Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2878
Löffelsterz (zu Schonungen, Landkreis Schweinfurt)

Die Pfarrkirche St. Ägidius in Löffelsterz

Die Pfarrkirche St. Ägidius befindet sich im Ortszentrum des auf dem Schlettach gelegenen Schonunger Gemeindeteils Löffelsterz, direkt an der Löffelsterzer Hauptstraße. Die Kirche steht frei und nach Osten ausgerichtet landschaftlich schön inmitten des baumbestandenen Lindenplatzes, der hier den Dorfanger bildet. Vom Prinzip her handelt es sich um eine später umgebaute, typische Echter-zeitliche Chorturmkirche. Unter Julius Echter von Mespelbrunn wurde die Kirche 1612-1614 erbaut. Von dieser Kirche sind noch der Turm mit seinem typischen Spitzhelm übrig und die Bautafel des Langhauses. Da sich der eingezogene Chor im untersten Geschoß des Turmes befindet, sieht man hier noch das ursprüngliche Kreuzgratgewölbe. Das einzige Fenster ist nach Süden gerichtet. Das älteste Stück der Kirche ist ein Taufstein aus dem Jahr 1565. Von der Echter-zeitlichen Innenausstattung ist nichts erhalten.

Nach 120 Jahren wurde 1732-1733 das Langhaus komplett neu errichtet, als Saalkirche mit Spiegelgewölbe. Die Längsseiten des Langhauses besitzen je vier Rechteckfenster; die Giebelformen alternieren zwischen Dreiecksgiebeln und Segmentbogengiebeln. Die westliche Giebelfront wird durch vier Wandvorlagen gegliedert, zwei an den Ecken und zwei, die sich bis zum Ansatz des Dreiecksgiebels ganz oben fortsetzen. In den beiden Seitenteilen und über dem Portal mit Segmentbogengiebel ist je eine Figurennische ausgespart. Ein einziges Fenster ist in der Giebelzone angebracht. Der ausführende Baumeister war Jörg Bierdemphel aus Goßmannsdorf. Die Stuckaturen der Decke stammen aus dem Jahr 1732. Nach Erstellung der neuen Einrichtung konnte die neue Kirche im November am 17.11.1737 durch Weihbischof Johannes Bernhard Mayer geweiht werden. Diese Kirche ist zwar in der Regierungszeit des Würzburger Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn erbaut worden, doch er war nicht Bauherr, das war das Benediktinerkloster Theres. Den Großteil der Baukosten mußte freilich die Gemeinde tragen.

Von den Bränden, die 1787 und 1791 den größten Teil des Dorfes zerstörten, blieb die freistehende Kirche verschont. Von der barocken Ausstattung ist dennoch nur noch die vom Würzburger Orgelbaumeister Johann Philipp Seuffert 1736 hergestellte Orgel erhalten, weil 1875 fast die gesamte barocke Einrichtung durch eine neugotische ersetzt wurde. An der Westseite der Kirche liegen zwei Emporen mit Stuckmarmor-Balustraden übereinander, und die untere Empore springt mit einem achteckigen Balkon für den Organisten in den Raum vor. Aber auch die neugotische Einrichtung wurde wieder ersetzt, denn der Löffelsterzer Pfarrer kaufte im Jahr 1900 die jetzige Rokokoausstattung aus der Zeit um 1750 in Augsburg und baute den Hochaltar und die zwei Seitenaltäre ein. Die Gemälde wurden alle später als die Altäre angefertigt. Das Altarblatt des Hochaltars zeigt die Geburt Christi in Bethlehem, und auch die Seitenaltäre zeigen auf ihren Altarblättern Schlüsselszenen aus dem Leben Christi. Alle drei sind Arbeiten des Münchener Malers Franz Krombach (27.7.1853-27.3.1908). 1965-1966 erfolgte eine Innenrenovierung mit Umgestaltung des Chorraumes. 1993 erfolgte eine Außenrenovierung. Bei einer erneuten Innenraum-Restaurierung in den Jahren 2005-2006 wurde der Chorraum neu gestaltet, dabei wurden ein neuer Volksaltar und ein neuer Ambo hinzugefügt.

An der Südseite der Kirche befindet sich eine typisch Echter-zeitliche Bautafel mit folgendem Wortlaut der den größten Teil der Fläche einnehmenden Inschrift: "Wiltu wißen In einer Sum / Was Uber vierzig Jar Herumb / Bischoff Julius Zu Gottes ehr / Im Stifft Gestifftet Hab So Hör / Kirchen Spital Clöster vnd Schloß / Ambts raths pfarr schül schüthäuser gros / Auch dies Kircher Restauriren thut / Bflantzt alte Lehr vnd sitten gut / 1614" - sinngemäß: Willst du wissen in einer Summe, was in etwa über 40 Jahren Bischof Julius alles gestiftet hat im Hochstift, so höre: Kirchen, Spitäler, Klöster und Schlösser, Amts-, Rat-, Pfarr-, Schul- und große Schütthäuser. Er hat auch diese Kirche restaurieren lassen, um die alte Lehre und die Sitten zu fördern. Eine inhaltlich nahezu gleiche Bautafel ist an der Kirche in Rieden (zu Hausen bei Würzburg, Landkreis Würzburg) angebracht.

Das Wappen des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn (18.3.1545-13.9.1617, amtierte 1573-1617) ist oben in der ovalen Kartusche angebracht und geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Blau ein silberner Schrägbalken, belegt mit drei blauen Ringen, Stammwappen der Echter von Mespelbrunn, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Die ovale Zierkartusche wird von zwei geflügelten Engelsköpfen flankiert.

Löffelsterz ist seit 1569 eine Filiale der Pfarrei Marktsteinach. Zusammen bilden Marktsteinach (alte und neue Pfarrkirche St. Bartholomäus), Löffelsterz, Albersfeld (Hl. Dreikönig), Rednershof (Kapelle Maria Heimsuchung) und Waldsachsen (St. Laurentius) die Pfarreiengemeinschaft Maria Königin vom Kolben.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.0910975,10.3657846,19z - https://www.google.de/maps/@50.0910975,10.3657846,161m/data=!3m1!1e3
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe, hrsg. vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein, Würzburg, 1974, 192 S.
Julius Echter von Mespelbrunn in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Echter_von_Mespelbrunn
Julius Echter von Mespelbrunn im Würzburg-Wiki:
https://wuerzburgwiki.de/wiki/Julius_Echter_von_Mespelbrunn
Rainer Leng: Julius Echter von Mespelbrunn, Fürstbischof von Würzburg, hrsg. vom Mainfränkischen Museum, Würzburg 2013, ISBN 978-3-932461-35-4
Rainer Leng, Wolfgang Schneider, Stefanie Weidmann (Hrsg.): Julius Echter 1573-1617, der umstrittene Fürstbischof, eine Ausstellung nach 400 Jahren,  Quellen und Forschungen zur Geschichte von Bistum und Hochstift Würzburg, Echter Verlag, Würzburg 2017, ISBN 978-3429043261
Götz Freiherr von Pölnitz: Julius Echter von Mespelbrunn, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-00191-5, S. 655 f. -
https://www.deutsche-biographie.de/gnd118528696.html#ndbcontent - https://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016327/images/index.html?seite=669
Alfred Wendehorst (Bearb.): Das Bistum Würzburg 3: Die Bischofsreihe von 1455 bis 1617, Germania Sacra Neue Folge Nr. 13, De Gruyter, Berlin/New York 1978, ISBN: 978-3-11-007475-8 -
https://rep.adw-goe.de/handle/11858/00-001S-0000-0003-16E3-3 - https://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858/00-001S-0000-0003-16E3-3/NF%2013%20Wendehorst%20W%c3%bcrzb.%20Bfsreihe%201455%e2%80%931617.pdf?sequence=1&isAllowed=y
Informationstafel an der Kirche
Bei Schock-Werner fehlt diese Kirche im Textteil.
Löffelsterz auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Löffelsterz_(Schonungen)
Erich Schröder: Löffelsterz auf dem Schlettach, das Dorf und seine Menschen, Chronik, Schlettach-Verlag, Löffelsterz 1994, 304 S.
Geschichte der Pfarreien:
https://pg-marktsteinach.de/pfarreien
Pfarreiengemeinschaft Maria Königin vom Kolben:
https://www.pg-marktsteinach.de/

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