Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1984
Ebenhausen (zu Oerlenbach, Landkreis Bad Kissingen)

Das Schloß von Ebenhausen

Im Südwesten des Oerlenbacher Ortsteiles Ebenhausen befindet sich auf einer leichten Anhöhe das Schloß (Schloßstraße 18-20). Es besteht aus zwei langgestreckten, etwas schräg zueinander stehenden Flügeln, die zwischen sich einen schmalen, trapezförmigen Hof bilden und an den Schmalseiten durch kleinere Bauten verbunden werden. Eine Brücke führt über den ehemaligen Graben, eine schräg angesetzte Auffahrt zum Dorfplatz. Der vordere, dem Dorf zugewandte, östliche Trakt ist der jüngere, der unter Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths (amtierte 1699-1719) nach vorangegangenen Zerstörungen im 30jährigen Krieg (Zerstörung durch die Schweden 1641) errichtet wurde, der hintere, nördliche Scheunentrakt (Schüttbau, Getreidekasten) der ältere, der unter Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn nach dem Erwerb des Schlosses 1576 während der Zeit 1587-1603 erbaut wurde.

Geschichtlich gesehen betreibt der Ortsteil Ebenhausen heutzutage Tiefstapelei. Nicht nur hatte man bis 1818 Stadtrechte, sondern es handelt sich um eine der ältesten Siedlungen des Bad Kissinger Raumes, denn bereits 788 wird Ebenhausen urkundlich genannt. Nachdem Ebenhausen von den Grafen von Henneberg durch Verkauf 1353 an Fürstbischof Albrecht II. von Hohenlohe (reg. 1345-1372) an das Hochstift Würzburg gekommen war, wurde die Stadt Sitz eines fürstbischöflichen Amtes und Centgerichts. Eine Burg hatten hier bereits die Henneberger, sie wird 1315 genannt, als Ort und Schloß innerhalb der Familie unter Vettern den Besitzer wechselten. Von der alten Burg sind nur noch im Westen und im Süden Reste der spätmittelalterlichen Schloßmauer aus Bruchsteinmauerwerk mit drei Rundturmbasen erhalten, aber auch diese entstanden zwischen 1353 und 1400. Das Schloß wurde aber erst später als der Ort an die Fürstbischöfe verkauft, zwischenzeitlich war eine Familie von Münster Besitzer.

Das eigentliche Schloß und hochstiftische Amtshaus, der Wohnbau, ist ein langgezogener Massivbau von zwei Geschossen mit Walmdach. Obwohl Bauschmuck (Ecklisenen, Fensterumrahmungen und Rundbogenportal, Abb. unten links) sehr sparsam eingesetzt ist, sind die Proportionen des barocken Baus ausgewogen. Als Entwerfer wird entweder der Baumeister Joseph Greissing oder der Baumeister Balthasar Neumann diskutiert. Letzterer ist unwahrscheinlich, weil er ebenso mit der Familie Schönborn eine konstruktive Zusammenarbeit hatte wie Greiffenclau mit Greissing. Nie hätte Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau einen Baumeister der Schönborn-Partei seinem Lieblings-Architekten vorgezogen. Entwurf und Ausführung sind hier deshalb klar Greissing zuzurechnen, auch die Formen entsprechen seinem Repertoire. 1708 wurde das Holz für den Bau im Mainberger Revier geschlagen. Die Hauptbauphase ist 1709 anzusetzen, denn 1710 fanden nur noch einige kleinere Arbeiten zur Abrundung statt. Der hinten gelegene, nachgotische Schüttbau, der nur wenig kürzer als der Wohntrakt ist, ist dreigeschossig und besitzt ein Satteldach mit Volutengiebeln im Stil der Renaissance (Abb. unten rechts). Die Nebengebäude stammen größtenteils aus dem 19. Jh.

 

Über dem Portal befindet sich das Wappen des Würzburger Fürstbischofs Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths (1699-1719). Das Wappen ist geviert:

Das Wappen wird mit hinter dem Schild schräggekreuztem Krummstab und Schwert geführt, dazu mit Fürstenhut oben auf der ovalen Kartusche. Üppig gestaltete seitliche Ornamente dehnen den Wappenmantel zu erheblicher Breite. Es gibt auch noch ein Wappen des Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn an der Westwand des Schüttbaus (ohne Abb.)

Nach dem Ende der geistlichen Fürstentümer durch die Säkularisation kam das Schloß 1803 erst an die Regierung von Unterfranken, die es aber nur ein Jahr lang als Wohnsitz eines Verwalters nutzte, danach stand es lange leer, nur unterbrochen von einer kurzen Nutzung als Wohnung des Jägers Josef Haidt. Und der Leerstand verführte zur Ausschlachtung - das Schloß wurde immer mehr von der Bevölkerung geplündert, und alles Brauchbare wurde anderweitig verwendet. 1847 wurde das Schloß an Michael Schubert für 9000 Gulden verkauft. Seitdem wurde es als Ökonomiegebäude genutzt. Leider ist das Anwesen auch heute stark von dringendem Renovierungsbedarf, und wenn man sich die Gebäude von hinten anschaut, von vergangenen Schäden und gegenwärtigem Verfall gezeichnet.

Literatur, Links und Quellen:
Anton Rahrbach, Jörg Schöffl, Otto Schramm, Schlösser und Burgen in Unterfranken, eine vollständige Darstellung aller Schlösser, Herrensitze, Burgen und Ruinen in den unterfränkischen kreisfreien Städten und Landkreisen, Hofmann Verlag, Nürnberg 2002, ISBN 3-87191-309-X, S. 149.
Ebenhausen:
http://www.oerlenbach.rhoen-saale.net/internet/index.php?page=21900&pageView=work&&detailID=6731
Liste der Baudenkmäler:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkm%C3%A4ler_in_Oerlenbach
Schloß Ebenhausen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Ebenhausen
Schloß Ebenhausen:
http://www.oerlenbach.rhoen-saale.net/Home/Geschichte/Sehenswuerdigkeiten
Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.
Johannes Mack: Der Baumeister und Architekt Joseph Greissing, mainfränkischer Barock vor Balthasar Neumann, hrsg. von der Gesellschaft für fränkische Geschichte, VIII. Reihe: Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kunstgeschichte, c/o Verlag Ph. C. W. Schmidt, 1. Auflage 2009, 797 S., ISBN-10: 3866528167, ISBN-13: 978-3866528161, S. 620

Rathaus Ebenhausen

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