Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 974
Coburg, St. Moriz

Bronzewappen in der St. Moriz-Kirche in Coburg (16b)
Johann Friedrich II der Mittlere Herzog von Sachsen, 2. Teil, linke Seite

Hier stimmen die 16 Wappenschilde genau mit den 16 Ururgroßeltern überein, im Gegensatz zur Platte seines Sohnes. Sie sind sehr systematisch angeordnet. Auf der optisch linken Seite befinden sich die Wappenschilde väterlicherseits, also aus der Seite des Vaters des Verstorbenen, auf der rechten Seite die Wappenschilde mütterlicherseits, also aus der Linie der Mutter des Verstorbenen. Die oberen vier Wappenschilde stehen jeweils für die Männer, also die Ururgroßväter, die unteren vier für die Frauen (Ururgroßmütter) bzw. deren Väter. Das jeweils letzte Wappen ist nach innen auf den unteren Rahmen eingerückt. In der folgenden Graphik wird die hier realisierte ideale Anordnung der Wappenschilde illustriert:

Es kommen also optisch links von oben nach unten erst die vier Ururgroßväter väterlicherseits (1, 2, 3, 4), dann folgen die vier Ehefrauen (5, 6, 7, 8), aber nicht in der gleichen Reihenfolge. Ganz genau geht es auf beiden Seiten nicht auf, weil es bei dem 2. und 3. Mann jeweils einen Reihenfolgensprung gibt. Als Ehepaar gehören sowohl links als auch rechts 1 und 5, 2 und 7, 3 und 6, 4 und 8 zusammen. Warum dieser Sprung in der Reihenfolge? Wenn wir uns einen Stammbaum nehmen, immer links den Vater einzeichnen und rechts die Mutter, erhalten wir die Liste der Ahnen einer Ebene wie oben angegeben.

Die 2x 4 Ururgroßmütter tauchen alle erst mit ihrem Namen in der obersten Ebene auf, können also im Range ihrer Bedeutung in einer patriarchalisch bestimmten Gesellschaft von links nach rechts durchgezählt werden, und entsprechend ist ihre Reihenfolge auf der Platte 5-6-7-8. Bei den Ururgroßvätern ist das ein bißchen komplizierter, weil der erste Ururgroßvater von links der Name ist, den der Proband (Verstorbener) trägt (1). Es folgt als zweiter von links ein Ururgroßvater (3), dessen Name nur bis in die Ebene der Urgroßväter reicht, der dritte Ururgroßvater (2) hat aber einen Namen, der bis zur Großvatersebene reicht. Folglich steht der Name des dritten Ururgroßvaters (2) dem Proband näher als der des zweiten Ururgroßvaters (3), und sein Wappenschild ist höher angeordnet. Der vierte Urgroßvater (4) wiederum hat einen Namen, der nur bis zur Urgroßeltern-Ebene reicht, also gleich weit wie (3), aber großmütterlicherseits, also (3) nachgeordnet und tiefer auf der Platte angebracht, denn (3) ist großväterlicherseits. Analoge Überlegungen führen zur Anordnung auf der optisch rechten Seite der Platte.

Linke Abb.: Wappenschild für Friedrich II. Kurfürst v. Sachsen (22.8.1412 - 7.9.1464). Das Wappen ist das des Kurfürstentums Sachsen, geviert mit Herzschild: Feld 1: Herzogtum Sachsen: Von Schwarz und Gold neunmal geteilt, darüber ein grüner schrägrechter Rautenkranz. Feld 2: Landgrafschaft Thüringen: In Blau ein golden gekrönter und bewehrter Löwe, von Silber und Rot achtmal geteilt. Feld 3: Markgrafschaft Meißen: In Gold ein schwarzer Löwe, rot bewehrt. Feld 4: Markgrafschaft (Herrschaft) Landsberg: In Gold zwei blaue Pfähle. Der Herzschild ist das Zeichen des Erzmarschallamtes (Archimareschallus), das der Kurfürst von Sachsen traditionell innehatte: Schwarz-silbern geteilt, belegt mit zwei gekreuzten roten Schwertern.

Rechte Abb.: Wappenschild für Heinrich IV. Herzog v. Mecklenburg-Werle (ca. 1417 - 9.3.1477). Das Mecklenburger Wappen ist geviert mit Herzschild: Feld 1: Herzogtum Mecklenburg. In Gold ein schwarzer hersehender Stierkopf mit silbernen Hörnern, mit Halsfell, goldener Lilienkrone, aufgerissenem roten Maule und ausgestreckter roter Zunge, weißen Zähnen und Augen, hier stattdessen mit Nasenring dargestellt. Feld 2: Grafschaft Rostock. In Blau ein goldener Greif. Feld 3: Grafschaft Stargard. In Rot ein silberner rechter Arm, aus einer silbernen Wolke wachsend, mit blauer Armbinde, einen goldenen Ring mit blauem Juwel haltend. Feld 4: Fürstentum Wenden. In Gold ein schwarzer Stierkopf ohne Halsfell mit silbernen Hörnern, goldener Laubkrone, weißen Zähnen und Augen und roter Zunge. Üblicherweise hersehend und schräggestellt, hier im Profil. Herzschild: Grafen von Schwerin. Geteilt rot-gold.

Linke Abb.: Wappenschild für Albrecht III. Herzog v. Bayern (27.3.1401 - 29.2.1460). Das Wappen ist geviert: Feld 1 und 4: In Schwarz ein goldener, rot gekrönter Löwe (Pfalz), Feld 2 und 3: Von Blau und Silber schräg geweckt (Wittelsbach), wobei das Schräge hier eher gering ausfällt, üblicherweise ist die Schrägung ausgeprägter. Üblicherweise findet man ferner Wittelsbach in den Feldern 1 und 4 sowie Pfalz in den Feldern 2 und 3, hier ist es umgekehrt.

Rechte Abb.: Wappenschild für Erich II. Herzog v. Pommern-Wolgast (ca. 1425 - 5.7.1474). Der Wappenschild der Herzöge von Pommern-Wolgast ist geviert: Feld 1: In Silber ein roter Greif, Herzogtum Pommern. Feld 2: geteilt von Gold und Blau, oben ein wachsender, rot bewehrter und gekrönter, schwarzer Löwe, unten ein roter Mauergiebel, Fürstentum Rügen. Feld 3: In Gold zwei schräggekreuzte rote Äste (Äste, kein Schragen!), bewinkelt von vier roten Rosen, Grafschaft Gützkow. Feld 4: anzunehmenderweise in Gold ein schwarzer Greif, Herrschaft Wolgast (frühe Variante vor der Farbänderung).

Linke Abb.: Wappenschild für Margaretha v. Österreich (ca. 1416/1417 - 12.2.1486). In Rot ein silberner Balken.

Rechte Abb.: Wappenschild für Anna v. Braunschweig-Grubenhagen-Einbeck (ca. 1415 - 9.10.1474). Das Wappen der Herzöge von Braunschweig ist geviert: Feld 1: Fürstentum Braunschweig: In Rot zwei goldene schreitende Löwen (eigentl. Leoparden) übereinander. Feld 2: Fürstentum Lüneburg: Gold bestreut mit roten Herzen (fehlen hier), dazwischen ein blauer Löwe, rotbewehrt und rotgezungt. Feld 3: Grafen von Everstein: In Blau ein silberner Löwe, eigentlich golden gekrönt, rot bewehrt und rot gezungt. Feld 4: Edelherren von Homburg: Innerhalb eines blau-silbern gestückten Bordes in Rot ein goldener Löwe, blau bewehrt und ebenso gezungt.

Linke Abb.: Wappenschild für Markgräfin Dorothea v. Brandenburg (9.2.1420 - 19.1.1491). Das Wappen ist geviert: Feld 1: Brandenburg: In Silber ein roter Adler. Feld 2: Burggrafen von Nürnberg: Innerhalb eines silbern-rot gestückten Bordes in Gold ein schwarzer, eigentlich doppelschwänziger, hier einschwänziger Löwe, rot gekrönt. Feld 3: Hohenzollern: silbern-schwarz geviert. Feld 4: Pommern: In Silber ein roter, golden bewehrter Greif.

Rechte Abb.: Wappenschild für Sophia v. Pommern-Stargard (ca. 1435/1437 - ca. 1494/1497) mit dem Wappen Pommern: In Silber ein roter Greif. Der Greif ist hier abgewandt, weil er zur Mittelachse der Bronzeplatte schaut (heraldische Courtoisie). Man achte auf die interessante Körperverzerrung, um die Fläche des Schildes optimal auszunutzen, und die weit gespreizten Vorderfüße.

Vier Detailaufnahmen, die die hohe künstlerische und handwerkliche Qualität des Bronzegusses und die Liebe zum kostbar ausgearbeiteten Detail illustrieren (Kissen, Gewand, Halskrause, linker Ärmel).

Literatur, Links und Quellen:
St. Moriz in Coburg: http://www.morizkirche-coburg.de/, Kirche http://www.morizkirche-coburg.de/morizkirche/index.php
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Bände Bayern, Sachsen, Preußen, Thüringen, Landesfürsten.
Webseite von Paul Bellendorf:
http://www.grabplatten.de/index.htm
Paul Bellendorf, Metallene Grabplatten aus Franken und Thüringen aus dem 15. bis 18. Jahrhundert - eine interdisziplinäre Studie zum Denkmalbestand und seiner Gefährdung durch Umwelteinflüsse,
http://www.opus-bayern.de/uni-bamberg/volltexte/2008/136/, http://www.opus-bayern.de/uni-bamberg/volltexte/2008/136/pdf/1_Text_klein.pdf, http://www.opus-bayern.de/uni-bamberg/volltexte/2008/136/pdf/2_Katalog.pdf
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Arnaud Bunel:
http://www.heraldique-europeenne.org/Regions/France/Bourgogne.htm und http://www.heraldique-europeenne.org/Genealogies/Genealogie_Capetienne/Bourgogne_II.htm
Franz Haarmann: Das Haus Sachsen-Coburg und Gotha, Deutsche Fürstenhäuser Heft 21, Börde Verlag Werl, 2006, ISBN 3-9810315-5-5

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Verwendung der Aufnahmen aus St. Moriz zu Coburg mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Markus Merz vom 30.6.2008, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei.

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