Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1891
Steinheim (zu Hanau, Main-Kinzig-Kreis)

Steinheim, Schloß Steinheim

Das Schloß Steinheim liegt im Osten der Altstadt auf einer Basaltkuppe direkt über einem hier durch eine Halbinsel abgetrennten Altwasserarm des Maines. Die heute noch bestehenden Gebäude weisen auf eine bewegte Baugeschichte hin, denn der isoliert im nordwestlichen Mauereck stehende Bergfried verweist auf die mittelalterliche Zeit, während die zwei übereck stehenden Wohnflügel Schloßbauten der Renaissance sind, wobei der unharmonische Südabschluß auf einen hier ehemals angesetzten dritten Flügel hinweist, der aber abgetragen wurde. Im Norden und auf der nördlichen Westseite ist die doppelte Wehrmauer noch intakt, eine höhere innere Mauer umgibt das Schloß selbst, und eine äußere Mauer mit runden Wehrtürmen steht in Zusammenhang mit der Stadtmauer. Das Schloß war einst gegen die Vorburg ebenfalls mit einer doppelten Mauer mit ausgespartem Zwinger dazwischen abgetrennt, an der Südwestecke gegen das Dorf hin mit einem Schalenturm und einem sechseckigen Turm gesichert; davon ist jedoch heute nichts mehr zu sehen, statt dessen erstreckt sich ein gemeinsamer weiter Platz zwischen den verbliebenen Gebäuden der Kernburg und der Vorburg.

Gegründet wurde die Burg von den Herren von Hainhausen (auch: Herren von Hagenhausen), welche 1108 erstmals erwähnt werden. Deren Stammburg war eine Turmburg oder Motte in der Niederung bei der Hainhäuser Mühle, die aber schon im 14. Jh. zugunsten der Neugründung einer höher gelegenen Burg aufgegeben wurde. Heute ist ihre alte Burg nur noch ein Bodendenkmal. Aus den Herren von Hainhausen wurden die Herren von Eppstein, nachdem sie zwischen 1183 und 1190 in Besitz der Burg und der Comitia Eppstein gelangt waren und ihren Hauptsitz dorthin verlegten. Gerhard III. von Hainhausen wurde Gerhard I. von Eppstein. Die Eppsteiner wurden eine der mächtigsten Familien des Hochmittelalters im Taunus, im Westerwald, am Untermain, im Rodgau, im Spessart und in der Wetterau. Die Bindungen der Eppsteiner an das Kurfürstentum waren stets eng, zumal sie insgesamt vier Familienmitglieder auf den Mainzer Bischofsstuhl brachten, und sie zogen auch Seite an Seite mit den Fürstbischöfen zu Felde, was 1301 zur Zerstörung der Burg Steinheim durch Ulrich I. von Hanau führte, der auf der Seite des neuen deutschen Königs Albrecht gegen die rheinischen Kurfürsten kämpfte. Der von seinen Besitzungen vertriebene Siegfried von Eppstein durfte aufgrund eines königlichen Gnadenerlasses Burg Steinheim wieder aufbauen (1301) und wieder in seine Gebiete zurückkehren (1303). Aus der Zeit der Eppsteiner stammen die Fundamente, die Keller und das Erdgeschoß des mainseitigen Wohnbaues und der unterste Teil des Bergfriedes mit einer eckigen Substruktion mit einem zehn Meter tiefen Verlies, wobei zwei Ausbauphasen unterschieden werden können, vermutlich durch die Zäsur 1301 bedingt. Noch vor 1320 entstand die ca. drei Meter breite Mauer, die die Burg als Viereck umgab, und die eingangs erwähnte doppelte Mauer gegen die Ansiedlung.

Zeitweise hatten auch mehrfach die Grafen von Katzenelnbogen im 14. Jh. anteilige Besitzrechte bzw. Pfandrechte an Steinheim, die aber immer wieder von den Eppsteinern zurückgekauft wurden, und im frühen 15. Jh. war Steinheim zeitweise an die Herren von Cronberg verpfändet. Das kennzeichnet einen sich abzeichnenden Loslösungsprozeß der Eppsteiner von ihrem Stammgebiet, weil ihnen der Ausbau ihrer Herrschaft nördlich des Maines immer wichtiger wurde. Die Eppsteiner behielten Steinheim bis 1425, als Gottfried von Eppstein Amt, Stadt und Burg mit allen Rechten und allem Zubehör für 38000 rheinische Gulden an Kurmainz verkaufte.

 

Nach dem Erwerb der Burg durch den Fürstbischof Konrad von Dhaun (reg. 1419-1434) begann die Blütezeit des Amtssitzes, der zum Schloß ausgebaut wurde. Strategisch war Steinheim für Mainz von großer Bedeutung, weil es ein Bindeglied zwischen den isolierten Territorien Mainz und Aschaffenburg war und einen großen Machtzuwachs bedeutete. Unter Konrad von Dhaun und/oder seinem Nachfolger Dietrich Schenk von Erbach (reg. 1434-1459) wurde der 38 m hohe Bergfried in der ersten Hälfte des 15. Jh. in seiner heutigen Form errichtet mit einem Wehrgang und mit den charakteristischen vier spitzen Türmchen auf dem Dach. Der mainseitige, östliche Flügel des Wohnschlosses wurde um 1450 erheblich verbreitert, und der Nordflügel wurde rechtwinklig angesetzt. Der Rittersaal bekam in dieser Zeit sein Kreuzgratgewölbe.

Die nächste Zäsur in der Baugeschichte kam mit dem zweiten Markgräflerkrieg (1552-1555), als Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach den Aufstand gegen die katholischen Hochstifte Bamberg und Würzburg sowie gegen die Reichsstadt Nürnberg probte, um in Franken eine Vormachtstellung zu erlangen, bis er von einem Bündnis zahlreicher weltlicher und geistlicher Fürsten geschlagen wurde. Auch die rheinisch-moselländischen Fürstbistümer Trier, Mainz und Speyer wurden in seine Fehde hineingezogen, was 1552 zur Zerstörung der Burg Steinheim führte. Albrecht Alcibiades wurde schließlich von seinen im Fränkischen Bund und im Heidelberger Bund vereinten Gegnern und weiteren Verbündeten besiegt und kam in die Acht. In Steinheim konnte unter dem neuen Fürstbischof Daniel Brendel von Homburg (reg. 1555-1582) der Wiederaufbau beginnen, und deshalb begegnet uns so oft sein Wappen, weil all diese Bauten dieser Wiederaufbauphase nach dem zweiten Markgräflerkrieg entstammen: Das Amtshaus wurde 1555 wiederhergestellt, der Marstall 1562, zeitnah die Amtsregistratur; der Brunnen davor wurde 1564 errichtet, und das Treppenhaus des Schlosses wurde 1572 angebaut.

In der Zeit von 1799-1808 erfuhr das Schloß wesentliche Veränderungen. Ein dritter, mehrgeschossiger Flügel im Südosten, der 1433 entstand und die Kapelle enthielt, wurde abgerissen, ein geplanter Neubau kam aber nicht mehr zustande. Die anderen Flügel wurden oben gekürzt und auf zwei Geschosse abgeflacht, was man deutlich an dem "unfertig" aussehenden oberen Abschluß des Treppenturmes sehen kann. In dieser Zeit wurde auch das alte Burgtor abgerissen, und die Burgbrücke wurde ebenfalls wegmodernisiert. Im Grunde kann man von einem Teilabriß sprechen, und das, nachdem die Burg den Dreißigjährigen Krieg, die Belagerung durch den kaiserlichen General Lamboy und den Siebenjährigen Krieg mehr oder weniger glimpflich überstanden hatte. Die Säkularisierung und die Revolutionskriege beendeten die Mainzer Herrschaft, und Steinheim kam 1802 an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Seit 1938 befindet sich im Schloß, welches seit 1978 der Stadt Hanau gehört, das Heimatmuseum von Steinheim, das 1986 nach umfangreicher Restaurierung 1979-1985 wiedereröffnete.

 

Das heraldische Schmuckstück ist der heutige Museumseingang, das von Pilastern flankierte Portal im Treppenturm von 1572. Der Anschein täuscht aber ein wenig, denn das war nicht der ursprüngliche Eingang in den Ostflügel des Schlosses, sondern hierdurch betrat man den dritten, 1799 abgebrochenen Südtrakt.

Der Wappenschild des Mainzer Fürsterzbischofs Daniel Brendel von Homburg (reg. 1555-1582), das uns hier von allen im Bereich des Steinheimer Schlosses vorhandenen Wappensteinen in seiner vollständigsten und aufwendigsten Form begegnet, ist geviert:

Hier wird das Wappen mit allen drei zugehörigen Helmen geführt:

Abb.: Detailausschnitt des Schildes in typischen Renaissance-Formen mit oben zweimal eingebuchtetem und an den oberen Ecken jeweils zwischen zwei Zipfeln eingeschnittenem Schildrand und mit an vier Stellen nach vorne bzw. nach hinten eingerollten Fortsätzen. Ähnlich ornamental wie der Schildrand wirkt der jeweilige untere Rand der Helme.

 

Abb. links: Detailausschnitt des rechten Helmes mit dem Kleinod für das Hochstift Mainz, daneben ist der reichverzierte Schwertgriff mit rosettenförmigem Knauf zu sehen. Abb. rechts: Detailausschnitt des rechten Helmes mit dem Stammkleinod der Brendel von Homburg.

 

Abb. links: auf dem mittleren Helm auf einem Kissen ruhende Inful (Bischofsmütze) mit reichen Verzierungen und perlengesäumten Rändern der beiden gegeneinander versetzt dargestellten Zipfel, hinter der Mütze das Oberteil eines Vortragekreuzes. Abb. rechts: oberer Teil des Krummstabes (Bischofsstabes) mit einer außen mit Kugeln besetzten Krümme, die innen in einer Rosenblüte endet, vom Schaft im Bogen das Velum herabhängend.

 

Das prächtige Vollwappen wird von den vier Schilden einer Ahnenprobe umgeben. Abb. links: Wappenschild heraldisch oben rechts für den Vater des Fürstbischofs, Friedrich Brendel von Homburg, mainzischer Vizedom in Aschaffenburg, und für seinen Großvater väterlicherseits, Johann Brendel von Homburg, in Gold ein roter Zickzackbalken (Sparrenbalken). Abb. rechts: Wappenschild heraldisch oben links für die Mutter des Fürstbischofs, Margarete Riedesel von Bellersheim, und für den Großvater mütterlicherseits, Henne Riedesel von Bellersheim, in Gold ein schwarzer Eselskopf mit einer grünen Distel, bestehend aus einer Distelblüte zwischen zwei Distelblättern, im Maule (meist werden hingegen drei Distelblätter oder Riedgrasblätter dargestellt, die Blüte ist eine seltenere Variante).

 

Alle vier Schilde sind eine symmetrische Renaissance-Tartsche mit reich bewegtem Rand mit abwechselnd konkaven und konvexen Partien und einer kleinen Knospe in der mittleren oberen Schildrandeinkerbung. Abb. links: Wappenschild heraldisch unten rechts für die Großmutter väterlicherseits, Lucia Kalb von Reinheim (Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 41 Seite 29, 52, 88, Zobel Tafel 270 abweichend mit ganzem Löwen), geteilt, oben in Gold aus der Teilung wachsend ein roter, blau gezungter und ebenso gekrönter, hersehender Löwe, unten in Silber ein roter Balken. Abb. rechts: Wappenschild heraldisch unten links für die Großmutter mütterlicherseits, Margarethe von Carben, geteilt, oben in Gold ein wachsender roter Löwe, unten in Blau eine silberne Lilie (Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 37 Seite 88, 52, Siebmacher Band: NaA Seite: 19 Tafel: 26, Zobel Tafel 62).

Genau die gleiche Ahnenprobe begegnet uns noch zweimal im Rhein-Main-Gebiet, zum einen in der Aschaffenburger Stiftsbasilika am Epitaph für den am 6.6.1573 verstorbenen Phillip Brendel von Homburg, Mainzer Vizedomus und Bruder des Mainzer Erzbischofs Daniel Brendel von Homburg, wobei dort alle vier Wappen mit Kleinoden dargestellt sind, und ein weiteres Mal im Mainzer Dom am Epitaph für den Kurfürsten, dort farbig gefaßt und als kleinerer, wichtigerer Teil der in der Aedikula abgetrennten Gruppe der insgesamt 16 Wappendarstellungen.

 

Einen zweiten Wappenstein finden wir im Eck, wo die beiden Flügel rechtwinklig aneinanderstoßen, verborgen in einer Nische über dem über eine kleine Treppe zu erreichenden Nebeneingang. Dieser ist für Daniels Nachfolger im Amt, nämlich für den Mainzer Fürstbischof Wolfgang von Dalberg (1582-1601). Welche Umbauten konkret unter seiner Regierung getätigt worden waren, läßt sich nicht mehr feststellen, vermutlich waren es noch Restarbeiten nach dem Wiederaufbau des Schlosses unter seinem Vorgänger. Sein Wappen ist geviert:

Stilistisch sieht man deutliche Unterschiede zum Wappen seines Vorgängers: Die Schildform wird nun komplett aufgegeben, und der Umriß des eigentlichen Schildinhaltes rundet sich zum Oval. Ferner wird eine Trennung eingeführt zwischen innerem Rand und äußerer Kontur, wobei ersterer die graphische Kohärenz der Inhalte sicherstellt, letztere in viele ornamentale, teilweise hakenförmige Ausläufer ausgezogen ist. Die wesentlich stärkere Auflösung der Außenkontur im Vergleich zu den Wappen zur Zeit seines Amtsvorgängers macht diese Trennung zwischen innerer Kontur und äußerem Ornament notwendig, um den Schild mit seinen Inhalten nicht graphisch zu "zerfetzen", und der Übergang von der Ziertartsche zur in Beschlagwerk und Ornamentik eingebetteten Kartusche wird vollzogen. Klassisch ist jedoch noch die Darstellung des Oberwappens mit vollständiger Wiedergabe von Helmen und Kleinoden, ungeachtet der ornamentalen Auflösung des Schildrandes, auf dem die Helme stehen. Drei wie Hutständer hochgezogene ornamentale Fortsätze ragen passend aus dem oberen Rand heraus, um zwanglos als Träger der Helme zu fungieren.

Das Oberwappen besteht aus drei Helmen:

Seitlich neben den Helmen befinden sich die hinter dem Schild schräggekreuzten fürstbischöflichen Insignien, das Schwert für die weltliche Macht schrägrechts und der Krummstab für die geistliche Macht schräglinks, mit nach innen eingerollter Krümme und einem zentralen Ornament aus einem Quadrat innerhalb eines Vierpasses.

Literatur, Links und Quellen:
G. U. Großmann, Hessische Renaissance-Schlösser: http://www.gnm.de/fileadmin/redakteure/Museum/pdf/GUGrossmann_Hessische_Renaissanceschloesser_2004.pdf
http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Steinheim
http://www.hanau.de/kultur/museen/sth/index.html - http://www.hanau.de/kultur/museen/sth/002911/index.html
Geschichte Steinheims:
http://www.peterheckert.org/index.php?option=com_content&view=article&id=128&Itemid=132
Anton Ph. Brück, Daniel Brendel von Homburg, in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 507 f.
http://www.deutsche-biographie.de/pnd101059434.html (es handelt sich jedoch nicht um Marg. v. Bubenheim)
Schloß Steinheim: Kulturdenkmäler in Hessen (Landesamt für Denkmalpflege Hessen):
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=36945&session=272426&event=Query.Details
Siebmachers Wappenbücher.
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983
Marstall: Kulturdenkmäler in Hessen (Landesamt für Denkmalpflege Hessen):
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=36943&session=272426&event=Query.Details
Historischer Ortskern von Steinheim: Kulturdenkmäler in Hessen (Landesamt für Denkmalpflege Hessen):
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=46698&session=272426&event=Query.Details
Stadtmauer: Kulturdenkmäler in Hessen (Landesamt für Denkmalpflege Hessen):
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=36837&session=272426&event=Query.Details
Sabine Wolfram, Anton Merk, Richard Schaffer-Hartmann, Schloß Steinheim, Schnell Kunstführer Nr. 1981, 1. Auflage 1992, Verlag Schell & Steiner GmbH München

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