Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2942
Arnstein (Landkreis Main-Spessart, Unterfranken)

Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Sondheim, Epitaph für Jobst von Hutten (-1483)

Diese Grabplatte ist vom rein heraldischen Typus ohne Personendarstellung. Die auf dem Rand umlaufende und dann im Zentralfeld fortgesetzte Inschrift ist eine Herausforderung und lautet, soweit lesbar: "An(n)o D(o)m(ini) m / cccc im lxxxiii ia(h)r Auf s(on)ntag n(a)ch des / heilig crucztag / das erhabe(n) ward starb der vest iobs(t) / vom hutte(n) / dem G(ott) g(nade) A(men)". Der "heilig  crucztag" = Heiligkreuztag meint das  Fest der Erhöhung ("erhabe(n) ward") des Heiligen Kreuzes (festum in exaltatione sanctae crucis), also den Tag der Weihe der Jerusalemer Grabeskirche, das alljährlich mit einer Präsentation des hocherhobenen "Wahren Kreuzes" begangen wird. Dieses Kirchenfest ist der 14. September. Im Jahr 1483 war dies ein Sonntag. Folglich ist der Sonntag nach dem Heiligkreuztag der 21. September 1483.

An(n)o D(o)m(ini) m

cccc im lxxxiii ia(h)r Auf s(on)ntag n(a)ch des

heilig crucztag

das erhabe(n) ward starb der vest iobs(t)

vom hutte(n) dem G(ott) g(nade) A(men)

Im Zentralfeld ist ein großes Vollwappen der Herren von Hutten dargestellt, in Rot zwei goldene Schrägbalken, hier schräglinks, auf dem ungekrönten Helm mit rot-goldenen Decken ein wachsender, rot gekleideter und bärtiger Mannesrumpf, auf dem Kopf eine rote, golden gestulpte Mütze mit hier zwei schwarzen Hahnenfederbüscheln im Stulp und einem weiteren auf der nach hinten gebogenen Hutspitze.

 

Jobst von Hutten (-1483) ist ein Vertreter der bis 1541 in männlicher Folge bestehenden Linie Unterhutten, die ihren eigenen Familiensitz in Arnstein an der Stelle des Finanzamtes hatte. Jobst von Hutten war der Sohn von Bartholomäus von Hutten d. Ä. (-21.12.1452), der den Stamm Unterhutten stiftete, und dessen Ehefrau, Elisabeth (Else) von Thüngen (oder auch Anna, 1430-19.11.1458). Die Großeltern väterlicherseits waren Ritter Friedrich von Hutten, Burggraf zu Starkenburg, und dessen zweite Frau, Anna von Wenkheim. Ein verläßlicher genealogischer Anschluß der Else von Thüngen nach oben ist nicht in den verfügbaren Quellen zu finden. Bei Salver und Hattstein finden wir in der Ahnenprobe für den Würzburger Domherren Hippolyt von Hutten als Vorfahren Hans von Thüngen und Maria von Buchenau angegeben, allerdings bei falschem Vornamen des Bindegliedes: Statt Else von Thüngen ist dort eine Anna von Thüngen gelistet, die vermutlich mit der Else identisch ist, weil für beide das gleiche Todesdatum angegeben wird. Vielleicht trug sie auch beide Vornamen. Folgt man dieser Prämisse, dann wären ihr wirklicher (anders als Salver und Hattstein!) Vater Carl von Thüngen (-1453), der in zweiter Ehe mit Anna von Buchenau verheiratet war.

 

Auf dem Epitaph für Jobst von Hutten sind vier Wappenschilde dargestellt, oben rechts derjenige der von Hutten (in Rot zwei goldene Schrägbalken, jetzt schrägrechts), oben links derjenige der von Thüngen (in Silber ein goldener, mit drei roten Wellenpfählen belegter Balken), unten rechts derjenige der von Wenkheim (in Gold ein schwarzer und ein roter Flügel) und unten links derjenige der von Buchenau (in Gold ein golden gekrönter grüner Sittich mit rotem Halsband). Zu den Vorfahren siehe bei seinem Bruder, Bartholomäus von Hutten (-5.5.1495).

 

Hanna führt einen Jodocus / Jost / Justus von Hutten (-1483) auf, der von der Genealogie zu dieser Person hier paßt, und zusätzlich einen Johann / Job / Jakob/ Hans Jakob von Hutten (-17.9.1483 lt. Stammtafel) eine genealogische Ebene tiefer als Sohn des Bartholomäus (-1495) und damit Neffe des ersteren Jodocus / Jost, aber er gibt in der Stammtafel den Heiligkreuztag selbst als Todestag an, und er ordnet diesen dem Johann von Hutten zu, also der zweiten Person. Wie die korrekte Lesung der Inschrift auf der Platte zeigt, ist es der Sonntag nach dem Heiligkreuztag, und er gehört zum erstgenannten Jodocus/Jost. Vielleicht ist die zweite Person nur ein Artefakt der ersten. Die Ahnenprobe lokalisiert diesen Jobst von dieser Grabplatte jedenfalls eindeutig auf der Ebene der Söhne von Bartholomäus von Hutten d. Ä. (-21.12.1452), nicht in die Enkelgeneration, so hilft die Beachtung der Heraldik dieser Platte der korrekten Einordnung der ansonsten nach Quellenlage uneindeutigen Person.

Bei Hanna wird exakt diese Inschrift aber auch noch einem Wolfgang (Wolf) von Hutten (-17.9.1483) beigegeben, mit diesem identischen Datum, der als Bruder dieses Jobst (Jodocus, Jost) geführt wird. Der Name auf der Platte beginnt jedoch eindeutig mit "iob" und nicht mit "wol". Das ist damit die dritte Person, der dieses Todesdatum zugeordnet wird. Alle drei, im Stammbaum von Hanna zwei Brüder und ein Neffe, sind wahrscheinlich Artefakte der unterschiedlichen Lesung des Namens und im Grunde identisch mit diesem einen hier.

Zur Übersicht: Eltern:

Großeltern:

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.9733188,9.9627368,19z - https://www.google.de/maps/@49.9733188,9.9627368,162m/data=!3m1!1e3
Pfarreien-Gemeinschaft "Um Maria Sondheim":
https://www.pg-um-maria-sondheim.de/ - https://www.pg-um-maria-sondheim.de/gemeinden/arnstein
Wallfahrtskirche Maria Sondheim:
https://wallfahrt.bistum-wuerzburg.de/wallfahrtsorte/region-main-spessart/maria-sondheim/
Verwendung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Christian Ammersbach vom 23.5.2022, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei.
Genealogie von Hutten: Johann Gottfried Biedermann, Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Baunach
http://books.google.de/books?id=ayZRAAAAcAAJ ab Tafel 72 ff.
von Hutten:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hutten_(Adelsgeschlecht)
Georg-Wilhelm Hanna: Die Ritteradeligen von Hutten, ihre soziale Stellung in Kirche und Staat bis zum Ende des Alten Reiches, Dissertation, Fakultät für Geschichts- und Geowissenschaften, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2006,
https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/105 - Download: https://fis.uni-bamberg.de/bitstream/uniba/105/1/Dokument_1.pdf - S. 403, S. 406 und Stammtafel am Schluß
Wochentagsberechnung:
https://bonding24.de/wochentag-berechen-fuer-ein-beliebiges-datum-im-zeitraum-46-bis-3000-n-chr/
von Wenkheim:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wenkheim_(Adelsgeschlecht)
von Thüngen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Thüngen_(Adelsgeschlecht)
von Buchenau:
https://de.wikipedia.org/wiki/Buchenau_(Adelsgeschlecht,_Eiterfeld)
ein herzliches Dankeschön an Herrn Peter Kolb für wertvolle Hinweise zur Thüngen-Genealogie

Pfarrkirche Maria Sondheim: Grabdenkmäler außen - Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Sondheim, Hans von Hutten (-1515) - Catharina Zobel von Giebelstadt (-1533) - Wolff von Hutten (-1517) - Anna von Rosenberg (-1528) - Agapitus von Hutten (-1520) - Ludwig von Hutten d. Ä. (-1517) - Ludwig von Hutten d. J. (-1548) und Agatha von Liebenstein (-1547) - Bernhard von Hutten (-1539) und Gertraud von Ebersberg gen. Weyhers (-1544) - Philipp von Hutten (-1546) - Wilhelm von Hutten (-1546), Eva von Heßberg (-1541) und Anna von Selbitz (-1599) - Konrad von Hutten (-1502), Anna von Rechberg (-1471) und Elisabeth von Sickingen (-1479) - Bartholomäus von Hutten d. J. (-1495) - Stephan Zobel von Giebelstadt (-1597) und Cordula Echter von Mespelbrunn (-1599) - Johann Julius Zobel von Giebelstadt (-1585) - Konrad von Hutten (-1556) - Amalia von Berlichingen (-1570) - Bartholomäus von Hutten d. Ä. (-1452) und Elisabeth (Else) von Thüngen (-1458) - Konrad von Hutten (-1447) - weitere Wappendarstellungen

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