Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2943
Arnstein (Landkreis Main-Spessart, Unterfranken)

Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Sondheim, Epitaph für Amalia von Berlichingen (-1570)

Dieses Epitaph bringt im Vergleich zu den bisher vorgestellten Grabdenkmälern ganz neue Familien ins Spiel, denn es ist für Amalia von Berlichingen (-15.3.1570). Im Zentralfeld wird die Verstorbene frontal mit vor der Brust zusammengelegten Händen dargestellt. Interessant sind die überaus langen, bis zu den Unterschenkeln reichenden Hängeärmel mit seitlicher Schlitzöffnung für die Arme und noch einer zweiten Öffnung tiefer für den Fall, daß nur die Hände benötigt werden. Die volle Länge dieser Modetorheit des 16. Jh. kann kein normal proportioniertes menschliches Wesen ausnutzen, deshalb ist unten einfach zugebunden. Die auf dem Rand umlaufende und durch fünf Wappenschilde unterbrochene Inschrift lautet: "An(n)o Do(min)i / 1570 / Den 15 Martz Starb Die Edel und tugenthafft(e) Fraw Am(m)ulay von / Mu(e)nster Gebor(e)ne von Ber/(lichinge)n Her(r)n veltin von münsters Ritters Eheliche Hausfraw D(eren) S(eele) G(ott) G(nädig) S(ei) A(men)". In der Mitte ist oben das Wappen ihres Ehemannes angebracht, das Wappen der von Münster, in Blau ein rot-silbern übereck geteilter Adlerflug. Nicht dargestellt ist das Oberwappen, das wäre auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein rot-silbern übereck geteilter Adlerflug. Die vier Wappenschilde in den Ecken sind Amalias ("Ammulay") persönliche Ahnenprobe.

 

Amalia von Berlichingen war die Tochter von Hans Wolff von Berlichingen (-15.12.1543) zu Jagsthausen und Ursula Rüdt von Collenberg. Für die beiden gab es ein hölzernes Epitaph im Kreuzgang des Klosters Schöntal, das aber heute als verschollen gilt. Dort befindet sich auch die zwar erhaltene, aber völlig abgetretene Grabplatte für den Vater mit 4er-Ahnenprobe (von Berlichingen, von Thüngen, von Adelsheim und von Steinau gen. Steinrück) sowie ein später entstandenes Epitaph mit einer 8er-Ahnenprobe (von Berlichingen, von Thüngen, von Adelsheim, von Steinau gen. Steinrück, Küchenmeister von Rothenburg, von Schlitz gen. Görtz, von Venningen und von Buchenau - damit ist Biedermann widerlegt), aber mit falschem Todesdatum. Hans Wolff von Berlichingen und Ursula Rüdt von Collenberg hatten insgesamt 3 Söhne (Thomas, Hans Wolff und Wolff Eberhard) und 8 Töchter (Maria Magdalena, Maria, Susanna, Margaretha, Amalia, Ursula, Gertrud und Agatha). Entsprechend sehen wir heraldisch oben rechts den Schild der von Berlichingen, in Schwarz ein silbernes, fünfspeichiges Rad, und gegenüber denjenigen der Rüdt von Collenberg, in Rot ein silberner Rüdenkopf, eigentlich typischerweise mit stacheligem Halsband oder Kette, was hier nicht aufgelöst ist.

Die Großeltern väterlicherseits waren Kilian von Berlichingen, Herr zu Jagsthausen (1.1.1441-30.5.1498) und dessen dritte Ehefrau, Margaretha von Thüngen (1445-1510). Diese beiden begegnen uns als Ahnen bei mehreren Grabplatten im Schloßhof von Jagsthausen. Hans Wolff war der jüngste Sohn. Die anderen beiden Frauen von Kilian von Berlichingen waren Barbara von Wolmershausen und Elisabeth von Steinau gen. Steinrück. Die Großeltern mütterlicherseits in Bezug auf Amalia von Berlichingen waren Thomas Rüdt von Collenberg (-9.4.1515), Ganerbe der Kollenburg, kurmainzischer Marschall und Hofmeister, und dessen Frau, Margarethe von Horneck zu Hornberg (-1530). Der berühmte Götz von Berlichingen "mit der eisernen Hand" war ein Onkel von Amalia von Berlichingen. Entsprechend ist heraldisch rechts unten das Wappen der von Thüngen angebracht, in Silber ein golden-rot fünfmal wellenförmig gespaltener Balken, gegenüber der Schild der von Horneck zu Hornberg, in Gold über einem roten Dreiberg im Schildfuß ein rotes Hifthorn mit silbernen Beschlägen.

Amalia von Berlichingen heiratete 1556 Valentin von Münster zu Nieder-Werrn (-22.2.1582). Für ihn war es die zweite Ehe, die andere Frau war Magdalena von Seckendorff-Gutend (-1555), Heirat 1539. Valentin war der Sohn von Engelhard d. J. von Münster zu Niederwerrn, hochfürstlich-würzburgischer Amtmann zu Ebenhausen, und Dorothea von Giech. Valentin von Münster war Ritter und nahm als Hauptmann im Kampf gegen die Türken teil. Er wurde als Jurist ebenfalls hochfürstlich-würzburgischer Rat und als Nachfolger des Wilhelm von Grumbach würzburgischer Marschall. Seit dem 22.2.1549 war er Amtmann zu Arnstein, er wurde Stifter der wieder erloschenen Seitenlinie zu Niederwerrn. Er wurde Decus Nobilitatis Franconiae genannt, Zierde des fränkischen Adels, und er verstarb im Alter von 72 Jahren; er ist in der Pfarrkirche Sankt Johannis von Schweinfurt begraben, wo mit einem figürlichen Epitaph von hoher Qualität und guter Erhaltung an ihn erinnert wird (Wappen: von Münster, von Giech, von Lichtenstein und Marschall von Ebnet, Datum 22.2.1582). Die Lebensdaten zeigen, daß er Amalia geheiratet hatte, als er schon Amtmann in Arnstein war. Valentin von Münster war insgesamt sogar dreimal vermählt, denn nach Amalias Tod heiratete er in dritter Ehe Margaretha von Eschwege (-1619), die ebenfalls in Schweinfurt ein Epitaph in St. Johannis hat. Valentins Wappen ist außerdem am alten Rathaus von Bad Kissingen angebracht.

Zur Übersicht: Eltern von Amalia von Berlichingen:

Großeltern von Amalia von Berlichingen:

Hier gibt es einen Querverweis zum Epitaph für Valentin von Münster und seine beiden ersten Ehefrauen in der Würzburger Marienkapelle, wo die Ahnenprobe eine Ebene mehr umfaßt und auch die acht Urgroßeltern abdeckt.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.9733188,9.9627368,19z - https://www.google.de/maps/@49.9733188,9.9627368,162m/data=!3m1!1e3
Pfarreien-Gemeinschaft "Um Maria Sondheim":
https://www.pg-um-maria-sondheim.de/ - https://www.pg-um-maria-sondheim.de/gemeinden/arnstein
Wallfahrtskirche Maria Sondheim:
https://wallfahrt.bistum-wuerzburg.de/wallfahrtsorte/region-main-spessart/maria-sondheim/
Verwendung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Christian Ammersbach vom 23.5.2022, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei.
Genealogie von Hutten: Johann Gottfried Biedermann, Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Baunach
http://books.google.de/books?id=ayZRAAAAcAAJ ab Tafel 72 ff.
Georg-Wilhelm Hanna: Die Ritteradeligen von Hutten, ihre soziale Stellung in Kirche und Staat bis zum Ende des Alten Reiches, Dissertation, Fakultät für Geschichts- und Geowissenschaften, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2006,
https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/105 - Download: https://fis.uni-bamberg.de/bitstream/uniba/105/1/Dokument_1.pdf - S. 403, S. 406 und Stammtafel am Schluß
Deutsche Inschriften, Bd. 73, Hohenlohekreis, Nr. 247(†) (Harald Drös), in:
www.inschriften.net, https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0238-di073h016k0024700 - https://www.inschriften.net/hohenlohekreis/inschrift/nr/di073-0247.html
Deutsche Inschriften, Bd. 73, Hohenlohekreis, Nr. 248† (Harald Drös), in:
www.inschriften.net, https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0238-di073h016k0024807 - https://www.inschriften.net/hohenlohekreis/inschrift/nr/di073-0248.html
Deutsche Inschriften, Bd. 73, Hohenlohekreis, Nr. 304 (Harald Drös), in:
www.inschriften.net, https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0238-di073h016k0030400 - https://www.inschriften.net/hohenlohekreis/inschrift/nr/di073-0304.html
Genealogie:
https://www.genealogieonline.nl/de/noblesse-europeenne/I66943.php und abhängige Seiten
Genealogie:
https://www.geni.com/people/Amalia-von-Berlichingen/6000000082825051092 und abhängige Seiten
Valentin von Münster im Würzburg-Wiki:
https://wuerzburgwiki.de/wiki/Valentin_von_Münster

Pfarrkirche Maria Sondheim: Grabdenkmäler außen - Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Sondheim, Hans von Hutten (-1515) - Catharina Zobel von Giebelstadt (-1533) - Wolff von Hutten (-1517) - Anna von Rosenberg (-1528) - Agapitus von Hutten (-1520) - Ludwig von Hutten d. Ä. (-1517) - Ludwig von Hutten d. J. (-1548) und Agatha von Liebenstein (-1547) - Bernhard von Hutten (-1539) und Gertraud von Ebersberg gen. Weyhers (-1544) - Philipp von Hutten (-1546) - Wilhelm von Hutten (-1546), Eva von Heßberg (-1541) und Anna von Selbitz (-1599) - Konrad von Hutten (-1502), Anna von Rechberg (-1471) und Elisabeth von Sickingen (-1479) - Bartholomäus von Hutten d. J. (-1495) - Stephan Zobel von Giebelstadt (-1597) und Cordula Echter von Mespelbrunn (-1599) - Johann Julius Zobel von Giebelstadt (-1585) - Konrad von Hutten (-1556) - Jobst von Hutten (-1483) - Bartholomäus von Hutten d. Ä. (-1452) und Elisabeth (Else) von Thüngen (-1458) - Konrad von Hutten (-1447) - weitere Wappendarstellungen

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