Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 479
Hammelburg (Franken)

Das Kellereischloß in Hammelburg - Teil (1): Wappen Nr. 1

Hammelburg – früher mal ein Verkehrsknotenpunkt
Hammelburg – heute ländlich-fränkische Idylle. Früher kreuzten sich hier wichtige Handelsstraßen, z. B. verlief hier der Ortesweg, eine Altstraße, und der Ort lag an einer Furt durch die Fränkische Saale. Schon früh taucht dieser damals verkehrstechnisch interessant gelegene Ort in der Geschichte auf: In fränkischer Zeit gab es hier schon einen befestigten Hof namens Hamulo castellum, der schon im Jahre 716 in einer Urkunde erwähnt wird. Hamulo castellum heißt nicht mehr als „Burg am Hang“. Der fränkisch-thüringische Herzog, Hedan mit Namen, spendete diesen seinen ererbten Besitz an Willibrord, dem Friesen-Apostel.

Zwischen Würzburg und Fulda
Durch geteilte Schenkung kam es zu einer eigenartigen Konstellation in Hammelburg: Durch Schenkung von Karlmann im Jahre 741 gelangte einerseits die Kirche der Ansiedlung, die Martinskirche, an das Bistum Würzburg, durch Schenkung von Karl dem Großen gelangte aber der Ort und die Grundherrschaft an Fulda. Die Urkunde aus dem Jahre 777 vom 7. Januar, in der Karl der Große diese Schenkung tätigt, ist übrigens die älteste Urkunde im Bayerischen Hauptstaatsarchiv. Das Ergebnis war, daß Hammelburg besitzrechtlich zur Abtei Fulda gehörte, die hier kurz darauf eine Propstei zur Verwaltung einrichtete, kirchenrechtlich aber zum Bistum Würzburg.

Zwei Burgen belauern sich
Auf der linken Seite der Saale baute Fulda die Burg Saaleck zum Schutze Hammelburgs und des Saaleüberganges, vermutlich schon im 12. Jh. Hammelburg war das südlichste Amt des Klosters Fulda, als Geschenk Karls des Großen erhalten. Das Jahr der ersten Nennung der Saaleck ist 1228. Denn in Sichtweite stand die Trimburg, im Besitz der Grafen von Henneberg, die von dort aus voller Begehr auf den Ort schauten. Daraus wurde nichts, denn das Bistum Würzburg entwand im Jahre 1234 den Hennebergern die Trimburg. Für Fulda auf der anderen Seite der Saale Grund genug, die Burg Saaleck weiter auszubauen und zu befestigen. Der 12 m dicke Bergfried mit 3,50 m breitem Basismauerwerk ist ein deutliches Zeichen der Verteidigungsbereitschaft der Burg gegen die Würzburger Fürstbischöfe. Bis zur Säkularisierung blieb die Saaleck in der Hand Fuldas. Auch Hammelburg selber wurde angesichts der fortifikatorischen Präsenz des alten Konkurrenten und Gegners Würzburg weiter befestigt, damals hatte die Befestigung 11 Wehrtürme und 3 Tortürme, davon sind heute noch der Hüter-, der Mönchs- und der Baderturm, ein Teil der südlichen Stadtmauer und der Schloßweiher erhalten. 1303 bekam Hammelburg von König Albrecht die Stadtrechte (Gelnhauser Stadtrecht) verliehen. Hammelburg ist fortan Sitz eines fuldischen Oberamtes. Beide genannten Burgen sind heute Ruine, und stattdessen strahlt das fürstäbtliche Schloß im Sonnenlicht.

Präsenz der Fürstäbte: Das Kellereischloß
Basis des heutigen Baues ist die fürstäbtliche Kellerei von 1573 ff. Der Weinanbau spielte eine wichtige Rolle, und Hammelburg gilt als einer der ältesten Weinorte Frankens. Schon in der Stiftungsurkunde Karls des Großen werden Weinberge genannt. Und der Weinanbau war einer der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren der Stadt und eine wichtige Einnahmequelle für die Abtei Fulda. Entsprechend mußten die Keller-Kapazitäten ausgelegt sein, und angesichts dieser Funktion erklärt sich auch der Name „Kellereischloß“. Unter Beibehaltung der Kellereifundamente und -Keller wurde 1727-1731 das fürstäbtliche Schloß gebaut. Es wird wegen seiner roten Sandsteingewände auch „Rotes Schloß“ genannt. Wappensteine der Vorgängerbauten wurden dabei mit in den neuen Bau integriert. Bauherr war Adolf von Dalberg (geb. am 29.5.1678 in Speyer, Fürstabt von Fulda 1726-1737).

Die Pläne für das barocke Schloß fertigte aller Wahrscheinlichkeit nach der fuldisch-fürstäbtliche Hofarchitekt Andrea(s) Gallasini. Seine Urheberschaft des Entwurfs ist jedoch sehr wahrscheinlich, weil Fürstabt Adolf von Dalberg ihn bevorzugte. Die Baugeschichte und die Verantwortung der jeweiligen Baumeister ist nicht vollständig geklärt, zumal der Bau in eine Zeit fällt, in der Gallasini kurz als Hofbaumeister entlassen war. Andrea(s) Gallasini wurde am 18.1.1727 als Bauinspektor entlassen, und statt seiner wurde Joachim Friedrich Stengel durch Fürstabt Adolph von Dalberg am 10.9.1727 zum fürstlich-fuldaischen Bauinspektor ernannt. Doch Stengel konnte sich nicht dauerhaft durchsetzen, er erkrankte 1728/1729 schwer und fiel letztendlich auch in Ungnade, denn er verließ Fulda 1730 endgültig und ging zunächst nach Gotha. Am 15.8.1730 kam Gallasini wieder in seine ursprüngliche Position, nun als Baumeister. In dieser Interimsphase lag der Baubeginn zweier großer Projekte, die sich sicher Gallasini zuschreiben lassen, der Südflügel und der Rote Bau in der Propstei Johannesberg einerseits und das Kellereischloß in Hammelburg andererseits. Beide Schlösser weisen die typischen Bauformen (Lisenen, Brüstungen, Gesimse, geohrte Fensterrahmen mit konkaven Einziehungen) auf, wie sie für die späteren Arbeiten von Gallasini typisch sind. Vermutlich hat Gallasini die Pläne schon angefertigt, bevor er entlassen wurde. An der Ausführung beteiligt waren noch Adam Flachner als Zimmermann, Christoph Vollrath, Sebastian Binkert und Gottfried Beundner (Paintner) jeweils als Stuckateure sowie Emanuel Wohlhaupter als Maler des Deckengemäldes im Saal. Während das Schloß selbst schon 1728 zumindest im Rohbau fertiggestellt war, änderte man 1731 noch einmal den ursprünglichen Plan und baute zur Saale hin zusätzlich vor den Westflügel einen von Arkaden getragenen Altan mit drei Bögen Breite und einem Bogen Tiefe. Für dieses Altan ist die Urheberschaft Gallasinis gesichert. Die Ausstattungsarbeiten im Inneren dauerten noch etwas länger, so wurde erst am 28.8.1737 der Vertrag zur Ausmalung des Saales geschlossen.

Das Schloß ist eine Vierflügelanlage mit großem Hof, relativ unspektakulärer stadtseitiger Fassade und prächtiger Schauseite zum Stadtgraben und Schloßweiher hin. Der Westflügel ist die Schauseite, schon von weit her sieht man die prächtige Fassade mit zwei Seitenrisaliten und einem Dreiecksgiebel in der Mitte, die Mitte wird noch einmal zusätzlich durch den Arkadenaltan betont. Die Fürstäbte nutzten das Schloß als Sommerresidenz, und der Erbauer starb auch hier am 3.11.1737 in seinem neuen Schloß. Er gilt als einer bedeutenderen Fürstäbte, denn er gründete in Fulda eine Universität, ferner ein Orchester, und vor allem trug er durch seine Bauherrntätigkeit zur Verschönerung von Fulda und der abhängigen Orte bei, ein weiteres von ihm begonnenes Schloß ist Schloß Fasanerie bei Fulda, das sein Nachfolger Amand von Buseck weiterbaute.

Von der ursprünglichen Einrichtung ist nichts erhalten. Im Jahre 1854 wurde das Schloß bei einem Stadtbrand stark beschädigt. Danach wurde das ursprüngliche Aussehen stark verändert, denn bei der Wiederherstellung der abgebrannten Dächer setzte man Zeltdächer auf die Pavillons anstelle der früheren Mansarddächer. Ende der 1980er Jahre stellte man die ursprüngliche Dachform im Rahmen einer Generalsanierung wieder her.

Die Wappensteine des Roten Schlosses
Das Kellereischloß ist reich mit Wappensteinen ausgestattet. Im Innenhofbereich finden sich vier große Wappen des Bauherrn, über jeder der Toreinfahrten eines, immer zwei einander gegenüber. Zusätzlich sind an der Südwand des Innenhofs zwei ältere Wappensteine vermauert. Die Durchfahrt im Südflügel hat außen ebenfalls einen kleinen Wappenstein. Die Schaufront trägt im Giebel ein gigantisches Prunkwappen des Bauherrn, farblich gefaßt, an dem Arkadenaltan ist oben ein weiteres, ferner außen an der Stützmauer der Gartenterrasse. In der Arkade ist linkerhand ein älterer Wappenstein in die Wand eingelassen, und ein weiterer Wappenstein steht frei linkerhand im Garten, so daß wir auf die schier unglaubliche Anzahl von 12 verschiedenen Wappensteinen von vier verschiedenen Fürstäbten an nur einem Schloß kommen.

Wappenstein 1:
Im Dreiecksgiebel des Westflügels befindet sich das prächtigste Wappen des gesamten Schlosses. Hier ist die Schauseite, dieses Wappen kann man bei der Anreise von Westen schon über die gesamte Ebene mit ihren Feldern leuchten sehen. Es handelt sich um das Wappen des Bauherrn des Kellereischlosses, um das des Fürstabtes Adolf von Dalberg (1726-1737).

Das Wappen ist geviert mit Herzschild und wird von zwei doppelschwänzigen Löwen als Schildhaltern flankiert. Hinter dem Wappen gekreuzt Krummstab und Schwert. Das Schwert als Symbol weltlicher Herrschaft durften nur die Fürstäbte führen, nicht die Äbte. Das Pedum ist auswärts gekrümmt. Die Helmdecken sind rechts schwarz-silbern, links blau-golden, überkreuz ausgetauschte Farben der Helmdecken des Familienwappens Dalberg. Es ist das prunkvollste Wappen des ganzen Schlosses und das einzige mit Schildhaltern und allen fünf Helmen und zusätzlicher Devise "CANDORE ET AMORE". Aufbau: Hauptschild geviert, Feld 1 und 4: unter einem goldenen Schildhaupt, in das drei blaue Spitzen aufwärtssteigen, in Blau 6 (3:2:1) silberne Lilien (Stammwappen der Kämmerer von Worms), Feld 2 und 3: in Gold ein schwarzes Ankerkreuz (Stammwappen der von Dalberg), Herzschild: in Silber ein schwarzes durchgehendes Kreuz (Fürstabtei Fulda).

Über dem Wappen stehen fünf Helme:

Update: Renovierung 2020

Alle vorherigen Aufnahmen stammen aus dem Jahr 2007. Das ganze Schloß hat 2020 einen neuen Anstrich bekommen. Anstelle des satten Gelbes wurde ein helleres Chamois verwendet. Dazu bekam das Wappenrelief ein neues Antitaubennetz.

Die überdimensionale Lilie auf der Spitze des Dreiecksgiebels erinnert an die Bekrönung der Floravase vor der Orangerie des Fuldaer Stadtschlosses, unter dem gleichen Bauherrn aufgestellt. Neben der religiösen Symbolik der Lilie ist sie vor allem ein Element des Stammwappens des Fürstabtes.

Die Farben der "Helmdecken" wurden bei dieser Gelegenheit leider nicht korrigiert: Zum Kämmerer-Helm gehören blau-goldene Decken, zum Dalberg-Helm schwarz-goldene Decken. Zu Fulda gehören schwarz-silberne Decken, was sich aber erübrigt, da keine Helmdecken im eigentlichen Sinne existieren, da alle Helme blank sind und keinerlei textile Strukturen mit ihnen in Zusammenhang stehen. Tatsächlich haben wir hier seitlich zwei Ornamente, die Form und Struktur von Helmdecken annehmen. Nur wenn man sie in den Farben der Helmdecken anstreicht, sollte man auch die zum darüberstehenden Helm passenden Farben nehmen. Ansonsten sind die Tinkturen im Schild und bei den Kleinoden korrekt.

Literatur und Links:
Alexander von Reitzenstein, Herbert Brunner, Reclams Kunstführer Deutschland I, 2, Bayern Nord, Franken, Oberpfalz, 9. Auflage, Philipp Reclam Verlag Stuttgart, 1956, ISBN 3-15-010318-5, S. 207 ff.
Siebmachers Wappenbuch, Band Bistümer.
Schlösser und Burgen in Unterfranken, von Anton Rahrbach, Jörg Schöffl, Otto Schramm. Hofmann Verlag Nürnberg 2002, ISBN 3-87191-309-X
Volker Rößner, Sabine Wagner, Sabine Fechter: Andrea(s) Gallasini 1681-1766: Vom Stuckateur zum fürstlichen Baumeister in Fulda, 320 S., Verlag Michael Imhof Verlag, 2018, ISBN-10: 3731907178, ISBN-13: 978-3731907176, S. 250-253

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