Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1113
Meißen (Sachsen)

Stadttheater / ehem. Gewandhaus

Baugeschichte
Trotz der modernen und nüchternen Vorhalle steckt im Stadttheater Meißen ein historischer Bau aus der Renaissance, wie man an den Seiten an den gekoppelten Doppelfenstern des schlichten, langgezogenen Gebäudes erkennt. Es wurde auch nicht als Theater erbaut, sondern als Gewandhaus, also als Kauf- und Lagerhaus inmitten des umgebenden Marktes. Als Gewandhaus ersetzte der 1545-1550 entstandene Renaissanceneubau von Ambrosius Ottenbach ältere Vorgängerbauten, denn ein Gewandhaus wurde erstmals hier 1287 genannt, und sowohl 1329 als auch 1442 wurden Umbauten an diesem Vorgängerbau durchgeführt. Dieser Neubau aus der Mitte des 16. Jh. ist jedoch nicht unverändert auf uns gekommen, nach einem Brand im Jahre 1689 wurde der Wiederaufbau etwas vereinfachend vorgenommen, insbesondere die Schmuckgiebel wurden eingespart. Zum Theater wurde das Gebäude im 19. Jh., ein Umbau von Andreas Romberg im Jahre 1851 richtete die benötigten Räumlichkeiten ein. 1951 und 1956/57 wurde grundlegend modernisiert, aus dieser Zeit stammt auch der zweigeschossige, nichtssagende moderne Vorbau. Die letzte Modernisierung fand 2003/04 nach den Hochwasserschäden des Jahres 2002 statt.

An seiner Ostseite zur Leipziger Straße hin befinden sich die beiden unten beschriebenen Wappensteine. Diese beiden Sandsteinarbeiten befinden sich nicht mehr am ursprünglichen Ort: Einst waren sie an der südlichen Schmalseite, die den Haupteingang enthielt. Als dort in der Mitte des 20. Jh. der Vorbau angesetzt wurde, mußten die Wappen an die Seitenwand weichen. Dennoch gehören sie zu den wenigen erhaltenen Steinen, die einst das ursprüngliche Antlitz des Gewandhauses prägten.

Herzoglich-sächsisches Wappen
Das obere Wappen an der Ostseite des Bauwerks unterhalb der Fenster des zweiten Obergeschosses ist auf 1545 datiert, also vor dem Übergang der Kurwürde und des Kurlandes von der ernestinischen auf die albertinische Linie. Entsprechend fehlen diese Elemente sowohl im Schild als auch in der Helmzier. Konkret ist dieses Wappen Moritz v. Sachsen (21.3.1521 - 11.7.1553) zuzuordnen, 1541 Herzog, 4.6.1547 - 1553 Kurfürst von Sachsen (1. Kurfürst albertinischer Linie). Aufbau des herzoglich sächsischen Wappens:

Drei Helme:

Helmdecken rechts rot-silbern, links rot-silbern.

Genealogie der albertinischen Linie, Kurfürstentum Sachsen (1)

Stadtwappen Meißen
Unter dem herzoglich-sächsischen Wappen befindet sich ein zweites, kleineres, ebenfalls auf 1545 datiertes Sandsteinrelief mit dem Stadtwappen von Meißen, in Gold ein rotbewehrter schwarzer Löwe, der einen roten Zinnenturm mit rotem Spitzdach hält. Das Spitzdach wird u. a. bei Hupp und Decku früher mit blauer Farbe abgebildet, heute wird es von der Stadt mit roter Farbe geführt. Der schwarze Löwe in Gold ist das Wappen der Markgrafen von Meißen, der dem Wappen der ehemaligen Herrscher entlehnt und mit einem Turm als Symbol für die Stadt kombiniert wurde. Bei diesem Turm finden wir eine eigentlich in der Heraldik unübliche perspektivische Darstellung. Das heute in Gebrauch befindliche Stadtwappen erscheint ab 1522 in den Stadtsiegeln.

Das Stadtwappen wird als Vollwappen geführt, mit dem Oberwappen der Markgrafschaft Meißen, mit einem wachsenden, rot-silbern gestreiften Mannesrumpf als Helmzier mit bärtigem Haupte und mit rot-silbern gestreifter Mütze (Judenmütze, Heidenmütze), an der eine natürliche Pfauenquaste hängt. Helmdecken rot-silbern.

Während das herzoglich-sächsische Wappen die Landeshoheit und die Herrschaft über die Stadt ausdrückt, ist das Stadtwappen Symbol dafür, daß das Gewandhaus ein städtischer Bau im Eigentum der Stadt Meißen war.

Literatur
Siebmachers Wappenbücher
Claus-Dirk Langer: Architekturführer Meißen: Die Bauten von A bis Z, Meißen 2006, ISBN 978-3-00-018806-0
Günter Naumann: Stadtführer Meißen, Sehenswürdiges, Wissenswertes und Unterhaltsames, 6. Auflage 2005, Edition Lerchl, Meißen, ISBN 3-9803364-2-5

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