Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2873
Reichmannshausen (zu Schonungen, Landkreis Schweinfurt)

Die Kuratiekirche St. Georg in Reichmannshausen

Reichmannshausen auf der Hochfläche des Schlettach gehört zur 10 km entfernten Gemeinde Schonungen im Landkreis Schweinfurt, liegt aber in deren nördlichsten Zipfel schon am Rand der Haßberge. Die kleine katholische Kuratie-Kirche St. Georg befindet sich im Nordosten des von typischen fränkischen Gehöften geprägten Ortes an der Herrenseestraße 20.  Es ist ein schlichter Bau vom Typ einer geosteten Chorturmkirche, wobei der Turm ein typischer Turm der Echterzeit mit spitzem Helm ist (quadratisch, praktisch, nachgotisch). Die Basis bildete damals eine mittelalterliche Kirche, und der Fürstbischof ließ den Turm erhöhen. Das Langhaus wurde 1690 barock erneuert und dabei vergrößert.

Das rechteckige Langhaus besitzt auf der Längsseite drei Rechteckfenster mit Segmentbogengiebel. Die westliche Giebelseite trägt in der Mitte das Portal und darüber drei (1:2) flachovale Rundfenster. Der einzige Bauschmuck dieser Eingangsfassade ist über dem in der Mitte gestreckten Segmentbogengiebel das Wappen des zur Bauzeit amtierenden Landesherrn, des Würzburger Fürstbischofs Johann Gottfried von Guttenberg (6.11.1645-14.12.1698, amtierte 1684-1698). Die ovale Kartusche ist geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt (hier abweichend nicht parallele Spitzen), Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Blau eine goldene Rose mit goldenem Butzen, Stammwappen der von Guttenberg, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine (von der Stange aus gesehen) rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Über der Wappenkartusche wird der rot gefütterte, hermelingestulpte Fürstenhut bzw. Herzogshut geführt, hinter dem Schild schräggekreuzt sieht man das gestürzte Schwert und den Krummstab. Die Kartusche besitzt einen schlichten, geschwungenen Rand mit insgesamt acht schneckenförmig eingerollten Zierformen. Zwischen den beiden obersten Schnecken lugt ein groteskes Köpfchen hervor.

Innen überrascht diese kleine Kirche mit ihrer Ausstattung, die im Grunde viel zu prachtvoll für so eine winzige Dorfkirche ist. Sie wurde auch größtenteils nicht für diese Kirche angefertigt, sondern stammt in Teilen aus dem Benediktinerkloster Theres, das bei der Säkularisierung aufgelöst und teilweise abgebrochen wurde. Dort gab es eine dreitürmige Abteikirche von Joseph Greissing, die schon 1809 durch den Besitzer, Freiherr Theodor von Kretschmann, ein Minister des Herzogs von Sachsen-Coburg, abgerissen wurde. Die barocke Innenausstattung ließ der Freiherr versteigern. Insbesondere die prächtige Kanzel mit ihren qualitätvollen Figuren, eine Arbeit des Würzburger Bildhauers Balthasar Esterbauer (ca. 1672-1728) aus dem Jahre 1722, fand ihren Weg durch Versteigerung in die kleine Kirche von Reichmannshausen, desgleichen die beiden Seitenaltäre, ebenfalls aus Würzburger Künstlerwerkstätte. Sie überragen den Hauptaltar und reichen mit ihren Auszügen bis in den Plafond des Langhauses. Die Altarblätter vom Schweinfurter Maler Conrad Geiger (18.2.1751-27.9.1808) entstanden 1805 und zeigen Maria links und Josef rechts, über beiden schwebt ein Engel mit Lorbeerkranz in der Hand. Der Hochaltar der Klosterkirche Theres wurde nicht übernommen, der kam teilweise in die Pfarrkirche in Untertheres. Statt dessen sehen wir in Reichmannshausen einen 1788 von Karl Alberth geschaffenen Altar, dieser war Bildhauer aus Hofheim. Der Stil ist klassizistisch. Auf den drei Altarbildern des Kunstmalers Martin Stühler sieht man von links nach rechts den hl. Sebastian am Baum, den Kirchenpatron St. Georg mit Rüstung und Lanze und den hl. Laurentius mit dem Rost. Sehenswert ist noch linkerhand im Kirchenschiff ein Taufstein aus der Echter-zeitlichen Kirche; auf dem Taufbeckendeckel wird als aufgesetzte Skulptur die Taufszene Christi dargestellt.

 

Reichmannshausen mit seiner kleinen Einwohnerzahl gehörte früher seelsorgerisch zur Pfarrei Wettringen, ab 1626 zur Pfarrei Aidhausen. Erst 1720 sollte der Ort eine Kaplanei bekommen, wurde aber nun der Pfarrei Ebertshausen zugeordnet. Erst 1723 (de facto) bzw. 1735 (offizielle Stiftungsurkunde) gab es eine eigene Kaplanei in Reichmannshausen. Das endete 1964, nach einer Übergangszeit war wieder die Pfarrei Ebertshausen für die kleine Filiale zuständig. Die Kuratie St. Georg bildet seit 2004 zusammen mit Ebertshausen, Hesselbach, Hoppachshof und Üchtelhausen einen Verbund, die Pfarreiengemeinschaft Schweinfurter Rhön.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.1225468,10.3867853,21z - https://www.google.de/maps/@50.1225468,10.3867853,42m/data=!3m1!1e3
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe, hrsg. vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein, Würzburg, 1974, 192 S.
Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Johann Gottfried von Guttenberg in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Gottfried_von_Guttenberg
Familie von Guttenberg in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Guttenberg_(Adelsgeschlecht)
Alfred Wendehorst: Johann Gottfried von Guttenberg, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 352 -
https://www.deutsche-biographie.de/gnd118013289.html#ndbcontent - https://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016325/images/index.html?seite=366
Johann Gottfried von Guttenberg im Würzburg-Wiki:
https://wuerzburgwiki.de/wiki/Johann_Gottfried_von_Guttenberg
Winfried Romberg (Bearb.): Die Würzburger Bischöfe von 1684 bis 1746, Germania Sacra. Dritte Folge Nr. 8, die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz, das Bistum Würzburg 8, De Gruyter, Berlin/Boston 2014,
https://rep.adw-goe.de/handle/11858/00-001S-0000-0023-9A8C-9 - https://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858/00-001S-0000-0023-9A8C-9/3.F._8_Romberg_Bischoefe.pdf?sequence=1&isAllowed=y
Webseite der Pfarreiengemeinschaft:
https://www.pg-schweinfurter-rhoen.de/pfarreien - diese Kirche: https://www.pg-schweinfurter-rhoen.de/pfarreien#reichmannshausen-kuratie-st-georg - Kirchenbeschreibung von Winfried Braun: https://www.pg-schweinfurter-rhoen.de/pfarreien#unsere-kirche - Dorfgeschichte von Winfried Braun: https://www.pg-schweinfurter-rhoen.de/pfarreien#unsere-geschichte
Reichmannshausen in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Reichmannshausen
Liste der Baudenkmäler in Reichmannshausen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Schonungen#Reichmannshausen

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