Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 189
Iphofen (Landkreis Kitzingen, Unterfranken)

Iphofen, Rentamt, Knauf-Museum

Dieser Bau im Zentrum von Iphofen wurde 1688-1693 erbaut als Wirtshaus (Schenkstatt, "gmeiner Statt Wirtzhauses zum geharnischten Mann") der Stadt Iphofen. Vom Stil her ist das Gebäude zwar noch stark von der ausklingenden Renaissance beeinflußt, im Wesen deutet es aber schon den künstlerischen Aufbruch in das barocke Zeitalter an. Das Anwesen gilt als der erste Barockbau Iphofens. Zwischenzeitlich (1716-1718) wurden hier auch Ratssitzungen der Stadt Iphofen abgehalten, als das Rathaus gerade neu errichtet wurde. Ab 1723 war es das fürstbischöfliche Amtshaus und die Kellerei, nachdem der ganze Komplex im Austausch gegen den Zehntkeller und mit Aufzahlung von 4200 Gulden an den Fürstbischof von Würzburg überging. Nach der Säkularisation und der Abwicklung des Fürstbistums Würzburg war dieses Gebäude erst im Besitz der Kurfürsten von Bayern, dann von Preußen, dann in französischem Besitz (Tilsiter Friedensvertrag), seit 1810 endgültig im Besitz Bayerns. Hier war seit 1805 der Sitz des Landgericht-Rentamts, seit 1857 des Forstamts. 1967 wurde das Anwesen von der Fa. Knauf Gips KG erworben, die es erst für Büroräume nutzte.

Der Gips-Fabrikant und Kunstmäzen Dr. Alfons N. Knauf baute das Gebäude anschließend zu einem privaten Museum um. Seit 1983 wird das repräsentative Gebäude als öffentlich zugängliches Museum (Knauf-Museum) genutzt. Kern der Ausstellung ist eine einmalige Reliefsammlung wichtiger Kulturepochen, von Mesopotamien über Ägypten, Rom, Griechenland bis zu den Kulturen des alten Amerikas, in insgesamt 205 meisterlichen Abgüssen, die von Dr. Alfons N. Knauf und seinem Bruder Karl Knauf in über zehn Jahre langer Arbeit in den bedeutendsten Museen der Welt, teilweise auch am Originalstandort abgeformt und zusammengetragen wurden. Besonders hervorzuheben sind die Grenzstele des Sesostris III. aus dem Ägyptischen Museum Berlin, die Gesetzesstele des Hammurabi aus dem Louvre, der Rosette-Stein aus dem British Museum. Abformungen von vor Ort befindlichen Kunstwerken wurden im oberägyptischen Theben, in Griechenland, im Iran, in der irischen Klosteranlage von Clonmacnois und in den Ruinenstädten Mittelamerikas. In dem Museum werden auch hochkarätige Sonderausstellungen gezeigt. Die Sammlungen werden in eigenen Publikationen wissenschaftlich aufgearbeitet, erschienen sind über die Dauerausstellung die Hefte "Eine spannende Reise durch das Land der Pharaonen", "Reliefsammlung der großen Kulturepochen", "Ein Besuch bei den Azteken, Maya und Inka", "Ethnographische Streifzüge", dazu kommen die Publikationen zu den jeweiligen Sonderausstellungen.

Abb. links: älteres Photo 2006, noch ohne Farbfassung. Abb. rechts: renovierte Fassade 2014

Das Portal zeigt zwei markante Fratzen, die sich im Schlußstein wiederholen, darüber ist das Jahr der Vollendung eingemeißelt: 1693. Über dem Eingangstor ist das Wappen des Würzburger Fürstbischofs Johann Gottfried von Guttenberg (reg. 1684-1698) dargestellt, also des zur Zeit der Errichtung herrschenden Fürstbischofs. Das Stammwappen derer von Guttenberg findet sich in den Feldern 2 und 3. Es zeigt in Blau eine goldene Rose mit eigentlich doppelter Blattlage und mit goldenem Butzen. Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Aus den helmdeckenartigen seitlichen Ornamenten, die mangels Helm keine echten Helmdecken sind, wachsen zwei Putten hervor, die über der von einem Laubkranz eingerahmten Kartusche einen Fürsten- oder Herzogshut halten. Hinter den beiden Putten ragen seitlich das gestürzte Schwert und der Krummstab hervor.

neuere Aufnahme mit farbig gefaßtem Wappenstein 2014

Zum Wappen Guttenberg würde gehören: Helmzier: Ein hermelingestulpter roter Hut, aus dem fünf rotbraune (natürliche) Rohrkolben wachsen. Helmdecken rot-silbern. Die von Guttenberg sind eine der wichtigsten und prominentesten Familien Frankens, die stets eine Rolle als Bischöfe, Kanoniker, Gelehrte, Diplomaten und Heerführer gespielt haben. Und sie sind auch eine der ältesten Familien, sie stammen wie auch die Künsberg von den von Blassenberg (Plassenburg) ab, einem Ministerialengeschlecht der Andechs-Meranier, einst Vögte auf der Plassenburg bei Kulmbach. Die von Guttenberg gaben sich den neuen Namen mit dem Bau ihrer Stammburg, die ebenfalls in der Nähe von Kulmbach liegt. Im Kanton Gebirg stellten sie mit Achatz von Guttenberg, 1607, Georg Enoch von Guttenberg 1660 und Marquard Carl Ludwig von Guttenberg 1743 drei Ritterhauptleute. Mitglieder der Familie waren im Dienste von Kurmainz, Würzburg, Bamberg, Pfalz-Sulzbach und Brandenburg-Kulmbach tätig. Neben dem herausragendsten Mitglied der Familie, dem Würzburger Fürstbischof Johann Gottfried von Guttenberg, gab es viele kirchliche Würdenträger, Deutschordensritter, Malteserritter. Christoph Ernst von Guttenberg tritt als Abt von St. Michael in Bamberg (1653-1729) hervor. Zwischen 1454 und 1847 stellten sie allein in Würzburg 26 Domherren. Sie waren ferner Erbmarschälle des Herzogtums Ostfranken. Die Burg Salzburg bei Neustadt ist heute im Besitz der Familie, wobei das angrenzende Rhön-Klinikum dem Engagement der Familie sehr viel verdankt.

Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Liste der Würzburger Fürstbischöfe:
Rudolf II. von Scherenberg 1466-1495
Lorenz von Bibra 1495-1519
Konrad II. von Thüngen 1519-1540
Konrad III. von Bibra 1540-1544
Melchior Zobel von Giebelstadt 1544-1558
Friedrich von Wirsberg 1558-1573
Julius Echter von Mespelbrunn 1573-1617
Johann Gottfried von Aschhausen 1617-1622
Philipp Adolf von Ehrenberg 1623-1631
Franz von Hatzfeld 1631-1642
Johann Philipp von Schönborn (desgl. Erzbischof von Mainz) 1642-1673
Johann Hartmann von Rosenbach 1673-1675
Peter Philipp von Dernbach (desgl. Bischof von Bamberg) 1675-1683
Konrad Wilhelm von Wernau 1683-1684
Johann Gottfried von Guttenberg 1684-1698
Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths 1699-1719
Johann Philipp Franz von Schönborn 1719-1724
Christoph Franz von Hutten 1724-1729
Friedrich Carl von Schönborn (desgl. Bischof von Bamberg) 1729-1746
Anselm Franz von Ingelheim 1746-1749
Karl Philipp von Greiffenclau-Vollraths 1749-1754
Adam Friedrich von Seinsheim (desgl. Bischof von Bamberg) 1755-1779

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.7039184,10.2604766,19.92z - https://www.google.de/maps/@49.7038714,10.2605123,72m/data=!3m1!1e3
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
Siebmachers Wappenbücher
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag - Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Knauf-Museum:
https://www.knauf-museum.de/ - Geschichte: https://www.knauf-museum.de/dauerausstellung/historie - Museumsflyer: https://www.knauf-museum.de/images/stories/site/dauerausstellung/Flyer_Dauerausstellung.pdf
Seite der Stadt Iphofen:
https://www.iphofen.de/ - https://www.iphofen.de/vor-ort/freizeittipps/knauf-museum/
Kulturpfad Castell:
http://www.kulturpfad-grafen-castell.de/html/body_iphofen.html

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