Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 227
Ellingen - Stadt des fränkischen Barocks und des Deutschen Ordens

Ellingen (Teil 9)
Schloßkirche des Deutschordens-Schlosses in Ellingen

Die Schloßkirche zu Ellingen bildet quasi den "vierten Flügel" des Kernbaues der Residenz. Ost-, Süd- und Westflügel enthalten die Wohn- und Repräsentationsräume und bilden ein nach Norden offenes breites "U". Hier wird als Querriegel die Schloßkirche eingeschoben, beiderseits Durchgänge ergebend. Diese besondere Lage erklärt auch die - für sich betrachtet - extravagante Position des Kirchturmes: Er steht nördlich der Kirche gegenüber dem Eingang zur Kirche, genau in der Mittelachse des Schlosses. Die beiden nicht ganz gleich breiten Teile rechts und links der Hauptfassade tragen ein in zwei separate Raumkörper gegliedertes Mansarddach, dazwischen ist nur ein flaches Dachstück hinter dem Giebel versteckt, damit der Blick vom Hof auf den oberen Teil des Turmes frei bleibt. Zum Schloßhof hin ist eine prächtige barocke Fassade, diese wurde unter Landkomtur Franz Sigismund Friedrich Graf von Satzenhofen gestaltet, welcher bereits zu Zeiten des Landkomturs von Hornstein Coadjutor wurde. In der Zeit, als sein Vorgänger wegen Krankheit und Erblindung seinen Amtsgeschäften (also der Bauleitung....) nicht mehr nachgehen konnte, setzte von Satzenhofen die bauliche Erneuerung Ellingens und seiner Residenz fort. Die wesentlichen Bauprojekte seiner Amtszeit waren:

Da seine Amtszeit sehr kurz war, wurden die meisten seiner Projekte erst unter seinem Nachfolger vollendet.

Hoch oben, scheinbar in den Wolken, durchbricht eine gigantische barocke Kartusche den Giebel der nach Süden gerichteten hofwärtigen Schloßkirchenfassade, Kreuz, Schwert, Pedum und vergoldete Lanzenspitzen der militärischen Dekoration in den Himmel streckend, sich mit dem weiter hinten liegenden Turm zu einem theatralischen Abschluß der Fassade und ihres reichen Bauschmucks ergänzend. Unten sind Kanonenrohre und Trommeln und allerlei militärische Versatzstücke im plastischen Dekor zu erkennen. Dieses Wappen am Giebelscheitel wurde 1748 von Johann Wagner geschaffen.

Das Wappen selbst ist das des Deutsch- und Hochmeisters Clemens August Herzog von Bayern (geb. 16.8.1700 in Brüssel, Sohn des Kurfürsten Maximilian Emanuel von Bayern und der polnischen Prinzessin Sobieska, damit Enkel des Königs Johann von Polen, Priesterweihe 1727, Inhaber diverser Bistümer, reg. 17.7.1732-6.2.1761 als Hochmeister in Mergentheim, gest. 6.2.1761 in Koblenz-Ehrenbreitstein), deutlich zu erkennen am dem dem Adler des Hochmeisterkreuzes aufgelegten Herzschildes, der aus den blau-weißen Wittelsbacher Rauten und dem goldenen Pfälzer Löwen in Schwarz geviert ist, das Wappen der Herzöge von Bayern. Weitere Würden dieses Hochmeisters sind: Erzbischof von Köln (1723-1761), Bischof/Erzbischof von Münster (1719-1761), Osnabrück (1728-1761), Hildesheim (1724-1761) und Paderborn (1719-1761). Zusätzlich war er von Bischof von Regensburg (1716-1719), das lag aber vor seiner Zeit als Hochmeister. Diese selbst für einen barocken Kirchenfürsten außerordentliche Kumulierung kirchlicher Würden und Herrschaften über fünf geistliche Territorien, die ihn zum Herrn praktisch des gesamten katholischen Nordwestdeutschlands machte, war Anlaß für seinen Spitznamen "Herr von Fünfkirchen". Ein ähnliches Wappen befindet sich am Rathaus von Ellingen, nur mit anderem Herzschild. Ein weiteres Prachtwappen dieses Hochmeisters ist übrigens am Deutschordenshaus in Weingarten zu finden.

Der gevierte Hauptschild enthält seine fünf geistlichen Ämter wie folgt:

Wappen des Landkomturs Franz Sigismund Friedrich Graf von Satzenhofen (1744-1748), angebracht am Kranzgesims der hofwärtigen Südfassade der Schloßkirche, angefertigt vom Bildhauer Johann Friedrich Maucher, Baujahr 1747. Die von Satzenhofen (Sazenhofen) sind alter bayerischer Adel. Ihr Stammwappen hat in Silber drei rote Balken und ist im Herzschild verwirklicht. Das Wappen hat hier drei Schilde übereinandergelegt, der unterste nur das Deutschordenskreuz tragend, der oberste das Stammwappen. Dieses Wappen am Kranzgesims wurde 1747 von Johann Friedrich Maucher geschaffen. Ein zweites Wappen dieses Bauherrn ist am Ellinger Rathaus zu finden.

Ein Chronogramm auf einer Kartusche unter der Immaculata an der Kirchenfassade lautet: AVE REGINA POLI PATRONA ORDINIS TEUTONICI SIS NOBIS AUXILI ATRIX POTENTISSIMA, also V-I-L-I-D-I-I-V-I-C-I-I-I-V-X-I-L-I-I-X-I-I-M = 1748.

Auf der Gartenseite der Schloßkirche ist ein Wappen von Eyb (hier nicht abgebildet). Es wurde 1751 von Maucher geschaffen. Das dortige Chronogramm lautet: ME LIBER BARO AB EYB PRO VINCIALIS BALLIVIAE FRANCONICE E RVPE SIC EXTRUI CURAVIT = M-L-I-V-I-C-I-L-I-L-L-V-I-C-I-C-V-I-C-X-V-I-C-V-V-I = 1749

Im Innern der Schloßkirche (ohne Abbildung) befinden sich zahlreiche Wappen. Allein die vielen Grabsteine in bester Erhaltung mit reichlich Ahnenproben (beschriftet!) lesen sich wie das Who is who des Deutschordens-Adels (von Lehrbach, von Reinach, Heustein von Eisenheim, von Brietzke, von Fechenbach, von Lammingen auf Albenreiht, von Schwalbach, Zobel von Giebelstadt, Reichlin von Meldegg, von Satzenhofen, Schutzbar gen. Milchling, von Wolkenstein, von Lichtenstein, von Elkertshausen gt. Klüppel, von Zocha auf Wald, von Ow etc.). Zahlreiche frühere Landkomture werden hier in Erinnerung gerufen. Zwei große Altäre sind mit kunstvoll gearbeiteten Wappen des Landkomturs von Eyb verziert. An der Decke prangen die beiden farbig gefaßten Wappenkartuschen des Hoch- und Deutschmeister Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg als Fürstbischof von Trier und des Deutsch- und Hochmeisters Clemens August Herzog von Bayern als fünffacher Bischof (s.o.).

Literatur:
Die Hochmeister der Residenz Mergentheim, Heft 15 der Schriftenreihe der Vereinigung zur Förderung der wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte des Deutschen Ordens e.V. und der Historischen Deutschordens-Compagnie Bad Mergentheim e.V., 1997
http://www.heraldique-europeenne.org/Armoriaux/Teutonique/index.html
http://www.people.freenet.de/heckmann.werder/Wappen.htm
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
Harald Bodenschatz und Johannes Geisenhof, Deutschordensresidenz Ellingen: Visionen, Pläne und Bauten einer barocken Schloßlandschaft, Schriftenreihe "Stadterneuerung" der Stadt Ellingen, Heft 3, Verlag Buchdruckerei W. Lühker GmbH, Weißenburg in Bayern, Ellingen/Weißenburg 1990, ISBN 3-921-354-22-6
Residenz Ellingen, amtlicher Führer, bearbeitet von Christoph Graf Pfeil, Hrsg. Bayerische Schlösserverwaltung, 8. Auflage, München 2005, ISBN 3-932982-59-2
http://www.barockverein.de, http://www.barockverein.de/Denkmaehler/index.htm
Ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise zu Arnsberg an Herrn Ernst Müller

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