Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 425
Amorbach

Amorbach, Fürstlich-Leiningen'sches Palais

In der Säkularisation wurde das Kloster Amorbach aufgelöst. Der Besitz ging an das Fürstenhaus Leiningen über, als Ersatz für die verlorenen linksrheinischen Besitzungen. Doch schon 1806 ging der junge, drei Jahre alt gewordene Staat politisch wieder unter im Rahmen der Mediatisierung.

Die heutige Residenz der Fürsten von Leiningen wurde 1724 -1727 durch Oberamtmann Franz Wolfgang Damian von Ostein - ein Bruder des ebenfalls aus Amorbach stammenden Mainzer Erzbischofs - als Dienstsitz des Kurmainzer Oberamtmannes erbaut. Die Pläne für das Hauptgebäude hat Anselm Franz von Ritter zu Groensteyn entworfen. Zwei kleinere Nebenflügel und einige weitere Ergänzungen wurden 1830 hinzugefügt, Architekt in Fürstlich-Leiningen'schen Diensten ist Friedrich Brenner.

Der dreigeschossige Hauptbau mit einem Eingang unter steinernem Vordach auf schlichten Säulen hat einen aus dem Mansarddach herausragenden Dreiecksgiebel mit dem Fürstlich Leiningenschen Wappen: In Blau drei (2:1) silberne Adler, rot bewehrt, mit Fürstenhut und zwei Löwen als Schildhaltern. Das Gelände ist privat bewohnt und steht nicht für Besichtigungen offen.

Von der Gartenseite ist der dreigeschossige Baukörper des Schlosses mit Mansarddach besser wahrzunehmen. Der dreiachsige Mittelrisalit wird oben mit einem Segmentbogengiebel abgeschlossen, in dem ein gemaltes Allianzwappen zu sehen ist. Beide Schilde werden von einem hermelingefütterten roten Wappenmantel umrahmt, der oben aus zwei Kronen (Fürstenhut und Herzogshut) nebeneinander herabfällt, eine ungewöhnliche Darstellungsweise. Zwei widersehende goldene Löwen dienen als Schildhalter.

Der heraldisch linke Schild ist der des fürstlichen Hauses Leiningen wie beschrieben. Der Schild seiner Ehefrau ist der des herzoglichen Hauses Oldenburg, geviert mit eingepfropfter Spitze, Feld 1: in Gold zwei rote Balken (Oldenburg), Feld 2: in Blau ein schwebendes goldenes Fußspitzkreuz oder Ankersteckkreuz (Herrschaft Delmenhorst), Feld 3: in Blau ein schwebendes goldenes Tatzenkreuz, auf dem oberen Ende mit einer silbernen, goldenverzierten Inful besetzt (Fürstentum Lübeck, vgl. Bistum Lübeck), Feld 4: von Silber und Rot geschacht (Fürstentum Birkenfeld), eingebogene Spitze: in Blau ein gekrönter goldener Löwe (Erbherrschaft Jever). Zur komplexen Geschichte: Die Grafen von Oldenburg erlangten 1180 Reichsunmittelbarkeit. 1234 erwarben sie die Hälfte des Stedinger Landes und erbauten 1247 die Burg Delmenhorst. 1272 entstanden zwei Linien, die Oldenburger und die Delmenhorster, welche aber unter Graf Dietrich dem Glücklichem (gest. 1440) wieder vereint wurden. Als die Oldenburger dänische Könige wurden, sank das Interesse an den Stammländern. Ab 1667 (Tod des Grafen Anton Günther von Oldenburg, letzter Graf) war der dänische König Landesherr in Oldenburg. 1773 überließ König Christian VII. von Dänemark die Grafschaft Oldenburg und Delmenhorst dem Großfürsten und späteren Zaren Paul von Rußland (der aus dem Hause Holstein-Gottorp stammte), der sie noch im selben Jahr seinerseits an den Bischof von Lübeck abtrat, der wiederum ein gottorpischer Prinz war. Nur vier Jahre später wurden am 22.3.1777 die Grafschaften zu einem Herzogtum Holstein-Oldenburg erhoben unter der Führung des Begünstigten, Prinz Friedrich August (gest. 6.7.1785). Da dessen Sohn regierungsunfähig war, wurden die Regierungsgeschäfte vom Neffen Peter Friedrich Ludwig (gest. 21.5.1829) übernommen, der selbst 1823 als Herzog nachfolgte. Auf genau diesen geht die Stammlinie des großherzoglichen Hauses zurück. Kam einst Oldenburg an Lübeck, so war es nun umgekehrt: 1803 bekam der Herzog das säkularisierte Bistum Lübeck als Fürstentum hinzu. Übrigens ist das Wappen des Bistums Lübeck eigentlich kein geistliches Wappen, sondern eines, welches die Herzöge von Holstein-Gottorp als "postulierte Bischöfe" für diesen Besitz gebrauchten, denn das Bistumswappen war nur das Kreuz, und die Inful stand auf dem Schildrand. Durch einen Fehler wanderte die Inful in den Schild hinein und verblieb dort, erst in einem eigenen Feld über dem Kreuz, später verschwand die Teilungslinie, und die Mitra wanderte noch tiefer und bekleidete nun das obere Kreuzende. Eigentlich sollte die Mitra noch abflatternde Dependenzen haben, diese fehlen aber in der vorliegenden Darstellung. Es folgte für Oldenburg die Zeit französischer Besetzung, das Herzogtum Oldenburg wurde unter Napoleon 1810 aufgelöst und in Frankreich inkorporiert, jedoch 1813 wieder rekonstituiert und anschließend erweitert, 1815 kam nach dem Zusammenbruch des Systems Napoléon Birkenfeld aus dem Saardepartement hinzu, welches das Schach der alten Sponheimer Grafen in das Wappen brachte (hintere Grafschaft Sponheim), wobei das Fürstentum Birkenfeld aus Teilen der hinteren Grafschaft Sponheim, Oberstein und Veldenz gebildet wurde, und 1818 kam Jever hinzu, das bin dahin dem Zarenreich gehört hatte. An Oldenburg kam Jever eigentlich schon viel früher: Die Erbtochter Marie aus dem Hause Papinga hatte laut Testament vom 22.4.1573 das Land dem verwandten Grafen von Oldenburg vermacht, und nach ihrem Dahinscheiden am 20.2.1575 nahm Oldenburg Jever in seinen Besitz und nahm den Löwen in das Wappen auf. Die Krone bekam der Löwe von Jever allerdings erst später. 1815 wurde Peter Friedrich Ludwig auf dem Wiener Kongreß der Titel "Großherzog von Oldenburg" verliehen, aber erst sein Sohn und Nachfolger Paul Friedrich August (gest. 27.2.1853) führte diesen ab dem 28.5.1829.

Die Personen, die zu dieser Wappenkombination passen, sind für das fürstliche Haus Leiningen Emich Kirill Ferdinand Hermann Fürst zu Leiningen Pfalzgraf zu Mosbach Graf zu Dürn (18.10.1926-30.10.1991), Sohn von Friedrich Karl Eduard Erwin Fürst zu Leiningen Pfalzgraf zu Mosbach Graf zu Dürn (13.2.1898-2.8.1946) und Marija Kirillowna Knjasna Romanowa (20.1.1907-27.10.1951), und für das herzogliche Haus Oldenburg Eilika Stephanie Elisabeth Thekla Juliana Herzogin v. Oldenburg (geb. 2.2.1928), Tochter von Nikolaus Friedrich Wilhelm Erbgroßherzog v. Oldenburg (10.8.1897-3.4.1970) und Helene Bathildis Charlotte Maria Friederike Prinzessin zu Waldeck u. Pyrmont (12.12.1899-18.2.1948). Ihrer beider Sohn ist der aktuelle Fürst Andreas zu Leiningen.

Literatur:
http://www.amorbach-odw.de/html/texte.html
http://www.amorbach.de
http://www.abteikirche.de/
Schlösser und Burgen in Unterfranken, von Anton Rahrbach, Jörg Schöffl, Otto Schramm. Hofmann Verlag Nürnberg 2002, ISBN 3-87191-309-X
Oldenburgische Geschichte: Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Oldenburger Wappen: Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897, Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9

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