Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 643
Wappen der Weser-Renaissance-Bauten

Pyrmont: Kaminsturz vom alten Schloß

Graf Friedrich VI. von Spiegelberg ließ 1526 - 1536 die Festungsanlage ausführen und zugleich im südwestlichen Bereich ein repräsentatives, dreigeschossiges Schloß im Stile der Weser-Renaissance erbauen. Von diesem ist außer wenigen Spuren und Fundamenten nichts mehr übrig, denn es wurde während des 30jährigen Krieges stark beschädigt; die Reste wurden zu Beginn des 18. Jh. anläßlich des Neubaus abgetragen. Eine dieser wenigen Spuren ist ein Renaissance-Kaminsturz. Er stammt nicht aus der Erbauungszeit, sondern von 1562. Als Graf Heinrich Simon Herr von Festung und Schloß wurde, ließ er natürlich seine eigenen heraldischen Symbole anbringen, wie außen an den Festungsmauern, so auch innen im Schloß. Und was konnte einen Gast repräsentativer über die Besitzverhältnisse in Kenntnis setzen als ein schmucker Kaminsturz in beheizter Stube? So trägt er das Allianzwappen der Eheleute Hermann Simon Graf von Lippe-Spiegelberg-Pyrmont und Gräfin Ursula geborene von Spiegelberg-Pyrmont. Der Kaminsturz ist in dem dunklen Gang durch den Unterbau des neuen Schlosses in die Wand eingelassen, in der Nähe des Museumseingangs (Photohinweis: Ganztägig schlechte Lichtverhältnisse, Stativ empfohlen).

Interessant ist auch die Anordnung auf dem Kaminsturz. Bei einem Allianzwappen zweier Eheleute ist man eigentlich gewohnt, daß in der Mitte beide Schilde sind, sich vielleicht sogar ein bißchen einander zuneigen, und daß die Schildhalter außen die beiden Schilde flankieren, sie nicht nur halten, sondern auch nach außen verteidigen und beschützen. Sowas hätten wir auch hier erwartet, doch hier ist es gerade anders herum: Die beiden Wappenschilde sind außen, und die Löwen kehren in der Mitte dazwischen einander den Rücken zu. Man könnte mutmaßen, daß die Eheleute gerade Krach hatten, als der Stein gemeißelt wurde.... Spaß beiseite, die Anordnung ist wirklich ungewöhnlich. Weiter die Löwen: Normalerweise werden die Schwänze steil aufwärts gestellt, idealerweise könnten sie hier den Zwischenraum füllen - doch nichts dergleichen. Die Schleifen zwischen beiden Löwen werden von Bändern gebildet, und beide Löwen haben den Schwanz zwischen den Hinterläufen hindurch nach vorne unter den Bauch geschlagen. Haben die furchtsamen oder gar feigen Löwen hier ängstlich mit eingezogenem Schwanz Schutz zwischen beiden Schilden gesucht? Reichlich Material für humoristische Spekulationen. Tatsache bleibt, daß der Kaminsturz etwas Besonderes ist. Man beachte auch über dem optisch rechten Löwen das Steinmetzzeichen.

Das Wappen der Ursula Gräfin von Spiegelberg-Pyrmont
Das Wappen ist geviert aus Spiegelberg und Pyrmont:

Das Wappen des Hermann Simon Graf zur Lippe-Spiegelberg-Pyrmont
Das Wappen setzt sich aus Lippe-Schwalenberg und den neuen Besitztümern, also aus zwei aus je zwei Bestandteilen gevierten Wappen zusammen und enthält jetzt vier verschiedene Komponenten:

Geviert:

Literatur und Quellen:
Informationstafeln an der Festung
Siebmachers Wappenbücher
Hartmut Platte: Das Haus Lippe in Vergangenheit und Gegenwart, Börde-Verlag Werl 2006, ISBN 3-980-6221-4-2
Hartmut Platte: Waldeck und Pyrmont, Geschichte eines Fürstenhauses, Heft 3 der Reihe Deutsche Fürstenhäuser, Börde-Verlag Werl 2006, ISBN 3-980-6221-8-5
Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897, Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X

Pyrmont (Weserbergland): Festungswälle - Kaminsturz - Neues Schloß, Vorderseite - Neues Schloß, Hofseite

Die Entwicklung des Wappens der Herren, Grafen und Fürsten zur Lippe

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