Bernhard Peter
Wappenschwindel und Wappenfälschungen

Wappenfälschungen
Von Wappenfälschungen spricht man, wenn ahnungslosen Kunden von skrupellosen Geschäftemachern Erzeugnisse verkauft werden, die erstunken und erlogen sind, die falsche Tatsachen vorspiegeln, die dem Kunden Rechte vorgaukeln, die er nicht besitzt, also mithin den Straftatbestand des Betruges erfüllen, wenn dafür Geld verlangt wurde. Wappenfälschungen können viele Formen haben, die gängigsten Methoden sind:

Meistens sind die Fälschungen so dilettantisch gemacht, daß man sie auf Anhieb als solche erkennt. Auch haben einige Fälscherwerkstätten ihre eigene Handschrift, an der man ihre Produkte schnell identifizieren kann.

Bekannte historische Fälscherwerkstätten:

  • Max Asten 1828-1897
  • Gustav Winkler 1803-1874
  • Eugen Schwartz1817-ca. 1888
  • Hugo Bieler ab 1827
  • Wilhelm Karl Fleischmann 1849-1913
  • Carl Wilhelm Muth 1817-1876
  • Gebhardt Gartenschmidt 1773-1843
  • Berthold Großkopf 1874-1915
  • Thaddäus Mikoda ca. ab 1835
  • Paul Gründel 1857-1931
  • Thaddeus Spängler 1862-1926
  • Raimund Günther 1880-1935
  • Adolph Hebensperger 1864-1897
  • Hermann Hermann 1874-1952
  • Joseph Stein 1784-1843
  • Georg Stark 1831-1894
  • Leonhard Stark 1868-1951
  • Emil Poenicke 1846-1924
  • Levi Herschbach 1805-1893
  • Carl Friedrich Kettnich 1800-1854
  • Nicolaus Pohl 1803-1872
  • Franz Eduard Knapp 1871-1947
  • Max Wappenstein 1837-1890
  • Carl Krahl 1819-1891
  • Franz Kuboth 1870-1923
  • Franz Kunze1788-1853
  • Christian Kurz 1836-1886
  • Eugen Kurz 1864-1928
  • Hans Limbacher 1863-1923
  • u.v.a.m.

Beispiel für eine historische Fleischmann-Fälschung
Das hier abgebildete Wappen ist eine historische Fälschung von Wilhelm Karl Fleischmann. Es wurde mir freundlicherweise von Herrn Michael S. zur Abbildung zur Verfügung gestellt; Namen in der Graphik wurden von mir getilgt. Es zeigt typische Elemente einer Fleischmann-Fälschung: Die kastenförmige plumpe Kartusche mit den charakteristischen ausladenden Ecken (die unteren gerollt) und zwei "Handgriffen" rechts und links (die es in anderen Fälschungen auch mit drei Schlaufen gibt) für die Inschrift unter dem Wappen mit besonders deutlich betonten Großbuchstaben, die verzierte bogige Überschrift "Wappen der Familie" über dem Namen mit Zierinitiale, die beiderseits eingebogene Schildform mit der teilweise auf beiden Seiten und teilweise nur auf einer Seite sichtbaren Schildstärke. Unproportioniert ausladend wuchernde Helmdecken mit unklarer Linienführung in schablonenhaft gleicher Form, die eher an junge Farnwedel erinnern als an ein flatterndes geschlitztes Tuch, sind ebenfalls typisch für Fleischmann-Fälschungen. Stereotype Straußenfedern der hier verwendeten Helmzier weisen sowieso in die Verfallszeit der Heraldik. Das ist insgesamt einfach nur schlechte Qualität.

Zur Fälschung wird dieses Machwerk aber durch die erlogene Quellenangabe ("Siebmacher W. B...."), denn im ganzen Siebmacher gibt es kein Wappen des betreffenden Namens S., das erdichtete Alter ("anno 1598" in der Schriftkartusche) sowie durch die frei erfundene Zuordnung dieses Machwerks zur Familie S. und großzügig verwendete Gefälligkeits-Angaben ("Patriziergeschlecht des 15. Jh."). Auch in anderen seriösen Wappensammlungen gibt es keinen Eintrag zu dem betreffenden Familiennamen.

(Abb. mit freundlicher Genehmigung von Herrn Michael S., wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei)

Wilhelm Karl Fleischmann stammt aus Neuburg an der Donau (geb. am 05.10.1849, gest. am 23.10.1913 in München). W. K. Fleischmann kam als Schüler 1874 nach München, lernte bei einem Photographen und wurde später als "Colporteur", Buchhandelsgehilfe genannt, Zuletzt wurde er im Melderegister als Wappenmaler bezeichnet. Fleischmann wechselte nach dem Melderegister während der 38 Jahre seines Aufenthalts in München 30mal seine Wohnung (warum wohl?). Besondere Anfertigungen trugen bei Fleischmann manchmal einen Stempel "Heraldisches Institut".

Beispiel für eine historische Max-Asten-Fälschung
Das nachfolgend abgebildete Wappen ist eine historische Fälschung des Gauners Max Asten, sog. Typ A, die älteste Fälschungsserie. Max Asten ist einer der Fälscher, der seine Machwerke auch noch signiert ("Max v. Ast auf Malech"). Max Asten nannte sich auf diesen Schwindelprodukten - zu Unrecht - "Max von Asten" oder "Max von Ast". Formulierungen wie "Die Lippert aus Franken stammend, sind eines guten Geschlechts" sollten schon hellhörig werden lassen, denn solche Sprüche sind typisch für Fälschungen, schmeicheln dem Betrogenen und sind inhaltsleer. Tiefergehende genealogische Angaben als "sind eines guten Geschlechtes" finden sich selten bei Max Asten, wie auch, es fand natürlich keine genealogische Arbeit statt. Hier auch typisch der Satz "Dieses Wappen erhielten Sie unter Kaiser Albrecht dem IIten Anno 1438". So ein Satz ist stereotyp in älteren Fälschungen von Max Asten zu finden. Albrecht II war 1404 unter Vormund und ab 1411 Herzog von Österreich, 1437 König von Böhmen, 1438 König von Ungarn, röm.-dt. König 1438–1439 - also unzutreffend, denn Albrecht II von Habsburg wurde nie gekrönt und war kein Kaiser. Jahreszahlen außerhalb der Regierungszeit der Betreffenden waren übrigens für Max Asten normal. Beliebt waren bei Max Asten auch Wenzel und Maximilian I. Die Vermischung von Blasonierung und Symboldeutung ("führen im schwarzen Felde eine Wappenrose, die das Blühen der Familie bedeutet. Einen gekrönten Helm, worauf abermals eine Rose und zwei roth silberne Füllhörner, die den Aufschwung des Stammes darstellen"), wovon die Blasonierung weder vollständig noch korrekt ist und die Symboldeutung allerwelts-schwammig ist, zeigt ebenfalls, daß hier jemand am Werk war, der von Heraldik zwar weniger, von erfolgreichem Betrug aber umso mehr verstand. Die Rose schwebt frei und zusammenhangslos in der Luft. Insbesondere die Ansprache eines Adlerfluges als "Füllhörner" ist an Dummdreistheit nicht zu überbieten. Ansonsten ist die Darstellung weder schön noch originell, künstlerisch einfach nur grausam. Die Angabe "Stammwappen der Familie" hat Max Asten übrigens sogar über Darstellungen von Allianzwappen verwendet, so dummdreist ist er vorgegangen.

(Abb. mit freundlicher Genehmigung von Herrn Martin Jauch, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei)

Zweites Beispiel für eine historische Max-Asten-Fälschung
Das nächste Schwindelwappen ist ebenfalls ein Machwerk von Max Asten. Hier ist es ein Werk aus späteren Phasen, wo er Schmuckschablonen mit verziertem Rand verwendete. Unten eingedruckt findet sich die Schrift: "Allein ächt zu haben bei Max v. Asten, Wappenmaler in Neustadt a. fr. Saale, Besitzer einer Wappensammlung v. 30000 Stück." Der Titel "Stammwappen der Familie" ist eingedruckt, der Name handschriftlich ergänzt, der erklärende, individualisierende Text frei geschrieben. Auch hier findet sich der genealogisch unglaublich tiefschürfende Hinweis "Die Näpflein aus dem früheren Markgrafthum Ansbach stammend sind eines guten und ehrbaren Geschlechts". So etwas klingt gut und schmeichelt dem Kunden, ist aber mangels Meßbarkeit von "gut" und "ehrbar" in seiner Wertlosigkeit als Aussage typisch für die leeren Phrasen solcher Schwindelprodukte. Die Verleihung dieses Wappens wird dem Kaiser Sigismund im Jahre 1431 angedichtet, was diesmal ebenfalls nicht rechnerisch geht, denn er wurde erst 1433 zum Kaiser gekrönt. Solche keiner näheren Nachprüfung standhaltenden Aussagen sind typisches "Markenzeichen" dieser Fälschungen.

(Abb. mit freundlicher Genehmigung von Herrn E. Näpflein, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei)

Wenden wir uns nun dem Machwerk selber zu: Ein schwarz-rot geteilter Schild tritt die Farbregel mit Füßen. Die beiden "roth und silberne Wappenrosen" (sic) auf rotem Grund hätte sich auch kein Gestalter einfallen lassen, der etwas von der Materie versteht. Und wenn unten das Feld in Farbe ist, so sollte man oben eine farbige Figur auf Metall legen und nicht umgekehrt. Der Löwe trägt einen Speer, dessen Farbe ganz anders ist als seine eigene - zwei verschiedene Goldtöne widersprechen guter heraldischer Praxis. Die Decken sind in Blau-Irgendwas gehalten, zwei Farben, die in keinerlei Bezug zu den Schildfarben stehen. Auch dies wäre einem echten Heraldiker nicht passiert. Woher unter der Helmzier der rote Stoff kommt, ist auch nicht so richtig klar. Die Proportionen stimmen nicht, der Helm ist zu klein und zu eng, das Visier gleicht einer Panzertaucherfrontscheibe. Die Helmdecken weisen technische Fehler auf. Bei der Innenfarbe der Helmdecken weiß man nicht, ob es Grün oder Gold sein soll, Gold kann es eigentlich nicht sein, denn golden sind die aus den Büffelhörnern lodernden Flammen, und grün wäre ein weiterer Regelverstoß. Diese eklatante Anhäufung von Dilettantismus erschreckt vor dem Hintergrund, wie erfolgreich der umherziehende Betrüger Max Asten ganze Landstriche Frankens mit Schwindelprodukten "versorgte".

(Abb. mit freundlicher Genehmigung von Herrn E. Näpflein, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei)

Beispiel für eine typische neue Fälschungsserie
Das unten abgebildete "Wappen" ist ein typisches Beispiel für eine Serienproduktion einer Firma, die das "Wappen" zusammen mit einem "Familienbuch" verkauft hat ("Halbert's Familienbuch"). Das abgebildete Beispiel ist mit freundlicher Genehmigung von Herrn Hild der Seite http://www.de.bernard-m-hild.eu/html/wappenschwindel.html entnommen. Ein schneller Scan durch's Internet zeigt, daß viele ahnungslose Opfer der Machenschaften dieser Firma leider das angebliche "Familienwappen" immer noch stolz auf ihren Webseiten präsentieren.

Typische Merkmale dieser Serie ist die immer gleiche opulente Helmdecke ohne Angaben zur Tingierung zur stereotypen Schildform sowie das immer gleiche Namensfeld, ferner ist die Bonsai-Helmzier entweder zu mickrig oder fehlt in anderen mir vorliegenden Beispielen ganz, der Helm (zudem falsch) ist ebenfalls immer der selbe. Das Machwerk ist stereotyp aus Standard-Bausteinen zusammengesetzt, wie man besonders deutlich an dem immer mißratenen Übergang zwischen Helm und Helmzier sehen kann, mal ganz zu schweigen von den übrigen schweren heraldischen Fehlern. Der Inhalt des Wappens ist frei erfunden, die Quellenangaben ebenso. Gerne wird der seriöse Rietstap als angebliche Quelle genannt, nur findet sich dort i.d.R. kein betreffender Eintrag.

(Abb. mit freundlicher Genehmigung von Herrn Bernard Hild, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei)

Nicht nur frappiert die Unverfrorenheit, mit der diese Bildchen verkauft wurden, sondern die heraldische und graphische Unzulänglichkeit beleidigt dazu noch das Auge. Nach dem Lesen der übrigen Kapitel dieser Webseite möchte man dem geschätzten Leser am liebsten die Aufgabe stellen: Wieviele Fehler finden Sie auf diesem Bild? Wer über zehn kommt, darf sich fortgeschrittener Kenntnisse erfreuen!

Und immer wieder....
Die Gutgläubigkeit und Dummheit der Menschen, verbunden mit der Sehnsucht nach Aufwertung, bietet unseriösen Anbietern ein reiches Betätigungsfeld. Auf Mittelaltermärkten und Jahrmärkten sind manchmal Stände zu finden, an denen Ausdrucke zur Familien- oder Namensforschung angeboten werden. Vor einigen dieser Anbieter kann nur nachdrücklich gewarnt werden. Viele der "Dokumente", vor allem aus früheren Jahren, erfüllen die oben genannten Kriterien einer Fälschung. Durch die Aufmachung und die Zusammenstellung von Namen, Fakten, willkürlich gewählten bereits existierenden Wappen, die nichts miteinander zu tun haben, entsteht beim unkundigen und gutgläubigen Betrachter der Eindruck einer Berechtigung, die aber tatsächlich nie existiert hat und nicht gegeben ist. Neuere Varianten sind juristisch weniger angreifbar, inhaltlich jedoch vollkommen wert- und nutzlos. Kunden bekommen für viel Geld ein paar Ornamente, ein Sammelsurium von einigen Quellenangaben, alberne Geschichten und zusammengestellte Allgemeinplätze.

Text-Beispiele für die unglaublichen Hohlheiten, für deren Erwerb sich Leute das Geld aus der Tasche ziehen lassen:

Die spärlichen enthaltenen Informationen kann jeder kostenlos in einem einschlägigen Namenslexikon nachschlagen. Den Menschen wird das Geld aus der Tasche gezogen für einen wertlosen Fetzen Papier, und die betreffenden Anbieter lassen die ahnungslosen Kunden einen Gegenwert vermuten, der nicht existiert. Das ist in meinen Augen so zu bewerten wie der Verkauf von Einhorn-Hornpulver gegen Erektionsstörungen. Durch dieses Treiben wird eine ernsthafte Wissenschaft in den Schmutz gezogen, abgesehen von der moralischen Bewertung dieses skrupellosen Vorgehens und der Irreführung der Käufer.

Wappenhandel bei ebay....
Auch bei ebay werden bisweilen von skrupellosen Geschäftemachern entsprechende Machwerke angeboten, typischerweise wird mit den Worten "Die Herkunft Ihres Namen, Ihr Familienwappen, Historisch wichtige Vorfahren..." etc. bei ebay eine "Unikaten Urkunde" mit einem darauf abgebildeten, aus einer Online-Wappenrolle "entnommenen" (also geklauten) Wappen angeboten. Eine weitere Methode vieler bei ebay angebotenen Machwerke ist die 1:1 Übernahme aus der "Wappensammlung" einer "heraldischen" Clipart-Sammlung auf CD, deren Inhalte aber auch überhaupt nichts mit seriöser Heraldik gemein haben und deren zeichnerischer Stil einschlägig bekannt ist. Zudem ist es sehr interessant, die einschlägigen Anbieternamen bei ebay einmal zu ergooglen, insbesondere vor dem Hintergrund des Titelhandels. Häufig finden sich die einschlägig bekannten Namen wieder als unseriöse Titelverkäufer, wo klingende Adelstitel als Künstlername oder Universitätsgrade von Phantasiekirchen verhökert werden. Äußerste Vorsicht vor solchen Machenschaften! Ähnliche Machwerke klauen willkürlich Wappenabbildungen aus den Siebmacherschen Wappenbüchern und kopieren sie in die vertriebenen "Dokumente". Es kann nicht genug vor solchem und ähnlichem Schwindel gewarnt werden!

Straßenstände....

Abb.: typischer Straßenstand in Italien, an dem man seine Familiengeschichte innerhalb von wenigen Minuten "erforschen" lassen ("la storia del tuo cognome - die Geschichte Deines Familiennamens") und fertige "Familienwappen" käuflich erwerben kann (Abb. mit freundlicher Genehmigung von D. Smasal, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei).

Literatur:
Der Wappenschwindel - seine Werkstätten und ihre Inhaber, ein Blick in die heraldische Subkultur, bearbeitet von Jürgen Arndt, Verlag Degener 1997, ISBN 3-7686-7013-9
Ein herzliches Dankeschön an alle Besitzer von Schwindelprodukten, die mir netterweise erlaubt haben, die Abbildungen zu verwenden.

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© Copyright / Urheberrecht am Text: Bernhard Peter 2006, 2008
© Abbildung 1: Michael S. 2007, © Abbildung 2:
Martin Jauch 2008, © Abbildung 3 und 4: E. Näpflein 2008, © Abbildung 5: Bernard M. Hild 2006, © Abbildung 6: D. Smasal 2007