Bernhard Peter und Dominik Smasal
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1018
Heidelberg

Kurpfälzisches Museum, Palais Morass

Heute ist hier in diesem Gebäude das Kurpfälzische Museum untergebracht (Eingang im Hof links). Es ist eines der schönsten und besterhaltenen Palais aus der Barockzeit. Seinen Namen Palais Morass trägt es nach Johann Philipp von Morass, Jurist und Jura-Professor sowie kurfürstlicher Regierungs- und Revisionsrat, 1700 / 01 auch Rektor der Heidelberger Universität. Für ihn wurde das Haus in der Heidelberger Hauptraße 97 in den Jahren 1712 - 1715 an der Stelle eines Armenspitals namens "Elende Herberge" vom Universitätsarchitekten Johann Adam Breuning errichtet.

Vom Jahr 1733 an gehörte das Palais Morass dem General Philipp Ludwig von Bettendorf, und über dem Balkon der Beletage ist auch das Wappen der Familie von Bettendorf zu sehen. Darunter, hier im Schatten, befindet sich das hervortretende, von Säulen flankierte Rundbogenportal.

Die von Bettendorf (auch Bettendorff oder Pettendorf) stammen ursprünglich aus der Oberpfalz. Von da breiteten sie sich in Schwaben, Franken, im Rheinland und sogar bis ins Elsaß aus. Ihren Namen hat die Familie von der Burg Pettendorf bei Neunburg vorm Wald. 1071 erfolgt die erste Erwähnung der Familie, als ein Friedrich von Bettendorf bei einer Schenkung Kaiser Heinrich IV. als Zeuge auftrat. Mit Friedrich Pettendorf beginnt 1299 die Stammreihe. Im 15. Jh. starb die Linie in der Oberpfalz aus.

Die Familie kam am Anfang des 15. Jh. mit dem "kurpfälzischen Burggrafen zu Stahleck und Amtmann zu Bacharach" an den Rhein, Altmann von Bettendorf war mit Pfalzgraf Ruprecht nach Heidelberg gekommen und von ihm mit diesem Amt betraut worden. Er soll 1413 an einem Konzil in Kostnitz teilgenommen haben. Sie besaßen Güter im Rheinland, in Baden und in Württemberg. Sie wurden 1695 in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Der elsässischen Linie bestätigte am 6.8.1773 Frankreich den Freiherrentitel. Es gibt verschiedene Linien, wovon die evangelische Linie (Lothringen, Saarland, Weidesheim, Rheinpfalz) im 19. Jh. ausstarb; der letzte Freiherr von Bettendorf des Weidesheimer Zweiges wurde 1831 von seinen Neffen Karl Graf von Sparre-Kroneberg beerbt, der dann seinen eigenen Namen um den von Bettendorf ergänzte. Der katholische Zweig war in der Gegend von Miltenberg ansässig, die Familienmitglieder nahmen Dienste bei den Grafen von Hanau, in den Kurfürstentümern Mainz und Pfalz, sowie im Herzogtum Württemberg. Die ehemals reichsunmittelbaren Freiherren von Bettendorf standen über drei Jahrhunderte in verwaltenden und diplomatischen Diensten des kurpfälzischen Hofes. Der Zweig zu Gauangelloch südlich von Heidelberg erlosch 1763 und wurde von der aus der Miltenberger Linie hervorgegangenen Gissigheimer Linie beerbt. 1773 starb der kurzlebige Mainzer Zweig aus. Die von Bettendorf stellten Domkapitulare in Mainz, Bamberg, Worms, Würzburg und sogar Augsburg. Heute ist die Familie im Mannesstamm erloschen. Die letzte Linie erlosch mit Ludwig Wilhelm Sigmund Franz Christian Freiherr von Bettendorf (10.3.1862 - 25.10.1942) in Nußloch.

Abb.: Bettendorf-Wappen an der Hauptfassade

Zu den Familienbesitzungen zählten Gissigheim (Odenwald, Barockschloß), Niederhofheim (Mittelrhein), Gauangelloch (Baden, Schloß-Reste), Burg-Gronau (Pfalz), Laibach (Württemberg), Schatthausen (Wasserschloß), das Bettendorfsche Haus in Eberbach, Nußloch (Baden), Obereubigheim (Odenwald), Falkenstein (Mittelrhein) und Weidesheim.

Bedeutende Vertreter der Familie sind Johann Friedrich von Bettendorf, Fürstbischof zu Worms 1552-1580, und Adolph Johann Carl von Bettendorf, Geheimrat in Kurmainz, Oberamtmann zu Königstein, Burggraf zu Friedberg, Ritterhauptmann am Mittelrhein, gest. 15.12.1705 (erst in der Kapuziner-Kirche des Königsteiner Kapuziner Klosters beigesetzt, später in die Kapelle in Reifenberg überführt), Johann Philipp Freiherr von Bettendorf, gest. 1711 in Grünberg (Schlesien), kurpfälzischer Generalfeldmarschall-Leutnant, sowie der Besitzer dieses Anwesens, der Generalmajor Philipp Ludwig von Bettendorf, gest. am 23.10. 1733 in St. Sebastiana bei Neapel.

Das Stammwappen der Freiherren von Bettendorf ist in Rot ein silberner Ring. Die zugehörige Helmzier ist auf rot-silbernem Wulst ein silberner Ring, oben besteckt mit einem schwarzen Hahnenfederbusch (auch als Reiherfedern angesprochen, auch in der Anzahl 7 einzeln um den Ring gesteckt vorkommend). Die Helmdecke ist rot und silbern.
Neben dem Stammwappen gibt es noch eine vermehrte Variante, denn 1694 wurde das Wappen um das der Brömser von Rüdesheim vermehrt. Anlaß war die Erhebung in den Freiherrenstand. Die reichsritterschaftlichen Brömser von Rüdesheim waren am 25.11.1688 ausgestorben.

Geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein silberner Ring (Stammwappen). Feld 2 und 3: unter einem silbernen Schildhaupt in Schwarz 6 (3:2:1) Lilien. Helm 1: auf rot-silbernem Wulst ein silberner Ring, oben besteckt mit einem schwarzen Hahnenfederbusch (Stammhelm). Die Helmdecke ist rot und silbern. Helm 2: ein schwarzer Hut, in dessen silbernem Aufschlag zwei schwarz-silbern übereck geteilte Federstöße stecken. Helmdecken schwarz-silbern.

Das Stammwappen der Brömser von Rüdesheim zeigt unter einem silbernen Schildhaupt in Schwarz 6 (3:2:1) Lilien. Helmzier ein schwarzer Hut, in dessen silbernem Aufschlag zwei schwarz-silbern übereck geteilte Federstöße stecken (Varianten vorkommend). Helmdecken schwarz-silbern.

Abb.: Bettendorf-Wappen in der Tordurchfahrt. Von der Hofdurchfahrt aus gibt eine barocke Treppenanlage Zugang zu den oberen Etagen.

Der Festsaal im ersten Obergeschoß wurde 1778 im Louis-Seize-Stil umgestaltet. Späterer Besitzer des Palais ist bis 1892 die Familie von Zyllenhardt. Danach gehörte es dem Chirurgen Prof. Maximilian Joseph von Chelius. Von dessen Nachkommen kaufte die Stadt 1906 das Palais, um ihre Sammlungen darin unterzubringen. Basis der Kollektionen ist die Sammlung des ab 1810 in Heidelberg lebenden französischen Grafen Charles de Graimberg (1774 - 1864), einem leidenschaftlichen Sammler von Altertümern und Kämpfer für den Erhalt der Schloßruine. Sein Sohn verkaufte die Sammlungen, die Möbel, Skulpturen, archäologische Funde, Herrscherportraits, Porzellan, stadtgeschichtliche Exponate, Graphiken, Medaillen und Kunsthandwerk umfaßt, im Jahre 1879 an die Stadt Heidelberg.

Literatur, Links und Quellen:
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Baden
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag - Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Wilhelm Freiherr v. Bettendorff, Die ehemals reichsunmittelbaren Freiherren von Bettendorf, Nußloch 1940
http://sun.sino.uni-heidelberg.de/students/tjuelch/Bauwerke%20Altstadt/Morass.htm
ein herzliches Dankeschön an Frau Ellengard Jung für wertvolle Hinweise

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