Bernhard Peter, Gernot Ramsauer und Alex Hoffmann
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1401
Nürnberg (Mittelfranken)

St. Sebald in Nürnberg (15), Konsol-Wappen

Die Glasfenster von St. Sebald sind zwar der augenfälligste und spektakulärste Teil der heraldischen Schätze dieser Kirche, doch bei weitem nicht der einzige Ort, an dem sich Heraldik Nürnberger Patriziergeschlechter finden läßt. Genau wie die erfolgreichen und wohlhabenden Handelsfamilien und Ratsherrenfamilien Stiftungen für die Fenster vornahmen, so taten sie es auch mit anderen Elementen der Ausstattung und auch hier tat das darunter angebrachte Familienwappen kund, wessen Großzügigkeit man den Schmuck verdankt. Die hier vorgestellten Konsolsteine stammen alle aus dem westlichen Langhaus.

Zwei Konsol-Wappen der Familie Ebner (Ebner von Eschenbach), jeweils von zwei zeittypisch gekleideten Schildhaltern begleitet. Der Schild ist von Blau und Gold im Spitzenschnitt gespalten. Das Wappen der Ebner hat eine gewisse Variabilität hinsichtlich der Breite der Spitzen und deren Anzahl, hier nimmt der Schnitt etwa ein Drittel der Schildbreite ein, und die Anzahl der Spitzen beträgt viereinhalb. Das Wappen wird im Siebmacher (Band: Bay Seite: 32 Tafel: 29, Band: Bö Seite: 57 Tafel: 41) beschrieben.

Unter der Figur des S. Erhard ist das Stammwappen der Haller abgebracht. Es zeigt in Rot einen schwarz gefüllten schrägen, linken, silbernen Sturzsparren.

Einige fränkische Gemeinden greifen übrigens das seltene und schöne Motiv des Haller-Wappens auf, so die Gemeinde Dormitz im Landkreis Forchheim unter Verdopplung des Motivs (in Rot ein gesenkter, gestürzter, schräger, schwarz gefüllter, silberner Seitengegensparren; oben ein goldener Keil mit einem rot bewehrten schwarzen Adlerrumpf), eine Erinnerung an die Tatsache, daß die Haller von Hallerstein die Kirche in Dormitz erbauen ließen und als Stifter mehrfach in den dortigen Kirchenfenstern mit ihrem Wappen vertreten sind. Ebenso findet sich ein Widerhall im Wappen der Gemeinde Hausen, ebenfalls im Landkreis Forchheim, wo die Haller die Ortsherrschaft hatten (geteilt und unten gespalten; oben in Gold ein oberhalbes schwarzes Schöpfrad; unten vorne durch einen schrägen, gestürzten silbernen Sparren geteilt von Schwarz und Rot, hinten in Silber ein schräglinker roter Palmzweig). Ein drittes Beispiel für die Verwendung des Hallerschen Wappens in kommunaler Heraldik ist die Gemeinde Kalchreuth im Landkreis Erlangen-Höchstadt (geviert; 1: In Rot ein schräggestürzter, schwarzgefüllter, silberner Sparren; 2: in Silber ein rot gekrönter und bewehrter schwarzer Löwe; 3: in Silber ein schwarzes Andreaskreuz; 4: in Rot eine silberne Kirschblüte mit grünen Kelchblättern), es erinnert daran, daß die Haller 1342-1850 in Kalchreuth wohnhaft waren und bis 1465 die Alleinherrschaft im Ort besaßen. Schließlich erinnert das Wappen der Gemeinde Buckenhof (Landkreis Erlangen-Höchstadt) noch daran, daß die Haller 1463-1487 und seit 1501 ununterbrochen im Besitz der Forsthube in Buckenhof waren (unter blauem Schildhaupt gespalten von Rot und Grün, im Ganzen auf den Teilungen belegt mit einem goldenen Kronenkreuz; vorne ein einspringender, schwarz gefüllter silberner Seitensparren, hinten ein silberner Nadelbaum).

Linke Abb.: Wappen der Tucher (Tucher von Simmelsdorf). Der Schild ist geteilt, oben von Silber und Schwarz fünfmal schräglinks geteilt, unten in Gold ein schwarzer Mohrenkopf. Das Wappen wird im Siebmacher (Band: Bay, Seite: 61, Tafel: 65) beschrieben.

Einen Widerhall des Tucher-Wappens finden wir übrigens im heutigen kommunalen Wappen der Gemeinde Simmelsdorf im Landkreis Nürnberger Land, wo die Tucher seit 1598 Grundherren waren und wo die Familienstiftung auch heute Besitz hat, unter Umkehrung der Positionen (unter von Rot und Blau gespaltenem Schildhaupt, belegt mit einem silbernen Balken, gespalten; vorne in Gold ein golden bewehrter halber schwarzer Adler am Spalt, hinten geteilt, oben in Gold ein schwarzer Mohrenkopf mit goldenem Ohrring, unten fünfmal schräg geteilt von Silber und Schwarz).

Rechte Abb.: Wappen der Pömer (Pömer von Diepoltsdorf), schrägrechts geteilt, oben eigentlich von Silber und Rot dreimal schräggeteilt, hier umgekehrt, unten Schwarz. In dieser Darstellung ist die eigentlich den Schild diagonal teilende Schrägteilung unüblich weit nach unten gerutscht, so daß die Proportionen gegenüber der theoretisch korrekten Darstellung verschoben sind, wodurch aber die silbernen und roten Zonen breiter werden und wirkungsvoller zur Geltung kommen, ein Beispiel von vielen für die in vergangenen Jahrhunderten relativ große Variationsbreite bestimmter Motive und auch der aufgebrachten Toleranz für solche Auslegungen.

Linke Abb.: In Rot ein gestürztes silbernes Dreieck, an den Ecken jeweils mit einer halben Lilie besteckt (Lilientriangel, ein Motiv, das die Stromer und die Nützel führten (vgl. Wappenstreit). Rechte Abb.: Wappenkonsole der Rieter, in von Schwarz und Gold geteiltem Schild eine rotgewandete und golden gekrönte zweischwänzige silberne Meerjungfrau (Sirene, Melusine).

Einen heraldischen Widerhall des Rieter-Wappens finden wir im Wappen der Gemeinde Zusamaltheim (Landkreis Dillingen an der Donau), unter schwarzem Schildhaupt, darin nebeneinander drei goldene Widerkreuze, gespalten von Rot und Silber, auf der Teilungslinie eine goldgekrönte schwarze Melusine (Fischweibchen) mit goldenen Schwänzen. Das begründet sich durch die Ortsherrschaft der Rieter von Bocksberg, der schwäbischen Seitenlinie.

Linke Abb.: Konsolwappen der Muffel, gespalten, rechts in Gold ein schwarzer, golden gekrönter Löwe, links in Rot ein pfahlweise gestellter, gekrümmter, silberner Fisch. Mittlere Abbildung: Konsolwappen der Kreß, in Rot ein schräggestelltes, silbernes, goldengegrifftes Schwert. Rechte Abbildung: Konsolwappen der Knebel, in Rot eine schrägrechts gelegte rechte Spalthälfte eines silbernen Pfeiles, überkreuzt von einem schräglinks gelegten ganzen silbernen Pfeil (Schöler Tafel 148, dort korrekt abgebildet, abweichend beschrieben in Siebmacher Band: Bg3 Seite: 81 Tafel: 88, dort Heuriffel statt gespaltener Pfeil. Abweichend in Siebmacher Band: BayA2 Seite: 93 Tafel: 54, dort als Feuerhaken benannt. Dem kann jeweils nicht gefolgt werden, weil an dieser Konsole deutlich die halbe Befiederung zu sehen ist, ferner die Spitzen an beiden Objekten exakt gleich geformt sind. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre ein beiderseits wie der Schild bez. Flug).

Auch bei den Muffel von Eschenau gibt es ein Gemeindewappen, das Elemente entlehnt hat: Der Markt Eckental (Landkreis Erlangen-Höchstadt) hat folgendes Wappen: In Gold ein mit einem senkrechten silbernen Fisch belegter roter Pfahl, überdeckt von einem gesenkten blauen Wellenbalken; vorne ein steigender, rot gekrönter und bewehrter schwarzer Löwe, hinten ein schwarzer Steinbock. Das mittlere Feld stammt von den Muffel. In der neuen Gemeinde aufgegangen ist das untergegangene Wappen der ehemaligen Gemeinde Eschenau selbst mit dem Löwen und dem Fisch.

Das Schwert der Kreß von Kressenstein findet sich in zwei Gemeindewappen wieder, zum einen bei der Gemeinde Happurg (Landkreis Nürnberger Land), die führt folgendes Wappen: In Gold ein schräg gestelltes goldenes Schwert, darüber ein rot gefütterter schwarzer Holzschuh, darunter eine rote Rose mit goldenen Butzen und grünen Kelchblättern. Dort erinnert das Schwert daran, daß die Kreß einst die wichtigsten Grundherren in Förrenbach waren. Zum andern ist das die Gemeinde Schwarzenbach (Landkreis Neustadt a.d.Waldnaab): Durch einen silbernen Wellenbalken schräglinks geteilt von Schwarz und Rot; vorne ein rot gekrönter und gezungter goldener Löwenkopf, hinten ein schräg liegendes silbernes Schwert mit goldenem Knauf. Das Schwert erinnert hier daran, daß die Kreß einst als oberpfälzische Landsassen auf dem Hammergut Pechhof saßen.

Linke Abb.: Konsolwappen mit dem Wappen der Schreyer, in Schwarz eine von zwei aufrechten, gestielten, goldenen, kugeligen Früchten begleitete eingebogene goldene Spitze, belegt mit dem Rumpf einer schwarzen Mohrin mit nach hinten abstehendem Zopf, hier gewendet (Schöler Tafel 123, Siebmacher Band: BayA1 Seite: 91 Tafel: 89, dort werden die Früchte als Majeron-Äpfel bezeichnet. Ebenso in Siebmacher Band: Bg1 Seite: 31 Tafel: 38, dort wird die Frucht als Birne bezeichnet und darauf verwiesen, daß es nach anderen eine aufgebrochene Nuß sei. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein beiderseits mit dem Schildbild belegter Flug). Rechte Abb.: Konsolwappen mit dem Stammwappen der Holzschuher, in Gold ein schwarzer Holzschuh mit silberner Einfassung.

Der Holzschuh der Holzschuher findet sich auch in unterschiedlichen Gemeindewappen wieder: Bei der bereits oben erwähnten Gemeinde Happurg (Landkreis Nürnberger Land), die folgendes Wappen führt: In Gold ein schräg gestelltes goldenes Schwert, darüber ein rot gefütterter schwarzer Holzschuh, darunter eine rote Rose mit goldenen Butzen und grünen Kelchblättern, erinnert der Holzschuh daran, daß die Familie 1621 - 1909 im Besitz des Schlosses und des Hammerwerks in Thalheim war, einer ehemals selbständigen Gemeinde. Der Markt Vestenbergsgreuth (Landkreis Erlangen-Höchstadt) führt folgendes Wappen: Geteilt von Grün und Gold; oben ein silberner Balken, unten ein rot gefütterter schwarzer Holzschuh. Der Ort kam 1756 an Christoph Siegmund von Holzschuher. Die Gemeinde Vorra (Landkreis Nürnberger Land) führt folgendes Wappen: Durch eine erniedrigte, eingebogene silberne Spitze, darin ein schwarzer Holzschuh mit rotem Innenfutter und silbernen Leisten, gespalten von Gold und Rot, rechts ein rot bewehrter und rot bezungter halber Adlerrumpf am Spalt, links eine steigende, herschauende, rot gezungte silberne Katze. Hier steht der Holzschuh für den Ortsteil Artelshofen, denn die Holzschuher waren seit 1531 im Besitz des Artelshofer Schlosses.

Literatur, Links und Quellen:
Veröffentlichung der Innenaufnahmen aus St. Sebald mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Dr. Axel Töllner und Herrn Pfarrer Gerhard Schorr vom 12.7.2010, wofür ihnen an dieser Stelle ganz herzlich gedankt sei.
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere der Band Bayern
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener / Bauer Raspe, Neustadt an der Aisch, 3. Aufl. 1999, Nachdruck 2002, ISBN 3-87947-112-6

Peter Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg. Nürnberger Forschungen, Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, herausgegeben vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg. Bände 31/1, 31/2, 21/3 (Stammbäume) und 31/4. VDS Verlagsdruckerei Schmidt, Neustadt an der Aisch. ISBN 978-3-87191-333-4.
Hartmut Scholz, St. Sebald in Nürnberg, Meisterwerke der Glasmalerei, Band 3, Verlag Schnell Steiner GmbH Regensburg 2007, ISBN 978-3-7954-1846-5
Nürnberger Patriziat im Historischen Lexikon Bayerns: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45240
St. Sebald:
http://www.sebalduskirche.de/
3D-Panorama St. Sebald:
http://www.sebalduskirche.de/fileadmin/Bildmaterial/Atuelles/Sebalduskirche_02c.mov
Virtueller Rundgang St. Sebald:
http://www.sebalduskirche.de/index.php?id=16
Bayerische Gemeindewappen:
http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9572137, http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9574158, http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9474119, http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9572120, http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9474134, http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9572121, http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9574128, http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9374156, http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9572159, http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9574161

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