Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1678
Graz (Steiermark, Österreich)

Graz, Palais Saurau-Goess

Dort, wo die Sporgasse steil abfällt, um ihren Weg von der Oberstadt in die Unterstadt zu nehmen, befindet sich das Palais Saurau-Goess, eines der größten Grazer Adelspalais (Sporgasse 25). Die dreigeschossige Frontseite ist bereits 10 Fensterachsen breit, und das ist nur die Schmalseite der leicht trapezförmigen Vierflügelanlage rings um einen weitläufigen Innenhof, deren Park an den Schloßberg grenzt. Es war damals das letzte Gebäude innerhalb der alten mittelalterlichen Stadtmauer, denn direkt hinter dem Palais schloß das innere Paulustor die Sporgasse nach außen ab. Erst als dieses 1846 abgerissen wurde, wurde die städtebauliche Integration des Anwesens eine bessere. Die namengebende Familie der Grafen von Saurau besaß dieses Anwesen von 1629 bis 1846. Carl Graf v. Saurau (-15.6.1648) hatte das Palais von Friedrich Freiherr von Windischgrätz gekauft. Der Hintergrund waren religiöse Differenzen im Herzogtum in Zeiten der Gegenreformation, letzterer war protestantisch und mußte 1629 die Steiermark verlassen, ersterer war katholisch, durfte bleiben und freute sich über das Schnäppchen.

Da das Adelspalais an einer steil nach links zur Unterstadt hin abfallenden Straße steht, befindet sich die eineinhalb Geschosse hohe Toreinfahrt ganz rechts und nimmt die Breite von zwei der insgesamt zehn Fensterachsen ein, während nach links ein Sockel aus Bossenquadern das abfallende Terrain ausgleicht. Direkt im Portalbogenscheitel befindet sich ein nachträglich angebrachtes Rokoko-Allianzwappen mit zwei spiegelbildlichen Rocaille-Kartuschen unter einer Laubkrone, direkt unterhalb einer von zwei Löwen gehaltenen Inschriftentafel von 1630, die nichts mit diesem Wappen zu tun hat. Das Wappen ist ein Werk des Bildhauers Johannes Piringer und entstand 1769. Der heraldisch rechte Wappenschild gehört zu Raimund Maria Graf v. Saurau (7.1.1739-27.1.1796), k.u.k. wirklicher Kämmerer, der auf der anderen Seite zu dessen am 9.7.1760 geehelichten Gemahlin Maria Anna Gräfin v. Dietrichstein (1.7.1742-7.12.1775), Tochter von Johann Joseph Balthasar Graf v. Dietrichstein (6.1.1710-10.1.1744) und Maria Anna v. Rotthal (17.1.1709-30.1.1756).

Der Wappenschild der Grafen von Saurau hat einen geteilten und zweimal gespaltenen Hauptschild und einen gevierten Herzschild. Hauptschild: Feld 1 und 3: in Silber drei schwarze Schrägbalken, Feld 2 und 5: in Rot auf schwarzem Dreiberg 3 goldene Blattstengel (lt. Siebmacher gestielte längliche Lindenblätter), Feld 4 und 6: in Silber einwärts ein aufgerichteter, doppelschwänziger, schwarzer Löwe (Lindegg). Herzschild: Feld 1 und 4: in Rot eine eingebogene silberne Spitze, Feld 2 und 3: in Gold ein an Schwanz und Füßen gestümmelter golden-gekrönter schwarzer Adler mit fledermausähnlichen Flügeln (im Siebmacher Ungarn als Eulenrumpf bez., auch im Bartsch-Text). Beschreibungen des Wappens finden sich im Siebmacher Band: NÖ2 Seite: 22 Tafel: 7-8, Band: Un Seite: 564 Tafel: 403.

Das Stammwappen dieser steiermärkischen Uradelsfamilie, die ihre gleichnamige Stammburg an der Mur bei Murau hatte, zeigt in Rot eine aufsteigende eingebogene silberne Spitze, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken einen schwarzen, mit silbernen Blättchen bestreuten Hahnenfederbusch.

Eine Wappenvermehrung erfolgte am 2.2.1553, als Franz v. Saurau, Herr auf Ligist, Hornegg, Wolkenstein, Labegg und Premstätten in den erbländisch-österreichischen Freiherrenstand erhoben wurde. Das erste vermehrte Wappen war geviert, Feld 1 und 4: in Rot eine eingebogene silberne Spitze (Stammwappen), Feld 2 u. 3: in Gold ein an Schwanz und Füßen gestümmelter golden-gekrönter schwarzer Adler (auch als Königsadler oder Eulenrumpf bezeichnet) mit fledermausähnlichen Flügeln, zwei gekrönte Helme: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein geschlossener roter Flug mit einer eingebogenen silbernen Seitenspitze, die Spitze nach innen gekehrt (hier wanderte das Schildbild nach oben), Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-goldenen oder schwarz-silbernen Decken (je nach Quelle, im Siebmacher silbern, im Bartsch golden) ein schwarzer Hahnenfederbusch, mit silbernen Herzchen (gestürzten Lindenblättern oder Kleeblättern, je nach Quelle) bestreut (Stammkleinod). So ist das Wappen bei Z. Bartsch abgebildet und im Siebmacher von 1605.

Die zweite Wappenverbesserung fand am 12.1.1628 statt, als Freiherr Carl v. Saurau, k.k. Kämmerer und kaiserlicher Rat, als "Graf von Saurau, Freiherr auf Ligist, Fridstain, Läbegg und Prembstetten" in den erbländisch-österreichischen Grafenstand erhoben wurde. Dabei wurde das Wappen von 1553 als Herzschild verwendet, und der aus drei Komponenten bestehende, sechsfeldrige Hauptschild wurde daruntergelegt, und das Ergebnis sehen wir oben. Zu den Kleinoden siehe weiter unten.

Der Wappenschild der Grafen von Dietrichstein ist golden-rot schräggeteilt mit zwei aufrechten, abgekehrten (mit den Schneiden nach außen gekehrten) silbernen Heppen (Winzermessern) mit goldenen Griffen. Das hier nicht dargestellte Stammkleinod wären zu rot-goldenen Decken drei schwarze Straußenfedern, belegt mit den beiden Winzermessern wie im Schild.

So findet sich das Wappen bei Z. Bartsch und im Siebmacher Band: Bö Seite: 191 Tafel: 82, Band: FstM Seite: 37 Tafel: 81-83, Band: Krai Seite: 7 Tafel: 5, Band: Mä Seite: 25 Tafel: 17, Band: NÖ1 Seite: 64 Tafel: 33, Band: OÖ Seite: 31 Tafel: 15, Band: SchlA1 Seite: 22 Tafel: 17, Band: Un Seite: 135 Tafel: 106, Band: ÖSchl Seite: 13-14 Tafel: 7-8, wo auch die vermehrten Formen dargestellt werden. Die Familie gehört zum Kärntner Uradel und hatte seit 1506 die Oberstmundschenkwürde im Herzogtum Kärnten inne. Siegmund von Dietrichstein bekam am 8.7.1514 den erbländisch-österreichischen Freiherrenstand, Maximilian von Dietrichstein am 18.9.1612 zu Prag den Reichsgrafenstand, und Maximilian Graf von Dietrichstein, kaiserlicher Kämmerer und Obersthofmeister der Kaiserin, bekam am 24.3.1631 den in Primogenitur vererbbaren Reichsfürstenstand, nur eine kleine Auswahl der vielen Standeserhöhungen für diese Familie. Die Stammburg Dietrichstein liegt bei Feldkirchen.

Carl Graf von Saurau ließ nach dem Kauf des Anwesens die Fassade weitgehend unverändert, so daß die beiden Obergeschosse noch die steinernen Fensterrahmen mit Profilbänken und geraden Verdachungen von 1566 haben, als die v. Windischgrätz das Palais erbaut hatten. Von ihm stammt aber das Renaissanceportal mit einer auf ihn und seine Frau zutreffenden Personalisierung. In den beiden Bogenzwickeln des Portales finden wir die der Bauzeit zuzuordnenden Wappendarstellungen, zu denen auch die Inschrift über dem Portalscheitel paßt. Beide Wappen sind in starker Schräglage in die Bogenzwickel zwischen die grobschlächtigen Rustikaquader eingequetscht, so daß man sie erst beim zweiten Hinsehen bemerkt. Im Gegensatz zu dem zuvor beschriebenen Allianzwappen handelt es sich hier jedoch um Vollwappen. Das auf der optisch linken, heraldisch rechten Seite gehört zu Carl Graf v. Saurau (-15.6.1648), Sohn von Wolfgang Freiherr v. Saurau-Ligist und Elisabeth v. Gera, der Landeshauptmann der Steiermark war, der 1628 Graf wurde und der mit Susanna Catharina Freiin von Teuffenbach vermählt war.

Der Schild folgt in seinen Komponenten und in seinem Aufbau dem oben Gesagten. Zu dem Wappen werden insgesamt fünf Kleinode auf gekrönten Helmen geführt, wobei drei auf dem oberen Schildrand ruhen und zwei aus Platzgründen seitlich neben dem Schild plaziert wurden. Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein schwarzer hoher Spitzhut mit silbernem Pelzstulp, an der Spitze eine goldene Kugel, besteckt mit drei Straußenfedern, einer schwarzen zwischen zwei silbernen, Helm 2 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken vier Straußenfedern, mit Herzchen bestreut (modifiziertes Stammkleinod, lt. Siebmacher drei Straußenfedern, eine schwarze zwischen zwei goldenen, mit Lindenblättern in verwechselten Farben bestreut), Helm 3 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein geschlossener roter Flug mit einer eingebogenen silbernen Seitenspitze, die Spitze nach innen gekehrt (dieses Kleinod war auch schon im freiherrlichen Wappen vertreten), Helm 4 (rechts neben dem Schild): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken drei Straußenfedern, eine schwarze zwischen zwei silbernen, Helm 5 (links neben dem Schild): auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein geschlossener silberner Adlerflug.

Die Grafen von Saurau sind mit Graf Maria Zeno Vincenz v. Saurau (9.7.1792-28.8.1846), Sohn von Raimund Maria v. Saurau (7.1.1740-27.1.1796) und Maria Anna Schlik zu Bassano u. Weisskirchen (5.8.1760-1819), seit 1832 Obermarschall in der Steiermark, ausgestorben, der in erster Ehe mit Kethelyi Hunyady Gabriele (-16.11.1821) und in zweiter Ehe mit Maria Anna v. Goess (geb. 6.1.1806) vermählt war. Von dem letzten Grafen von Saurau erbten die Grafen von Goess das Palais, und auch heute noch ist das Anwesen im Privatbesitz der Grafen Goess-Saurau. Das überwiegend vermietete Anwesen kann nur von außen besichtigt werden.

Im optisch rechten Bogenzwickel des Portals befindet sich das Wappen von Susanna Katharina v. Teuffenbach (-24.11.1647), der Ehefrau von Carl Graf v. Saurau (-15.6.1648). Ihr gemeinsamer Sohn war Wolfgang Rudolph Graf v. Saurau (20.11.1618-24.4.1664), vermählt mit Isabella v. Wagensperg (21.10.1626-27.9.1700).

Das Wappen der Freiherren von Teuffenbach zu Tieffenbach und Maßwegg zeigt in Silber zwei schwarze Balken, dazu zwei ungekrönte Helme: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein wachsender Mannesrumpf mit Spitzbart, das Gewand und der silbern aufgeschlagene Hut silbern und jeweils mit zwei schwarzen Balken belegt, Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner, mit zwei schwarzen Balken belegter Flug. So findet sich das Wappen bei Z. Bartsch und im Siebmacher Band: NÖ2 Seite: 315 Tafel: 153, Band: Kä Seite: 129 Tafel: 11, Band: Un Seite: 662 Tafel: 460. Dort ist der Hut der ersten Helmzier jeweils noch mit einer silbernen, nach vorne nickenden Feder besteckt, die hier an der bauplastischen Darstellung nicht zu erkennen ist. Die von Teuffenbach gehören zum steiermärkischen Uradel. Die gesicherte Stammreihe beginnt mit Ernst von Teuffenbach (erwähnt 1287-1322). 1547 wurde das Geschlecht in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Das namengebende Stammschloß Teuffenbach liegt im Bezirk Murau in der Obersteiermark.

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher wie oben angegeben
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Palais Saurau-Goess:
http://de.wikipedia.org/wiki/Palais_Saurau
Palais Saurau-Goess:
http://www.burgen-austria.com/Archiv.asp?Artikel=Graz%20-%20Palais%20Saurau-Goess
Herren von Saurau:
http://www.gemeinde-preding.at/Die_Herren_von_Saurau.html
Stammbaum:
http://fabpedigree.com/s097/f335932.htm
Genealogie Dietrichstein:
http://genealogy.euweb.cz/dietrich/dietrich4.html
Wappen Teuffenbach: Zacharias Bartsch, Steiermärkisches Wappenbuch (1567), Facsimile-Ausgabe mit historischen und heraldischen Anmerkungen von Dr. Josef v. Zahn und Heraldische Besprechung von Alfred Ritter Anthony v. Siegenfeld, Graz u. Leipzig, Ulrich Mosers Buchhandlung (J. Meyerhoff) 1893, Seite 138 Tafel 39.
Wappen Dietrichstein: Zacharias Bartsch, Steiermärkisches Wappenbuch (1567), Seite 14 Tafel 22.
Wappen Saurau: Zacharias Bartsch, Steiermärkisches Wappenbuch (1567), Seite 110 Tafel 38.
Teuffenbach: in: Friedrich Lanjus, die blühenden Geschlechter des österreichischen Uradels, online:
http://www.coresno.com/pdf/lanjus_oesterrischer-uradel.pdf S. 53, Nr. 44.
Dietrichstein:
http://www.coresno.com/aktuell/133-boehmen/3050-lex-dietrichstein.html
Saurau: Adelslexikon, Bd. XII (Rol-Schm), Limburg a. d. Lahn 2001, S. 270-272.
Herwig Ebner, Burgen und Schlösser Graz, Leibnitz, Weststeiermark, 1967, 204 Seiten, ISBN-10: 3850300285, ISBN-13: 978-3850300285
Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Graz, von Horst Schweigert, Verlag Schroll, Wien 1979

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