Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 668
Eltville am Rhein: Spuren Mainzer Erzbischöfe und Kurfürsten

Eltville am Rhein: Westportal der Pfarrkirche St. Peter und Paul

Anfang des 14. Jh. wurde Eltville Residenz der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz. Damit begann die große Zeit für Eltville, und eine beispiellose Bautätigkeit nahm ihren Anfang. Die Stadtrechte hatte Eltville im Jahre 1332 von Kaiser Ludwig dem Bayern erhalten. Damit war das Recht verbunden, die Stadt mit Mauern zu befestigen, was auch bald realisiert wurde. Balduin von Luxemburg veranlaßte auch den Bau der erzbischöflichen Burg. Vor allem aber brauchte die neue Residenz der Erzbischöfe eine repräsentative Kirche, wozu der alte, schon 1301 teilzerstörte romanische Vorgängerbau nun wirklich nicht mehr geeignet war. Dazu war er allein räumlich der Anwesenheit von Erzbischof und entsprechendem Hofstaat nicht mehr gewachsern, zumal auch die Einwohnerzahl mit dem Aufschwung anstieg. Ein Neubau im Stile der Zeit mußte her! Zeitgleich mit der kurfürstlichen Burg wurde unter Balduin von Luxemburg und Heinrich III. von Virneburg (1328-1346) das Hauptschiff von Baumeister und Steinmetz Merkelin in Angriff genommen. 1353 konnte die neue gotische Kirche eingeweiht werden. Der Chor wird unter Gerlach von Nassau (1346-1371) erbaut. Die Einwölbung des Hauptschiffes und der Bau des Seitenschiffes erfolgten unter Adolf I. von Nassau (1381-1390) und Johann II. von Nassau (1397-1419). Die Kirche ist eine zweischiffige Hallenkirche mit Westturm. Dieser wurde unter Konrad III. von Dhaun (1419-1434) errichtet, denn der alte romanische Turm an der Südostseite paßte nun wirklich nicht mehr zu der großen Kirche im gotischen Stil. Die Formensprache des Turmes ist die der Spätgotik, zierlicher, schmückender, reichornamentiert und elegant-beschwingt. Es ist einer der schönsten Kirchtürme des Rheingaues geworden mit starker stilistischer Verwandtschaft zum Turm des Frankfurter Domes. Der Turm wurde übrigens weitgehend von der Bürgerschaft errichtet. Die heutige Turmbekrönung ist nicht authentisch, früher, wie auf alten Darstellungen zu sehen, war ein Spitzhelm von ca. 40 m auf dem Turm, was eine Gesamthöhe von ca. 100 m ergab, daher mußten die Strebepfeiler des westlichen Unterbaus auch besonders stark sein. 1683 brannte der alte Helm infolge Blitzschlages ab, und die jetztige Haube wurde errichtet. Die heutige Gesamthähe beträgt ca. 65 m. Das Eingangstor wird von einem Spitzbogen gerahmt, oben in einer Kreuzblume vor der Maßwerkbrüstung des Balkons (Außenkanzel) mit Fischblasenrosetten abschließend. Hier war früher nicht eine enge Straße (Rosengasse) wie jetzt, sondern eine freie Fläche, auf der sich Wallfahrer versammeln konnten. 1402 hatte Erzbischof Johann II. von Nassau (1397-1419) eine wundertätige Hostie nach Eltville überführen lassen, deren Präsentation vor Wallfahren gibt dem Balkon Sinn. Im 19. Jh. wurde die Kirche restauriert. Im wesentlichen geht das, was wir heute sehen, auf die Zeit von 1892-1894 zurück, wobei angemerkt werden muß, daß diese Renovierung für das 19. Jh. qualitativ überdurchschnittlich war.

Das Wappen des Erzbischofs
Über dem Westportal befindet sich das Wappen des Mainzer Erzbischofs und Kurfürsten Konrad von D(h)aun, oder korrekter Konrad Wild-und Rheingraf von D(h)aun (1419-1434). Er wurde ca. 1380 geboren. Seine Amtszeit war geprägt von schweren Auseinandersetzungen, zum einen mit den Landgrafen von Hessen wegen territorialer Ansprüche, was in einem militärischen Fiasko, dem Frieden von Frankfurt und dem Ende Mainzer Vorherrschaftsbestrebungen in Hessen endete, zum andern mit den Bürgern, dem Patriziat und den Zünften der Stadt Mainz, in deren Folge der Klerus sogar 1433 Mainz verlassen mußte, was die Exkommunikation der ganzen Stadt durch Erzbischof Konrad von D(h)aun nach sich zog. Das hat schon was, eine ganze Stadt auf einmal zu exkommunizieren, wilde Zeiten waren das.

Das Wappen des Erzbischofs ist wie folgt aufgebaut:

Das Oberwappen fehlt.

Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Liste der Mainzer Erzbischöfe und Kurfürsten:
Heinrich III. von Virneburg (1328-1346)
Gerlach von Nassau (1346-1371)
Johann von Luxemburg-Ligny (1371-1373)
Ludwig von Meißen (1374-1381)
Adolf I. von Nassau (1381-1390)
Konrad II. von Weinsberg (1390-1396)
Gottfried von Leiningen (1396-1397)
Johann II. von Nassau (1397-1419)
Konrad III. von Dhaun (1419-1434)
Dietrich Schenk von Erbach (1434-1459)
Diether von Isenburg (1459-1461)
Adolf II. von Nassau (1461-1475)
Diether von Isenburg (1475-1482)
Adalbert III. von Sachsen (1482-1484) (Administrator)
Berthold von Henneberg (1484-1504)
Jakob von Liebenstein (1504-1508)
Uriel von Gemmingen (1508-1514)
Kardinal Albrecht von Brandenburg (1514-1545)
Sebastian von Heusenstamm (1545-1555)
Daniel Brendel von Homburg (1555-1582)
Wolfgang von Dalberg (1582-1601)

Das Stammwappen der Familie
Konrad von D(h)aun gehörte zu der Familie der Wild- und Rheingrafen aus dem Nahetal. Eigentlich müssen wir drei Familien unterscheiden, deren Titel später auf einer Familie zusammenfielen: Die Wildgrafen (comes silvestris, also eigentlich "Waldgrafen") einerseits und die alten und neueren Rheingrafen andererseits.

Die alten Rheingrafen sind die Erbauer der Burg Rheinberg im Wispertal (bei Lorch im Rheingau). Sie standen in einem Mainzer Lehensverhältnis und starben bereits Ende des 12. Jh. aus. Sie wurden beerbt von den Herren von Stein bei Münster (auch "zum Stein"), welche die Burg Rheingrafenstein bei Kreuznach als Stammburg besaßen und sich nun Rheingrafen zum Stein nannten. Schlüsselheirat war die Ehe zwischen Sigfrit vom Stein mit Rheingräfin Luccard, der Erbtochter, um 1160. Als Stammvater des Geschlechtes gilt deren Sohn Wolfram Comes Rheni (1196-1220 bezeugt), der in dieser Familie erstmals ab 1196 den Namen "Rheingraf" trägt. Bereits im Hochmittelalter besaß die Familie die Grafschaft im Rheingau. Später gingen die Güter im Rheingau verloren, um so mehr festigten sie ihre Herrschaften im Nahetal.

Das Stammwappen der Herren zum Stein bei Münster, den späteren Rheingrafen, sieht wie folgt aus: In Schwarz ein silberner Löwe, rot bewehrt, hersehend (leopardiert). Es ist belegt durch ein Siegel des Rheingrafen Werner aus dem Jahre 1262, dort ist der Löwe aber gekrönt. Die Helmzier der Rheingrafen zum Stein ist ein mit zwei silbernen Federstößen besteckter, breitrandiger (später Turnier-) Hut in Schwarz mit rotem Krempenrand (später rotem Stulp) zu schwarz-silbernen Decken (Stammkleinod der Rheingrafen). Das ist nicht die ursprüngliche Helmzier, denn auf ganz alten Siegeln (1262 Wernerus Comes Rheni) handelt es sich um ein federbestecktes Schirmbrett.

Die Herren vom Stein bei Münster sind übrigens stammesverwandt mit den Herren von Lewenstein. Sie dürfen nicht verwechselt werden mit den Herren von Oberstein, welche in Silber einen roten Löwen führen und nicht nachweislich verwandt sind.

Das 1. vermehrte Wappen
Wie kommt es nun zu diesem Doppeltitel "Wild- und Rheingraf"? Im Jahre 1310 ehelichte Johann I (gest. 1333) Rheingraf zum Stein die Erbtochter Hedwig Wildgräfin von Dhaun, einem uralten Grafengeschlecht im Nahegebiet (lateinisch: comites silvestres, also eigentlich: Waldgrafen), die aus einer Spaltung der Nahegaugrafen im frühen 12. Jh. entstanden sind. 1258 kam es zu einer Spaltung der Wildgrafen in die Linien Dhaun und Kyrburg. Aber nun zurück zu Johann I und Hedwig: Deren gemeinsamer Sohn, Johann II Rheingraf zum Stein, erbte 1350 AD jetzt die Wildgrafschaft D(h)aun (Daun oder Dhaun - keine Verwechslung mit dem anderen Daun in der Eifel! Dessen Grafen führten in Gold ein rotes Schräggitter). Er starb 1383 und hinterließ seinem Sohn beide Grafschaften. Dieser Sohn war Johann III Rheingraf zum Stein, Wildgraf zu D(h)aun, und er benutzte als erstes diesen Doppeltitel. Seitdem sind beide Herrschaften vereinigt und werden in einem gevierten Schild geführt.

Das Wappen der Rheingrafen zum Stein, Wildgrafen zu D(h)aun ist wie folgt aufgebaut:

Die Helmzier ist ein mit zwei silbernen Federstößen besteckter, Turnierhut in Schwarz mit rotem Stulp zu schwarz-silbernen Decken (variiertes Stammkleinod der Rheingrafen).

Das 2. vermehrte Wappen
Das war aber noch nicht alles, die Entwicklung geht weiter: Johann III Rheingraf zum Stein, Wildgraf zu D(h)aun, heiratete 1406 die Erb-Wildgräfin Adelheid von Kyrburg (Kirn an der Nahe), wodurch auch diese Grafschaft an die Familie fällt, als diese 1409 im Mannesstamme aussterben. Es sei daran erinnert, daß zudem die Wildgrafen zu D(h)aun und die zu Kyrburg die gleichen Wurzeln haben und sich erst 1258 aufgetrennt hatten.

Heraldisch drückt sich das in einer Hinzufügung eines Herzschildes aus:

Dazu könnten folgende zwei Helme geführt worden sein:

Das 3. vermehrte Wappen
Und 1475 schließlich bekam Wild- und Rheingraf Johann V, Herr von Stein-Bockenheim, die halbe Grafschaft Salm in den Vogesen. Johann V., geb. 17.11.1436, gest. 1495, hatte am 14.11.1459 Johanna (Johanetta) Gräfin von Salm geheiratet, gest. 1496, Erbin der halben Grafschaft Ober-Salm, Erbin von Mörchingen, Püttlingen und weiteren Gebieten. Sie war die Erbtochter des Grafen Simon III. (nicht II.!) von Salm (1431-1475). Die Wild- und Rheingrafen nennen sich nun nach dem Tod des Grafen Simon III. 1475 Grafen von Salm, Wildgrafen zu D(h)aun und Kyrburg, Rheingrafen zum Stein. Dabei erbten die Wild- und Rheingrafen den Teil Ober-Salm, während das Haus Nieder-Salm 1416 von den Herren von Reifferscheidt beerbt wurde (Salm-Reifferscheidt, seit 1790 und 1804 fürstlich).

1499 heiratete Johann VI Johanna Erbgräfin von Saarwerden, die ihm die Herrschaft Vinstingen einbrachte.

Heraldisch drückt sich das in einer weiteren Aufteilung des Herzschildes aus:

Dazu werden drei Helme geführt (Wild- und Rheingraf zu Dhaun und Grumbach, Siegel vom Ende des 17. Jh.):

Alternativ (Siegel eines Wild- und Rheingrafen Otto): Position der Helme 2 und 3 vertauscht, die Bracke ähnelt eher einem wachsenden Bärenrumpf. Und die Farben des Hutes sind die des Stammkleinodes, schwarzer Hut mit rotem Stulp.

Die Enkel von Johann V teilten die Grafschaften unter sich auf: Philipp (gest. 1521) stiftete die D(h)aunische Hauptlinie der Wild- und Rheingrafen zu Dhaun, Grafen zu Salm. Und Johann VII (gest. 1531) stiftete die Kyrburgische Hauptlinie der Wild- und Rheingrafen zu Kyrburg. Diese Linie starb 1688 im Mannesstamme aus. Die D(h)aunische Hauptlinie wurde 1574 in drei Linien aufgespalten: Alt-Salm'sche Linie, D(h)aun'sche Linie, Linie zum Rheingrafenstein.

Wappen der Fürsten von Salm zu Anholt
Das Wappen ist identisch mit dem zweiten vermehrten Wappen (Diplom von 1742), bis auf eine winzige Änderung: Der Herzschild enthält auch noch die Komponente Anholt und ist dadurch geviert. Anholt wird durch eine gekrönte silberne Säule in Rot symbolisiert.

Dazu werden fünf Helme geführt:

Prunkstücke: Als Schildhalter der Leopard der Rheingrafen und der Löwe der Wildgrafen. Fürstenhut und Wappenmantel.

Weitere Varianten werden von den Linien Salm-Salm, Salm-Horstmar und Salm-Hoogstraaten geführt.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher (insbes. Band Fürsten)
Wertvolle Hinweise gab Herr Peter Stammnitz, Idar-Oberstein, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei.
Hans Kremer: Die Pfarrkirche St. Peter und Paul in Eltville - Kunst, Geschichte und Bedeutung. Hrsg. von der katholischen Kirchengemeinde St. Peter und Paul Eltville 1994. ISBN: 3-921865-05-0
Pfarrkirche St. Peter und Paul Eltville 1353-2003, Festschrift, hrsg. von der katholischen Kirchengemeinde St. Peter und Paul Eltville 2002. ISBN: 3-00-010251-5
http://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_III._von_Dhaun
http://www.genealogie-mittelalter.de/luxemburger/salm_grafschaft.html
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Ulrich Kleine-Hering, Alzey, für wertvolle Hinweise.
Europäische Stammtafeln, Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten, Bd. III, hrsg. v. Frank Baron Freytag von Loringhoven, Marburg 1956, Tafel 137.
Auskunft von Archivrat Dr. Lars Adler, Darmstadt

Eltville (Mittelrheintal): Kirche, Westportal - Burg

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