Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 320
Mainz - Erzbischöfe, Kurfürsten, Adelspaläste

Das Schloß in Mainz - Teil (11)
Heraldischer Bauschmuck des Johann Friedrich Karl von Ostein (1743-1763)

Von Johann Friedrich Karl von Ostein gibt es am kurfürstlichen Schloß zwei Wappentypen. Einerseits taucht genau viermal ein vollständiges Amtswappen auf, wobei dieser Fall bereits in zwei separaten Kapiteln beschrieben wurde. Andererseits finden wir am Schloß etliche kleine Kartuschen nur mit dem Familienwappen. Das betrifft den gesamten Nordflügel, der unter ihm im Außenbau vollendet wurde, und den nördlichen, rheinseitigen Teil des Rheinflügels, weil er nur diese Fassade hochzog, während auf der Hofseite ein Amtsvorgänger bereits gearbeitet hatte. Rheinseitig hatte die Martinsburg ein dortiges Weiterbauen verhindert, so daß dieser Teil erst unter von Ostein fertiggestellt werden konnte. Die betreffenden hofseitigen Fensterachsen enthalten alle im Erdgeschoß seine Wappenkartusche im Fenstergiebel und auf den Metopen, wobei dort nicht alle Kartuschen mit dem Motiv gefüllt sind, sondern heute leer sind, ebenso wie die Kartuschen in den Brüstungen des ersten Obergeschosses heute leer sind, sowie im zweiten Obergeschoß sein in üppige Ornamentik eingebettetes Monogramm auf den Fensterbrüstungen. Rheinseitig ist das Gestaltungsschema etwas abweichend, ohne Metopenfüllungen, dafür aber mit Kartuschen im Sockelbereich.

Abb.: Markierung des Vorkommens der Kartusche von Johann Friedrich Karl von Ostein an dem rechten Teil der rheinseitigen (östlichen) Fassade des Rheinflügels.

 

Markierung des Vorkommens der Kartusche von Johann Friedrich Karl von Ostein, in der Abb. links an einem Abschnitt der rheinseitigen (östlichen) Fassade des Rheinflügels, in der Abb. rechts an der hofseitigen (südlichen) Fassade des Nordflügels. Die roten Markierungen kennzeichnen Kartuschen mit Inhalt, die rosafarbenen solche ohne Inhalt.

Abb.: Markierung des Vorkommens der Kartusche von Johann Friedrich Karl von Ostein an dem rheinseitigen (östlichen) Abschluß des Nordflügels.

Johann Friedrich Karl von Ostein, seit 1712 Reichsgraf, hatte zwei Bistümer inne: 1743-1763 Mainz, und 1756-1763 Worms. Sein frühes Wappen nur als Erzbischof von Mainz ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein silbernes, sechsspeichiges Rad, Erzstift Mainz, Feld 2 und 3: in Blau ein springender, goldener, rot gezungter Windhund mit rotem Halsband, Stammwappen von Ostein. Als Oberwappen findet man stets den Kurhut auf dem oberen Schildrand und das gestürzte Schwert sowie den Krummstab hinter dem Schild schräggekreuzt. Hier am Mainzer Schloß wird Heraldik jedoch zum Ornament: Das Wappen wird wieder aufgetrennt in das Mainzer Rad und den Osteiner Windhund, und jede Komponente für sich wird als Kartuscheninhalt ornamental eingesetzt.

 

Die obigen Abb. stammen von der Nordseite des Nordflügels. Die Sockel der großen Gliederungspilaster tragen außen zweimal den Osteiner Hund (in Blau ein goldener Hund mit rotem Halsband und ebensolcher Zunge), spiegelbildlich nach innen gewendet, in der Mitte das Mainzer Rad.

Beide Abb. oben: Fensterverdachungen der hofseitigen Erdgeschoßfenster des Nordflügels. Wie bei den anderen Flügeln auch hielt man sich hier an die gestalterische Vorgabe mit einem von einem Kurhut überhöhten Wappen im Sprenggiebel und zwei weiteren Kartuschen in den Metopen. An dieser Seite sind die Metopenkartuschen jedoch durchgehend inhaltsleer, vermutlich hat man hier in revolutionärem Wahn alle Symbole herausgeschlagen und noch nicht restauriert. Auch wenn das Gestaltungsmodell des ersten Bauherrn von seinen Nachfolgern kontinuierlich beibehalten wurde, so zeigt sich die Änderung der Zeiten und des ästhetischen Empfindens dennoch in kleinen Details wie der genauen Form der Kartuschen, die hier zunehmend barock und asymmetrisch werden.

Die fünf vorstehenden Abbildungen zeigen Fensterbrüstungen des ersten Obergeschosses auf der Südseite des Rheinflügels. Im Gegensatz zu den hofseitigen Gegenstücken des Nordflügels sind hier die heraldischen Inhalte der Kartuschen vorhanden. Der Hund ist hier meistens linksgewendet.

Die vorstehende Abbildung zeigt einen oberen Fensterabschluß des Erdgeschosses auf der Südseite des Rheinflügels. Im Gegensatz zu den hofseitigen Gegenstücken des Rheinflügels ist hier die Gestaltung einfacher; die doppelte Wiederholung der Kartusche in einer Metopenreihe entfällt.

 

Die drei vorstehenden Abbildungen zeigen Sockelgestaltungen des östlichen Abschlusses des Nordflügels. Die Sockel der großen Gliederungspilaster tragen außen zweimal den Osteiner Hund (in Blau ein goldener Hund mit rotem Halsband und ebensolcher Zunge), spiegelbildlich nach innen gewendet, in der Mitte das Mainzer Rad. Die Kartuschenform ist ein winziger Hinweis auf die späte Bauzeit.

Der schmiedeeiserne und teilvergoldete Balkon an der Nordseite des Nordflügels trägt das Monogramm IFC für Johann (Iohannes) Friedrich (Fridericus) Karl (Carolus) von Ostein in einer Kartusche von leichter ovaler Vierpaßform. Unten eine Detailvergrößerung.

Zusätzlich folgt dieser Fürstbischof der gestalterischen Vorgabe seiner Vorgänger, indem auch er auf den Brüstungen der Fenster des zweiten Obergeschosses sein Monogramm IFC inmitten der Ornamentik einbaut (beide Abb. unten), so daß auch in dieser Hinsicht die gestalterische Kontinuität gewahrt bleibt.

Literatur:
Baedeker: Mainz, Karl Baedeker-Verlag, 2004. ISBN 3-87954-074-8
Werner Schäfke: Der Rhein von Mainz bis Köln, eine Reise durch das romantische Rheintal, DuMont Kunstreiseführer, DuMont Verlag, Köln 2006, ISBN 978-3-7701-4799-1
Siebmachers Wappenbuch.
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen Vierteljahresblätter".
http://www.ccmainz.de/cms/index.php?id=51
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Stadt Mainz, Band 2.2: Altstadt, bearb. von Ewald Wegner, hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz 1988, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 3. Auflage 1997, ISBN 3-88462-139-4, S. 164-169

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