Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 151
Münnerstadt: Deutscher Orden, Henneberger und Würzburger Fürstbischöfe

Deutschordensschloß in Münnerstadt

Der Deutsche Orden kam schon im 13. Jh. nach Münnerstadt, um 1231 übernahm er die Pfarrei. Nach 1250 wurde die Kommende, der erste Bau an der Stelle des heutigen Deutschordenschlosses, errichtet und im Laufe der Jahrhunderte immer wieder umgebaut. Seine heutige Gestalt erhielt das Deutschordensschloß im wesentlichen im 17. und 18. Jh. Der Innenhof trägt das Gesicht der späten Renaissance mit seinem Treppenturm und dessen reich strukturiertem Portal von 1611 sowie mit dem seltenen Kastenerker von 1621. Münnerstadt war Sitz einer Kommende, die der Ballei Franken unterstand.

In Deutschland gab es folgende Balleien: Thüringen (Sitz in Zwätzen), Hessen (1255 aus der Ballei Thüringen ausgegliedert, Sitz in Marburg), Sachsen (1287 aus der Ballei Thüringen ausgegliedert, Sitz in Lucklum bei Braunschweig), Brandenburg, Westfalen (Sitz in Mülheim), Franken (seit 1216, Sitz der Landkomturei in Ellingen bis 1786), Kammerballei Koblenz (daher der Name "Deutsches Eck", denn genau dort befand sich das Deutschherrenhaus), Elsaß-Schwaben-Burgund (vor 1231, Sitz in Rufach), Lothringen (Sitz in Trier) etc. Daneben gab es auch im Ausland Balleien, z. B. die wichtige Ballei Alden-Biesen in Belgien, wo heute noch ein wunderschönes und riesiges Deutschordens-Wasserschloß aus Backstein zu bewundern ist, oder die unbedeutende Ballei Apulien mit Sitz in San Leonardo, weitere Balleien sind Armenien, Lamparten, An der Etsch und im Gebirge, Österreich, Romanien, Sizilien, Utrecht etc.

Der Ballei Franken unterstanden folgende Kommenden: Landkommende Ellingen (Sitz der Ballei-Verwaltung und des Landkomturs), Kommenden Blumenthal, Donauwörth, Eschenbach, Gangkofern, Heilbronn, Hornegg, Kapfenburg, Mainz, Messingen, Mühlhausen, Münnerstadt, Nürnberg, Oettingen, Regensburg, Rothenburg, Sachsenhausen, Schweinfurt, Speyer, Stadtprozelten, Ulm, Weißenburg, Winnenden, Würzburg, Virnsberg.

Mit Napoleons Aufräumaktion in Mitteleuropa war's aus mit der Deutschordens-Herrlichkeit in Münnerstadt: 1803 kam Münnerstadt zu Bayern, 1804 mußte der Deutsche Orden Münnerstadt verlasssen, sein Besitz fiel an den Staat, Franken und Münnerstadt fielen als Ergebnis des Wiener Kongresses endgültig an das neue Königreich Bayern.

Mit der Umwandlung des Deutschen Ordens vom Ritterorden in einen klerikalen Orden haben sich in neuerer Zeit die Begrifflichkeiten verschoben: Eine Ballei ist jetzt ein Priorat, der Landkomtur ein Prior, eine Kommende ein Konvent, ein Komtur nun ein Superior.

Deutschordensschloß in Münnerstadt, Wappen über dem Haupttor

Das Wappen über dem Tor ist geviert, Feld 1 und 4 zeigen das Deutschordenskreuz, Feld 2 und 3 das Familienwappen des Komturs, der im späten 17. oder frühen 18. Jh. die Außenfront zeitgemäß umbaute und dieses Tor einbauen ließ. Alles ist noch einmal von einem zweiten, größeren Schild mit dem Deutschordenskreuz unterlegt. Zwei nackte Knaben dienen spielerisch als Schildhalter. Lange ist's her, daß die Ritter des Deutschen Ordens die "harte Speerspitze" der Kreuzfahrer waren - übergewichtige und dekadente Putten laden nun in die Kommende ein. Der Giebel wurde im 2. Weltkrieg zerstört, das Wappen wurde bei der ersten Wiederherstellung fortgelassen und erst nachträglich wieder hinzurestauriert.

Und beim Vergleich mit historischen Photos wird auch deutlich, welche peinliche Restaurierungspanne hier passiert ist: Das war einmal das Wappen von Landkomtur Adam Maximilian Freiherr von Ow auf Hierlingen und Sternegg, der 1691-1702 amtierte. Bei der Wiederherstellung hat man sich anscheinend noch nicht einmal die Mühe gemacht, historische Photos genauer anzuschauen, sondern ohne jeden Abgleich mit Dokumenten einfach irgendwas gemacht, was ganz grob so ähnlich aussah: So wurden aus Löwen geriffelte Muscheln, ein krasser Fehlgriff. Das ist denkmalpflegerischer Unfug, denn es hätte ein einziger Blick in alte Photos gezeigt, wie es hätte sein müssen - es hätte keinen Pfennig mehr gekostet, vor der Auftragsvergabe ein bißchen zu recherchieren und nachzudenken. So hat das Wahrzeichen von Münnerstadt, das ortsgeschichteprägende Bauwerk, auf seiner Schauseite eben leider zwei Muscheln statt zwei Löwen, und die Historiker und Heraldiker schwanken zwischen gequältem Stöhnen und ungläubigem Lachen angesichts dieser provinziellen Fehlrestaurierung.

So müßte das richtig aussehen: Hauptschild geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz (Deutscher Orden), Feld 2 und 3: von Gold und Blau geteilt, oben ein schreitender roter Löwe (von Ow), alles unterlegt von einem silbernen Rückschild mit dem Deutschordenskreuz, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein rotes, golden bequastetes Kissen, darauf die obere Hälfte eines silbernen Rades mit fünf Speichen, oben besteckt mit je fünf schwarzen Hahnenfedern über jeder Speiche (von Ow). Man kann es sich in Würzburg anschauen, wie es richtig aussieht, dort ist ein Wappen des gleichen Landkomturs an der Deutschordensniederlassung zu sehen (Löwen allerdings linksschreitend), linksmainisch in der Zeller Straße, im Mainviertel unterhalb der Festung Marienberg. Dringende Empfehlung an die Verantwortlichen in Münnerstadt, das richtigzustellen!

aus der Liste der Landkomture der Ballei Franken:
Melchior von Neuneck - 1487
Wolfgang von Eisenhofen - 1494-1516
Wilhelm von Neuhausen - gest. 1537
Eberhard von Ehingen - 1543-1549
Wilhelm von Lochinger - 1555-1558
Heinrich von Bobenhausen - 1558-1565
Georg Hundt von Wenkheim - 1566
Volprecht von Schwalbach - 1569-1602
Johann Konrad Schutzbar gen. Milchling - 1606-1612
Johann Eustachius von Westernach auf Kronburg - 1618-1624
Karl Freiherr von Wolkenstein, Herr zu Trostburg, gest. 1626
Gebhardt von Nenningen - 1627-1633
Georg Wilhelm von Elkertshausen, gen. Klüppel - 1638-1654
Johann Konrad von Lichtenstein - 1655-1656
Johann Adlf Lösch Freiherr von und zu Hilgertshausen auf Wolfersdorf - 1658-1663
Philipp Freiherr von Gravenegg - 1664-1468
Johann Ludwig von Roggenbach - 1669-1682
Johann Wilhelm von Zocha auf Wald - 1682-1690
Adam Maximilian Freiherr von Ow auf Hierlingen und Sternegg - 1691-1702
Philipp Benedikt Forstmeister von Gelnhausen - 1702-1716
Karl Heinrich Freiherr von Hornstein - 1718-1743, gest. 1745
Franz Sigismund Friedrich Graf von Satzenhofen - 1744-1748
Friedrich Carl Freiherr von Eyb - 1749-1764
Franz Sigismund Adalbert Freiherr von Lehrbach - 1765-1787

Literatur:
Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens, hrsg. von Prof. Dr. Udo Arnold, Band 45: Ekhard Schöffler, Die Deutschordenskommende Münnerstadt: Untersuchungen zur Besitz-, Wirtschafts- und Personalgeschichte, Elwert Verlag Marburg, 1991, ISBN 3-7708-0969-6
Hans-Georg Böhm: Hochmeisterwappen des Deutschen Ordens 1198-1618, Frankonia Buch 1990, Fränkische Nachrichten Druck- und Verlags-GmbH, Tauberbischofsheim, ISBN 3-924780-15-3
Die Hochmeister der Residenz Mergentheim, Heft 15 der Schriftenreihe der Vereinigung zur Förderung der wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte des Deutschen Ordens e.V. und der Historischen Deutschordens-Compagnie Bad Mergentheim e.V., 1997
http://www.heraldique-europeenne.org/Armoriaux/Teutonique/index.html
http://www.people.freenet.de/heckmann.werder/Wappen.htm
Schlösser und Burgen in Unterfranken, von Anton Rahrbach, Jörg Schöffl, Otto Schramm. Hofmann Verlag Nürnberg 2002, ISBN 3-87191-309-X

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