Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1133
Meißen (Sachsen)

Meißen, Domplatz 7

Die Dompropstei
Mit roten Gewänden spätgotischer Vorhangbogenfenster präsentiert sich heute die ehemalige Dompropstei (Domplatz 7) in Meißen. Der Bau ist zweistöckig und gliedert sich ein in die lange Flucht der Domherrenhäuser auf der Südseite der Burgbergbebauung. Das spitzbogige Portal führt in einen von drei Gebäudeflügeln umgebenen, fast quadratischen Innenhof mit umlaufenden Galerien im Obergeschoß. Das Gebäude wurde 1497-1503 auf älterer Bebauung errichtet im Auftrag des Meißener Dompropstes Melchior von Meckau. Ganz rechts am Gebäude ist eine Tafel mit der Jahreszahl 1497 eingelassen, die den Baubeginn markiert. Es war seinerseits eine Stiftung, jener Melchior von Meckau war als Bischof von Brixen und Anteilseigner an Fugger-Geschäften einer der reichsten Männer der damaligen Zeit. Heute ist hier ein Verwaltungssitz des Hochstiftes Meißen. Der stilvolle Innenhof und die Säle werden heute kulturell genutzt (Konzerte, Tagungen).

Sowohl die Tordurchfahrt als auch das kleinere Portal unter dem effektvollen Wappenstein sind in Form spätgotischer Sitznischenportale gestaltet, wobei das mittlere Nischenelement von beiden verwendet wird. Die zwischen Eingang und Wappenfeld befindliche Inschrift lautet: "MELCHIOR HAS EDES POSVIT COGNOMINE MECKAV PREPOSITVS HVIVS DVM FORET ECCLESIE BRIXINA CVI KATHEDRAM RVBRVM CVI ROMA GALERVM CONTVLERAT DINGNO QVO VIS HONORE VIRO" - Melchior baute dieses Haus mit dem Zunamen Meckau, als er Vorsteher dieser Kirche war, dem Brixen den Bischofsstuhl verliehen hatte und Rom den Galero (Kardinalshut), einem Mann, der aller Ehre würdig ist.

Melchior von Meckau - sein Leben
ca. 1440 geboren als Sproß eines Meißener Ministerialengeschlechts
1458 Studium in Leipzig
1459 Studium in Bologna
1463- 1486 diverse Ämter in Rom, päpstlicher Familiar, Mitglied der Anima-Bruderschaft
vor 1470 Inhaber einer Domkustodie von Naumburg
1470 Mitglied im Domkapitel von Brixen
1471 Domkanonikat in Meißen
1474 Mitglied im Domkapitel von Freising
1477 Propstei am Kollegiatstift Zeitz
1479 Dompropst in Magdeburg
1482 Dompropst in Meißen, Koadjutor von Georg Golser, des Bischofs von Brixen
1488 Bischof von Brixen, der erste Humanist auf dem Brixener Bischofsstuhl
1489 Mitglied im Domkapitel von Passau, Abhaltung der Diözesansynode
ab 1497/98 Präsident der kaiserlichen Hofkammer
1503 Kardinal, was seitens Alexanders VI. (1492-1503) ein Dank für die stete und erhebliche finanzielle Unterstützung des Kaisers war.
3.3.1509 gestorben in Rom, Beisetzung in der Kirche Santa Maria in Ara Coeli auf dem Kapitol

Das Wappen
Der Wappenstein setzt sich aus drei einzelnen Wappenschilden zusammen. Der zentrale, von zwei Engeln gehaltene Schild mit dem Familienwappen von Meckau wird von einem Kardinalshut (roter Galero) mit roten Schnüren und einer Troddel (fiocchi) auf jeder Seite überhöht und von zwei weiß gekleideten, golden geflügelten Engeln gehalten, eine Hand am Schild, eine am Galero. Der Schild folgt hier der italienischen Mode eines Roßstirnschildes. Unterhalb dieses Arrangements befinden sich die beiden Schilde seiner geistlichen Ämter, jeweils mit einer goldverzierten Bischöfsmütze besetzt, von der sich lange Bänder in den Farben Gold und Silber seitlich herabwinden. Alles wird von einem Bogen aus zwei sich oben in der Mitte überkreuzenden Ästen eingerahmt.

Das Familienwappen von Meckau zeigt in Rot drei (2:1) goldene Wurfschaufeln oder Mehlschaufeln. Helmzier wäre eine aufrechte goldene Wurfschaufel, oben mit einem Pfauenstoß besteckt. Helmdecken wären rot-golden. Die meißnische und merseburgische Familie ist im 16. Jh. im Meißnischen erloschen, die damit in Verbindung gebrachten österreichischen von Meggau sind 1644 im Mannesstamm erloschen.

Das seit 1027 reichsfürstliche Hochstift Brixen führt zwei verschiedene Wappen. Das eine (linke Abb.) zeigt in Rot ein goldennimbiertes, widersehendes silbernes Agnus Dei (Gotteslamm), das mit dem rechten Vorderbein ein silbernes Banner (Osterfahne) mit rotem Kreuz an silberner Querstange schultert. Hier kommt es im Bereich der Fahne zu farblichen Abweichungen, das Blau-Gold derselben ist verfehlt. Die Darstellung kann variieren: Die Fahne kann sowohl mit dem rechten als auch mit dem linken Fuß gehalten werden oder einfach hinter dem Lamm stehen. Das Lamm kann normal nach vorne blicken oder aber wie hier widersehend sein, was meistens im Zusammenhang mit dem zweiten Wappen mit dem Adler geschieht. Neben dem Agnus-Dei-Wappen führte das Hochstift Brixen noch ein zweites Wappen, das in Silber (!) einen roten (!) Adler (bisweilen golden bewehrt und gekrönt) mit aufgelegtem Bischofsstab (balkenweise, Krümme nach oben oder nach unten) zeigt. Manchmal fehlt der Bischofsstab, so z. B. in der Siebmacher-Darstellung des Platzgumer-Wappens. Die Wurzel dieses Motivs ist der Tiroler Adler. Beide Wappen werden gemeinsam oder einzeln geführt. Erstmalig taucht das Adlerwappen in der Züricher Wappenrolle als Heerbannfahne auf. Das Adler-Wappen wird dem Hochstift, also dem Fürstentum zugeordnet, das Agnus-Dei-Wappen dem geistlichen Bistum Brixen. Die Stadt Brixen, die der unmittelbaren Kontrolle der Bischöfe unterstand, führt ebenso das Lamm. Das 18. Jh. sieht das Adlerwappen als Wappen des Domkapitels an, was aber nicht ganz korrekt ist. Auf Sedisvakanzmünzen 1747 und 1779 findet man beispielsweise nur das Adlerwappen, weil in diesem Fall das Domkapitel die Belange eines Reichsfürstentums regelte. Das Domkapitel führte in mittelalterlicher Zeit ein Wappen mit einer Darstellung des Heiligen Ingenuin (Bischof von Säben), erstmals dargestellt auf einer Urkunde von 1256, ab 1273 noch zusätzlich mit Sonne und Mond. Und später kam das doppelte Wappen wie beschrieben in Gebrauch, dann wurde ihm das Adlerwappen alleine zugeordnet. Zurück zum Lamm-Wappen: Dieses war als Zeichen der Barren aus den bischöflichen Bergwerken so bekannt, daß das Eisen der Bischöfe die Bezeichnung "ferro d'agnello" trug. Hier in dieser Darstellung an der Dompropstei tauchen zeitgemäß noch keine weiteren kirchenfürstlichen Insignien wie Fürstenhut, Schwert oder Krummstab auf, es ist die reichgeschmückte Mitra, die sie als Bischofswappen ausweist.

Man achte hier auf die Verwechslungsgefahr, denn das Hochstift Meißen führte ebenfalls ein Gotteslamm - nur: Bischof von Meißen war der geschäftstüchtige, verbindungsbewußte und zutiefst mit Finanzen, Klerus und Politik auf internationaler Ebene verfilzte Melchior von Meckau nicht.

Abb.: Mit Kielbögen abgeschlossene Baldachine über den Sitznischen seitlich der Portale, geschmückt mit Krabben, Kreuzblume und phantasievollem Astwerk.

Die gesamte Fassade wurde übrigens nach vorhandenem Befund 1909 von Hugo Hartung erneuert, was den "guten Zustand" der Steinmetzarbeiten erklärt, und 1993 restauriert.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Claus-Dirk Langer: Architekturführer Meißen: Die Bauten von A bis Z, Meißen 2006, ISBN 978-3-00-018806-0
Günter Naumann: Stadtführer Meißen, Sehenswürdiges, Wissenswertes und Unterhaltsames, 6. Auflage 2005, Edition Lerchl, Meißen, ISBN 3-9803364-2-5
Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Rainald Becker, Melchior (Copis) von Meckau (Meck, Meggau, Mekow, Mechuw, Mectow),  in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V., bearb. von Martina Schattkowsky, Online-Ausgabe: http://saebi.isgv.de/biografie/Melchior_von_Meckau_(um_1440-1509)
Hermann Kellenbenz, Melchior v. Meckau (Meggau), in: Neue Deutsche Biographie, Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 7 f., online:
http://www.deutsche-biographie.de/sfz61381.html

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