Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 812
Bruchsal - Teil (16)

Bruchsal, Wappen 17: Hofapotheke

Hier ist jetzt nicht die oben beschriebene Hofapotheke in den "Hinterhöfen" des Schloßensembles gemeint, sondern die gleichnamige Apotheke in der Friedrichstraße 7. Nach den vielen Wappen des Hugo Damian von Schönborn finden wir hier eine aufregende Abweichung: Es ist das Wappen von Philipp Franz Wilderich von Walderdorff (reg. 1797-1802), dem letzten Fürstbischof von Speyer, der die Säkularisierung der geistlichen Fürstentümer erleben mußte.

Sein Wappen ist wie folgt aufgebaut:

Bestes Licht für's Photographieren: nachmittags.

Graf Philipp Franz Wilderich von Walderdorff, geboren am 2.3.1739, bis zu seiner Wahl Dompropst in Trier, wurde vom Speyerer Domkapitel am 22.4.1797 zum Nachfolger des verstorbenen Damian August Philipp Karl Graf von Limburg-Styrum gewählt. Doch er trat sein Amt in einer schwierigen Zeit an. Die linksrheinischen Gebiete waren besetzt, das Land war durch kriegerische Akte zerrüttet, er regierte nur über einen Rest seines Herrschaftsgebietes. Es brauchte viel Kraft und Entschlossenheit, um die Verhältnisse wieder zu ordnen. Einigen Forderungen seiner Untertanen, die im Zuge der revolutionären Zeit erhoben wurden, mußte er stattgeben, so hob er z. B. am 22.7.1798 die Leibeigenschaft in seinem Lande auf. 1799 überschritten die französischen Truppen zum wiederholten Male den Rhein, und Graf Philipp Franz Wilderich von Walderdorff mußte sein Heil in der Flucht suchen. Erst 1801 traf er wieder in seiner Residenzstadt ein und übernahm dort wieder die Regierungsgeschäfte, auch wenn sich das Ende seines geistlichen Fürstentums bereits abzeichnete. Zunächst einmal zementierte der Frieden von Lunéville am 9.2.1801 die Aneignung der linksrheinischen Gebiete durch Frankreich. Der Reichstag bestätigte diese Übereinkunft, und aus Occupation wurde Staatsrecht. Spätestens ab da war die Präsentation von Weissenburg im Schild eine überholte Tatsache, nur noch ein Anspruch, denn eigentlich war die Abtei ja schon 1789 aufgelöst worden, aber jetzt waren auch die ehemaligen Gebiete der Abtei, die dem Hochstift einverleibt worden waren, weg. Im selben Jahr fiel der Beschluß, die geistlichen Fürstentümer der Säkularisation zuzuführen. Das, was noch vom Fürstbistum übrig war, wurde dem Großherzogtum Baden zugesprochen, von dem es faktisch auf mehreren Seiten umgeben war, eine pragmatische Lösung. Am 25.2.1803 wurde diese Inkorporation durch den Reichsdeputationshauptschluß sanktioniert. Graf Philipp Franz Wilderich von Walderdorff protestierte auf das Schärfste und völlig wirkungslos, denn die Zeit der geistlichen Fürstentümer und Stände war endgültig vorbei. Er behielt seine Fürstenwürde und bekam einen kleinen Hofstaat sowie eine Apanage, Marionettentheater vor dem Hintergrund der bedeutenden politischen Umwälzungen jener Zeit. Das Wohnrecht im südlichen Teil des Schlosses wurde ihm auch zugesprochen. Aber ab 1806 mußte er das Schloß mit Markgräfin Amalie von Baden teilen und zusehen, wie aus seiner Hofkirche eine evangelische Kirche wurde, erst als Simultankirche definiert mit einer gewissen Zurückhaltung der Nutzung aus reiner Höflichkeit. Am 21.4.1810 verstarb der Fürst ohne Herrschaft, der Bischof ohne Bistum, der Herrscher ohne Untertanen, ein Fremder in einer neuen Zeit, und das Schloß Bruchsal, das schon 1803 seine Bedeutung als Residenzstadt verloren hatte, wurde zur Gänze Witwensitz von Amalie Friederike Markgräfin von Baden. Nach deren Tod 1832 fiel das Schloß in Vergessenheit. Es war zeitweise ohne jede Nutzung, dann Kaserne, Lazarett, Offizierskasino. 1900-1909 wurde es renoviert, Behörden hielten Einzug.

Zur Übersicht: Fürstbischöfe von Speyer:
Marquard Freiherr von Hattstein (1560 - 1581)
Eberhard von Dienheim (1581 - 1610)
Philipp Christoph von Sötern (1610 - 1652), Personalunion mit Trier
Lothar Friedrich von Metternich-Burscheid (1652 - 1675), Personalunion mit Mainz und Worms
Johann Hugo von Orsbeck (1675 - 1711), Personalunion mit Trier
Heinrich Hartard von Rollingen (1711 - 1719)
Hugo Damian von Schönborn (1719 - 1743)
Franz Christoph von Hutten zu Stolzenberg (1743 - 1770)
Damian August Philipp Karl Graf von Limburg-Styrum (1770 - 1797)
Philipp Franz Wilderich von Walderdorff (reg. 1797 - 1802, gest. 1810)
Sedisvakanz 1802-1818

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher (insbesondere Band Bistümer)
Kurt Lupp: Schloß Bruchsal, Bau, Zerstörung und Wiederaufbau, Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt Bruchsal, Band 21, Verlag Regionalkultur, 2003, ISBN 3-89735-263-X
Thomas Moos: Bruchsal, ein Rundgang durch Geschichte und Gegenwart, Verlag Regionalkultur, ISBN 3-89735-202-8

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