu Erweiterungen am Schloß. Aus dem späten Barock stammt der Anbau des Wintergartens. Die Stiftskirche erfuhr ab 1760 klassizistische Veränderungen. 1803 wurde Zeil ein Reichsfürstentum, wurde aber 1806 mediatisiert und kam an Württemberg. Ebenfalls 1806 wurde das Kollegiatstift aufgehoben. Am längsten dauerte beim Schloß die Fertigstellung des Nordwestflügels; er wurde erst 1888 vollendet. In den 1930er Jahren stellte man das renaissance-zeitliche Layout des Schloßparks wieder her. 1945 hatte das Schloß Zeit ganz spezielle Gäste: Nachdem die französische Vichy-Regierung aus Sigmaringen vertrieben worden war, wo sie seit 1944  exiliert war, fand sie hier auf Schloß Zeil kurzfristig Unterkunft. Kurz darauf kehrte Pétain noch vor Kriegsende nach Frankreich zurück, um sich zu stellen. Ab 1959 erfolgte eine Außenrenovierung des Schlosses. Der Stiftshof wurde 1975-1977 instandgesetzt. Die neueste Zutat am Schloß ist der 1982-1989 geschaffene, fast 6 m hohe Brunnen im Innenhof, eine Arbeit des Bildhauers Maximilian Rueß (8.11.1925-16.2.1990).

Die Untersuchung der Heraldik des Schlosses Zeil beginnt am besten mit dem Bauherrn: Froben Reichserbtruchseß Freiherr zu Waldburg Herr zu Zeil, Wurzach (19.8.1569-4.5.1614), Begründer der Linie Waldburg-Zeil, ist mit seinem Konterfei und seinem Ehewappen in der Durchfahrt durch den nordöstlichen Schloßflügel zu finden, datiert auf 1609 bzw. 1611, die Renovierung erfolgte laut Inschrift 1907.  Unter dem Bauherrn steht: "FROBENIUS S(ACRI) R(OMANI) I(MPERII) D(APIFER) H(EREDITARIUS) / B(ARO) in W(OLFEGG) D(OMINUS) in (Z(EIL) AEDIFicavit / Anno MDCXI".

Froben war vermählt in erster Ehe mit Katharina Johanna von Toerring (1577-1593) und in zweiter Ehe mit Anna Maria von Toerring-Jettenbach (1576-25.11.1636); rein zeitlich kommt hier nur die zweite Ehefrau in Frage. Sein eigener, hier linksgewendeter Wappenschild zeigt in Gold einwärts drei schwarze, rotgezungte, schreitende Löwen übereinander. Auf ein Oberwappen wird verzichtet, das wäre auf dem ungekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken auf einem roten Kissen mit goldenen Quasten ein grüner Pfauenfederstoß, dahinter ggf. schräggestellt ein goldenes Fähnchen mit drei schreitenden, schwarzen Löwen übereinander. Der Reichsapfel ist hier über dem Portraitierten im Giebelaufsatz angebracht.

Der Wappenschild der von Toerring-Jettenbach ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Silber drei (2:1) rote, golden bebutzte Rosen (Stammwappen Toerring), Feld 2 und 3: in Gold schrägbalkenweise drei aneinanderstoßende, schräglinksgestellte schwarze Rauten (Seefeld), Herzschild: in Rot eine schräggestellte silberne Zange (Mödling). Burg Mödling (Medling, Megling bei Gars am Inn) ist seit 1270 als salzburgisches Lehen im Besitz der von Toerring. Schloß Seefeld am Pilsensee ist seit der Mitte des 15. Jh. im Besitz der von Toerring. Es gab drei Zweige der Familie, die Toerring-Stein (1744 erloschen, Güter fielen an die Linie Jettenbach), die Toerring-Seefeld und die Toerring-Jettenbach. Von Toerring-Jettenbach leitete sich die Linie Toerring-Gutenzell ab (1860 erloschen). Jettenbach und Gutenzell fielen an die Linie Seefeld, die sich wieder in eine Linie zu Seefeld und eine zu Jettenbach aufteilte. Die Familie war seit dem 3.6.1566 freiherrlich, seit dem 21.10.1630 in allen drei Linien im Grafenstand. Seit der Mitte des 14. Jh. hatte die Familie das Oberstjäger- und Banneramt im Herzogtum Bayern inne (Neubelehnung 1614), seit 1618 das Erbkämmereramt im Erzstift Salzburg und seit 1665 das Erbmarschallamt des Hochstifts Regensburg. Das Diplom von 1630 enthielt kein Wappen. Das Versäumnis wurde 1653/1654 mit einem gemeinsamen Wappenbrief für das gräfliche Wappen nachgeholt.

Ein weiteres Mal findet man das Ehewappen des Bauherrn und seiner zweiten Ehefrau in der illusionistischen Fassadenmalerei an der Südwestseite des Schlosses, diesmal in Farbe und aufgetrennt in zwei Einzelwappen.

Zum Wappen Toerring würden drei Helme gehören, Helm 1 (Mitte): auf dem gekrönten Helm mit rechts rot-silbernen und links schwarz-goldenen Decken ein goldener sechszackiger Stern (Mödling), Helm 2 (rechts): auf dem ungekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein hoher Hut von Hermelin, auf dem Stulp mit den drei roten, golden bebutzten Rosen belegt, an der Spitze mit einem schwarzen Federbusch besteckt (Stammhelm Toerring), Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein naturfarbener Pfau (Seefeld). Im Siebmacher Toerring: Band: Gf Seite: 64 Tafel: 106 werden weitere Varianten beschrieben.

 

An der Decke der Durchfahrt durch den nordöstlichen Schloßflügel ist ein großes, aus Holz geschnitztes und bemaltes Wappen der Truchsesse von Waldburg zu finden, es ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Gold einwärts drei schwarze, rotgezungte, schreitende Löwen übereinander (Stammwappen von Waldburg), Feld 2: in Blau drei (2:1) aufrechte goldene Tannenzapfen (Anspielung auf den früheren Geschlechtsnamen von Tanne), Feld 3: in Blau über einem hier grünen Dreiberg eine goldene, gesichtete Strahlensonne (Grafschaft Sonnenberg), Herzschild: in Rot ein goldener Reichsapfel (Reichserbtruchsessenamt).

Dazu wird hier nur ein einziger Helm geführt, auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein naturfarbener Pfauenfederstoß, rechts hinter dem Helm schräggestellt an golden-schwarz umwundener Lanze ein im Bogen hinter den Pfauenfedern nach links gezogenes Fähnchen, das insgesamt exakt wie der Schild bezeichnet ist und links in einen schwarzen und einen goldenen Schwenkel ausläuft. Das Wappen wird insgesamt von einem ovalen grünen Laubkranz eingerahmt.

 

Im anderen Durchgang, den von der Vorburg in den Innenhof, befindet sich eine bronzene Ädikula mit dem Wappen für Otto von Waldburg (25.2.1514-2.4.1573), Fürstbischof von Augsburg und Kardinal. Das Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: rot-silbern gespalten (Hochstift Augsburg), Feld 2 und 3: in Gold drei schreitende, schwarze, hersehende, rotgezungte Löwen übereinander (Stammwappen von Waldburg), hinter dem Schild schräggekreuzt Vortragekreuz und Krummstab, über dem Wappen ein roter Galero mit zu je einem Achtknoten verschlungenen Knotenschnüren und 2x 10 (1:2:3:4) Fiocchi. Im dreieckigen Giebelfeld ist ein Pelikan mit seinen Jungen dargestellt, darunter die Devise "HIS QVI DILIGVNT". Das Inschriftenfeld unten ist leer.

Er bekam bereits mit ca. 8 Jahren die Tonsur. Er wurde 1525 Domherr in Augsburg und 1529 in Speyer, jeweils ca. 11 bzw. 15 Jahre alt. Nach Studien in Tübingen, Dole, Padua, Bologna und Pavia und der Promotion zum doctor theologiae in Bologna. In Rom wurde er päpstlicher Kammerherr. 1539 wurde er im Hochstift Speyer Domkantor, außerdem bekam er die Pfründe als Propst des Kollegiatstifts St. Trinitatis ac Omnium Sanctorum (Allerheiligenstift) in Speyer. 1540 wurde er in Trient Domdekan, 1541 kaiserlicher Rat von Karl V. Am Reichstag von Speyer 1542 nahm er als kaiserlicher Kommissar teil. Am 10.5.1543 wählte man ihn zum Fürstbischof von Augsburg, und am 19.12.1544 wurde er zum Kardinal ernannt, wobei die Titularkirchen mehrfach wechselten. Versuche, einen erzbischöflichen Stuhl zu erlangen, blieben erfolglos. Dafür wurde er 1553 noch zusätzlich Fürstpropst von Ellwangen. Zu seinen Leistungen zählt sein Mitwirken an der Gründung der Dillinger Universität, 1549 noch als Collegium St. Hieronymi, seit 1551 Universität und seit 1555 in den Händen der Jesuiten, und an der Gründung des Collegium Germanicum in Rom. 1552-1555 war er nach seiner Vertreibung aus Augsburg in Rom im Exil.

 

Pelikan und Devise wiederholen sich in einer zweiten Ädikula daneben mit dem Gekreuzigten vor dem doppelköpfigen Reichsadler. Die seitlichen Säulen tragen die Devise Kaiser Karls V. "PLVS VLTRE". Unten steht zu lesen: "WER GOTT FVRCHT / VND DEN KEYSER EERT / DEM IST GROSSE GNAD / VND GLVCK BESCHERT". Otto von Waldburg war zwar Kardinal, doch ist die Anzahl seiner Fiocchi geringer als heute üblich, nur 10 auf jeder Seite, die angemessene Farbe für Galero und Fiocchi wäre jedenfalls Rot. Im 1570 entstandenen Eintrag im Stammbuch des Feliciano Ninguarda führt er sogar nur 2x 6 Fiocchi, dafür aber ein umfangreicheres Wappen, das über das hier gezeigte inhaltlich hinausgeht: Der Schild ist geteilt, oben halbgespalten und geteilt, unten geviert, hat also 7 Felder. Im einzelnen: Feld 1: rot-silbern gespalten (Hochstift Augsburg), Feld 2: in Silber eine eigentlich goldene, im Beispiel aber rote und golden verzierte Prälatenmütze (Fürstpropstei Ellwangen), Feld 3: in Blau über einem schwarzen Dreiberg eine goldene, gesichtete Strahlensonne (Grafschaft Sonnenberg), Feld 4 und 7: in Blau drei (2:1) aufrechte goldene Tannenzapfen (Anspielung auf den früheren Geschlechtsnamen von Tanne), Feld 5 und 6: in Gold drei schwarze, rotgezungte, schreitende Löwen übereinander (Stammwappen von Waldburg). In besagtem Stammbuchblatt fanden auch das Motiv des Pelikans und die erwähnte Devise Eingang. Den gleichen Aufbau zeigt das Wappen auf seinem Portraitgemälde in Schloß Zeil. Ein weiteres Wappen für ihn wurde 1911 als Glasfenster im Treppenhaus des Dillinger Konviktgebäudes angebracht, das dortige Wappen ist geviert, Feld 1: Augsburg, Feld 2 und 3: Waldburg, Feld 4: Ellwangen. Genauso wird sein Wappen auf einem kolorierten Holzschnitt von Matthias Gerung, Maria mit dem Kind darstellend, in seinem eigenen Missale aus dem Jahr 1555 dargestellt (heute: Fürstliche Kunstsammlungen Waldburg-Wolfegg). Am Schloß Dillingen hingegen wird das dort vorhandene bauplastische Wappen wie hier wiedergegeben, geviert, Feld 1 und 4: Augsburg, Feld 2 und 3: Waldburg, Galero mit 2x 10 Fiocchi.

Abb.: Schloß Zeil, der Reichsapfel auf seinem Kissen in einem gesprengten Fenstergiebel

1631 hielten zwei weitere Elemente Einzug in die gräfliche Heraldik der in Zeil ansässigen Linie, beides Gnadenwappen. Johann Jakob I. Erbtruchseß Graf zu Zeil Herr zu Waldburg, Wurzach, Wolfegg und Waldsee (2.8.1602-18.4.1674), Stammvater der Linien Zeil und Wurzach, hatte anläßlich der Vermählung des damaligen Römischen Königs, späteren Kaisers Ferdinand II. mit Maria Infantin von Spanien die Aufgabe, das Begleitprogramm aus Ritterspielen, diversen Umzügen, einer Pferde-Quadrille etc. zur Bespaßung der Gesellschaft zu organisieren. Das hatte er so gut gemacht, daß Ferdinand II. ihn mit zwei Wappenvermehrungen beglückte. die beiden neuen Felder waren seinem eigenen Wappen entlehnt, wurden aber so weit variiert, daß man ihre Herkunft kaum noch wiedererkennt. Wenn man es nicht weiß, kommt man nie darauf, aber die Absicht ist überliefert: "zween Stück aus dem kaiserlichen Wappen".

Im Schloßhof ist eine interessante Sonnenuhr aufgemalt. In der rechten oberen Ecke zeigt ein Ehewappen die Vereinigung zweier verschiedener Linien der Truchsesse von Waldburg an. Dieses auf 1701 datierte Wappen steht für die Ehepartner Ernst Jacob Erbtruchseß von Waldburg Graf zu Zeil (28.10.1673-1734) und Anna Ludovika von Waldburg zu Wolfegg (13.9.1679-25.3.1736).

Das Auftreten der beiden Gnadenwappenfelder ist ein sicheres Indiz für ein Wappen der Linie Waldburg-Zeil optisch links (heraldisch rechts), denn das kommt bei anderen Linien nicht vor. Auch die Positionierung des Truchsessenamtes im Schildhaupt zieht sich wie ein roter Faden durch den Befund bei dieser Linie. Im einzelnen ist dieses Wappen für den Ehemann wie folgt aufgebaut: Unter einem roten, mit einem goldenen Reichsapfel belegten Schildhaupt (Reichserbtruchsessenamt) einmal gespalten und zweimal geteilt, Feld 1 und 4: in Gold einwärts drei schwarze, rotgezungte, schreitende Löwen übereinander (Stammwappen von Waldburg), Feld 2: in Blau drei (2:1) aufrechte goldene Tannenzapfen (Anspielung auf den früheren Geschlechtsnamen von Tanne), Feld 3: in Blau über einem meist schwarzen, hier grünen Dreiberg eine goldene, gesichtete Strahlensonne (Grafschaft Sonnenberg), Feld 5: in rot-silbern gespaltenem Feld ein Doppeladler in verwechselten Farben (Gnadenwappen, das war einmal der Königsadler bzw. Reichadler, schwarz auf Gold, nun in gänzlicher Verwandlung), Feld 6: in Rot zwei silberne Balken (Gnadenwappen, das war einmal der erzherzoglich-österreichische Bindenschild, auch dieser durch die weiteren Teilungen nicht mehr wirklich nachzuvollziehen).

Damit kombiniert ist ein Wappen der Linie Waldburg-Wolfegg optisch rechts (heraldisch links). Die linientypischen Unterschiede sind gut zu erkennen. Im einzelnen ist dieses Wappen für die Ehefrau wie folgt aufgebaut: Geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Gold einwärts drei schwarze, rotgezungte, schreitende Löwen übereinander (Stammwappen von Waldburg), Feld 2: in Blau drei (2:1) aufrechte goldene Tannenzapfen (Anspielung auf den früheren Geschlechtsnamen von Tanne), Feld 3: in Blau über einem meist schwarzen, hier grünen Dreiberg eine goldene, gesichtete Strahlensonne (Grafschaft Sonnenberg), Herzschild: in Rot ein goldener Reichsapfel (Reichserbtruchsessenamt). Der hier grüne Dreiberg und die Anordnung der Tannenzapfen 1:2 ist eine gewisse Variationsbreite, wie wir sie bei historischen Wappendarstellungen immer finden. Beide Wappenschilde werden ohne Oberwappen verwendet und sind von einer goldenen Krone überhöht.

Die Waldburger Linien haben übrigens öfters untereinander geheiratet, wie folgende Liste mit 13 Positionen zeigt:

  1. Johann Maria Franz Eusebius Erbtruchseß Graf von Waldburg zu Wolfegg (13.10.1661-1724) und Maria Anna von Waldburg zu Trauchburg (13.4.1663-14.7.1682)
  2. Franz Anton Erbtruchseß Graf von Waldburg zu Zeil und Trauchburg (28.5.1714-30.3.1790) und Maria Anna Sophia Theresia von Waldburg zu Trauchburg (30.11.1728-25.1.1782)
  3. Joseph Franz Leodegar Anton Eusebius Graf von Waldburg zu Wolfegg (1704-29.4.1774) und Maria Adelheid Franziska (Ferdinanda) Josepha von Waldburg zu Trauchburg (28.12.1728-25.2.1787)
  4. Wilhelm Heinrich Graf von Waldburg (26.1.1580-7.5.1652) und Anna Maria von Waldburg zu Wolfegg und Zeil (11.3.1597-14.10.1635)
  5. Wolfgang Friedrich Graf von Waldburg (-31.5.1726) und Louise Charlotte Catharina Gräfin von Waldburg (30.3.1683-27.12.1742)
  6. Ferdinand Maria Ludwig Wunibald Eusebius Graf von Waldburg zu Wolfegg (25.9.1736-24.1.1779) und Maria Carolina Antonia Johanna von Waldburg-Zeil (1738-22.2.1779)
  7. Ernst Jacob Erbtruchseß von Waldburg Graf zu Zeil (28.10.1673-1734) und Anna Ludovika von Waldburg zu Wolfegg (13.9.1679-25.3.1736)
  8. Carl Ruprecht von Waldburg-Zeil (18.8.1685-27.10.1733) und Maria Juliana Josepha Theresia von Waldburg (1656-1737)
  9. Wilhelm Franz Maria Christian Reichserbtruchseß Fürst von Waldburg zu Zeil und Trauchburg (26.11.1835-20.7.1906) und Maria Anna Josepha Walpurga Elisabeth Gräfin von Waldburg zu Wolfegg und Waldsee (20.4.1840-11.5.1885)
  10. Carl Joseph Franz Wilhelm Christian Georg Christinian Graf von Waldburg-Zeil-Syrgenstein (18.12.1841-30.1.1890) und Marie Eugenie Sophie Xaverine Gisella Gräfin von Waldburg-Zeil-Wurzach (4.6.1857-6.1.1924)
  11. Maximilian Wunibald Ferdinand Jacob Bernhard Fürst von Waldburg zu Zeil und Trauchburg (20.8.1750-16.5.1818) und Maria Anna Bernhardina Crescentia Walpurgis Aloysia Felicitas Eusebia Gräfin von Waldburg zu Wolfegg (11.1.1772-6.7.1835)
  12. Hans Ernst II. Graf von Waldburg zu Trauchburg (21.3.1695-6.6.1737) Maria Theresia Josepha Felicitas Eusebia von Waldburg zu Wolfegg (21.5.1702-18.8.1755)
  13. Georg III. Erbtruchseß von Waldburg zu Wolfegg und Zeil (25.1.1488-29.5.1531) und Apollonia von Waldburg-Sonnenberg

Davon können wir die Positionen 2, 3, 4, 6, 9, 10, 11, 12 und 13 ausschließen, weil sie nicht zur Jahreszahl 1701 passen können, die Position 5, weil der Ehemann zur preußischen Linie Capustigall gehört. Bei Position 1 handelt es sich beim Ehemann um die Wolfegger Linie ohne Bezug zu Schloß Zeil, und bei Nr. 8 handelt es sich um einen nachgeborenen Bruder der Nr. 7, und diese Nr. 7 war Erbtruchseß von Waldburg und Graf zu Zeil, weshalb die Wappenkombination ihm zugeordnet wird, denn wenn einer dieser Generation bestimmt, was in Schloß Zeil gemacht wird, dann der Erstgeborene und Titelträger.

Dieses Wappen ist beim nordöstlichen Torturm neben der Kirche zu finden, es stellt ein Ehewappen aus dem Jahre 1906 dar für Maria Friedrich Georg Maximilian Otto Pius Petrus Canisius Reichserbtruchseß Fürst von Waldburg zu Zeil und Trauchburg (29.5.1867-2.9.1918, Initiale "G") und seine Frau, Maria Theresia Josephina Johanna Leopoldine Altgräfin zu Salm-Reifferscheidt-Raitz (1869-27.8.1930, Initialen "MT"). Im angegebenen Jahr 1906 folgte er seinem Vater als Fürst nach. Der Ehemann verwendet die Waldburger Löwen unter einem Schildhaupt für das Truchsessenamt, dazu wird als Helmzier der Pfauenfederbusch geführt. In der Mitte zwischen beiden Vollwappen steht als Schildhalterin eine Jungfrau, die die Fahne mit dem Schildbild schräg hält. Die Ehefrau führt in Silber zwei pfahlweise gestellte, gekrümmte, voneinander abgewendete rote Salme (Grafschaft Niedersalm), auf dem Helm mit rot-silbernen Decken auf einem Turnierhut zwei gestürzte rote Salme.

Im Innenhof des Schlosses ist in einem schmiedeeisernen Oberlicht ein bronzenes, filigran gearbeitetes Ehewappen für Maria Erich August Georg Wunibald Anton Joseph Reinhard Reichserbtruchseß Fürst von Waldburg zu Zeil und Trauchburg (21.8.1899-24.5.1953) und seine Frau, Maria Monika Wilhelmina Anna Antonia Coletta Walpurga Prinzessin zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (25.2.1905-28.12.1992), angebracht. Das aus Courtoisie gewendete Wappen des Ehemannes zeigt die drei schreitenden und hersehenden Löwen unter dem Reichsapfel, wobei die beiden Wellenleisten nur der Stabilität dienen und heraldisch nicht signifikant sind. Das Wappen der Ehefrau ist halbgespalten und geteilt, Feld 1 (oben rechts): in Silber ein auf drei grünen Spitzen schreitender roter, golden gekrönter und doppelschwänziger Löwe (Grafschaft Löwenstein), Feld 2 (oben links): silbern-blau schräggerautet (Wittelsbacher), Feld 3 (unten): geteilt, oben in Gold ein aus der Teilung wachsender, schwarzer, rotbewehrter und golden gekrönter Adler, unten in Blau drei (2:1) silberne, golden bebutzte Rosen (für die Grafschaft Wertheim). Das ist das Wappen der Linie Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, wie es heute im Vergleich zu früher in einer erheblich reduzierten Form verwendet wird, die sich auf die Herkunft und die wichtigsten beiden Grafschaften beschränkt. Beide Wappen werden ohne Oberwappen dargestellt, aber mit einem oben zwischen den beiden nach außen geneigten ovalen Kartuschen schwebenden Fürstenhut.

Schloß Zeil, Gartengitter. Hier wird einfach das Stammwappen mit dem Fürstenhut kombiniert.

Georgische Linie Waldburg-Zeil und die Trennung in Waldburg-Zeil-Zeil und Waldburg-Zeil-Wurzach:
Die Linie Waldburg-Zeil spaltete sich in Zeil-Zeil und Zeil-Wurzach auf. Erstere Linie ging 1803 über in das heute noch blühende Fürstenhaus Waldburg-Zeil-Trauchburg, letztere Linie ging 1803 über in das Fürstenhaus Waldburg-Zeil-Wurzach, das 1903 erloschen ist.

Fürstenhaus Waldburg-Zeil-Trauchburg:
Aus der Linie Waldburg-Zeil-Zeil entstand 1803 das heute noch blühende Fürstenhaus Waldburg-Zeil-Trauchburg.

Innenhof von Schloß Zeil

 

Fenster des Südwestflügels

 

Fenster des Südwestflügels

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@47.8660689,9.9942331,17z - https://www.google.de/maps/@47.866181,9.9944597,379m/data=!3m1!1e3
Webseite zum Schloß:
https://schlosszeil.de/ - Rundgang: https://schlosszeil.de/rundgang-start/
Schloß Zeil auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Zeil
Haus Waldburg auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Haus_Waldburg
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Truchsesse von Waldburg auf LeoBW: https://www.leo-bw.de/en/themen/landesgeschichte/reichserbtruchsessen-von-waldburg
Über die Kirche auf der Webseite der Kirchengemeinde bzw. Seelsorgeeinheit St. Gallus - Allgäu: https://ststephanus-herlazhofen.drs.de/kirchengemeinden/schloss-zeil/kirche-st-maria.html
Brunnenanlage im Innenhof auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Brunnenanlage_Schloss_Zeil
Geschichte von Zeil auf LeoBW im Ortslexikon:
https://www.leo-bw.de/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/19930/Schloss+Zeil+%5BWohnplatz%5D
Webseite der Stadt Leutkirch zum Schloß Zeil:
https://www.leutkirch.de/de/Urlaub/Kulturerlebnis/Schloss-Zeil
Burg Zeil bei Leutkirch im Allgäu, auf Oberschwaben-Tipps:
https://www.oberschwaben-tipps.de/burg-zeil-bei-leutkirch-im-allgaeu/
Adelsgeschlecht von Toerring:
https://de.wikipedia.org/wiki/Toerring
Stammbuch des Feliciano Ninguarda (1570) mit dem Blatt des Bischofs Otto von Waldburg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_von_Waldburg#/media/Datei:Wappen_Otto_von_Waldburg_1570_(aus_dem_Stammbuch_des_Feliciano_Ninguarda).jpg
Otto von Waldburg, Bischof von Augsburg: https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_von_Waldburg
Wappen im Dillinger Akademiegebäude:
https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Otto_von_Waldburg?uselang=de#/media/File:Dillingen_Akademie_Fenster_960.JPG
Wappen am Schloß Dillingen:
https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Otto_von_Waldburg?uselang=de#/media/File:Dillingen,_Schloss-007.jpg
Missale des Otto von Waldburg:
https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Otto_von_Waldburg?uselang=de#/media/File:Matthias_Gerung_Holzschnitt_Maria_mit_dem_Kind_aus_dem_Missale_Ottos_von_Waldburg.jpg
Wolfgang Wüst: Otto Truchseß von Waldburg, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 667-669, https://www.deutsche-biographie.de/gnd118805967.html#ndbcontent - https://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016337/images/index.html?seite=681 etc.
Albrecht Stauffer: Otto (Bischof von Augsburg), in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 24, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 634-640,
https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Otto_(Bischof_von_Augsburg)
Herren von Seefeld: https://de.wikipedia.org/wiki/Seefeld_(Adelsgeschlecht)

Die Wappen der Truchsesse von Waldburg und der gräflichen und fürstlichen Linien

Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright bzw. Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2023
Impressum